Parteitagsgelände

Parteitagsgelände
Reichsparteitagsgelände Nürnberg um 1940
Modell des Reichsparteitagsgeländes bei der Weltausstellung in Paris, 1937

Reichsparteitagsgelände wird das Areal im Südosten Nürnbergs genannt, auf dem von 1933 bis 1938 die Reichsparteitage der NSDAP abgehalten wurden. Der Gesamtentwurf für die Gestaltung des Geländes stammt von Albert Speer und umfasst eine Gesamtfläche von über 16,5 km². Das Gelände erstreckte sich zwischen dem Bahnhof Dutzendteich, dem alten Tiergarten und im Südosten bis zum Moorenbrunnfeld.[1] Einige der Kolossalbauten wurden ganz oder teilweise fertiggestellt und sind noch heute zu besichtigen.


Inhaltsverzeichnis

Das Gelände vor 1933: Naherholungsgebiet

Der 1936 gesprengte Leuchtturm am Dutzendteich, Postkarte ca. 1914
Reichsparteitag der NSDAP, 1927
Die Ehrenhalle im Luitpoldhain, 2006

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich im Südosten Nürnbergs rund um den kleinen und großen Dutzendteich ein Naherholungsgebiet für die Bewohner der rasch wachsenden Stadt. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden an den Teichen eine Strandpromenade, Cafes und eine Badeanstalt eingerichtet.

In dem Bereich zwischen Dutzendteich und dem heutigen Platz der Opfer des Faschismus fand 1906 die Bayerische Jubiläums-, Landes-, Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung statt. Der nördliche Teil des Ausstellungsgeländes wurde zu Ehren des damaligen Prinzregenten Luitpold Luitpoldhain genannt. Die für die Ausstellung errichteten Gebäude wurden, bis auf den Leuchtturm und die Maschinenhalle, wieder abgetragen. Die Maschinenhalle erhielt, nach einigen Umbauten zu einer Veranstaltungshalle, den Namen Luitpoldhalle.

Die Geschäftsstelle der Ausstellung von 1906 beantragte, laut dem im Stadtarchiv Nürnberg vorhandenen Bauakt, am 14. Januar 1905 beim Stadtmagistrat den Bau des Leuchtturms am Dutzendteich. Er war Ausstellungsbeitrag der Firma Josef Houzer, Spezialgeschäft für Schornsteinbau und Feuerungsanlagen. Das Ensemble wurde zum 22. Juni 1906 fertiggestellt. Während der Ausstellung diente der Turm, mit seiner Höhe von 15 Metern, tagsüber als Aussichtsplattform, nachts beleuchteten dort angebrachte Scheinwerfer das Gelände. Am 30. Dezember 1907 wurde der Leuchtturm zur weiteren Nutzung an die Stadt Nürnberg verkauft, die einen Aufzug einbauen ließ. In der Stadtchronik findet sich ein Zeitungsartikel, dem zufolge die Stadtverwaltung 1925 plante, ihn abzubrechen. Diese Pläne wurden jedoch nicht weiter verfolgt, bis das Gelände nach der Machtübernahme durch die NSDAP für die Errichtung der Kongresshalle als Teil des Reichsparteitagsgeländes ausersehen wurde. Der Leuchtturm stand im Weg und wurde am 29. Oktober 1936 im Zuge von Bodenverdichtungsarbeiten durch die 1. Kompanie des Pionierbataillons 45 Neu-Ulm gesprengt. Heute steht dort der Torso der Kongresshalle.

Aufgrund der zahlreichen Einrichtungen und der günstigen Verkehrsanbindung wurde das Gelände zum beliebten Ort für Großveranstaltungen überregionaler Bedeutung, darunter auch die NSDAP-Parteitage von 1927 und 1929. 1930 errichtete man auf der östlichen Seite des Hains ein Gefallenendenkmal, die sogenannte Ehrenhalle, zum Gedenken an die Toten des Ersten Weltkriegs (Architekt: Fritz Mayer).

In dem Bereich zwischen Luitpoldhain und dem Dutzendteich wurde 1912 der Nürnberger Tierpark eröffnet, 1939 wurde er in den Schmausenbuck verlegt, da er den Ausbauplänen für das Parteitagsgelände im Weg stand.

