Palazzo della Cancelleria

Palazzo della Cancelleria
Der Palazzo della Cancelleria, Hauptfassade an der Piazza della Cancelleria

Der Palazzo della Cancelleria (von ital.: „Kanzlei“, gemeint ist die päpstliche Kanzlei) ist ein Palast in Rom. Er wurde in der Frührenaissance erbaut und ist seit 1929, geregelt durch die Lateranverträge, exterritoriales Gebiet des Heiligen Stuhls. Der Palast umschließt die viel ältere Basilika San Lorenzo in Damaso völlig.

Der Palast liegt im Stadtviertel Parione in unmittelbarer Nähe des Campo de’ Fiori . Er grenzt mit seiner nördlichen Seite an den Corso Vittorio Emanuele II und wird östlich von der, nach ihm benannten, Piazza della Cancelleria begrenzt. Entlang der südlichen Seite verläuft die Via del Pellegrino.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Papst Damasus I. ließ neben der von ihm gestifteten Kirche San Lorenzo in Damaso im 4. Jahrhundert einen Kardinalspalast errichten. In der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde dieser Bau von Kardinal Ludovico Trevisan erneuert und vergrößert. Doch bereits 1483 erwarb Kardinal Raffaele Riario, ein Neffe von Papst Sixtus IV, den noch nicht fertiggestellten Palast, da er Kardinaldiakon von San Lorenzo wurde, und ließ ihn komplett abreißen.

Der heutige Palast wurde von 1485 bis 1511 für Kardinal Raffaele Riario erbaut. Die Baukosten betrugen 180.000 Scudi, wovon Riario 60.000 im Spiel von Franceschetto Cybo gewonnen hatte. Es ist ungeklärt, wer der Architekt war. Andrea Bregno wird ebenso genannt wie (zumindest in Mitarbeit) Bramante. Auch kommen Francesco di Giorgio Martini und Baccio Pontelli in Frage. Weiterhin gibt es noch die Auffassung, dass Entwürfe Leon Battista Albertis, der bereits 1472 verstarb, verwendet wurden, die eigentlich für die Erneuerung des Petersplatzes und des Borgo gedacht waren. Giorgio Vasari berichtet in seiner Biographie Bramantes, dass dieser auf der Baustelle tätig gewesen sei. Bramante war jedoch erst seit 1499 in Rom. An anderer Stelle schreibt Vasari den Bau der Cancelleria einem ansonsten unbekannten Antonio da Montecavallo zu.

Die Fassade wurde 1495 vollendet. Kardinal Riario bezog den Palast ein Jahr später. Die Vollendung der Flügel zog sich bis 1511 hin.

Während des Durchzuges französischer Truppen bewohnte der Befehlshaber Robert Stuart d'Aubigny, der Generalleutnant König Ludwigs XII., vom 24. Juni bis zum 3. Juli 1501 den Palast.[1] Der Chronist Jean d'Auton berichtet, dass während seines Aufenthaltes im Palast überaus prächtige Feste und Bankette gegeben wurden. Hierfür wurde eigens ein Garten angelegt, der mit Orangen-, Zitronen-, Granatapfelbäumen und anderen teuren Obstbäumen sowie einer großen Anzahl unterschiedlicher duftender Blumen bestückt wurde[2]

Der Palast blieb nicht lange im Besitz des Erbauers. Kardinal Riario verlor 1517 wegen seiner Beteiligung an einer Verschwörung durch den (Medici-) Papst Leo X. den Palast an die Kurie. Sie verwendete ihn als Apostolische Kanzlei und Sitz des Kardinaldiakons von San Lorenzo in Damaso. 1689 ließ Kardinaldiakon Pietro Ottoboni das berühmte Teatro Ottoboni einbauen, das bis 1740 genutzt wurde. Von 1789 bis 1799 residierte die Regierung der Republik Rom im Palast, danach wurde er wieder bis heute als Apostolische Kanzlei genutzt. Lediglich von 1848 bis 1849 gab es eine Unterbrechung, als das italienische Revolutionsparlament hier tagte. Heute haben die Rota und die Apostolische Signatur im Palast ihren Sitz.

1938 wurde unter dem Palast das Grabmal des Aulus Hirtius entdeckt.

Äußere Gestaltung

Die Hauptfassade (östliche Seite, zur „Piazza della Cancelleria“ gerichtet) wurde aus Travertin errichtet, der vom Kolosseum und vom Triumphbogen des Kaisers Gordianus stammt. Die übrigen Seiten sind (mit Ausnahme der Pilaster, Gesimse und Fensterlaibungen) aus gelbem Sandstein gearbeitet. An der Hauptfassade ist die dahinterliegende Kirche San Lorenzo in Damaso nicht mehr ablesbar. Man betritt sie durch das relativ unauffällige kleinere, rechte Portal.

