Pangenesis

Pangenesis
Francis Galton, ein Vetter von Charles Darwin, zweifelte als einer der ersten die Pangenesistheorie an

Pangenesis ist ein Begriff aus der Genetik und war methodischer Ansatz Charles Darwins bei seiner Arbeit "Die Variation von Tieren und Pflanzen unter Domestikation", welche er im Jahre 1868 betrieb. Wie auch die Präformationslehre zählt sie zu den historischen Theorien der Vererbungslehre. Sie geht davon aus, dass die Keimzellen das Sammelbecken für Bestandteile des ganzen Körpers bilden. Bekannt ist die Hypothese bereits seit der Antike:

Der Samen geht von dem gesamten Körper aus; gesunder von gesunden Teilen und kranker von kranken Teilen. (Hippokrates, 460-377 v. Chr.)


Die Pangenesistheorie bei Charles Darwin

Darwin entwickelte die Pangenesistheorie in seinen späten Werken als Konzession an Vertreter lamarckistischer Auffassungen wegen bestimmter Anpassungsphänomene bei Lebewesen, die er nicht mit seiner Selektionstheorie erklären zu können glaubte:


"Es wird fast allgemein zugegeben, dass die Zellen oder die Einheiten des Körpers sich durch Theilung oder Prolification fortpflanzen, wobei sie zunächst dieselbe Natur beibehalten und schliesslich in die verschiedenen Gewebe und Substanzen des Körpers verwandelt werden. Aber ausser dieser Vermehrungsweise nehme ich an, dass die Zellen vor ihrer Umwandlung in völlig passive oder 'gebildete Substanz' kleine Körnchen oder Atome abgeben, welche durch den ganzen Körper frei circulieren und welche, wenn sie mit gehöriger Nahrung versorgt werden, durch Theilung sich verfielfältigen und später zu Zellen entwickelt werden können, gleich denen von denen sie herrühren. Diese Körnchen können der Deutlichkeit halber Zellenkeimchen genannt werden, oder da die Zellentheorie nicht vollständig begründet ist, einfach Keimchen ... Endlich nehme ich an, daß die Keimchen in ihren schlummernden Zustande eine gegenseitige Verwandtschaft zueinander haben, welche zu ihrer Aggregation entweder zu Knospen oder zu den Sexualelementen führt. Um genauer zu sprechen, so sind es nicht die reproduktiven Elemente, auch nicht die Knospen, welche neue Organismen erzeugen, sondern die Zellen selbst durch den ganzen Körper. Diese Annahmen bilden die provisorische Hypothese, welche ich Pangenesis genannt habe." [1]

Das folgende Zitat zeigt eindeutig, dass Darwin weit lamarckistischer im Sinne einer Vererbung erworbener Eigenschaften gedacht hat, als wir dies heutzutage wahr haben wollen: "Bei Variationen, welche durch die directe Einwirkung veränderter Lebensbedingungen verursacht werden ... werden die Gewebe des Körpers nach der Theorie der Pangenesis direct durch die neuen Bedingungen afficiert und geben demzufolge modificirte Nachkommen aus, welche mit ihren neuerdings erlangten Eigenthümlichkeiten den Nachkommen überliefert werden. ..." [2]

Pangenesistheorie contra Keimplasmatheorie

Bedenken gegen diese Pangenesistheorie ergaben sich zunächst aus experimentellen Befunden. So versuchte beispielsweise Francis Galton, ein Vetter Darwins, dessen Theorie zu beweisen. Dazu übertrug er Blut von nicht grau gefärbten Kaninchen auf graue in der Erwartung, die Nachkommenschaft werde gescheckt. Dieser Versuch verlief negativ und so trat Galton ab 1876 gegen die somatische Induktionslehre auf, die eine spezifische Beeinflussbarkeit der Keimzellen durch das Soma postuliert. Er vertrat stattdessen die Hypothese der Unabhängigkeit des Erbgutes vom Soma, jene Theorie, die der Freiburger Zoologe und Hauptvertreter des Neo-Darwinismus August Weismann im Jahr 1892 als Keimplasmatheorie klassisch formuliert hatte. [3] Von 1886 bis 1895 führten August Weismann und der englische Philosoph Herbert Spencer einen erbitterten, international viel beachteten wissenschaftlichen Disput um die "Faktoren der organischen Evolution" [4], bei dem es unter anderem um die Pangenesistheorie ging.

