Ottos Mops

Ottos Mops
Ernst Jandl 1998 beim Attergauer Kultursommer
Grab Jandls auf dem Wiener Zentralfriedhof.

Ernst Jandl (* 1. August 1925 in Wien; † 9. Juni 2000 ebenda) war ein österreichischer Dichter und Schriftsteller sowie Übersetzer. Er ist u.a. durch seine speziell-humoristische Sprachkunst der experimentellen Lyrik und einige markante Neologismen bekannt geworden.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ernst Jandl kam am Ende des Zweiten Weltkriegs in englische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Freilassung studierte er in Wien Germanistik und Anglistik. 1949 absolvierte er die Lehramtsprüfung, promovierte 1950 [1] und war bis 1979 als Lehrer an Gymnasien tätig.

Unter dem Einfluss der konkreten Poesie und des Dadaismus wandte sich Jandl der experimentellen Dichtung zu. 1952 erschien die erste Veröffentlichung Jandls in der Zeitschrift „Neue Wege“.

Ab 1954 war Jandl eng mit Friederike Mayröcker befreundet, seiner späteren Lebensgefährtin, mit der er auch einige Werke gemeinsam kreierte. 1973 war er Mitbegründer der Grazer Autorenversammlung, ab 1975 ihr Vizepräsident und von 1983 bis 1987 ihr Präsident. Jandl wurde mit seiner Auffassung von Sprache ein wichtiger Vertreter der deutschsprachigen experimentellen Lyrik.

Dabei bestand seine Kunst nicht nur im Verfassen, sondern auch im Vortrag seiner Gedichte. Seine damaligen Zuhörer und neue Fans können viele von Jandl selbst verkörperte Sprachspiele im Original hören: Es wurden zahlreiche Schallplattenaufnahmen seiner Sprech- und Lautexperimente verlegt, die von ihm selbst interpretiert und häufig – in veränderter Fortschreibung der Jazz & Lyrik-Programme – von Gesang und Jazzmusik begleitet sind. (Jandl war ein begeisterter Fan des Jazz.)

Jandl wurde in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33 G, Nummer 29) beerdigt.

Werk

Zu Jandls bekanntesten Schöpfungen gehören Gedichte wie "heldenplatz", „ottos mops“ und „kneiernzuck“, und Gedichte aus „Laut und Luise“, bspw. „schtzngrmm“ und „lichtung“. Letzteres sei als Beispiel für ein berühmtes Sprachspiel Jandls hier zitiert:

lichtung
manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum!

Der dritte Band der dtv-Werksausgabe Jandls trägt den Namen dieses Gedichts. Es arbeitet konsequent mit dem Vertauschen der Buchstaben L und R, so dass sich daraus sein Witz ergibt. Bereits der Titel gibt die „Richtung“ der Deutung an. - Eine Rezension von Franz Schuh sagt dazu: Indem er es als einen Illtum bezeichnete, dass man lechts und rinks nicht velwechsern könne, habe Jandl besser als jeder andere deutlich gemacht, dass „rechts und links jederzeit zur Verwechslung anstehen“. Schuh weist darauf hin, dass Jandl die „gewichtige Auswahl“ für diesen Band selbst vorgenommen habe und sich darunter auch ein politischer Text befinde, der sich mit dem österreichischen Beitritt zur Europäischen Union befasst.

Mit Freuden konnte Ernst Jandl feststellen, dass seine Sprachspiele das literarische Interesse von Schulkindern deutlich steigerten. Daher hat er sich in seiner Unterrichtstätigkeit viel mit „Lyrik für Kinder“ beschäftigt (siehe Weblinks). Ferner sei sein Gedicht „Eine Fahne für Österreich“ erwähnt (die österreichische Flagge trägt die Farbstreifen Rot-weiß-rot):

rot
ich weiß
rot

Jandls Gedicht „Ottos Mops“ erzählt eine Geschichte zwischen Herrchen und Hund, die mit nur einem Vokal, dem „O“, auskommt (vgl. auch Lipogramm).

ottos mops
ottos mops trotzt
otto: fort mops fort
ottos mops hopst fort
otto: soso
otto holt koks
otto holt obst
otto horcht
otto: mops mops
otto hofft
ottos mops klopft
otto: komm mops komm
ottos mops kommt
ottos mops kotzt
otto: ogottogott


Jandl legte Wert darauf, seine Texte selbst vorzutragen und gab ihnen durch seinen eigenwilligen Vortrag eine ganz besondere Note.

Jandl war Übersetzer aus dem Englischen, u.a. von John Cage (Silence) und Wystan Hugh Auden (Song - Lied und As I walked out one evening).

