Palmarum

Palmarum
Christi Einzug in Jerusalem, Ikone

Der Palmsonntag (lat.: Dominica in Palmis de passione Domini für die römisch-katholische Kirche; Palmarum für die Evangelische Kirche) ist der 6. und letzte Sonntag der Fastenzeit und der Sonntag vor Ostern. Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche, die in der lutherischen Kirche auch Stille Woche genannt wird. Die Große oder Heilige Woche der katholischen Tradition umfasst darüber hinaus auch Ostern.

Inhaltsverzeichnis

Kirchliche Tradition

Einzug Jesu in Jerusalem. Fresko in der Pfarrkirche Zirl, Tirol, Österreich
W. G. Schwarz, Palmsonntag in Moskau zur Zeit des Zaren Alexej Michajlowitsch (1865)

Am Palmsonntag wird des festlichen Einzugs Jesu Christi in Jerusalem gedacht. Zum Zeichen seines Königtums jubelte (Joh 12,13-15 EU) das Volk ihm zu und streute dem nach Jerusalem kommenden Palmzweige (Joh 12,13-15 EU). Palmen wurden vielerorten als heilige Bäume verehrt, waren etwa in Delos dem Apollon heilig. Im Mittelmeerraum galten sie von alters her als Sinnbild des Lebens und des Sieges, in Israel insbesondere auch das Symbol für die Unabhängigkeit und den siegreichen König (1 Makk 13,51 EU; 2 Makk 14,4 EU). Von daher stellte der so gestaltete Einzug auch für die Römer eine besondere Provokation dar. Der Esel wiederum war nach Sach 9,9 EU ein Sinnbild des gewaltlosen Friedenskönigs und der Bescheidenheit.

Der Ursprung der christlichen Palmsonntagsfeier geht wohl auf die Liturgie von Jerusalem zurück, wo man die einzelnen Ereignisse des Leidensweges Jesu in eigenen Feiern und Riten nachbildete.

Die Palmenweihe gehörte früher, bevor sie in vielen Gegenden auf den Palmsonntag verlegt wurde, zu den heidnischen Ostergebräuchen. Denn die geweihten Zweige sollten nicht nur das Haus bis zur nächsten Erneuerung vor Blitz und Feuersgefahr schützen, sondern sie werden auch mit den Schalen der Ostereier und den Kohlen der Osterfeuer in den Ecken der Felder eingesteckt oder vergraben, um diese fruchtbar zu machen.[1]

Römisch-katholische Kirche

Kommunionkinder bei der Palmprozession in Bingen, 1932

An diesem Sonntag wird in der Liturgie am ersten Tag der Heiligen Woche

  1. mit Palmweihe und -prozession das Gedächtnis des Einzugs Jesu Christi in Jerusalem gefeiert, als Christus auf einem Esel in Jerusalem einzog und ihm mit Palmwedeln und dem Ruf Hosanna dem Sohne Davids!“ als Messias gehuldigt wurde.
  2. das Evangelium von der Passion Christi aus einem der synoptischen Evangelien gelesen.

Dies erklärt den lateinischen Doppelnamen des Palmsonntags, der übersetzt „Palm- und Passionssonntag“ bedeutet. Die Lesung der Passion entspricht altrömischer Liturgietradition, die Prozession ist aus dem altgallischen und ostkirchlichen Brauchtum übernommen.

Die liturgische Farbe des Palmsonntags ist rot. Der Gottesdienst beginnt mit der Palmweihe, die in der Regel an einem Ort außerhalb der Kirche stattfindet. Der Zelebrant segnet die Palmgebinde durch Weihegebet und Besprengung mit Weihwasser. Nach dem Vortrag des Evangeliums und der Homilie ziehen alle unter dem Wechselgesang des uralten Prozessionshymnus Gloria, laus et honor mit dem festlich geschmückten Prozessionskreuz zur Kirche. Die Gemeinde antwortet auf die Strophen der Vorsänger

„Ruhm und Preis und Ehre sei Dir, Erlöser und König. Jubelnd rief einst das Volk sein Hosianna Dir zu.“

Bei der Lesung der Passion kommen weder Weihrauch noch Leuchter zum Einsatz. Die Passion wird im Idealfall von drei Diakonen vorgetragen, wobei einer die Worte Jesu spricht, einer die des Evangelisten und der dritte die Worte aller sonstigen Personen. Da oftmals selbst in Kathedralen nicht drei Diakone zur Verfügung stehen, treten an ihre Stelle entweder mehrere Zelebranten oder aber der Zelebrant und zwei Lektoren, wobei traditionell der Priester die Worte Jesu spricht. An der Stelle der Lesung, die vom Augenblick des Todes am Kreuz berichtet, knien alle nieder und verharren eine Zeitlang in Schweigen.

