Parlamentswahlen in Polen 2007

Parlamentswahlen in Polen 2007
Parlamentswahl in Polen 2007
(in %) [1]
 %
50
40
30
20
10
0
41,5
32,1
13,2
8,9
0,2
1,5
1,3
1,3
Gewinne und Verluste
Im Vergleich zu 2005
 %p
 18
 16
 14
 12
 10
   8
   6
   4
   2
   0
  -2
  -4
  -6
  -8
-10
+17,4
+5,1
+1,9
+1,9
-0,1
-9,9
-6,7
-9,7
Anmerkungen:
c Politisches Bündnis aus SDPL, PD und SLD.
e Für die Deutsche Minderheit (MN) galt die 5%-Sperrklausel nicht.
h SDPL und PD haben sich dem LiD-Bündnis angeschlossen.

Die Parlamentswahlen in Polen 2007 fanden am 21. Oktober 2007 statt. Es handelte sich um vorgezogene Neuwahlen zu beiden Kammern des Parlaments (Sejm und Senat).

Inhaltsverzeichnis

Auflösung des alten Parlaments

Der Sejm beschloss am 7. September 2007 seine vorzeitige Auflösung mit breiter Mehrheit gegen die Stimmen der beiden Juniorpartner der bisherigen Regierungskoalition, der LPR und Samoobrona, und mit den Stimmen der Partei PiS von Ministerpräsident Jarosław Kaczyński. Die Wahl fand somit rund zwei Jahre vor Ablauf der regulären Legislaturperiode von vier Jahren im September 2009 statt.

Wahlsystem

Das Sejm wurde nach Verhältniswahl und der Senat nach relativer Mehrheitswahl gewählt. Es gab eine Sperrklausel von 5 % und bei Parteienbündnissen 8 %. Die Legislaturperiode betrug für beide Parlamentskammern 4 Jahre.

Wahlkampf

Alle 460 Sitze im Sejm und alle 100 Sitze im Senat wurden neu besetzt. Sieben Parteien und Parteibündnisse traten in allen 41 Wahlbezirken an. Dies waren:

Am 12. Oktober traten die Spitzenkandidaten der beiden am stärksten eingeschätzten Parteien, Ministerpräsident Jarosław Kaczyński (PiS) und Oppositionsführer Donald Tusk (PO), zu einem Fernsehduell an.

Zu den Wahlen zum Senat traten Kandidaten von insgesamt 29 Parteien an. So etwa die Zieloni 2004 (dt. Die Grünen 2004), die polnische Grünen-Partei mit ihrer Doppelspitze unter Magdalena Mosiewicz und Dariusz Szwed sowie die neu gegründete Partia Kobiet (dt. Partei der Frauen), eine gemäßigt-feministische Partei mit der Vorsitzenden Manuela Gretkowska.

Wahl

Wahlbeteiligung
Wahlergebnisse nach Wahlkreisen
Wahlergebnisse im Ausland
Sitzverteilung im Sejm nach der Wahl 2007
Sitzverteilung im Senat:

Die Wahlbeteiligung war mit 53,79 % deutlich höher als erwartet, es war die höchste Wahlbeteiligung bei polnischen Parlamentswahlen seit dem Ende des Kommunismus 1989. Bei den Parlamentswahlen 2005 gaben etwa nur 40 % der Wahlberechtigten ihre Stimme ab.[2] Aus diesem Grund musste die Landeswahlleitung neue Stimmzettel beschaffen und die Wahllokale öffneten länger. Daher wurde bis 22:55 Uhr eine Nachrichtensperre für erste Hochrechnungen verhängt.[3]

Der Vorschlag der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Beobachter zu den Wahlen zu entsenden, wurde von der polnischen Regierung abgelehnt. Regierungssprecher Jan Dziedziczak sagte: „Wir können nicht zulassen, dass man uns wie ein Dritte-Welt-Land behandelt.“[4] Später lenkte die Regierung aber ein.[5] Die OSZE bescheinigte einen „demokratischen und pluralistischen Wahlprozess“, kritisierte aber die unausgeglichene Berichterstattung der staatlichen Medien zu Gunsten der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit.[6]

Wahlergebnisse

Die Wahlergebnisse zeigen ein Ost-West-Gefälle, im Westen sowie in den südlichen Woiwodschaften führte die Bürgerplattform (PO), die Partei Recht und Gerechtigkeit im Osten und Südosten. Zu den Wählern der Recht und Gerechtigkeit (PiS) gehörten zu einem großen Teil Wähler über 60, während für die Bürgerplattform vor allem Jüngere, unter 25 Jahre, stimmten. Auch bei der Bildung konnten klare Unterschiede festgestellt werden, je höher die Bildung desto geringer die Unterstützung der Recht und Gerechtigkeit.[7]

