Palazzo in Fortezza

Palazzo in Fortezza
Der Erbdrostenhof, ein Palais in Münster

Der Palast ist ein – meist in einer Stadt – erbauter, schlossähnlicher und repräsentativer Prachtbau. Der Begriff „Palast“ findet sich in fast allen europäischen Sprachen wieder (z. B. ital. palazzo, franz. palais, engl. palace, span. palacio, poln. pałac, nl. paleis) und kann weitgehend mit den Worten „Schloss“ und „Residenz“ gleichgesetzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft des Begriffs

Das Wort „Palast“ entstammt dem Namen eines der Sieben Hügel im antiken Rom, dem Palatin. Woher der Name des Hügels Palatin selbst stammt, ist nicht restlos geklärt, er könnte sich aber von der altitalischen Feldgottheit Pales ableiten. In der Zeit der Republik seit dem Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. wurde der Hügel zum bevorzugten Wohnviertel der Stadt. Seit Augustus residierten dort auch einige römische Kaiser und ab jetzt wurde der Name des Hügels synonym für prachtvolle Wohnbauten genutzt und in verschiedene Sprachen übernommen.

Palastformen im europäischen Kulturkreis und Erläuterungen des Begriffs

Darstellung des Diokletianspalastes in Split (Kroatien)

Eine wirkliche Trennung der Begriffe Schloss, Residenz und Palast gibt es nicht, die deutschen Bezeichnungen und deren Übersetzungen werden in verschiedenen Sprachen nur leicht unterschiedlich angewandt. In der Regel meinen sie aber immer ein prachtvolles Gebäude. Die Bezeichnung „Palast“ findet sich bis heute in verschiedenen Bauformen und Sprachen wieder: Der Palas war im Mittelalter der Wohnteil einer Burg oder Festung, die mittelalterliche Pfalz war eine repräsentative Niederlassung (des Königs oder Kaisers), vom Pfalzgrafen (eben dem Palatin) verwaltet und vom Herrscher und dem noch umherreisenden Hof zeitweise bewohnt. Diese Gebäude dienen häufig zu Versammlungen, zum Empfang und zur Bewirtung von Gästen. Damit bekommt das Wort Palast den Wortsinn und die Funktion von „Speisesaal“, womit die Bedeutung von lat. palatium in den Klöstern übereinstimmt[1].

Bereits ab der Gotik in Italien, spätestens ab der Renaissance, bezeichnete ein „Palazzo“ ein monumentales, unbefestigtes Wohngebäude des weltlichen oder kirchlichen Bauherrn, im Gegensatz zur Villa aber in der Stadt gelegen und im Gegensatz zu einem Residenzschloss, das hier als „Reggia“ bezeichnet wird, oder zur Burg, die man hier „Castello“ nennt. In den Städten selbst entstanden zahlreiche Prachtbauten adliger und bürgerlicher Auftraggeber; wie der Palazzo Pitti und der Palazzo Strozzi in Florenz oder in Rom der später barock umgestaltete Palazzo Spada. Staaten und Herzogtümer in Italien hatten in der jeweiligen Residenzstadt einen Regierungspalast, den „Palazzo Ducale“, wovon der Dogenpalast in Venedig der bekannteste ist.

In Frankreich wird die Benennung „Palais“, ähnlich wie in Italien, oft – aber nicht immer – für Schlösser in größeren Städten, z. B. das Palais du Luxembourg oder das Palais du Louvre in Paris genutzt, während Schlösser auf dem Lande (bzw. ehemals ländlichen Gebieten) häufiger als Château bezeichnet werden. Das Stadtpalais wird oft auch mit dem „Hôtel particulier“ gleichgesetzt, wobei dieses vom „gewöhnlichen“ Adel und hohen Beamten bewohnt wird, während die Palais in der Regel von Mitgliedern der Königsfamilie bewohnt wurden. Da französisch zur Zeit des Barock die an den Fürstenhöfen bevorzugt gesprochene Sprache bildete, finden sich auch in deutschsprachigen Gegenden Schlösser mit der Bezeichnung „Palais“ wieder, z. B. in Wien das Palais Schwarzenberg, in München das Palais Holnstein oder das Neue Palais bei Potsdam.

