Panurg

Panurg
Ausgabe Lyon: Denis de Harsy, 1537.
Gustave Doré: Pantagruel

Gargantua und Pantagruel ist ein Romanzyklus von François Rabelais, dessen 5 Bände 1532, 1534, 1545, 1552 und 1564 erschienen.

Alle Bände, vor allem aber I und II, waren jeweils sehr erfolgreich; die Protagonisten, d.h. der junge Riese Pantagruel und sein Vater Gargantua, sind noch heute ein Begriff, und sei es nur dank der Adjektive pantagruélique („avoir un appétit pantagruélique“ – einen pantagruelischen Appetit haben) und gargantuesque („un repas gargantuesque“ – ein gargantuesker Schmaus). Der zuerst verfasste Pantagruel, für den Rabelais zunächst keinerlei Fortsetzung plante, trägt den Titel: Les horribles et épouvantables faits et prouesses du très renommé Pantagruel, Roi des Dipsodes, fils du grand géant Gargantua. Composés nouvellement par maître Alcofrybas Nasier (dt.: „Die schrecklichen und entsetzlichen Abenteuer und Heldentaten des hochberühmten Pantagruel, König der Dipsoden, Sohn des großen Riesen Gargantua. Neu zusammengestellt von Meister Alcofrybas Nasier“ – ein Anagramm aus f-r-a-n-c-o-y-s-r-a-b-e-l-a-i-s). Das Werk war also sogleich als unter einem witzigen Pseudonym veröffentlichte Parodie der Gattung Ritterroman und damit als humoristisch erkennbar.

Nach dem Erfolg schob Rabelais rasch, unter demselben Pseudonym und in ähnlicher Machart, den Gargantua nach, mit dem Titel La Vie très horrifique du grand Gargantua, père de Pantagruel. (dt.: „Das sehr schreckliche Leben des großen Gargantua, Vater von Pantagruel“) Die erheblich später gedruckten weiteren Bände werden unter seinem richtigen Namen erscheinen und als Le tiers livre, Le quart livre, und Le cinquième livre nüchternere Titel haben (dt.: „Das dritte“, „vierte“ bzw. „fünfte Buch“), allerdings auch kaum mehr in der Tradition der Ritterroman-Parodien stehen.

Das Erfolgsrezept von Rabelais beruht auf seiner unnachahmlichen Kunst der Mischung: auf der Stilebene mengt er Ernst und Scherz, spielerische Ironie und bissigen Sarkasmus, derben Witz und hypergelehrte Pedanterie, lustige Wortspielereien und komisch verwendete echte und fiktive Zitate; auf der Strukturebene kombiniert er geschickt meist knappe, immer wieder die Grenzen zum Phantastischen und Grotesken überschreitende Handlungssequenzen und meist längere Erzähler- und Figurenreden, deren letztlich satirische Intentionen kaum zu übersehen sind, auch wenn sie sich oft verstecken, z.B. hinter einer scheinbaren Naivität. Rabelais wurde denn auch jeweils nach dem Erscheinen der Bände von den konservativen Theologen der Sorbonne attackiert, die hinter dem Humoristen und Fabulisten sehr wohl den kritisch-selbständigen Geist und den Anhänger eines unorthodoxen, überkonfessionellen "Evangelismus" erkannten.

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