Das Erdgeschoss wurde in Rustika-Mauerwerk mit relativ kleinen, rundbogigen Fenstern ausgeführt. Das Hofportal wurde erst 1589 von Domenico Fontana auf Anweisung von Kardinal Alessandro Farnese errichtet. Die beiden oberen Geschosse sind zunächst durch doppelte, auf Postamente gesetzte Pilaster gekennzeichnet. Zwischen den Pilastern sind hohe Rundfenster eingelassen (im ersten Stockwerk, im zweiten rechteckige Fenster, über denen wiederum kleine Rundbogenfenster eingefügt sind) die Verteilung der Pilaster an der Hauptfassade folgt dem Verhältnis des Goldenen Schnitts. Die Seite zum „Corso Vittorio Emmanuele II.“ ist nur wenig verändert, die Verteilung der Pilaster folgt aber nicht mehr diesem Prinzip.

Innenhof

Der Innenhof

Das markanteste Element des Innenhofes sind die umlaufenden Rundbogenarkaden der beiden unteren Stockwerke. Die hierfür verwendeten 44 Säulen sind antik und stammen wahrscheinlich aus der Kirche San Lorenzo in Damaso, die vom Palast umgeben wird. Denkbar ist auch, dass einige davon aus dem Theater des Pompeius oder den Thermen des Diokletian stammen.

Der dritte Stock des Innenhofes ist der äußeren Fassade ähnlich. Zwischen Pilastern sind kleine rechteckige Fenster eingefügt, über diesen wiederum Rundbogenfenster.

Innere Ausstattung

Von den Innenräumen sind zwei besonders erwähnenswert: Zum einen die Kapelle im ersten Stock, 1550 von Francesco Salviati eingerichtet und ausgemalt. Der künstlerisch wichtigste Raum ist jedoch die „Sala dei cento Giorni“ (Saal der hundert Tage). Dieser Saal wurde (wie das Portal, s.o.) auf Anweisung von Kardinal Alessandro Farnese von Giorgio Vasari 1546 ausgemalt. Den Namen erhielt er, da Kardinal Farnese Vasari eine Frist von einhundert Tagen setzte, um die Fresken zu vollenden - eine Frist, die von Vasari eingehalten werden konnte. Die allegorischen Fresken verherrlichen das Leben und die Taten Papst Paul III.s (des Großvaters von Kardinal Farnese). Das Bildprogramm stammt von Paolo Giovio, der auch als Vermittler zwischen Kardinal Farnese und Vasari fungierte. Vasari griff stellenweise auf Figuren Michelangelos in der Medici-Kapelle in Florenz und auf Fresken Raffaels in den Stanzen zurück.

Durch das kleinere (rechte) Portal der Hauptfassade gelangt man in das Innere der Kirche San Lorenzo in Damaso, die in den Palast integriert wurde.

Literatur

  • Anton Henze: „Kunstführer Rom und Latium“, Philipp Reclam GmbH, Stuttgart 1994. ISBN 3-15-010402-5
  • Ludovico Pratesi: „Palazzi e Cortili di Roma“, Editori Anthropos, Rom 1988
  • Johann M. Wiesel: „Rom. Ein Kunst- und Reiseführer“, 4. Aufl. Kohlhammer, Stuttgart 1966.
  • Manfred Wundram (Hrsg.): „Reclams Kunstführer, Italien. Band V. Rom und Latium“, Reclam, Stuttgart 1981. ISBN 3-15-008679-5.
  • Rolf Tomann (Red.): „Die Kunst des Barock: Architektur, Skulptur, Malerei“, Könemann, Köln 1997. ISBN 3-89508-991-5.
  • Marrco Bussagli (Hrsg.): „Rom - Kunst & Architektur“, Könemann, Köln 1999. ISBN 3-8290-2258-1
  • Luca Landucci: Ein florentinisches Tagebuch; übers., eingel. und erkl. von Marie Herzfeld; Erstausgabe Jena 1927; Neuausgabe, 1. Aufl., Diederichs, Düsseldorf, Köln 1978 ISBN 3-424-00633-5

Einzelnachweise

  1. Anmerkung bei Luca Landucci, Ein florentinisches Tagebuch, S. 69
  2. zitiert in Luca Landucci, Ein florentinisches Tagebuch, S. 70

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Palazzo della Cancelleria (Rome) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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