Auszeichnungen

Jandl erhielt zahlreiche Literatur- und andere Preise für sein Schaffen:

Werke

Werkausgaben

  • Ernst Jandl: Poetische Werke. 10 Bände. Hrsg. von Klaus Siblewski. Luchterhand Literaturverlag: 1997.
  • Ernst Jandl: Gesammelte Werke. 3 Bände. Hrsg. v. Klaus Siblewski. Luchterhand: 1990.

Einzelausgaben

  • laut und luise, Olten (Walter) 1966, Neuausgabe 1990 ISBN 3-630-83008-0
  • sprechblasen, gedichte, neuwied berlin (luchterhand) 1968, Neuausgabe 1993 ISBN 3-630-83019-6
  • der künstliche baum, Neuwied Berlin (Luchterhand) 1970
  • flöda und der schwan, mit vier zeichnungen des autors, Stierstadt i.Ts. (Eremiten) 1971, ISBN 3-87365-010-X
  • die männer, ein film, zeichnungen des autors, Düsseldorf (Eremiten) 1973, ISBN 3-87365-038-X
  • dingfest, gedichte, mit einem nachwort von hans mayer, Darmstadt Neuwied (Luchterhand) 1973
  • serienfuss, darmstadt neuwied (luchterhand) 1974, ISBN 3-472-61157-X
  • für alle, darmstadt neuwied (luchterhand) 1974, ISBN 3-472-86382-X
  • die schöne kunst des schreibens, Darmstadt Neuwied (Luchterhand) 1976, ISBN 3-472-86427-3
  • die bearbeitung der mütze, gedichte, darmstadt neuwied (luchterhand) 1978, ISBN 3-472-86465-6
  • Aus der Fremde, Sprechoper in 7 Szenen, Darmstadt Neuwied (Luchterhand) 1980, ISBN 3-472-86507-5
  • der gelbe hund, gedichte, darmstadt neuwied (luchterhand) 1980, ISBN 3-472-86508-3
  • selbstporträt des schachspielers als trinkende uhr, gedichte, darmstadt neuwied (luchterhand) 1983/1986, ISBN 3-472-61645-8
  • Das Öffnen und Schließen des Mundes, Frankfurter Poetik-Vorlesungen, Darmstadt Neuwied (Luchterhand) 1985, ISBN 3-472-61567-2
  • idyllen, gedichte, Frankfurt/Main (Luchterhand Literaturverlag) 1989, ISBN 3-630-86716-2
  • stanzen, Hamburg Zürich (Luchterhand Literaturverlag) 1992, ISBN 3-630-86784-7
  • falamaleikum, gedichte und bilder, Hamburg/Zürich (Luchterhand Literaturverlag) 1993, ISBN 3-630-71108-1
  • peter und die kuh, gedichte, München (Luchterhand Literaturverlag) 1996, ISBN 3-630-86873-8
  • lechts und rinks, gedichte statements peppermints, München (dtv) 1997. Neuaufl.: München (Luchterhand) 2002 ISBN 3-630-62043-4
  • Autor in Gesellschaft - Aufsätze und Reden, München (Luchterhand Literaturverlag) 1999, ISBN 3-630-87030-9
  • aus dem wirklichen Leben: gedichte und prosa, mit 66 Grafiken von Hans Ticha, zusammengestellt von Klaus Siblewski, Büchergilde Gutenberg 2000, ISBN 3-7632-4970-2
  • Letzte Gedichte hrsg. von Klaus Siblewski, München (Luchterhand Literaturverlag) 2001, ISBN 3-630-62001-9
  • Briefe aus dem Krieg 1943-1946. Luchterhand Literaturverlag, Berlin 2005.

