Panzerabwehr

Panzerabwehr

Panzerjäger oder Panzerabwehr sind Teil jeder Streitkraft. Ihre Hauptaufgaben sind die Bekämpfung von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen sowie die Unterstützung der Infanterie. Zur Panzerabwehr durch die Infanterie werden Panzerabwehrhandwaffen eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Anfänge

Russische PTRS-Panzerbüchse

Seit die Panzer auf den Schlachtfeldern Europas im Ersten Weltkrieg erschienen, musste nach einer Möglichkeit gesucht werden, diese Bedrohung auszuschalten. Während des Ersten Weltkrieges wurden vor allem Artilleriegeschütze eingesetzt, um die Fahrzeuge im direkten Richten zu zerstören. Die Panzerung der Panzer des Ersten Weltkrieges bot bestenfalls Schutz gegen Gewehrmunition und Splitterwirkung. Doch bereits während des Krieges wurden spezielle, nur für die Panzerabwehr entwickelte Geschütze als sogenannte Panzerabwehrkanonen frontreif gemacht. Das gängigste Kaliber bis zum Zweiten Weltkrieg war 37 mm. Dies waren erste einfache Geschütze, entwickelt aus herkömmlichen Feldgeschützen.

Gleichzeitig wurden großkalibrige Panzerbüchsen entwickelt. Diese sollten von einzelnen Soldaten im Rahmen des Zuges oder der Kompanie mitgeführt werden und so ein Mittel zur Panzerabwehr der einzelnen Kompanien sein. Dieses Prinzip wurde bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs beibehalten.

Der Zweite Weltkrieg

Deutsche Pak 38

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Panzerabwehr eine eigenständige Waffengattung. Auf deutscher Seite wurde der Panzer als probates Kampfmittel angesehen. Gleichzeitig entging den deutschen Konstrukteuren aber nicht, dass man Mittel zur Panzerabwehr benötigte. Dazu durften nicht allein Panzer zählen. Ebenso war es erforderlich, die Infanterie ausreichend mit Mitteln zur Panzerabwehr zu versorgen. Infanteriebataillone erhielten eigene Panzerabwehrzüge. Diese waren zu Beginn noch mit herkömmlichen Kanonen ausgerüstet, die allerdings im Gegensatz zum Feldgeschütz völlig anders ausgelegt waren, die sogenannten Panzerabwehrkanonen (PaK). Die Kanonen sollten eine niedrige, gut tarnbare Silhouette haben. Sie sollten schnelle Stellungswechsel ermöglichen. Zudem sollte die Bedienung in der Lage sein, das Geschütz per Hand bewegen zu können. Diese Einheiten wurden später in selbstständigen Panzerjagdabteilungen zusammengefasst. Als der Krieg durch den Einsatz des Panzers immer mobiler wurde, war es nötig, auch Panzerabwehrgeschütze zu mobilisieren. Das für diesen Zweck eingesetzte Sturmgeschütz konnte diese Aufgabe nur unzureichend erfüllen. Also wurden Jagdpanzer konstruiert. Als ein probates und sehr erfolgreiches Mittel zum Panzerabwehrkampf stellten sich die Flakgeschütze heraus. Die 8,8-cm-Flak wurde später sogar als Kampfwagenkanone (in leicht modifizierter Form als 8,8 cm KwK 36 L/56) als Hauptwaffe im Panzerfahrzeug Tiger I eingebaut, aber auch in verbesserter Ausführung als 8,8 cm KwK L/71 im Tiger II, aber auch im Jagdpanther oder dem Nashorn.

Deutscher Jagdpanzer 38 (t) „Hetzer“

Die Jagdpanzer waren eigene Konstruktionen. Sie besaßen keinen Turm. Die Lafette war frontlafettiert und ermöglichte nur einen kleinen Seitenrichtbereich. Zum groben Seitenrichten wurde das gesamte Fahrzeug gedreht. Zuerst wurden herkömmliche Walzenblenden verwendet, später dann die Saukopfblende. Jagdpanzer waren im Zweiten Weltkrieg so erfolgreich, dass jede kriegführende Nation eigene Panzerjägerabteilungen aufstellte. Bestes Beispiel sind die russischen Panzerjäger SU-85 und SU-100. Sie sind aus den Erfahrungen mit deutschen Jagdpanzern entstanden. Der abgebildete deutsche Jagdpanzer Hetzer war bis in die 1970er-Jahre beim Schweizer Heer aktiv.

Panzernahkampfmittel

Beim Erscheinen der Panzer im Ersten Weltkrieg konnte die Infanterie der neuen Waffe nicht entgegenwirken. Es wurden eher primitive Panzernahkampfmittel wie Sprengladungen (z. B. geballte Ladung), Haftladungen, Brandflaschen und Ähnliches verwendet, um sich wenigstens etwas wehren zu können. Brandflaschen wurden in der Regel auf die Motorjalousie geworfen und entzündeten durch den Luftstrom der Motor-Ansaugluft schnell den Motorraum, was den Panzer außer Gefecht setzte. Die brennende Flüssigkeit konnte in kleine Spalten eindringen sowie Dichtungen wegschmelzen und so in den Kampfraum gelangen. Tellerminen und Sprengladungen wurden üblicherweise zur Zerstörung der Ketten verwendet, aber auch in den Turmdrehkranz (Raum zwischen Wanne und Turm) gesteckt. Damit die Explosion nicht einfach verpuffte und um diese in Richtung des Panzers zu verstärken, wurde die Sprengladung auf dem Panzer mit Sandsäcken verdämmt. Die Haftladung war magnetisch, sie wurde am Panzer befestigt, scharf gemacht und der Soldat brachte sich in Sicherheit. Es gab zwei Arten von Haftladungen; entweder als konventionelle Ladung oder nach Prinzip einer Hohlladung. Die Hafthohlladungen hatten den Vorteil, bei gleichem Gewicht effizienter zu sein.

