Ottomar Anschütz

Ottomar Anschütz
Ottomar Anschütz
Ehrengrab, Stubenrauchstraße 43–45, in Berlin-Friedenau

Ottomar Anschütz (* 16. Mai 1846 in Lissa, Provinz Posen, heute Leszno, Polen; † 30. Mai 1907 in Berlin-Friedenau) war Fotograf und ein Pionier der Fototechnik, Serienfotografie und Kinematografie.

Inhaltsverzeichnis

Momentfotografie

Anschütz wurde zwischen 1864 und 1868 durch die Fotografen Ferdinand Beyrich (Berlin), Franz Hanfstaengl (München) und Ludwig Angerer (Wien) ausgebildet. Danach arbeitete er als Dekorationsmaler und Porträtfotograf.

Ab etwa 1882 nahm die Bekanntheit seiner Porträtaufnahmen zu. Darüber hinaus experimentierte Anschütz mit der Momentfotografie. Ergebnis seiner mechanischen Begabung war eine Handkamera mit einem neuartigen Rolltuch-Schlitzverschluss (Rouleau-Verschluss), mit der sehr kurze Belichtungszeiten möglich wurden. Erst 1888 patentierte er seinen vor der Bildplatte liegenden Jalousieverschluss[1], für den das Berliner Unternehmen Optische Anstalt C. P. Goerz das Recht auf Alleinfabrikation erwarb. Die Goerz Patent Anschütz-Kamera wurde ab 1890 mit verschiedenen Verbesserungen bis 1927 produziert.

1883 fotografierte Anschütz beim „Kaisermanöver“ bei Breslau. Zwei der dabei entstandenen Manöveraufnahmen wurden 1884 in der Leipziger Illustrirten Zeitung gedruckt und damit zu den ersten durch Autotypie gedruckten Momentaufnahmen, den Urahnen des Pressefotos.

Serienfotografie

1886 fertigte Anschütz Bewegungsstudien an der Königlichen Militärreitakademie in Hannover mit 24 elektrisch miteinander verbundenen Kameras an, die er zu Bildserien kombinierte. Andere Serien zeigen menschliche Bewegungsstudien.[2] 1886 entwickelte er ein Gerät zur Projektion seiner Reihenbilder, das aus einer Scheibe mit einem Durchmesser von 1,5 Metern und 24 Glasplatten im Format 9 × 13 cm besteht. Die von hinten mit einer Geißlerschen Röhre beleuchteten Fotoplatten werden durch einen Kurbelantrieb mit einer Geschwindigkeit von 30 Bildern pro Sekunde rotierte. 1887 präsentierte er seinen „elektrischen Schnellseher“ - das Elektrotachyscop - im Kultusministerium in Berlin. Siemens & Halske nahm die kommerzielle Fertigung des Geräts in Berlin auf, das weite Verbreitung ab etwa 1891 fand. Bis 1893 wurden rund 140 Stück produziert. Das Gerät wurde auch ins Ausland verkauft, wo es unter der Bezeichnung Electrical Wonder Automat bekannt wurde.

Für das Zoetrop, eine einfache mechanische Einrichtung zur Betrachtung bewegter Bilder, entwickelte Anschütz 1887 eine dreischlitzige Variante zur Beeinflussung der Darstellung der Bewegung.

1894 gelang Anschütz erstmals die Projektion von bewegten Bildern mit dem Elektrotachyscop auf eine 6 × 8 Meter große Leinwand im Hörsaal des Postfuhramtes in der Berliner Artilleriestraße (heute Tucholskystraße). Während des Umzugs in ein neues Photoatelier und neue Geschäftsräume in der Potsdamer Straße 4 starb Ottomar Anschütz in Berlin-Friedenau an den Folgen einer Blinddarmentzündung.

Anschütz wurde auf dem III. Städtischer Friedhof Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau beigesetzt. Die Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.

Werke von Anschütz

Schriften

  • Kaiser-Manöver 1884. In Rheinland und Westfalen. Manöver-Scenen nach dem Leben aufgenommen. Wohlfeile Ausgabe. Leipzig: Verlag von M. Hessling 1885.
  • Die Photographie im Hause. Drei Bände, Berlin 1901 und 1902

Literatur

  • Friedrich A. Kittler: Optische Medien. Merve-Verlag, Berlin, 2002.
  • Helmut Kummer: Ottomar Anschütz. Institut für Photogeschichte, München, 1983.
  • Deac Rossell: Faszination der Bewegung. Ottomar Anschütz zwischen Photographie und Kino. Stroemfeld, Frankfurt am Main, 2001. ISBN 3-87877-774-4 (Vorwort)
  • Erich Stenger: Anschütz, Ottomar, Photograph. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S. 308.

Weblinks

 Commons: Ottomar Anschütz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. D.R.P. Nr. 49919 vom 27.Nov.1888
  2. Große Bestände befinden sich heute in der Sammlung der Universität der Künste Berlin

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