Im Gebiet jenseits des Dutzendteichs entstand ab 1923 auf Anregung des Nürnberger Oberbürgermeisters Hermann Luppe ein Sport- und Erholungsgelände mit dem im Bauhausstil gehaltenen, achteckigen Städtischen Stadion (Architekt: Otto Ernst Schweizer). Dieses bot Platz für 37.000 Zuschauer, inklusive einer überdachten Tribüne für 2500 Zuschauer. Teil des Geländes war auch eine Wiese, auf der am 28. August 1909 Ferdinand Graf von Zeppelin mit dem Zeppelin III landete und die seither Zeppelinfeld heißt. Der Gesamtentwurf des Sportparks erfuhr internationale Anerkennung, unter anderem eine goldene Medaille für die Planung bei den Olympischen Spielen 1928. Dadurch ermutigt, bewarb sich Nürnberg um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 1936, die Bewerbung wurde jedoch zugunsten Berlins fallengelassen.

Das Gelände zwischen 1933 und 1945: Die Bauwerke

Luitpoldarena

Die Luitpoldarena, 1942

Die Parkanlage des Luitpoldhains wurde ab 1933 durch eine streng gegliederte Aufmarschfläche ersetzt, der sog. Luitpoldarena mit einer Fläche von 84.000 m². Gegenüber der Ehrenhalle errichtete man eine Rednertribüne. An der Ehrenhalle selbst wurde jetzt primär der Gefallenen des Hitlerputsches von 1923 gedacht. Die direkte Verbindung zwischen Tribüne und Halle bestand aus einem breiten Granitweg.

In diesem Ensemble fanden während der Reichsparteitage die Aufmärsche von SA und SS mit bis zu 150.000 Menschen statt. Zentrale „Reliquie“ hier war die Blutfahne, die angeblich beim Hitlerputsch von den Putschisten mitgeführt worden war. Bei der Blutfahnenweihe wurden neue Standarten von SA- und SS-Einheiten durch Berührung mit der Blutfahne „geweiht“.

Luitpoldhalle

Die Luitpoldhalle besaß eine Ausdehnung von 180 mal 50 Metern und bot Platz für bis zu 16.000 Menschen. In ihr fand im Rahmen der Reichsparteitage der Parteikongress statt. Da die verspielte Jugendstilfassade der 1906 errichteten Halle nicht zur Optik der Luitpoldarena passte, verblendete man sie 1935 mit einer strengen Kulisse, die dem Eingang zur Halle einen monumentalen Eindruck verlieh. Auch im Innenraum wurde durch Fahnen und Vorhänge die Aufmerksamkeit der Zuhörer von der Architektur weg auf die Redner, namentlich Adolf Hitler und weitere Parteigrößen, gelenkt. Während der Jahre 1933 bis 1936 wurde in der Halle außerdem die damals größte Orgel Europas errichtet.[2] Die durch einen Bombentreffer beschädigte Halle wurde 1950 gesprengt und abgetragen. Das Areal wird heute als Parkplatz genutzt.[3]

Kongresshalle

Die Kongresshalle, 2008

Die Kongresshalle ist der größte erhaltene nationalsozialistische Monumentalbau in Deutschland und steht heute unter Denkmalschutz. Der Entwurf stammt von den Nürnberger Architekten Ludwig und Franz Ruff, geplant als Kongresszentrum für die NSDAP mit Platz für 50.000 Menschen und einem freitragenden Dach. Geplant war eine Höhe von rund 70 Metern, erreicht wurden 39 Meter. Der größte Teil des Baus ist aus Ziegelsteinen gemauert; die Fassade wurde mit großen Granitplatten „aus allen Gauen des Reiches“ verkleidet. Die Architektur, insbesondere der Außenfassade, orientiert sich u. a. am Kolosseum in Rom. Die Grundsteinlegung erfolgte 1935, der Bau blieb jedoch unvollendet, insbesondere kam es nicht mehr zur Überdachung. Die Maße des heute zu besichtigenden Torsos: U-Form außen 240 m mal 200 m, innen 175 m mal 155 m, östliche Kopfbauten 280 m mal 52…70 m.

