Paralleltransport

Paralleltransport
Paralleltransport auf einer Sphäre. Der blaue und der rote Pfeil repräsentieren Paralleltransporte in verschiedene Richtungen (entlang verschiedener Kurven), die am selben Punkt enden. Die Tatsache, dass sie am Ende in verschiedene Richtungen zeigen ist eine Funktion der Krümmung der Sphäre.

In der Differentialgeometrie bezeichnet Paralleltransport ein Verfahren, geometrische Objekte entlang glatter Kurven in einer Mannigfaltigkeit zu transportieren. Wenn die Mannigfaltigkeit eine kovariante Ableitung (im Tangentialbündel) besitzt, dann kann man Vektoren in der Mannigfaltigkeit entlang von Kurven so transportieren, dass sie bezogen auf den zur kovarianten Ableitung gehörenden Zusammenhang parallel bleiben.

Entsprechend kann man zu jedem Zusammenhang einen Paralleltransport konstruieren. Ein Cartan-Zusammenhang erlaubt sogar das Liften von Kurven aus der Mannigfaltigkeit in das zugehörige Prinzipalbündel. Eine solche Kurvenliftung erlaubt den Paralleltransport von Bezugssystemen, d. h. den Transport einer Basis von einem Punkt zum anderen.

Der zu einem Zusammenhang gehörende Paralleltransport erlaubt also in gewisser Weise, die lokale Geometrie einer Mannigfaltigkeit entlang einer Kurve zu bewegen.

Genau wie sich aus einem Zusammenhang ein Paralleltransport konstruieren lässt, lässt sich umgekehrt aus einem Paralleltransport ein Zusammenhang konstruieren. Insofern ist ein Zusammenhang ein infinitesimales Analogon zu einem Paralleltransport bzw. ein Paralleltransport die lokale Realisierung eines Zusammenhangs.

Neben der lokalen Realisation eines Zusammenhangs liefert ein Paralleltransport auch eine lokale Realisation der Krümmung, die Holonomie. Das Ambrose-Singer-Theorem macht diese Beziehung zwischen Krümmung und Holonomie explizit.

Inhaltsverzeichnis

Paralleles Vektorfeld

Sei M eine differenzierbare Mannigfaltigkeit mit Zusammenhang \nabla. Ein Vektorfeld V entlang einer Kurve γ heißt parallel entlang γ, falls \nabla_{ \gamma '(t)} V(t) = 0 für alle t gilt. Ein Vektorfeld heißt parallel, falls es parallel bezüglich jeder Kurve in der Mannigfaltigkeit ist.

Paralleltransport

Sei M eine differenzierbare Mannigfaltigkeit, \gamma : I \to M eine Kurve und t_0, t_1 \in I zwei reelle Zahlen. Dann existiert zu jedem V_0 \in T_{\gamma(t_0)}M ein eindeutiges paralleles Vektorfeld V entlang γ, so dass V0 = V(t0) gilt. Mit Hilfe dieser Existenz- und Eindeutigkeitsaussage kann man die Abbildung, welche man Paralleltransport nennt, definieren. Die Abbildung

\begin{align}
P_{\gamma(t_0), \gamma(t_1)} : T_{\gamma(t_0)}M \to T_{\gamma(t_1)}M,
V_0 \mapsto V(\gamma(t_1))
\end{align}

welche einem Vektor V_0 \in T_{\gamma(t_0)}M sein eindeutiges paralleles Vektorfeld V ausgewertet an der Stelle γ(t1) zuordnet.

Der Paralleltransport für den Levi-Civita-Zusammenhang

Wichtigster Spezialfall für den Paralleltransport ist der Transport eines Tangentialvektors entlang einer Kurve auf einer riemannschen Mannigfaltigkeit, wobei der Zusammenhang der Levi-Civita-Zusammenhang ist.

Konkret: Ist v_0\in T_pM ein Tangentialvektor am Punkt p und γ(t) eine glatte Kurve mit γ(0) = p, so heißt ein Vektorfeld v(t) entlang γ, d.h. mit v(t)\in T_{\gamma(t)}M, genau dann Paralleltransport von v0, wenn gilt:

  1. \nabla_{\gamma'(t)}v(t)=0
  2. v(0) = v0,

wenn also die kovariante Ableitung von v(t) entlang γ verschwindet.

Hierbei handelt es sich um ein lineares Anfangswertproblem 1. Ordnung, von dem man die Existenz und Eindeutigkeit einer Lösung zeigen kann.

Der Paralleltransport entlang einer Geodätischen

Im Falle, dass γ eine Geodätische ist, hat der Paralleltransport besondere Eigenschaften.

Beispielsweise ist der Tangentialvektor einer proportional zur Bogenlänge parametrisierten Geodätischen selber parallel:

\nabla_{\gamma'(t)}\gamma'(t)=0

Denn dies war genau die Definition einer Geodätischen auf einer riemannschen Mannigfaltigkeit.

Steht der Anfangsvektor v0 senkrecht auf der Geodätischen (g(v0,γ'(0)) = 0, so stehen alle Vektoren des Paralleltransportes senkrecht darauf, denn

\frac{d}{dt}g(v(t),\gamma'(t)) = g(\nabla_{\gamma'(t)}v(t),\gamma'(t))+g(v(t),\nabla_{\gamma'(t)}\gamma'(t)) = 0+0 = 0.

Paralleltransport in euklidischen Räumen

Im Rn ist die kovariante Ableitung die normale Ableitung in eine bestimmte Richtung. Sie verschwindet, wenn v(t), abgesehen vom Basispunkt konstant ist, d.h. wenn alle Vektoren v(t) parallel sind.

Der Paralleltransport ist also eine Verallgemeinerung der Parallelverschiebung eines Vektors entlang einer Kurve.

Literatur

  • John M. Lee: Riemannian Manifolds. An Introduction to Curvature. Springer, New York 1997, ISBN 0387983228.
  • Manfredo Perdigão do Carmo: Riemannian Geometry, Birkhäuser, Boston 1992, ISBN 0-8176-3490-8

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