Ein bekanntes Palmsonntagslied ist Singt dem König Freudenpsalmen. Die heute als Adventslieder bekannten Macht hoch die Tür, die Tor macht weit und Tochter Zion, freue Dich sind eigentlich Palmsonntagslieder.

Evangelische Kirchen

Die evangelische Perikopenordnung sieht als Evangelium die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem (Johannes 12,12-19 LUT) vor, während die Leidensgeschichte nur dem Karfreitag zugeordnet ist. Die Erniedrigung Jesu für die Menschen kommt in der Sonntagsepistel Phil 2,5-11 LUT zur Sprache.

Die liturgische Farbe des Sonntages Palmarum ist violett.

In der Liturgie entfallen in der Passionszeit das Gloria und das Halleluja. An Palmarum wird auch das Gloria Patri nicht gesungen.

Weitere Gemeinschaften

In der neuapostolischen Kirche findet am Palmsonntag traditionell die Konfirmation statt.

Kunst

Die Darstellung des Einzugs in Jerusalem hat bereits eine frühchristliche Tradition. Dabei wird der Einzug in Jerusalem nach dem Vorbilde des Einzugs (Adventus) eines siegreichen römischen Kaisers gestaltet, häufig zugleich als Einzug in das himmlische Jerusalem, als Triumphzug über Sünde und Tod - zum Beispiel am Sarkophag des Stadtpräfekten Junius Bassus (359, Rom, Grotten von St. Peter).

In byzantinischen Darstellungen reitet Jesus - der orientalischen Sitte entsprechend - seitlich auf dem Esel sitzend. Er reitet, zu Fuß von den Jüngern begleitet, auf das Stadttor von Jerusalem zu. Im Abendland dagegen reitet Jesus rittlings. Manchmal reitet der Eselin das Füllen hinterher.

In mittelalterlichen Darstellungen wird eine große Volksmenge dargestellt, an die Stelle der Palmwedel, treten Wedel aus Weidenkätzchen, die auch als Palmkätzchen bezeichnet werden.

Die frühesten erhaltenen, aus Holz geschnitzten Bildwerke sind um 1300 entstanden, die meisten stammen aus dem 15. Jahrhundert. Sie zeigen in der Regel Christus auf dem Esel reitend, die Rechte zum Segen erhoben - zum Beispiel bei Meister Bertram (Ende 14. Jahrhundert).

Brauchtum

Prozessionen

„Palmesel“, Ende 17. Jahrhundert (Museum am Kornhaus, Bad Waldsee)

Bereits seit dem 4.[2], 6.[3] bzw. 8. Jahrhundert ist der Brauch der Prozession am Palmsonntag bekannt. Am Palmsonntag werden in der Palmweihe Palmbuschen, Palmstöcke, auch echte Palmwedel, Ölzweige, Palmkätzchen oder Buchsbaumbüschel, zuvor mit Weihwasser gesegnet, in der kirchlichen Prozession als „Zeichen des Lebens und des Sieges“ mitgetragen, und anschließend in den Wohnungen hinter das Kruzifix gesteckt. In Norddeutschland werden gesegnete Palmstöcke von den Kindern zu ihren Paten und Großeltern gebracht. Dafür bekommen sie meistens eine Kleinigkeit oder etwas Süßes geschenkt.