Das U-förmige Gebäude schließt an der Ostseite zum Dutzendteich hin mit zwei Kopfbauten ab.

Große Straße

Die Große Straße, 2004

Der Bau der Großen Straße wurde 1939 als Aufmarschstraße und zentrale Achse des Geländes beendet. Sie ist in nordwestlicher Richtung auf die mittelalterliche Kaiserburg ausgerichtet. Dadurch sollte eine historische Verbindung zum „Heiligen Römischen Reich“ und den in Nürnberg stattfindenden Reichstagen hergestellt werden. Sie konnte jedoch nie auf Parteitagen benutzt werden, da nach Kriegsbeginn keine Veranstaltungen mehr stattfanden.

Die eigentliche Straße ist zwei Kilometer lang (1,5 km wurden fertiggestellt) und 40 Meter breit. Südlich der Dutzendteiche wird sie von Tribünenstufen flankiert, wodurch die Breite in diesem Bereich ca. 60 Meter beträgt. Auf einer Betonunterlage verlegte man Granitplatten in zwei verschiedenen Farben. Durch die Farben Hell- und Dunkelgrau wird die Straße strukturiert, damit die dort paradierenden Gruppen leichter die Ausrichtung einhalten konnten. Die hellgrauen, quadratischen Platten haben eine Kantenlänge von 1,2 m, was der Länge von zwei preußischen Stechschritten entsprach. Auch dadurch sollte das Einhalten der Formation bei Paraden erleichtert werden.

Deutsches Stadion

Hauptartikel: Deutsches Stadion

Betonfundamente des Stadionmodells bei Oberklausen, 2007

Um einen Austragungsort für die geplanten „Nationalsozialistischen Kampfspiele“ zu schaffen, entwarf Albert Speer das Deutsche Stadion. Mit einer Grundfläche von 540 mal 445 Metern und einer Höhe von 82 Metern war es als „das größte Stadion der Welt“ (Albert Speer) geplant. Es sollte Platz für über 405.000 Zuschauer bieten. Zum Vergleich: das heute weltweit größte Stadion in Pjöngjang bietet 150.000 Sitzplätze. Der hufeisenförmige, zur Großen Straße geöffnete, Grundriss war inspiriert durch klassische Vorbilder, darunter das Stadion von Olympia und der Circus Maximus in Rom. Vor dem Stadion war ein Vorhof von 360 mal 180 Metern Größe geplant, von dem aus eine 150 Meter breite Freitreppe zur Großen Straße hinabführen sollte.


Wie auch bei den anderen Monumentalbauten auf dem Parteitagsgelände sollte beim Entwurf und Bau die Finanzierung keine Rolle spielen. Joseph Goebbels schrieb dazu in seinem Tagebuch „Das Modell zum Deutschen Stadion ist wunderbar. Vom Geld will der Führer nicht reden. Bauen, bauen! Es wird schon bezahlt. Friedrich der Große hat auch nicht nach dem Geld gefragt, als er Sanssouci baute.“ Um die Sichtverhältnisse und verschiedene Neigungswinkel der Zuschauerränge zu testen, errichtete man auf einem Abhang bei Hirschbach-Oberklausen, dem Hohen Berg (49° 34′ 3,2″ N, 11° 34′ 26,9″ O49.56755311.5741297) in der Hersbrucker Schweiz (im Volksmund auch „Stadionberg“) ein Modell im Maßstab 1:1. In eineinhalb Jahren Bauzeit entstanden drei Tribünen in Holzbauweise mit einem Fassungsvermögen von 42.000 Sitzplätzen und ein Aufzugsbahnhof. Die betonierten Fundamente sind noch vorhanden und stehen seit 2002 unter Denkmalschutz. Eine Infotafel erinnert dort an die Geschichte.[4]

