Atahuallpa

Atahuallpa
Dieser Artikel behandelt den Inka-Herrscher Atahualpa. Für weitere Bedeutungen siehe Atahualpa (Begriffsklärung)
Atahualpa wird gefangengenommen (Stich von Pierre Duflos, entstanden zwischen 1760 und 1810)

Atahualpa, nach peruanischer Quechua-Schreibung Atawallpa (auch Ataw Wallpa; * um 1500; † 26. Juli 1533 in Cajamarca), der Name bedeutet auf Quechua »tapferer Truthahn«, war der letzte Herrscher des Inkareiches. Er war der Sohn des Inkakönigs Huayna Cápac, dem Vollender des Inka-Imperiums, und der Tochter eines lokalen Herrschers aus dem Bereich des heutigen Quito, dessen Territorium unter Huayna Cápac von den Inka erobert worden war. Noch vor seinem Tod 1527 entschied Huayna Cápac, dass das Inkareich geteilt und von seinem Lieblingssohn Atahualpa sowie seinem ältesten Sohn Huáscar geführt werden sollte. Die Zweiteilung des Reiches führte zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den beiden Brüdern. 1532 stürzte Atahualpa seinen Stiefbruder Huáscar in Cusco und nahm ihn gefangen.

Im April 1532 landete Francisco Pizarro an der peruanischen Küste. Bereits einige Jahre davor wurden die Inka von neuartigen Krankheiten (Pocken und Masern) heimgesucht, die sich über Mittelamerika nach Süden ausbreiteten und tödlich verliefen. Pizarro fand kein starkes Reich vor, sondern einen Staat, der in einen Nachfolgekrieg zwischen den Brüdern Atahualpa und Huáscar verstrickt war. Dieser Bürgerkrieg erschütterte die Grundfesten des Reiches und die Unzufriedenheit der unterworfenen Völker beschleunigte den Zusammenbruch.

Inhaltsverzeichnis

Vor der Ankunft der Spanier

Nach dem Tode Huayna Cápacs herrschte im Reich der Inka Unklarheit über dessen Nachfolge. Der in Cuzco residierende Huascar sah sich selbst als legitimen 12. Inka an, während sein in Quito geborener Halbbruder Atahualpa zumindest die Herrschaft über Quito und die den Quito-Indianern vor der Eroberung durch die Inka gehörenden Gebiete für sich beanspruchte. Zunächst erkannte Huascar den Anspruch seines Bruders an, verlangte aber, dass Atahualpa zumindest formal die Oberherrschaft der Inka akzeptierte und sozusagen als Vizekönig regierte.

Nach der Krönung Huascars zum Inka änderte dieser aber seine Haltung und erklärte sich selbst zum König über ganz Tahuantinsuyu (so der Eigenname des Reiches) und demütige Atahualpa, indem er einen friedlichen Sendboten Atahulapas in Frauenkleidern zu ihm zurückschickte und den Rest der Gesandtschaft hinrichten ließ. Atahualpa rief daraufhin alle Vasallenstämme des Nordens an die Waffen, Huascar verfuhr im Süden ebenso.

Der Bruderkrieg

Beide Heere, bei denen laut Chronisten wie Pedro de Cieza de Leon insgesamt über 300.000 Mann unter Waffen gestanden haben sollen, trafen erstmals im Gebiet des Kañari-Stammes aufeinander, wo die Huascar-treuen Kañari eine Niederlage erfuhren. Atahualpas Heer rückte daraufhin weiter gegen Cuzco vor. Auch die ebenfalls Cuzco angehörigen Chachapoya stellten sich Atahualpa vergeblich in den Weg. In dieser Schlacht nahm Atahualpa auch die Stadt Cajamarca ein, in der er fortan residierte. Nach diesem erneuten Sieg verschanzten sich die bereits verunsicherten Truppen Huascars im Gebiet des heutigen Jauja. Doch auch hier konnten sich die Soldaten Huascars, diesmal bereits direkt aus Cuzco, nicht lange halten. Die Spione Atahualpas, die ihm stets genau über die Pläne Huascars berichteten, waren beim schnellen Vorrücken eine große Hilfe. Selbst Huascars eigene Tochter, die in einen Offizier Atahulapas verliebt war, arbeitete gegen ihren Vater und sandte Berichte an ihren Liebhaber.