Parteien Sejm Senat
Stimmen  % +/– Sitze +/– Sitze +/–
 Bürgerplattform (PO) 6.701.010 41,51 % +17,37 % 209 +76 60 +26
 Recht und Gerechtigkeit (PiS) 5.183.477 32,11 % +5,12 % 166 +11 39 –10
 Linke und Demokraten (LiD)(1) 2.122.981 13,15 % –4,50 % 53 –2
 Polnische Bauernpartei (PSL) 1.437.638 8,91 % +1,95 % 31 +6 –2
 Wahlkomitee Deutsche Minderheit (MN)(2) 32.462 0,20 % –0,09 % 1 –1
Stimmenanteil unterhalb 5 % und somit nicht im Sejm vertreten
 Selbstverteidigung der Republik Polen (Samoobrona) 247.335 1,53 % –9,88 % –56 –3
 Liga Polnischer Familien (LPR) 209.171 1,30 % –6,67 % –34 –7
 Polnische Partei der Arbeit (PPP) 160.476 0,99 % +0,23 %
Frauenpartei (PK) 45.121 0,28 % +0,28 %
Patriotische Selbstverteidigung 2.531 0,02 % +0,02 %
Sonstige 191.672 1,17 %
 Unabhängige k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 1 –4
Gesamt
16.142.202
460
100
Wahlbeteiligung = 53,88 % (16.494.503 von 30.615.471)
Quelle: Staatliche Wahlkommission[1]
  • (1) Summe der LiD-Gründungsparteien bei den Wahlen 2005: SLD 11,31 % + SDPL und UP 3,89 % + demokraci.pl 2,45 % = 17,65 %, wobei im Sejm nur SLD mit 55 Mandaten vertreten war.
  • (2) Für die Deutsche Minderheit galt die 5-Prozent-Hürde nicht.

Wegen Parteiübertritten, die durch die Gründung der Partei Polen ist das Wichtigste (PJN) bedingt waren und aufgrund der Auflösung des Bündnisses Linke und Demokraten (LiD) gab es Veränderungen in der Sitzverteilung (siehe Grafik rechts).

Kabinett Tusk I

Am 16. November 2007 wurde die neue Regierung Polens unter Ministerpräsident Donald Tusk vereidigt. Sie besteht aus der Koalition der Parteien Bürgerplattform PO und PSL. Stellvertretende Ministerpräsidenten sind Waldemar Pawlak (PSL) und Grzegorz Schetyna (PO). Pawlak ist zugleich Wirtschaftsminister und Schetyna Innenminister. Zbigniew Derdziuk wurde Vorsitzender des Ministerrates.

Ministerium Name Partei
Außenministerium Radosław Sikorski PO
Verteidigungsministerium Bogdan Klich PO
Finanzministerium Jacek Rostowski parteilos
Kulturministerium Bogdan Zdrojewski PO
Erziehungsministerium Katarzyna Hall parteilos
Landwirtschaftsministerium Marek Sawicki PSL
Ministerium für Staatsvermögen Aleksander Grad PO
Regionalentwicklungsministerium Elżbieta Bieńkowska parteilos
Justizministerium Zbigniew Ćwiąkalski parteilos
Bildungs- und Hochschulministerium Barbara Kudrycka PO
Umweltministerium Maciej Nowicki parteilos
Gesundheitsministerium Ewa Kopacz PO
Arbeitsministerium Jolanta Fedak PSL
Infrastrukturministerium Cezary Grabarczyk PO
Sportministerium Mirosław Drzewiecki PO
Siehe auch: Kabinett Tusk

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Offizielles Wahlergebnis 2007 Staatliche Wahlkommission (Polnisch/Englisch)
  2. Polen: PO will zügigen Machtwechsel Tagesspiegel, 22. Oktober 2007
  3. Zu wenig Stimmzettel, Wahlergebnis verzögert SPIEGEL ONLINE, 21. Oktober 2007
  4. Streit zwischen Polen und OSZE über Wahlbeobachter Die Presse, 22. September 2007
  5. Wahl in Polen – Umfragen deuten auf Regierungswechsel hin sueddeutsche.de ,21. Oktober 2007
  6. OSZE schickt wieder Wahlbeobachter nach Polen Polskaweb News
  7. Länderanalyse Polen: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – Polen auf dem Weg in seine europäische Zukunft. Friedrich-Ebert-Stiftung, PDF-Dokument

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