Nach der Grundsteinlegung am 9. September 1937 im Rahmen des Reichsparteitages begann man mit dem Aushub der Baugrube, welcher bis zum Kriegsbeginn 1939 noch nicht vollendet war. Während des Krieges wurden die Arbeiten eingestellt und die bis zu 10 Meter tiefe Baugrube lief voll mit Grundwasser. Der entstandene See wird heute Silbersee genannt und ist wegen des in direkter Nachbarschaft befindlichen Silberbuck mit Schwefelwasserstoff verseucht. Der Silberbuck selbst ist ein in den Jahren 1946 bis 1962 gewachsener, bis zu 35 Meter hoher Schutt- und Abfallberg. Seine von Teilen der zerbombten Altstadt über Hausmüll bis zu kritischen Industrieabfällen gehende Zusammensetzung und die Tatsache, dass er in der grundwassergefluteten Fundamentgrube steht, machen den See und den heute begrünten Berg zu einem schweren Erbe.[5]

Märzfeld

Fundamentreste Märzfeld und Schautafel in der Montessoristraße 56, 2008

Der Name Märzfeld ist eine Anspielung auf den römischen Kriegsgott Mars und eine Erinnerung an die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht im März 1935. Das Gelände sollte Platz für Schaumanöver der Wehrmacht während der Reichsparteitage bieten (Größe 955 x 611 Meter, das entspricht etwa 58 Hektar und ist damit größer als 80 Fußballfelder). Mit dem Bau wurde 1938 begonnen, zu einer Fertigstellung kam es nicht. Umrahmt von 24 Türmen (fertiggestellt wurden elf), sollte es den Eindruck einer monumentalen Festungsarchitektur erwecken, an den Rändern waren Tribünen für etwa 250.000 Zuschauer geplant. Auf der Mitteltribüne war eine Kolossalfigurengruppe mit einer Siegesgöttin und Kriegern vorgesehen.

Städtisches Stadion/„Stadion der Hitlerjugend“

Das in den Jahren 1926 bis 1928 errichtete Städtische Stadion wurde im Rahmen der Reichsparteitage als Veranstaltungsort für den sogenannten Tag der Hitlerjugend genutzt. Aus dieser Verwendung ergibt sich auch der zur damaligen Zeit verwendete Name. Bezugnehmend auf das in der Nähe geplante Deutsche Stadion wurde es auch häufig als Altes Stadion bezeichnet.

Das im Bauhaus-Stil errichtete Gebäude passte nicht zu den ringsum entstehenden Monumentalbauwerken. Um dem Stadion etwas von dem modernen Charakter zu nehmen, wurden auf der Gegengerade zwei Holztürme und eine Arkadenreihe errichtet, die als Kulisse für Trommler, Chöre und Bläser diente.

Zeppelinfeld und Zeppelinhaupttribüne

Haupttribüne des Zeppelinfeldes, 1942
Haupttribüne des Zepplinfeldes, 2004

Auf der Zeppelinwiese (49° 25′ 48,45″ N, 11° 7′ 25,09″ O49.43012392638411.123635768897) fanden ab 1933 Veranstaltungen der Wehrmacht und des Reichsarbeitsdienstes sowie der Appell der politischen Leiter der NSDAP statt.

In den Jahren 1935 bis 1937 wurde die Zeppelinwiese nach einem Entwurf von Albert Speer zu einem Aufmarschgelände mit Tribünenanlagen umgestaltet, wobei die auf der nordöstlichen Seite des Feldes errichtete Zeppelinhaupttribüne als dominierende Kulisse entstand. Die gesamte Anlage hatte die Ausmaße von 362 mal 378 Metern, das eigentliche Zeppelinfeld maß 290 mal 312 Meter.

Insgesamt bot das Areal Platz für bis zu 320.000 Menschen, von denen 70.000 als Zuschauer auf den Tribünenanlagen Platz fanden. Die normalen Tribünen wurden durch 34 Türme, auf denen Fahnenmaste und Flakscheinwerfer standen, gegliedert.

Auf der nordöstlichen Seite des Feldes entstand ab 1935 als Ersatz für eine provisorische Holztribüne die Zeppelinhaupttribüne mit einer Länge von 360 und einer Höhe von 20 Metern. Als Vorbild diente dazu der antike Pergamonaltar. Oberhalb der Sitzplätze lief eine doppelte Pfeilerreihe über die gesamte Breite, durch die die Tribüne ihre Gesamthöhe von 20 Metern erreichte. Sie birgt eine ca. 8 m hohe und mehr als 300 m² große Halle, die wegen der schmückenden Deckenmosaike auch „Goldener Saal“ genannt wird. Dort befinden sich auch die zwei von innen zugänglichen Treppenhäuser.