Werke auf Tonträgern

  • Laut und Luise Wagenbachs Quartplatte 2, Berlin 1968
  • Fünf Mann Menschen Hörspiel zusammen mit Friederike Mayröcker Produktion des Südwestfunks (ohne Nummer), Beilage zu „Klaus Schöning (ed.): Neues Hörspiel Texte und Partituren“, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1969
  • hosi + anna Wagenbachs Quartplatte 6, Berlin, 1971
  • der künstliche Baum Luchterhand 7 PAL 60.159, Darmstadt, 1973
  • Das Röcheln der Mona Lisa Deutsche Grammophon/Luchterhand 2574 003, Hamburg-Neuwied, 1973 (LP zusammen mit Helmut Heißenbüttel Max unmittelbar vor dem Einschlafen)
  • him hanflang war das wort Wagenbachs Quartplatte 20, Berlin, 1980
  • ernst jandl spricht gedichte Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main (ohne Nummer), Beilage zum „Begleitheft zur Ausstellung der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main 23. Oktober 1984 bis 21. Dezember 1984, 17. Januar 1985 bis 28. Februar 1985“, 1984
  • Lyrics - Texte und Musik live ernst jandl mit manfred schoof (trompete, flügelhorn), Cosmus Records NSV 1412 (Sampler), 1984
  • vom vom zum zum ernst jandl mit lauren newton (gesang), uli scherer (klavier und stimme), wolfgang puschnig (holzblasinstrumente und stimme), Extraplatte GmbH Wien (EX 316 145 CD), 1988
  • Das Röcheln der Mona Lisa - szenen aus dem wirklichen leben - kennen sie mich herren Bayerischer Rundfunk Hörspiel-CD (Best.Nr. 22871), 1990
  • lieber ein saxophon (sprechgedichte aus 'idyllen') mit ernst jandl, lauren newton, klaus dickbauer, Audio-CD, Erding 1991, ISBN 3-221-51532-4
  • bist eulen? ernst jandl mit lauren newton (stimme), wolfgang puschnig (altsaxophon, baßklarinette, flöte und stimme), woody schabata (marimbaphon, vibraphon, tablas, tarabuka und synthesizer), mathias rüegg (künstlerische leitung und stimme), Extraplatte GmbH Wien (CD EX 316 141-2), 1984 (NA 1994, ISBN 3-221-51412-3)
  • stanzen ernst jandl mit erich meixner (stimme, ziehharmonika), Extraplatte GmbH Wien (CD EX 316 157-2), 1994
  • aus der fremde - sprechoper, Audio-CD, Gertraud Scholz Verlag, Obermichelbach 1995, ISBN 3-925599-34-7
  • laut und luise - aus der kürze des lebens ernst jandl mit dieter glawischnig und der NDR Bigband, HatHut Records CH-4106 Therwil (2 CDs 2-8701) 1995
  • wien heldenplatz 2 Audio-CDs gelesen vom Autor und Wolf Redl, München 1998, ISBN 3-89584-742-9
  • him hanflang war das wort sprechgedichte gelesen vom autor, 1 Audio-CD, Berlin 2000, ISBN 3-8031-4037-4
  • 13 radiophone texte & das röcheln der monalisa 1 Audio-CD gelesen vom Autor, Bayerischer Rundfunk 2002, ISBN 3-934847-70-6
  • weltgebräuche Audio-Cd gelesen vom Autor mit Martin Haselböck (Orgel) und Rudolf Josel (Posaune), Erding 2002, ISBN 3-902123-27-3
  • eile mit feile 1 Audio-CD gesprochen vom Autor, München 2003, ISBN 3-89940-262-6
  • laut + luise. hosi + anna sprechgedichte gelesen vom autor, 1 Audio-CD, in Vorbereitung Berlin 2005, ISBN 3-8031-4026-9

Video

  • ernst jandl live - Gedichte und Szenen aus zwei Autorenlesungen Mainz und Frankfurt 1983, Luchterhand

Vertonungen

  • Zorah Mari Bauer (*1957): vertonung von jandl gedichten (1988) für gemischte sing- und sprechstimmen
  • Johannes Marks (*1968): Lieder nach Jandl (2008) für Sopran, Klarinette, Akkordeon und Violoncello. UA 4. Mai 2008 Dortmund (Depot; Irene Kurka [Sopran], Joachim Striepens [Klarinetten], Maik Hester [Akkordeon], Burkart Zeller [Violoncello])

Literatur

  • Anne Uhrmacher: Spielarten des Komischen. Ernst Jandl und die Sprache. Niemeyer, Tübingen 2007 (Reihe Germanistische Linguistik 276), ISBN 978-3-484-31276-0.
  • Theo Breuer, „Ernst Jandl (1925-2000)“, in: T.B., Aus dem Hinterland. Lyrik nach 2000, Edition YE, Sistig/Eifel 2005.
  • Friederike Mayröcker: Requiem für Ernst Jandl. Suhrkamp, Frankfurt 2001.
  • Ernst Jandl. Wespennest Nr. 125, 2002. 3-85458-125-4.
  • Kristina Pfoser/Volker Kaukoreit (Hrsg.): Interpretationen – Gedichte von Ernst Jandl, Stuttgart (Reclam) 2002, ISBN 3-15-017519-4
  • Ernst Jandl. Musik Rhythmus Radikale Dichtung. Hrsg. von Bernhard Fetz. Wien: Zsolnay 2005 (= Profile 12). ISBN 3-552-05355-7.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Katalogzettel Universitätsbibliothek Wien

Weblinks


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