Paradummy

Paradummy
Ein Paradummy vom Typ Rupert (verwendet in der Operation Titanic)
Paradummy, der bei den Dreharbeiten zum Film Der längste Tag verwendet wurde.

Paradummys (deutsch Fallschirmpuppen) sind erstmals im Zweiten Weltkrieg genutzte Puppen, die, aus einem Flugzeug abgeworfen, vom Feind für Fallschirmjäger gehalten werden sollen, umso die Invasion aus der Luft größer erscheinen zu lassen als sie wirklich ist. Weiterhin können mittels Paradummys feindliche Einheiten in angelegte Hinterhalte gelockt werden.

Inhaltsverzeichnis

Deutsche Paradummys

Der erste bekannte Einsatz von Paradummys war während der deutschen Invasion der Niederlande und Belgien im Mai 1940. Die Deutschen benutzten strohgefüllte Puppen, die in Massen aus den Flugzeugen abgeworfen wurden und so zu Angst und Panik unter der Zivilbevölkerung führten. Die eigentlichen deutschen Fallschirmeinheiten waren zahlenmäßig viel kleiner. Im August 1940 wurden auch über Schottland zu Täuschungszwecken Fallschirmpuppen abgeworfen. Allerdings gibt es keine Puppen aus dieser Zeit mehr, dadurch sind die Informationen über deren Aussehen und sonstige Details nicht mehr bekannt.

Auch zu späteren Zeitpunkten benutzen die deutschen Fallschirmeinheiten künstliche Springer, so zum Beispiel während der Ardennenoffensive ab Mitte Dezember 1944. Diese sahen so täuschend echt aus, dass die Amerikaner teilweise fluchtartig ihre Positionen verließen. Spätere Aufklärungen ergaben aber nur die Landung von Puppen sowie das Auffinden vereinzelter deutscher Soldaten, die gefangen genommen wurden.

Die Wehrmacht soll zur noch realistischeren Darstellung der Landung mit kleinen Rauchbomben experimentiert haben, die an den Füßen der Puppe befestigt waren um die aufstaubende Erde zu simulieren. Eingesetzt wurden solche modifizierten Puppen aber nicht.

Britische Paradummys

Die eingesetzten britischen Puppen wurden in den USA gefertigt und dann nach Großbritannien verschifft. Der erste bekannte Einsatz der Puppen war 1940 in Nordafrika, als sie bei Siwa über italienischen Einheiten abgeworfen wurden. Ebenfalls 1940 wurden während der Operation Hasty Puppen über Italien eingesetzt.

Die Fallschirmpuppen dienten 1942 zur Ablenkung der britischen Invasion auf Madagaskar, das zu der Zeit von Vichy-Frankreich beansprucht wurde. Die Puppen, die während der Operation Ironclad zum Einsatz kamen, entsprachen in etwa denen, die später bei der Invasion in der Normandie in der Nacht des D-Day abgeworfen wurden. Über die Vorläufer aus 1942 ist kaum etwas bekannt, da keine Puppen mehr existieren.

Operation Titanic

Der Abwurf von Fallschirmjägerpuppen über der Normandie ist der wohl bekannteste Einsatz dieser Art. Am frühen Morgen des 6. Juni 1944 wurden zur Verwirrung der deutschen Verteidiger als Vorbereitung der Invasion hunderte von Puppen entlang des Küstenhinterlands abgeworfen. Dies lenkte viele deutsche Einheiten von den eigentlichen Absprungzonen der Alliierten ab. Mit den Puppen sprangen auch sechs Soldaten des Special Air Service ab. Sie erzeugten zusätzlich laute Kampfgeräusche und führten Ablenkungsattacken auf deutsche Positionen aus.

Die für die Operation Titanic benutzten Puppen erhielten den Spitznamen Rupert. Sie waren aus Gummi gefertigt und trugen kleine Fallschirmjägeruniformen. Sie waren mit Stroh oder auch mit Grünabfällen befüllt. Einige der Originalpuppen, die abgeworfen wurden, sind heute in Kriegsmuseen ausgestellt. Noch in den 80er Jahren wurden einige in einer Lagerhalle eines alten Flugfeldes in Großbritannien gefunden. Sie werden des Öfteren auf Versteigerungen oder auch im Internet angeboten.