Auf den beiden einstigen Ecktürmen der Zeppelintribüne standen Feuerschalen, von denen sich heute eine im Goldenen Saal innerhalb der Tribüne befindet. Die andere wurde bis 2008 als Kinderplanschbecken im nahe gelegenen Stadion-Bad genutzt, steht jetzt aber vor dem Haupteingang der Tribüne. In der Mitte der Tribüne entstand ein noch zusätzlich erhöhter Tribünenteil, der besonderen Ehrengästen vorbehalten war. Zentrales Element war die Sprecherkanzel, von der aus Adolf Hitler Paraden abnahm und zu den Massen sprach. Wie auch bei der Luitpoldarena war die gesamte Anlage auf diesen Punkt und damit auf die Person des sogenannten Führers ausgerichtet, was ihr einen altarähnlichen Charakter verlieh. Der in den Jahren 1935–1937 errichtete Bau besteht aus Beton, Ziegel und Muschelkalk. Bei späteren Sanierungsmaßnahmen zeigte sich, das die Muschelkalkplatten unterschiedlich dick sind. Durch die vor- und zurückspringende Verarbeitung mit den Ziegeln wurde eine höhere Stabilität sowie eine gleichzeitige Materialeinsparung der teureren „Verblendung“ erzielt.

Ende 2007 berichtete das Nürnberger Rathaus über die bestehende Einsturzgefahr der Zeppelintribüne. [6][7][8] Durch die teilweise Sprengung des Bauwerks 1967 (Kolonnaden und äußere Türme) und der vorgenommenen Bauschuttentsorgungen in den 8 von der Rückseite zugänglichen Treppenanlagen war die Standsicherheit des Bauwerks nicht mehr gegeben. Zusätzlich wird die Situation durch Undichtigkeiten verschärft, da durch die weggesprengte Überdeckung und durch Sprengschäden Wasser eindringt. Als Sofortmaßname wurden 2008 die Treppenhäuser geöffnet und vom Bauschutt befreit. Eine Abdichtung gegen eindringendes Regenwasser von oben muss noch erfolgen. Zeitgleich erfolgten auch Tiefbauarbeiten im rückseitigen Bereich der Tribünenanlage.

Weitere Untersuchungen zeigten den inzwischen sehr schlechten baulichen Zustand der Anlage. Die Schäden sind durch Wasser entstanden, das über Jahrzehnte eingedrungen ist. Es zeigt sich, das die 2008 genannten Sanierungskosten von ca. 20 Millionen Euro sicher nicht ausreichen. Nach den aktuellen Analysen wird inzwischen von einem «mittleren zweistelligen Millionenbetrag« ausgegangen.[9]

KdF-Stadt

Im nördlichen Bereich des Reichsparteitagsgeländes, auf dem heutigen Areal des 1. FC Nürnberg, entstand 1937 die „KdF-Stadt“. Ein Teil der für die Olympiade 1936 in Berlin errichteten hölzernen Ausstellungsbauten wurde nach Beendigung der Wettkämpfe nach Nürnberg verbracht und dort wieder aufgebaut. In den Ausstellungshallen wurden während der Reichsparteitage regionale Produkte präsentiert sowie Freizeitveranstaltungen durchgeführt. Die „KdF-Stadt“ brannte 1942 nach einem Bombenangriff ab.

Arbeiter-Wohnkomplex

1939 entstand südöstlich, direkt angrenzend an das Reichsparteitagsgelände, ein Wohnkomplex für die Arbeiter der Deutschen Arbeitsfront, die am Reichsparteitagsgelände eingesetzt waren. An das Hauptgebäude sind sieben zusammenhängende Nebengebäude gebaut worden, die als Unterkünfte dienten. Die im Wald liegende Anlage wurde nach dem Krieg trotz schwerer Bombenschäden wieder aufgebaut und kurze Zeit als Unterkunft für amerikanische Soldaten genutzt. Von 1947 bis Heute wird der Großteil als Altenheim, dem „August Meier-Heim“, genutzt. Der hintere Bereich wird als städtische Notwohnanlage für Obdachlose und staatliche Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber genutzt.

