Paraffinöl

Paraffinöl
Natrium unter Paraffinöl

Paraffin (Latein parum affinis, »wenig verwandt« bzw. »wenig reaktionsfähig«) bezeichnet ein Gemisch aus Alkanen (gesättigte Kohlenwasserstoffe) mit der allgemeinen Summenformel CnH2n+2. Die Zahl n liegt zwischen 18 und 32, die molare Masse damit zwischen 275 und 600 Gramm pro Mol. Hartparaffin schmilzt zwischen 50 und 60 °C, Weichparaffin bei etwa 45 °C. Die Mikrowachse weisen sogar Erstarrungspunkte zwischen 70 und 80 °C auf und enthalten Kettenlängen (n) von bis zu 75 Kohlenstoffatomen. Zwischen den Hartparaffinen und den Mikrowachsen liegen die Intermediate, die Erstarrungspunkte von 60–70 °C aufweisen.

Die Schmelzwärme liegt zwischen 200 und etwa 240 kJ/kg.

Paraffinöle sind im CAS-Verzeichnis unter CAS-8012-95-1, bzw. im EINECS-Verzeichnis unter EG 232-384-2 aufgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Spezielle Paraffine

Auf Grund unterschiedlicher Zusammensetzungen, Herstellungsmethoden und verschiedener Verwendungszwecke werden Paraffine auch als Mikrowachs, Ceresin (Mineralwachs, Paraffinwachs), Petrolatum (Vaseline) oder Petroleum verkauft.

Eigenschaften

Die Eigenschaften der Paraffine lassen sich direkt aus der homologen Reihe der Alkane herleiten. Paraffin ist wachsartig, brennbar, geruch- und geschmacklos, ungiftig und elektrisch isolierend, wasserabstoßend, mit Fetten und Wachsen zusammenschmelzbar, jedoch gegenüber vielen Chemikalien reaktionsträge (inert). Beispielsweise ist es ziemlich beständig gegen Schwefelsäure, Brom und kalte Salpetersäure. In Reinform ist es weiß durchscheinend. Es ist unlöslich in Wasser, aber leicht löslich in Benzin, Ether und Chloroform. Paraffine sind aus unverzweigten (n-) und verzweigten (iso-)Alkanen zusammengesetzt. Es wird unterschieden zwischen

  • dünnflüssigen Paraffinen (Paraffinum perliquidum), die eine Viskosität von (25…80) mPa·s haben,
  • dickflüssigen Paraffinen (Paraffinum liquidum), die als ölige Flüssigkeit eine Viskosität von (110…230) mPa·s aufweisen und
  • Hartparaffinen (Paraffinum solidum), die als feste, kristalline Masse eine Erstarrungstemperatur von (50…62) °C haben. In Hartparaffinen dominieren die n-Alkane, in Mikrowachsen dagegen die Iso-Alkane.

Paraffine besitzen eine besonders große Volumenänderung um bis zu 30 % beim Phasenübergang von fest nach flüssig.

Gefahren

Für die Umwelt ist Paraffin gewöhnlich unbedenklich. Als Bestandteil von Hautcremes gilt Paraffin jedoch teilweise als bedenklich. Die Zeitschrift Öko-Test wertet Cremes mit einem Paraffingehalt über 10% massiv ab, da dies die Austrocknung der Haut und damit die Bildung von Falten begünstigen könnte. Öko-Test äußert sich wie folgt dazu: „Paraffine: Sammelbezeichnung für unzählige künstliche Stoffe aus Erdöl (…) behindern die natürlichen Regulationsmechanismen (…) können sich in Leber, Niere und Lymphknoten anreichern (…).“[1] Öko-Test warnt vor mehr als 10 % in einer Creme. Produkte beliebter Firmen wie Nivea enthalten wesentlich mehr Paraffin in ihren Cremes.

Ein anderes Problem stellt seine häufige Verwendung als Mittel zum Einwachsen von Skiern, Snowboards und Schlittenkufen dar: Die eingewachsten Sportgeräte hinterlassen eine Spur von Paraffin. Da die vielbefahrenen Pisten nach der Schneeschmelze meist als Viehweiden genutzt werden, wird am Gras klebendes Wachs von den Tieren aufgenommen. Vor allem im Start- und Zielbereich der Pisten kann die Paraffinkonzentration hoch sein und den Boden schädigen. Als Ersatz bietet sich Bienenwachs an, welches abbaubar ist.

Herstellung

Paraffin wird aus den sogenannten Schmierölschnitten der Vakuumdestillation gewonnen. Bei deren Entparaffinierung entstehen als Nebenprodukt die sogenannten Paraffin-Gatsche, die noch 2 bis 30 % Ölanteile enthalten. Aus diesen Gatschen wird durch Entölung mit unterschiedlichen Ölabtrennungsverfahren (Schwitzentölung, Lösemittelentölung, Sulzer-Kristallisationsentölung) das Rohparaffin gewonnen. Das Rohparaffin wird anschließend weiter raffiniert (s. u.). Daneben wird es auch aus Braunkohle, aus bituminösen Schiefern und Torfkohlen hergestellt. In letzter Zeit werden auch die mit dem Fischer-Tropsch-Verfahren (Sasol, Shell) hergestellten synthetischen Paraffine immer wichtiger. Diese bestehen im Unterschied zu den mineralölstämmigen Produkten überwiegend aus unverzweigten n-Alkanen.