Nach der Schlacht im Jauja-Gebiet stoppte Atahualpa seinen Vormarsch, um seine Truppen zu ordnen und den Sieg zu festigen, indem er Einheiten in den eroberten Gebieten stationierte. Da Huascar dort nicht sonderlich beliebt war, wurden die Truppen seines Bruders mit offenen Armen empfangen. Cuzco nutze die Kampfpause, um ein neues Heer auszuheben, welches sofort gegen die Truppen Atahualpas in Marsch gesetzt wurde. Doch auch dieses Heer wurde geschlagen und fast vollständig vernichtet.

Huascar hatte nun mehrere Optionen: Er konnte Truppen aus Bolivien ordern, die zu dieser Zeit bereits im Lande befindlichen Spanier um Hilfe bitten, worum ihn seine Berater vergebens baten, oder sich im "Orakel" von Pachamachac, einer Tempelstadt, göttlichen Beistand erbitten. Huascar entschied sich für das Orakel, welches ihm einen Sieg prophezeite, wenn er selbst in den Krieg zöge. Also griff Huascar zu den Waffen und zog mit seinen Kriegern gegen seinen Bruder.

Die letzte Schlacht

Das letzte Aufeinandertreffen beider Parteien schien Anfangs keinen klaren Ausgang zu haben. Die frischen Truppen Huascars schienen den kampfmüden Soldaten Atahulapas zuerst eine Niederlage beizubringen. Huascar ließ daraufhin die Steppe in Brand setzen, in die sich Atahualpas Truppen zurückgezogen hatten. Doch trotz hoher Verluste entkam der Kern der Armee dem Feuer. Am Tag darauf wollte Huascar der geschwächten Armee Atahulapas den Todesstoß versetzen, doch ein verletzter Offizier geriet in die Fänge von Atahualpas Generälen und verriet unter Folter den Schlachtplan. Daraufhin konnten die Truppen Atahualpas ihre Pläne entsprechend anpassen. Am nächsten Tag taten sie so, als würden sie sich weiter zurückziehen, und griffen in einem Hohlweg das Korps von Huascar, das dieser selbst führte, von vorne und hinten an. Die Truppen Huascars wurden vernichtet, er selbst gefangen genommen.

Die Rache an Cuzco

Atahualpa kehrte nach dem Sieg im Bruderkrieg nach Cajamarca zurück und überließ es seinen Generälen, namentlich Quisquis und Rumi-Nahui, Cuzco zu plündern und die Bevölkerung für die Treue zu Huascar zu bestrafen. Bei den nun folgenden "Säuberungsaktionen" wurden etwa 25 bis 33 Prozent der Bevölkerung Cuzcos, darunter alle Familienangehörigen Huascars und sein gesamter Hofstaat, grausam hingerichtet. Selbst Säuglinge und ungeborene Kinder Huascars wurden auf den Boden geworfen, gepfählt oder erstochen. Hierbei muss man beachten, dass Atahualpa und seine Getreuen Cuzco regelrecht hassten, weil sie selbst aus dem alten Adel von Quito stammten. So wollte man Cuzco, bis dahin eine strahlende Stadt, seiner Erhabenheit berauben und ihm den Status der Hauptstadt nehmen. Deswegen betrat auch Atahualpa die Stadt selbst niemals. Als weitere "Bestrafung" wurde auch die Mumie Túpac Yupanquis, der Quito zwei Generationen zuvor erobert hatte, aus ihrem Palast gezerrt und verbrannt, was nach dem Glauben der Inka die Seele des Toten unwiederbringlich zerstörte. Atahualpa schickte sich nun an, das Reich vollkommen zu übernehmen und seine Herrschaft zu festigen, doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