Im Mittelalter - die früheste Erwähnung stammt aus dem 10. Jahrhundert - und besonders im Barock wurde bei Palmprozessionen oft ein Esel (später aus Holz) mit Christusfigur mitgeführt, ein sogenannter „Palmesel“. Dieser Brauch wird in einigen Pfarreien mittlerweile wieder gepflegt, etwa in Hilpoltstein, Jahrsdorf und München-Bogenhausen. In Thomatal im Lungau führte der Pfarrer Valentin Pfeifenberger auf einem Esel reitend alljährlich die Palmprozession an. In Tirol findet in der Ortschaft Thaur als einziger Gemeinde Tirols noch eine Palmprozession statt, in der eine Christusfigur auf einem Holzesel durchs Dorf gezogen wird. In Möttlingen bei Calw findet jährlich der Calwer Palmritt statt, eine von Eseln angeführte Reiterprozession, die mit einem evangelischen Gottesdienst im Freien abschließt. Im nordhessischen Fritzlar findet am Palmsonntag eine feierliche Prozession zum Dom statt. Dort wird im Anschluss ein festliches Hochamt mit den Chorherren der Prämonstratenser gehalten. In Heiligenstadt im Eichsfeld findet die Palmprozession unter Mitführung von sechs überlebensgroßen figürlichen Darstellungen aus der Leidensgeschichte Jesu statt. Diese jesuitisch inspirierte Prozession wurde Mitte des 18. Jahrhunderts vom Karfreitag auf den Palmsonntag vorverlegt.

Eine besondere Prozession findet in Jerusalem statt. Tausende schließen sich mit Palmen und Instrumenten den Franziskanern an, und pilgern vom Ölberg durch das Löwentor in die Altstadt von Jerusalem. In der St. Anna-Kirche wird dann traditionell der Segen gespendet.

Palmbuschen, Palmbesen, Palmstange, Palmstock

Ein Palmbuschen ist ein Gebinde aus (traditionellerweise) sieben Naturmaterialien:

Zusammengebunden werden die Buschen mit Sal-Weide (Feberergerten) und auf lange Haselnussäste oder Stangen (bis 10 m Länge) gesteckt. Oft werden die Palmbuschen mit Äpfeln, Orangen, Bändern, Hobelscharten, Brezeln und mehr geschmückt.

Der Palmstock ist ein geschnitzter und verzierter Weidenstock, den Kinder am Palmsonntag ihren Taufpaten bringen, nachdem er in der Kirche gesegnet wurde.

Die Ausführung des Palmstockes ist regional sehr unterschiedlich. Er kann aus einem kleinen Kreuz bestehen, das mit Weidenspänen geflochten wird und an den drei oberen Enden kleine Büschel aus Buchsbaum trägt. Es kann aber auch ein 50–60 cm langer Stock mit einem oder mehreren Krüseln sein. Krüsel sind kleine Büschel aus geschnitzten Spänen, die sich durch eine spezielle Schnitztechnik spiralförmig aufdrehen. Sie werden am Stock geschnitzt, also nicht abgeschnitten. An den Stock werden mit bunten Schleifen einige Äpfel oder Orangen gebunden, und die Spitze ziert natürlich der geweihte Buchsbaum. Zwischen die Palmzweige wird manchmal ein Palmvogel gesteckt, ein als Vogel geformtes Stück Weißbrot. Kinder, die einen Palmstock bringen, bekommen in der Regel dann von ihren Paten ein Geschenk, meist aus Süßigkeiten und ein bisschen Geld bestehend.

Kreuzschmuck

Am Palmsonntag wird das Vortragekreuz mit grünen und blühenden Zweigen festlich geschmückt. Daheim werden die bei der Palmweihe gesegneten Zweige als österliches Zeichen hinter die Wandkreuze gesteckt.

Palmesel und Palmhase

Das Familienmitglied, das am Palmsonntag als letztes morgens aufsteht, wird in vielen Gegenden als „Palmesel“ bezeichnet.

Im Hessischen Ried, in Rheinhessen und im Odenwald ist es Brauch, dass an Palmsonntag der sogenannte Palmhase kommt. Er bringt meist ein bis zwei gekochte braune Eier und eine kleine Nascherei, immer häufiger auch kleine Geldgeschenke. Er ist ein kleiner Vorgeschmack auf den Osterhasen.

Referenzen

  1. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Bd. 15: „Ostergebräuche“, Leipzig, 1908, S. 171
  2. Lexikon christlicher Kunst, Freiburg 1980, Artikel Einzug in Jerusalem, S. 94
  3. Eduard Urech: Lexikon christlicher Symbole, Konstanz (5)1985, Artikel Palme, S. 187

Weblinks

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