Partizipation

Partizipation

Partizipation (v. lat.: particeps = an etwas teilnehmend; zugehöriges Verb: partizipieren) heißt übersetzt 'Beteiligung, Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung, Mitbestimmung, Einbeziehung'.

Inhaltsverzeichnis

Partizipation als wissenschaftlicher Begriff

Soziologie

In der Soziologie bedeutet Partizipation die Einbeziehung von Individuen und Organisationen (sogenannte Stakeholder) in Entscheidungs- und Willenbildungsprozessen. Aus emanzipatorischen, legitimatorischen oder auch aus Gründen gesteigerter Effektivität gilt Partizipation häufig als wünschenswert. Partizipation kann die unterschiedlichsten Beteiligungsformen annehmen (z. B. Bürgerbeteiligung, betriebliche Mitbestimmung, Interessenverband, politische Partei). Partizipation gilt als gesellschaftlich relevant, weil sie zum Aufbau von sozialem Kapital führen kann und dann soziales Vertrauen verstärkt.

Pädagogik

In der Pädagogik versteht man unter dem Begriff der Partizipation die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen bei allen das Zusammenleben betreffenden Ereignissen und Entscheidungsprozessen. So werden z.B. Hausregeln von Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen gemeinsam ausgehandelt, bei der Wahl von Entscheidungsträgern in der Jugendverbandsarbeit wird das Stimmrecht auch an unter 18-Jährige vergeben, um diese direkt am Entscheidungsprozess partizipieren zu lassen. Klassensprecher nehmen an den SV-Stunden teil und berichten den übrigen Klassenkameraden anschließend davon.

Politikwissenschaft

In der Politikwissenschaft befasst man sich im Rahmen der Partizipationsforschung mit politischer Partizipation.

Definition und Formen

Als politische Partizipation werden alle Verhaltensweisen von Bürgern verstanden, die (allein oder in einer Gruppe) nach Einflussnahme auf politische Entscheidungen auf allen Ebenen des politischen Systems streben. Es werden konventionelle (verfasste, gesetzlich garantierte und geregelte) von unkonventionellen (nicht verfasste) sowie illegale von legalen Formen der politischen Partizipation unterschieden.

Leicht zu messende konventionelle Partizipationsformen sind die Wahlbeteiligung, die Partizipation in Parteien oder Interessenverbänden und die Übernahme von politischen Ämtern in Parlamenten und Regierungen. Die unkonventionellen, weniger institutionalisierten oder auch zuweilen illegalen Formen der Partizipation sind schwieriger zu messen und zu erforschen. Zu nennen ist hier beispielsweise der Politische Konsum des Bürgers, die Mitwirkung in Bürgerinitiativen bzw. allgemein in den Neuen sozialen Bewegungen, an Petitionen, öffentlichen Diskursen, Demonstrationen oder Streiks.

Das Internet, und insbesondere die Entwicklungen des Web 2.0, ermöglichen neuerdings eine sog. E-Partizipation als eine neuartige, breite und gleichzeitig individualistische, zeitlich und örtlich ungebundene Beteiligungsform.[1]

Besonders die neueren, unkonventionelleren und individualistischen Partizipationsformen werden als mögliche Mittel gegen Politikverdrossenheit diskutiert.

Vielfalt der Erklärungskonzepte/Theorien

Innerhalb des Forschungszweigs Partizipationsforschung konkurrieren verschiedene Theorieströmungen um die angemessene Beschreibung und Erklärung dieses Gegenstands, beispielsweise der Ansatz der partizipatorischen Demokratie, der versucht die politische Beteiligung zu maximieren und möglichst viele Bürger am politischen Entscheidungsprozess teilhaben zu lassen.

Auch z.B. bei der Betrachtung der politischen Partizipation von Frauen entstehen verschiedene Blickwinkel und Ansätze. Bei dieser genderorientierten Betrachtung der politischen Partizipation müssen verschiedene hemmende oder fördernde Faktoren wie sozio-ökonomische Lage, die nationale politische Kultur, die individuelle politische Orientierung, das "politische Kompetenz-Gefühl", Frauenförderung und gleichzeitige strukturelle Diskriminierung und die geschlechtstypischen Sozialisationsprozesse berücksichtigt werden.