Bei der Gewinnung von Paraffinen fallen außerdem als Nebenprodukt Paraffinöle an, die weiter zu Weißölen raffiniert werden können, welche als hochwertige Schmiermittel dienen. Weiterhin kommen raffinierte Weißöle im Pharmabereich, sowie bei der Herstellung von Vaseline zum Einsatz.

Hartparaffine

Die Hart- und Intermediate-Paraffine werden aus Gatschen hergestellt. Diese Gatsche fallen bei der Entparaffinierung von Motorölen als Nebenprodukt an. Die Gatsche werden mit Hilfe von Lösungsmittel-, Schwitz- und Kristallisationverfahren (modernstes Verfahren der Sulzer-Chemtech) von Ölresten befreit. Danach werden diese Rohparaffine raffiniert (Hydrierung oder Bleichverfahren), wobei Aromaten, Schwefel- und Stickstoffverbindungen umgewandelt bzw. entfernt werden. Durch die Raffination entsteht ein weißes, geruchloses Produkt, welches in der Lebensmittel-, Kosmetik- (Vaseline) und Pharmaindustrie verwendet werden kann.

Mikrowachse

Mikrowachse (auch mikrokristalline Wachse genannt) werden dagegen aus dem Vakuumrückstand der Motorölraffinerie gewonnen, d. h., hier müssen durch ein spezielles Raffinationverfahren (z. B. Propan-Entasphaltierung) die schweren Rohölkomponenten entfernt werden. Danach ist der Ablauf (Entparaffinierung, Entölung, Raffination) analog wie bei den anderen Paraffinen.

Verwendung

  • Herstellung von Kerzen
  • Produktion von Wachsdispersionen zur Imprägnierung von Holzwerkstoffen
  • zum Tränken des Holzes von Streichhölzern
  • Brennstoff für Öllampen
  • Wachsmalstifte
  • als wasserabweisender (hydrophober) Überzug bzw. Imprägnierung von Papier, Textilien und Isolierstoffen
  • als Paraffinum liquidum zur Pflege von Holzoberflächen
  • zum Präparieren archäologischer Funde
  • zur Herstellung von mikroskopischen Präparaten
  • festes Treibmittel für Hybridraketen
  • als Moderatorsubstanz in Neutronenquellen
  • Als Linse zum Bündeln von Mikrowellen
  • Lackpoliturzusatz
  • Versiegeln von Gläsern und Flaschen (siehe Parafilm)
  • Feuerspucken und Feuer-Jonglage
  • Speichermedium in Latentwärmespeichern (u. a. in der Solarthermie)
  • in der Physikalischen Therapie als Paraffin-Fango
  • als Bindemittel in Nasensalben
  • in der Reifenherstellung als Ozonschutz
  • als Grillanzünder
  • in der Kosmetikindustrie als Pflegeöl
  • Zusatzstoff in Tarnschminke
  • in der Medizin als Gegenmaßnahme bei Vergiftungen durch oral eingenommene, fettlösliche Toxine (Resorptionsverhinderung)
  • als Austriebsspritzmittel im Pflanzenschutz (Larven werden durch Paraffinfilm erstickt)
  • zur Konservierung anatomischer Präparate (Paraffinierung)
  • um die Mikrofonie bzw. die Rückkopplung von Gitarrentonabnehmern zu verhindern. Dazu wird die Spule des Tonabnehmers in flüssigem Paraffin, versetztz mit 20% Bienenwachs, getränkt.
  • in der Medizin als Abführmittel, um den Stuhlgang zu erleichtern.

Wichtige Produkte

Hauptabnehmer von Paraffin ist weltweit die Kerzenindustrie (Teelichte, Haushaltskerzen, Dekorationskerzen). Es ist preiswerter als das Stearin, das aus tierischen oder pflanzlichen Produkten gewonnen wird und vor allem aus Palmitin- und Stearinsäureestern des Glycerins besteht.

Paraffin dient als Grundstoff für Salben und Cremes (Vaseline), für Kosmetik- und Medizinprodukte (z. B. Labello), (Fußboden)Pflege- und Putzmittel für beispielsweise Holz, Metall und Autopolituren oder Schuhcremes. Flüssige Paraffine werden als mildes Laxans und als Suspensionsmittel in der IR-Spektroskopie eingesetzt.

Bei der Herstellung von Käse dient es bei einigen Sorten als Überzug der Rinde, um den Laib zu konservieren und vor Austrocknung zu schützen, beispielsweise beim Edamer oder Bonbel/Babybel. Weiterhin wird es bei der Herstellung von Kaugummi und Süßwaren verwendet.

Große Mengen werden auch im Korrosionsschutz in der Autoindustrie (Flutwachse) oder als Zusatz zu Gummiprodukten z. B. Reifen (Lichtschutzwachse, Ozonschutzwachse) verwendet. Lichtschutzwachse können auch aus synthetischen Wachsen, die mittels der Fischer-Tropsch-Synthese gewonnen werden, hergestellt werden.

Eine weitere Anwendung ist die Histologie: Gewebeproben werden in spezielle Paraffine (mit Kunststoffzusätzen zur besseren Schneidbarkeit, z. B. von Merck_KGaA) gegossen und dann geschnitten.

Englischer Sprachgebrauch

Die englische Bezeichnung lautet ebenfalls paraffin, wobei im britischen Englisch zwischen paraffin oil (Petroleum) und paraffin wax (Paraffin) unterschieden wird.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Cremes, Neurodermitiker/Allergiker. In: Öko-Test Ratgeber Kosmetik und Wellness. Nr. 1. 2001, S. 121

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