Lagerbereiche

Zeltlager des RAD, 1939

Direkt am Bahnhof Märzfeld begannen in südöstlicher Richtung die einzelnen Lagerbereiche. Das HJ-Lager, die Lager der SA, SS und des NSKK. Dieser Bereich wird heute als Wohngebiet genutzt. Die Lagerbereiche der Wehrmacht und des RAD befanden sich auf dem Moorenbrunnfeld und sind heute größtenteils unbebaut.

Trafostation

Die ehemalige Trafostation mit Fast-Food-Restaurant, 2006

Die Trafostation an der Regensburger Straße war 1934 gebaut worden und für die Stromversorgung des Reichsparteitagsgeländes nötig. Nach 1945 ging das Gebäude in den Besitz der Stadt Nürnberg über. Der örtliche Stromversorger N-Ergie hatte die Technik bis 1998 zur Stromversorgung genutzt, danach verlor die Trafostation durch technische Veränderungen ihre Aufgabe. Seit Juni 2006 ist in einem Teil des Gebäudes ein Fast-Food-Restaurant und ein Fitnessstudio untergebracht.

Bahnhöfe

Der Bahnhof Märzfeld, 2005

Für die An- und Abreise der Teilnehmer dienten in erster Linie die Bahnhöfe Nürnberger Hauptbahnhof und die in der Nähe des Geländes liegenden Bahnhöfe Dutzendteich und Rangierbahnhof in etwa zu gleichen Teilen. Der Bahnhof Märzfeld wurde erst ab 1938 genutzt, aber nie komplett fertiggestellt.

Die Bahnhöfe Dutzendteich und der zwischen dem Märzfeld und dem Lager Langwasser gelegene Bahnhof Märzfeld waren auch als Teil des Projektes Breitspurbahn vorgesehen. So war von Hamburg kommend eine Breitspur-Linie über den neu zu bauenden Bahnhof „Nürnberg-Buch“ und weiter nach Süden in Richtung München geplant.

SS-Kaserne

Hauptartikel: SS-Kaserne

In der ursprünglichen Planung war noch keine SS-Unterkunft vorgesehen, erst 1936 brachte die SS entsprechende Wünsche vor. Franz Ruff wurde als Architekt berufen und ein Baugelände an der Frankenstraße ausgewählt. 1939 wurde der Gebäudekomplex fertig gestellt und als "Einfallstor zum Reichsparteitaggelände" bezeichnet, obwohl er nur am Rand des Geländes lag. Im Krieg wurden hier Funker ausgebildet [10].

Der Granit: von KZ-Häftlingen gebrochen

Sprengungen im Steinbruch des KZ Mauthausen, 1941

Bei den Bauwerken, wie z.B. der Großen Straße, wurde teilweise Granit als Baumaterial verwendet. Da dieser teuer war, wurde seitens der SS eine Granitindustrie mit KZ-Häftlingen der Konzentrationslager Flossenbürg, Mauthausen, Groß-Rosen und Natzweiler-Struthof aufgebaut. Diese Lager wurden eigens in der Nähe von Granitsteinbrüchen angelegt.[11] An die mörderische Arbeit in den Steinbrüchen erinnert heute ein Mahnmal vor der Lorenzkirche.

Das Gelände nach 1945

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die übriggebliebenen Baumaterialien und Schutt mit Erde abgedeckt; dadurch entstanden die kleinen Hügel, die heute den Volkspark Dutzendteich, das Naherholungsgebiet rund um den Dutzendteich, prägen.

Neubaugebiet in Nürnberg-Langwasser, 2007

Das Märzfeld war nach 1945 weitgehend ungenutzt. Die US-Streitkräfte beschlagnahmten einen Großteil des Gebiets, um provisorische Munitionslager in einigen der Türme anzulegen. In den 1960er Jahren wurde das Gelände freigegeben, um Platz zu machen für die Wohnbebauung des neuen Stadtteils Langwasser. In dieser Zeit konnte man dort kampieren und die in den Türmen vorhandenen Toiletten benutzen. Die ersten Türme wurden 1966 gesprengt.