Auch in Russland setzte sich die Bezeichnung Palast für die großen Residenzen durch, wie in Sankt Petersburg der Winterpalast und die Sommerpaläste der Zaren in Peterhof und Zarskoje Selo.

In England entspricht das Wort „Palace“ in etwa dem deutschen „Schloss“ und differenziert gar nicht nach dem Standort - so liegt der Buckingham Palace mitten in London, Blenheim Palace auf dem Lande - meint aber meist einen Residenzbau ab der Spätrenaissance bis ins 19. Jahrhundert. Für Burgen und sich aus diesen entwickelten Schlösser wird eher die Bezeichnung „Castle“ gewählt.

Sonderform Palazzo in Fortezza

Als „Palazzo in Fortezza“ wird ein von Festungsanlagen umgebener Palast bezeichnet. Diese Bauform entstand im frühen 16. Jahrhundert in Italien und war bis weit in das 17. Jahrhundert hinein üblich. Im Auftrag des Kardinals Alessandro Farnese begann der Ingenieur Antonio da Sangallo der Ältere 1515 bei Caprarola mit dem Bau des befestigten Erdgeschosses eines Palazzo in Fortezza. Von 1559 bis 1573 folgte unter Giacomo Barozzi da Vignola der Bau des eigentlichen Palastes, der Villa Farnese. Unter Alessandro Pasqualini entstand seit 1549 der erste Palazzo in Fortezza auf deutschem Boden, die Zitadelle Jülich. Besonderer Beliebtheit erfreute sich diese Bauweise bei polnischen Adeligen, die ihre Landhäuser von italienischen Baumeistern befestigen ließen. So wurde das im 14. Jahrhundert errichtete Schloss bei Wiśnicz von 1621 bis 1625 mit Befestigungsanlagen umgeben. Neu errichtete Residenzen wie in Podhorce und Krzyztopor wurden nach dem Vorbild des Palazzo in Caprarola oft auf einem bastionierten Erdgeschoss errichtet. Ein derartiger Palazzo in Fortezza findet sich auch im mährischen Austerlitz.

Paläste im außereuropäischen Kulturkreis

Auch für die Residenzen der vor- und außereuropäischen Kulturen, wie Ägypten, Mesopotamien oder China wird der Begriff des Palastes genutzt, das deutsche Wort „Schloss“ hat sich in unserem Sprachgebrauch für diese Bauten nicht durchgesetzt. Schon in den ältesten Hochkulturen ließen sich die herrschenden Schichten prachtvolle Wohnhäuser errichten, die den sozialen Status und die Macht der Bewohner ausdrücken sollte. Noch heute künden bedeutende Bauwerke auf der ganzen Welt von den Leistungen ihrer Erbauer, wie der Palast der Winde in Indien, der Kaiserpalast Tokio in Japan oder die Ruinen der Maya-Paläste.

Bezeichnungen

Im Deutschen ist „Palast“ die allgemeinere Form, während einzelne Paläste aus dem 18. und 19. Jahrhundert typischerweise die französische Form „Palais“ im Namen tragen (Palais Schaumburg in Bonn, Neues Palais in Potsdam) Seit der Französischen Revolution wurden auch repräsentative öffentliche Gebäude als Paläste bezeichnet, so die Justizpaläste, im nachrevolutionären Russland etwa die „Paläste der Kultur“ und „Paläste der Pioniere“, in Berlin der Pionierpalast und der Palast der Republik. Das Gebäude der Weltausstellung von 1851, der Kristalpalast in London beeinflusste maßgeblich die Eisen- und Glasarchitektur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nicht nur in Las Vegas heißen Hotels und Unterhaltungskomplexe sehr häufig „Palace“.

Siehe auch

Quellen

  1. Palast. In: Meyers Konversations-Lexikon. Bd. 12, 4. Aufl. Leipzig: Bibliographisches Institut, 1885–1892, S. 618.

Weblinks


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