Aber auch allein in der theoretischen Definition von Partizipation zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen verschiedenen politikwissenschaftlichen Ansätzen. So hat die frühe feministische Partizipationsforschung eine Erweiterung des Begriffs der politischen Partizipation gefordert, um die gesellschaftliche Beteiligung von Frauen außerhalb der (Parteien-)Politik aufzuzeigen. Allerdings geht die Ausweitung des Begriffs auf nahezu alle Formen des menschlichen Handelns mit einem Verlust der definitorischen Klärungs- und wissenschaftlicher Analysefähigkeit einher und kann dazu beitragen, den Herrschaftscharakter der realdemokratischen Ordnung in Bezug auf die Geschlechterungleichheit in der Partizipation zu verdecken (vg. Geißel/Penrose 2003).

Weitere Ansätze

Innerhalb der Verwaltungswissenschaft entwickelt sich das Feld der Verwaltungsethik, das Möglichkeiten der Partizipation sowohl Interner (z. B. Mitarbeiter) als auch Externer (z. B. Bürger) in den Fokus rückt.

Im Unternehmen (auch in der Arbeits-, Wirtschafts-, Industrie- und Organisationssoziologie, aber auch in einschlägigen Lehrmeinungen z.B. der Betriebswirtschaftslehre) bedeutet Partizipation die Beteiligung von Beschäftigten an der Entscheidungs- und Willensbildung, auch z.B. hierarchisch höherer gesetzter Ebenen der Organisation. Neben der Arbeitnehmerbeteiligung ist eine andere Möglichkeit für Partizipation in Unternehmen die Einbeziehung von Kunden in Entscheidungsprozesse.

Partizipation in der Quartiersplanung; Sammlung und Erfahrung mit Instrumenten: In der Schweiz ist der partizipative Mitwirkungsprozess weit ausgebaut aber nicht transparent strukturiert. Je nach Kanton kommen verschiedene Instrumente zur Anwendung. Dies geht von politischen über wirtschaftliche bis hin zu verwaltungstechischen Instrumenten. Im Kanton Basel ist ab dem 1. Juni 2007 aufgrund der Verfassung ein neuer Mitwirkungsartikel in Kraft getreten.

Siehe auch

Literatur

  • Bernhard Kornelius, Dieter Roth: Politische Partizipation in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2004, ISBN 3-89331-583-7. (online)
  • Brigitte Geißel, Virginia Penrose: Dynamiken der politischen Partizipation und Partizipationsforschung - Politische Partizipation von Frauen und Männern. In: gender ...politik...online. September 2003. (online)
  • Harald Heinrichs: Kultur-Evolution: Partizipation und Nachhaltigkeit. In: Jasmin Godemann, Gerd Michelsen (Hrsg.): Handbuch Nachhaltigkeitskommunikation. Grundlagen und Praxis. München 2005, ISBN 3-936581-33-9, S. 709-720.
  • Franz Kohout: Vom Wert der Partizipation. Eine Analyse partizipativ angelegter Entscheidungsfindung in der Umweltpolitik. Lit Verlag, Münster 2002, ISBN 3-8258-6511-8.
  • Ansgar Klein, Rainer Schmalz-Bruns (Hrsg.): Politische Beteiligung und Bürgerengagement in Deutschland- Möglichkeiten und Grenzen. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1997, ISBN 3-89331-295-1.

Einzelnachweise

  1. Karsten Polke-Majewski: Politik im Netz - Wenn User mitregieren: Das Internet ist nicht nur ein Protestmedium – es kann auch politische Teilhabe ermöglichen. Drei Beispiele aus dem digitalen Deutschland. In: Die Zeit. 24/2010, S. 11.

Weblinks


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