Die Ankunft der Konquistadoren

Schlacht von Cajamarca

Atahualpa unterschätzte die Gefahr, die von der Ankunft der Spanier ausging, obwohl er sich durch Boten über die neuen Waffen (Gewehre, Kanonen, Rüstungen und Pferde) informiert hatte. Am 15. November 1532 wurden sie von Atahualpa in Cajamarca freundlich empfangen. Die 182 Gefährten Pizarros nutzten die Situation, nahmen Atahualpa gefangen und richteten an seinen 4.000 bis 5.000 Kriegern ein Blutbad an (Schlacht von Cajamarca). Die Angriffe der Spanier trafen die Inkas, die aufgrund des Vertrauen Atahualpas in Pizarro keinen Befehl zur Verteidigung erhalten hatten, unvorbereitet. Da die Krieger der Inka niemals ohne Befehl handelten, denn das hätte ihnen die Todesstrafe eingebracht, griffen sie auch hier nicht ein. Gegen Waffen aus Stahl boten ihre Rüstungen aus Leder und gesteppter Baumwolle kaum Schutz. Auch den Pferden waren sie unterlegen und wurde einfach niedergeritten. Rumi-Nahui, der in der Nähe lagerte, floh daraufhin mit einem großen Truppenteil.

Gefangenschaft und Tod

Spanier töten Atahualpa, 1533, Zeichnung von Waman Puma de Ayala

In der Hoffnung freigelassen zu werden, bot Atahualpa Pizarro an, den Raum, in dem er sich gerade aufhielt, mit Goldgegenständen bis zu der Höhe füllen zu lassen, die er mit ausgestreckter Hand erreichen könnte. Als Pizarro vor Verblüffung nicht gleich antwortete, bot Atahualpa an, zusätzlich den benachbarten Raum in gleicher Weise mit Silber füllen zu lassen. Als Pizarro die Fassung wiedergewann und einwendete, dass der zweite Raum kleiner sei, bot Atahualpa an, diesen zweimal füllen zu lassen.
Mehr als 3 Monate brachten die Inkas Gold und Silber nach Cajamarca und die Schmelzöfen brannten angeblich 34 Tage lang, um die Gold- und Silberschmuckstücke einzuschmelzen. Man geht heute davon aus, dass die Spanier den Inkas insgesamt ca. 16.000 kg Gold und 180.000 kg Silber geraubt haben.

Weil es für die Spanier ersichtlich war, dass sie nach einer Freilassung Atahualpas besiegt werden würden, wurde der Inka-Herrscher nach Bezahlung des Lösegeldes wegen eines angeblichen Aufstandes und der heimlich angeordneten Tötung seines Halbbruders Huáscar von einem Gericht in Abwesenheit Pizarros zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Als Atahualpa zugesichert wurde, dass er im Falle einer Taufe nur erwürgt und sein Leib nicht verbrannt würde, stimmte er dieser zu, da nach seinem Verständnis die Existenz des Körpers unerlässlich für ein Weiterleben im Jenseits war. Am 26. Juli 1533 (andere Quellen nennen den 29. August 1533[1]) wurde er in Cajamarca mit der Garrotte (Halseisen bzw. Würgeschraube) erdrosselt.

Nach der Ermordung Atahualpas wurde zunächst Túpac Huallpa als oberster Inka anerkannt. Als dieser durch einen Inka-General umgebracht wurde, schlug sich Manco Inca auf die Seite der spanischen Eroberer und wurde durch Francisco Pizarro gekrönt und erhielt den Namen Manco Cápac II.. Das Volk der Inka leistete immer weniger Widerstand, und die unterworfenen Stämme schlugen sich auf die Seite der Eroberer in der Hoffnung, dadurch eine Unabhängigkeit zu erreichen. Am 15. November 1533 erreichte Pizarro die Hauptstadt Cuzco, die ihm ohne nennenswerten Widerstand übergeben wurde.

Einzelnachweise

  1. TV-Sendung des History Channels vom 4. September 2008

Literatur

  • Hanns J. Prem: Geschichte Altamerikas, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2007, Kapitel 8: Conquista und frühe Kolonialzeit, Seite 85 bis 102, ISBN 3486530321
  • John Hemming: The conquest of the Incas. Macmillan, 1993, ISBN 0-333-10683-0
  • Maria Rostworowski: History of the Inca Realm. Cambridge University Press, 1998, ISBN 978-0521637596

Weblinks


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