Nach 1945 nutzte die United States Army die Große Straße zunächst als Militärflugplatz. Mit der Zeit erwies sich die riesige Fläche dann als äußerst günstig gelegener Parkplatz in direkter Nähe zum Messegelände, zum Franken-Stadion und zum Volksfestplatz. 1992/93 wurde eine Sanierung für 12 Millionen Mark durchgeführt.

Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, 2007
Innenhof der Kongresshalle, 2008
Volksfestplatz mit Kongresshalle, 2004
Luftaufnahme des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes, 2005

In der Kongresshalle wurde im Jahre 2001 das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände eingerichtet, in dem die Geschichte Nürnbergs und seine Bedeutung für den Nationalsozialismus von der Zeit der Weimarer Republik bis in die Nachkriegszeit dargestellt wird. Das weitere Gebäude dient größtenteils als Lagerhalle. Der Innenhof dient ebenfalls als Lagerfläche, unter anderem für die Marktbuden des Nürnberger Christkindlesmarkts und für Granitplatten zur Ausbesserung der Großen Straße. Bei hohem Besucheraufkommen, wie beispielsweise zum Volksfest, dient er auch als Parkfläche. Kurz nach dem Krieg gab es Pläne zum Abriss, um 1960 zum Umbau in ein Fußballstadion, beides wurde wegen zu hoher Kosten nicht realisiert. 1987 verhinderte der Stadtrat den Bau eines Einkaufszentrums. In den 80er Jahren war hier auch das Polizeidepot für beschlagnahmte Fahrzeuge untergebracht, unter anderem auch der Wagenpark der Wehrsportgruppe Hoffmann. In dem nördlichen der beiden Kopfbauten befindet sich seit dem Jahr 2001 das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, im südlichen Bau, dem Serenadenhof, haben die Nürnberger Symphoniker ihren Sitz. Seit Juni 2008 dient der Konzertsaal der Nürnberger Symphoniker dem Schauspiel des Staatstheaters Nürnberg als Ausweichspielstätte während der Generalsanierung des Stammhauses.

Auf dem Platz zwischen Kongresshalle und der Großen Straße finden die Nürnberger Volksfeste statt.

Auf Teilen des Geländes finden auch heute noch Großveranstaltungen statt. Das Festival Rock im Park findet um das heutige Easycredit-Stadion statt, in dem der Fußball-Zweitligist 1. FC Nürnberg seine Heimspiele austrägt. Eines der beeindruckendsten Konzerte auf dem Gelände war der Auftritt Bob Dylans, der am 1. Juli 1978 vor rund 80.000 Besuchern direkt gegenüber der Tribüne des Zeppelinfeldes u. a. „Masters of War“ sang (Dylan: 80 000 Deutsche haben Hitler den Rücken gekehrt und sich mir zugewandt). 1988 fand der Abschlussgottesdienst des Christivals mit 30.000 Besuchern auf dem Reichsparteitagsgelände statt[12].

Bis zur Eröffnung des offiziellen Dokumentationszentrums wurde eine private Ausstellung in der Steintribüne am Zeppelinfeld von der Stadt geduldet, erst später auch unterstützt. Da der Saal unter der Steintribüne nicht beheizt war musste die Ausstellung im Winter schließen. Rund um die Steintribüne befindet sich seit 1947 der heute als Norisring bekannte Stadtkurs, auf dem jährlich ein DTM-Autorennen abgehalten wird. Auf dem Zeppelinfeld selbst wurde von der US-Army ab 1945 ein Sport- und Freizeitgelände für ihre Soldaten und deren Familien angelegt, das sogenannte Soldier Field. Mit dem Abzug der US-Armee 1995 wurde es der Stadt Nürnberg übergeben.