Das wissenschaftshistorische Verdienst dieser Keimplasmatheorie Weismanns besteht darin, die Annahme einer Entstehung des Keimgutes im ganzen Körper, also die Pangenesistheorie, erschüttert und widerlegt zu haben. Somit verloren die harten Verfechter der Annahme der "Vererbung erworbener Eigenschaften" - wie beispielsweise der englische Sozialphilosoph Herbert Spencer - eine ihrer wesentlichen Argumentationsstützen.

Fußnoten

  1. Charles Darwin: Das Variieren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication (übersetzt von Victor Carus), 2 Bände, Stuttgart 1868, Band II, p. 491 f.
  2. Charles Darwin: Das Variieren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication (übersetzt von Victor Carus), 2 Bände, Stuttgart 1868, Band II, p. 517
  3. August Weismann: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung
  4. Herbert Spencer: Die Faktoren der organischen Entwicklung. In: Kosmos 10 (1886), 241-272, 321 - 347. In englischer Sprache: The factors of organic evolution. In: The Nineteenth Century 21 (1886), 570 - 589, 749 - 770

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pangénesis — Saltar a navegación, búsqueda La pangénesis es la teoría defendida por Anaxágoras, Demócrito y los tratados hipocráticos según la cual cada órgano y estructura del cuerpo producía pequeños sedimentos llamados gémulas, que por vía sanguínea… …   Wikipedia Español

  • Pangenesis — was Charles Darwin s hypothetical mechanism for heredity. He presented this provisional hypothesis in his 1868 work The Variation of Animals and Plants Under Domestication and felt that it brought together a multitude of facts which are at… …   Wikipedia

  • Pangenesis — Pan*gen e*sis, n. [Pan + genesis.] (Biol.) An hypothesis advanced by Darwin in explanation of heredity. [1913 Webster] Note: The theory rests on the assumption, that the whole organization, in the sense of every separate atom or unit, reproduces… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • pangenesis — pangenesis. См. пангенез. (Источник: «Англо русский толковый словарь генетических терминов». Арефьев В.А., Лисовенко Л.А., Москва: Изд во ВНИРО, 1995 г.) …   Молекулярная биология и генетика. Толковый словарь.

  • Pangeněsis — (griech.), s. Erblichkeit, S. 892 …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Pangenesis — Pangenĕsis (grch.), nach Darwin die Annahme, daß sich die Zellen des tierischen Organismus nicht nur durch Teilung fortpflanzen, sondern auch kleinste, molekülartige Körnchen (Keimchen, gemmŭlae) abgeben, die sich nach Durchwanderung des Körpers… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • pangénesis — Teoría darwiniana de que cada célula y partícula de un progenitor se reproduce a sí misma en la descendencia. Diccionario Mosby Medicina, Enfermería y Ciencias de la Salud, Ediciones Hancourt, S.A. 1999 …   Diccionario médico

  • pangenesis — [pan jen′ə sis] n. [ModL: see PAN & GENESIS] a former hypothesis of heredity in which each unit or cell of the body throws off very minute particles (pangenes) into the blood which circulate freely, undergo division, and are collected in the… …   English World dictionary

  • pangénesis — ► sustantivo femenino BIOLOGÍA Teoría que proponía que cada parte del cuerpo estaba representada por una partícula que se encontraba en la sangre. IRREG. plural pangénesis …   Enciclopedia Universal

  • pangenesis — noun Etymology: New Latin Date: 1868 a disproven hypothetical mechanism of heredity in which the cells throw off particles that collect in the reproductive products or in buds so that the egg or bud contains particles from all parts of the parent …   New Collegiate Dictionary

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”