Als letzte Möglichkeit, wenn keine geeigneten Mittel zur Bekämpfung verfügbar waren, wurde versucht, den Panzerinsassen die Sicht zu nehmen. Dazu wurden die Visiere und Luken mit Tüchern verhängt oder zerstört. Auch raucherzeugende Mittel wurden eingesetzt.

Zur Panzerabwehr im Zweiten Weltkrieg stellten sowohl die japanischen als auch die deutschen Streitkräfte gegen Ende des Krieges sogenannte Panzervernichtungstrupps auf. Diese sollten angreifende Panzer im Nahkampf vernichten. Oftmals war dies ein Himmelfahrtskommando, verlief aber in einigen Fällen sehr erfolgreich. In Japan kam sogar die Stoßmine zum Einsatz, die Landversion des Kamikaze. In Deutschland wurde für die Vernichtung von Panzern ein eigener Orden verliehen.

Von der Kanone zur Rakete

Start eines Milan-PzAbwFK vom Marder 1A3

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden erstmals Raketen eingesetzt, um feindliche Panzer zu vernichten. Die USA führten die Bazooka als tragbare Raketenwaffe ein. Die deutsche Wehrmacht kopierte daraus den Panzerschreck. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat die Rakete die Kanone weitgehend bei der Panzerabwehr abgelöst. Einzelne Infanterietrupps verfügen über beinahe dieselben Mittel zur Panzerabwehr wie etwa eine Abteilung Panzerjäger des Zweiten Weltkrieges. Raketen wie beispielsweise die HOT, MILAN oder die amerikanische TOW können von Fahrzeugen, Helikoptern oder einzelnen Soldaten abgefeuert werden. Im Gegensatz zur ungelenkten Panzerabwehrrakete, wie sie bei der deutschen Panzerfaust 3 verwendet wird, werden diese mittels eines Drahtes gelenkt. Damit können auch bewegliche Ziele auf große Entfernungen effektiv bekämpft werden. Mit diesen Waffen und der Effizienz moderner Kampfpanzer hat sich die Kampfentfernung bei Panzergefechten erheblich gesteigert. Das normale Gefecht des Zweiten Weltkrieges fand noch auf Entfernungen von 500 m und weniger statt. Mit modernen Panzerabwehrmitteln und Kampfpanzern ausgerüstete Truppen haben die Kampfentfernung auf 1.500 m und mehr anwachsen lassen. Die Panzerjagd wird heute von allen Kampfeinheiten ausgeführt. Es gibt mittlerweile keine eigenen Panzerjägerabteilungen mehr.

Aus der Luft

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Wert des Flugzeugs als Panzerbekämpfer erkannt. Modelle wie Junkers Ju 87 G, Republic P-47 oder Iljuschin Il-2 waren sehr erfolgreiche Panzerjäger.

Die Rolle des Panzerjägers wird mehr und mehr durch den Helikopter übernommen. So ist der AH-64 Apache in der Lage, sechzehn Hellfire-Raketen zu transportieren und sechzehn gepanzerte Ziele gleichzeitig zu bekämpfen. Eine allein für die Panzerbekämpfung entwickelte Maschine ist die Fairchild-Republic A-10 Thunderbolt II. Ihre Avenger-Maschinenkanone im Kaliber 30 mm wird mit Urankernmunition bestückt. Die A-10 erwies sich unter anderem im Golfkrieg als überaus effektives System.

Passive Panzerabwehr

Panzerabwehrmine

Chinesische Panzerabwehrmine

Eines der am meisten genutzten Mittel zur Panzerabwehr ist dabei die Panzerabwehrmine. Sie werden üblicherweise großflächig verlegt. Ziel ist es, Zugänge zu sperren oder Durchbruchsoperationen zu be- bzw. zu verhindern. Häufig werden Minensperren so angelegt, das Gassen freibleiben, die dann durch aktive Abwehrmittel abgedeckt werden. Heute können Panzerabwehrminen durch Flugzeuge, Artillerie oder bestimmtes Pioniergerät verlegt werden.

Panzersperre

Panzersperre

Ein weiteres Mittel zur passiven Sperrung sind sogenannte Panzersperren. Sie bestehen aus Beton oder Stahl und werden häufig bei Festungen eingesetzt. Sie haben keine Bekämpfungswirkung gegen Panzer, sondern behindern lediglich deren Fortbewegung. Das gleiche gilt für Panzergräben. Im modernen Panzerabwehrkampf wird häufig eine Kombination aller drei Mittel eingesetzt.

Siehe auch

Literatur

  • Shelford Bidwell u.a.: Landkrieg im 20. Jahrhundert: Geschichte, Technik, Strategie, Hrsg. von: Ray Bonds, Gondrom Verlag, Bayreuth 1978, ISBN 3-8112-0148-4. (dt. Übersetzung; engl. Originaltitel: The encyclopedia of land warfare in the 20th century)
  • Ian Hogg: Artillerie des 20. Jahrhunderts, 1. Aufl., Gondrom Verlag, Bindlach 2001, ISBN 3-8112-1878-6. (dt. Übersetzung)

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