Aufgrund der inzwischen sehr hohen Veranstaltungsdichte wurde für das Gelände ab 2002 ein dynamisches Verkehrsleitsystem für rund 26,3 Millionen Euro installiert. Nach 2 Jahren Bauzeit ist im März 2004 das umfangreichste Verkehrsleitsystem Europas nach einer erfolgreichen Testphase in den Regelbetrieb gegangen.[13][14][15]

Eine der Informationstafeln am easyCredit-Stadion

Im Oktober 2005 wurde der im September 2004 ausgelobte Wettbewerb für ein neues Informationssystem auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg entschieden. Die Jury wählte aus den Wettbewerbsbeiträgen den Vorschlag des Nürnberger Ateliers LIPOPP aus. Das Geländeinformationssystem soll interessierten Besuchern eine eigenständige Begehung des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes ermöglichen. Das erarbeitete Informationssystem besteht aus 23 über das gesamte Gelände verteilten Informationstelen. Die offizielle Einweihung des neuen Systems hat am 25. Mai 2006 (Christi Himmelfahrt) stattgefunden [16].

Siehe auch

Literatur

  • Geschichte Für Alle e.V. (Hrsg.): Geländebegehung – Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, Sandberg Verlag, 4. ergänzte und aktualisierte Auflage, Nürnberg 2005, 264 S., ISBN 3-930699-37-0
  • Christina Haberlik: 50 Klassiker. Architektur des 20. Jahrhunderts. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2001, ISBN 3-8067-2514-4
  • Ingmar Reither: „Worte aus Stein“ und die Sprache der Dichter. Das Reichsparteitagsgelände als poetische Landschaft. (Nürnberger Stadtgeschichte(n) 4, hg. von Geschichte Für Alle e.V.), Sandberg Verlag, Nürnberg 2000, ISBN 3-930699-15-X
  • Siegfried Zelnhefer: Das Reichsparteitagsgelände der NSDAP in Nürnberg. Verlag Nürnberger Presse, Nürnberg 2002, ISBN 3-931683-13-3
  • CD-ROM: Das Reichsparteitagsgelände – The Nazi Party Rally Grounds. Verlag imbiss-media, Nürnberg 2004, ISBN 3-938451-00-9
  • Eckart Dietzfelbinger, Gerhard Liedtke: Nürnberg - Ort der Massen. Das Reichsparteitagsgelände - Vorgeschichte und schwieriges Erbe. Ch. Links Verlag, Berlin 2004, ISBN 978-3-86153-322-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://kunst.gymszbad.de/nationalsozialismus/architektur/speer/werk/speer-1935-reichsparteig.htm
  2. Esmond H.L. Rodex: The Organ in the Congress Hall, Nuremberg. In: The Organ. Oktober 1951 (online). 
  3. http://www.gedenktafel-infoportal.de/forum/index.php?action=printpage;topic=619.0
  4. http://www.lostplaces.de/cms/content/view/77/33/
  5. http://www.angewandte-geologie.geol.uni-erlangen.de/silber00.htm
  6. http://online-service.nuernberg.de/eris/downloadPDF.do;jsessionid=6BE769B882F68291DF1B5A2DC4536BE7?id=418881
  7. http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=716649&kat=10
  8. http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=717000&kat=11
  9. http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=959380&kat=120
  10. Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Hrsg.): Ein Gebäude - viele Namen, Nürnberg 2000, ISBN 3-9805881-6-5
  11. Schieber, M. Nürnberg - eine illustrierte Geschichte der Stadt. München: Beck, 2000.
  12. Interview mit Ulrich Parzany und Roland Werner
  13. http://www.nuernberg.de/imperia/md/content/internet/ref6/vpl/broschuere_vls.pdf
  14. http://www.mapinfo.de/location/integration?txtTopNav=03aa136cc2867f00dev-vcm100001a031dc7____&txtLeftNav=ee5e136cc2867f00dev-vcm100001a031dc7____&txtExtNav=937e136cc2867f00dev-vcm100001a031dc7____&txtDetailType=PRESS_RELEASE&txtDetailID=455
  15. http://www.visavis.de/europa/modules.php?name=News&file=article&sid=3188
  16. http://www.kubiss.de/kulturreferat/reichsparteitagsgelaende

49.42388888888911.1180555555567Koordinaten: 49° 25′ 26″ N, 11° 7′ 5″ O


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