Padanien

Padanien
Padanien
Padania
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Fläche 161.076 km²
Einwohnerzahl 33.665.857 2009
Bruttoinlandsprodukt
  • Total (Nominal)
  • BIP/Einw. (Nominal)
2005
  • € 930.245 Millionen
  • € 28.565
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Padanien (ital. Padania) ist die nicht-offizielle, nicht-anerkannte, sezessionistisch motivierte Bezeichnung der Partei Lega Nord für ein regionales Konglomerat in Norditalien. Im ursprünglichen geographischen Sinne soll dieser Begriff die Po-Ebene (häufiger: Pianura Padana oder Val Padana), die größte Industrieregion des Landes bezeichnen.

Hinter der Bezeichnung Padanien steckt der Versuch seitens der Lega Nord, der nach Abspaltung von Italien strebenden Partei eine vorgebliche regional-kulturelle Identität in Nord- und später auch Mittelitalien zu verleihen.

Inhaltsverzeichnis

Padanische Republiken

Historisch fand der Begriff 1796 erstmals Anwendung, als Napoleons französische Revolutionsheere die Cispadanische Republik gründeten. Sie und die ebenfalls gegründete Transpadanische Republik (Lombardische Republik) wurden jedoch schon 1797 als Cisalpinische Republik zusammengeschlossen, die ab 1802 als Italienische Republik bezeichnet wurde.

Wohlstandsseparatismus

In den 1990er Jahren wurde der Begriff Padanien von Gianfranco Miglio, dem Chef-Ideologen der damals wie heute sezessionistisch auftretenden Partei Lega Nord aufgegriffen, um dem wirtschaftlich starken Norden Italiens zu bezeichnen und seine eigenständige Identität zu untermauern. Dazu gehört auch die Ausarbeitung einer Ideologie, deren Grundlage die Erfindung einer „padanischen Nation“ bildet, die sich u. a. auf das Keltentum beruft.[1]

Später wurde Padanien parteiintern auch auf die Regionen Mittelitaliens ausgedehnt, mit Ausnahme des Latiums. Entsprechend den Vorstellungen der Lega Nord sollte Padanien folgende Regionen („Nationen“ genannt) umfassen:

Region bzw.
„Nation“
Einwohner
2009
Fläche (km²)
Lombardei 9.781.682 23.863
Venetien 4.899.371 18.399
Piemont 4.440.226 25.402
Toskana 3.720.366 22.994
Emilia 3.261.959 17.354
Ligurien 1.615.441 5.422
Marken 1.573.445 9.366
Friaul-Julisch Venetien 1.232.291 7.858
Romagna 1.095.205 5.092
Umbrien 897.611 8.456
Trentino 519.800 6.207
Südtirol 500.030 7.400
Aostatal 127.430 3.263
Padanien gesamt 33.665.857 161.076

Zusammen kommen die Regionen Padaniens auf ein Bruttoinlandsprodukt von 930.245 Mio. €, das entspricht einem Pro-Kopf-Einkommen von 28.565 € (Jahr 2005; zum Vergleich Deutschland 27.219 € und Frankreich 27.348 €).

Am 15. September 1996 rief Umberto Bossi in Venedig „offiziell“ die „Unabhängigkeit der Bundesrepublik Padanien“ aus. Bald darauf entstand auch ein Parlament von Padanien, das aber weder von der italienischen noch von anderen Regierungen oder internationalen Organisation anerkannt wird.

„Parlament“

Im Jahre 1997 organisierte die Lega Nord die „ersten Wahlen für ein padanisches Parlament“, an denen sich nach Parteiangaben beinahe 5 Millionen Norditaliener beteiligten. Die Stadt Mantua wurde zum Sitz des neuen Parlaments bestimmt.[2]

Ergebnisse der „ersten Wahlen für ein padanisches Parlament“

Die Wähler konnten sich zwischen einer Vielzahl von padanischen Parteien entscheiden:

  • Matteo Salvini war der Kandidat der Kommunistischen Partei Padaniens (5 von 210 Sitzen);
  • Roberto Maroni, Marco Formentini, Giovanni Meo Zilio (ein ex-Sozialist und -Partisane), Franco Colleoni und Mariella Mazzetto gründeten die Europäischen Demokraten-Padanische Arbeiterpartei (52 Sitze);
  • eine Gruppe venetischer Leghisti gründeten die venetischen Padanischen Löwen (14 Sitze);
  • Giuseppe Leoni und Roberto Ronchi gründeten die christdemokratischen Padanischen Katholiken (20 Sitze);
  • Giancarlo Pagliarini, Vito Gnutti, Roberto Cota und Massimo Zanello führten die liberal-konservative, nach dem Vorbild der Forza Italia gegründete Liberaldemokraten-Forza Padania (50 Sitze), die zu den Befürwortern der Zugehörigkeit zu Silvio Berlusconis Parteienbündnis Casa delle Libertà gehörte.
  • Marco Pottino gründete die Partei Liberal-libertäres Padanien (12 Sitze);
  • Erminio Boso führte die agrarisch-konservative Padanische Landwirtschaftsunion für Umwelt, Jagd und Fischfang (5 Sitze);
  • Enzo Flego und Walter Gherardini gründeten die national-konservative Padanische Rechte (27 Sitze);
  • auch der nicht-leghista und Politiker der italienischen Radikalen Benedetto Della Vedova wurde für eine libertär-wirtschaftsliberale Liste gewählt, während hingegen der grüne Kammerabgeordnete Nando Dalla Chiesa erfolglos in Mailand kandidierte.

Das Parlament verschwand sehr rasch in der Bedeutungslosigkeit. Es wurde jedoch im Jahre 2007 unter dem neuen Namen „Parlament des Nordens“ (Parlamento del Nord) reaktiviert und fungiert nun mehr als internes Organ der Lega Nord. Neuer Sitz ist Vicenza. [3]

„Nationalhymne“

Die Lega Nord versucht, das Lied Va', pensiero, sull'ali dorate, der Gefangenenchor aus Giuseppe Verdis Oper Nabucco für sich als von der Partei so genannte Nationalhymne für sich zu besetzen. Das Lied wird auch bei sämtlichen Veranstaltungen der Partei gespielt. Parteichef Umberto Bossi schlug im Sommer 2009 vor, dieses Lied anstelle von Fratelli d'Italia auch zur neuen italienischen Nationalhymne zu machen, mit Verweis auf dessen (umstrittene) Bedeutung als Symbol der italienischen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert.

Entwicklung

Die Abspaltung Padaniens von Süditalien wurde im Vorfeld der italienischen Parlamentswahlen 2001 auf Eis gelegt. Die Lega Nord arbeitet deshalb seither als regulärer Teil des italienischen Parteiensystems, von 2001 bis 2006 und wieder ab 2008 sogar als Regierungspartei, an der Verwirklichung einer föderalistischen Ordnung in Italien mit großer Macht für die einzelnen Regionen und damit indirekt auch für die Autonomie Padaniens. Offiziell bezeichnet sich die Partei nach wie vor als Liga Nord für die Unabhängigkeit Padaniens.

Sonstiges

1999 war ein Computervirus namens „Padania“ im Umlauf, dessen Quelltext pro-padanische Nachrichten enthielt. Es hängt nicht mit dem älteren und weniger bedeutenden MS-DOS-Virus desselben Namens zusammen.

Die britische Wochenzeitschrift The Economist malte im April 2010 ihre eigene Europakarte, um die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kontinents in Folge der Finanzkrise zu verdeutlichen. Darin wird Italien in Nord und Süd aufgeteilt. Hauptstadt des Nordstaates sollte Venedig, das Staatsoberhaupt ein Doge sein.[4] [5]

Einzelnachweise

  1. Vgl. Italiener#Separatismus
  2. Geschichte der Lega Nord, 1996-1998: Eine umfangreiche Dokumentation zum Projekt Padanien aus parteiinternen Quellen
  3. Internetpräsenz des Parlaments des Nordens
  4. Redrawing the map. The European map is outdated and illogical. Here's how it should look, The Economist, 29. April 2010
  5. Im Fantasie-Europa des Economist ist der Süden ein „Bordell“ und mit Griechenland zusammen, Corriere del Mezzogiorno, 5. Mai 2010

Weblinks

 Commons: Padanien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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