Die Puppen sind unbeweglich und kleiner als ein Mensch, können aber in der Luft und am Boden während der Dämmerung optisch nur schwer von Fallschirmspringern unterschieden werden. Hinzu kommt, dass auch echte Fallschirmspringer sich während des Sprungs bewegungslos an den Seilen hängen ließen, um von verteidigenden Bodentruppen nicht von mitspringenden Puppen oder bereits in der Luft erschossenen Kameraden unterschieden werden zu können.

Amerikanische Paradummys

In den USA testete die US-Marine 1943 den Einsatz von Fallschirmpuppen, die aus einem nichtmagnetischen Metall, wahrscheinlich Aluminium, bestanden. Der Schauspieler Douglas Fairbanks Jr., der als Lieutenant bei der Navy diente, war direkt an der Entwicklung und dem Entwurf der Puppen beteiligt. Er brachte die Idee zu den Puppen aus Großbritannien mit, wo er einige Zeit stationiert war. Die Testflüge mit den zehn angefertigten Puppen fanden an einem küstennahen Flugplatz bei der Chesapeake Bay Anfang März 1943 statt. Die Fallschirmpuppen wurden von einem TBF Torpedobomber über der Küste bzw. über dem Flugfeld abgeworfen. Drei Beobachtergruppen, die in verschiedenen Entfernungen standen, teilten ihre Eindrücke schriftlich der Marine mit. Ein Teil der Beobachter war im Unklaren gelassen worden und wusste nicht, dass Puppen abgeworfen wurden. Die Puppen erwiesen sich allerdings als Fehlkonstruktion, da sie zu klein waren und keine beweglichen Teile hatten, die sich während des Fluges bewegten. Die Beobachter bewerteten sie meist als unrealistisch.

Als Folge dieser Tests entwickelte die Marine in Lakehurst größere, aufblasbare Puppen aus Gummi, die sogenannten PD-Packs. Damit konnten Beobachter tatsächlich optisch getäuscht werden. Da das Aussehen der Puppen dem von der amerikanischen Filmakademie verliehenen Oscar ähnelte, bekamen sie dessen Spitznamen. Die PD-Packs kamen in Südfrankreich und in den Philippinen zum Einsatz.

Der größte amerikanische Einsatz von künstlichen Fallschirmjägern im Zweiten Weltkrieg fand während der Absprungs des 503. US-Fallschirminfanterieregiments am 5. September 1943 über Neu Guinea statt. Es ist aber nicht abschließend geklärt, ob es sich dabei um die Aluminium- oder die Gummivariante handelte.

Nach Kriegsende entwickelte die United States Army in den 50er Jahren die Oscar-Variante weiter. Heraus kam eine zum besseren Transport faltbare Puppe, deren Kopf und Stiefel aus Gips gefertigt war. Die Puppen trugen nun auch realistische Stoffuniformen. Sie wurden bei Einsätzen im Koreakrieg benutzt.

Während des Vietnamkriegs warfen die Amerikaner übriggebliebene Puppen über Vietkong-Stellungen oder in deren Nähe ab. Sie lockten damit die Nordvietnamesen in vorbereitete Hinterhalte, um sie dort mit wartenden Einheiten zu attackieren.

Die modernen amerikanischen Paradummys sind aus PVC gefertigt und sehen wie kleine GI-Puppen aus, sind aber größer als die Dummys der 50er Jahre. Während des Golfkriegs setzten Spezialeinheiten diese Puppen zur Ablenkung irakischer Truppen ein. Auch in Afghanistan kamen sie zum Einsatz.

Mittels der Paradummys simulieren die Amerikaner bei Übungen auch eine größere Invasion mit Fallschirmjägern.

Siehe auch


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