Otto Palandt

Otto Palandt

Otto Palandt (* 1. Mai 1877 in Stade; † 3. Dezember 1951 in Hamburg) ist der Namensgeber des BGB-Kommentars Palandt. Bis zur 10. Auflage war er Mitautor des Kommentars, ohne auch nur einen Paragraphen kommentiert zu haben. Palandt wird teilweise fälschlich als Gründungsherausgeber bezeichnet. Erster Herausgeber des Palandt war indes Gustav Wilke (1889–1938), der vor Erscheinen der ersten Auflage bei einem Autounfall verstorben war.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Abitur 1896 studierte Palandt Jura in München, Leipzig und Göttingen. Im Jahr 1899 absolvierte er in Celle das erste juristische Staatsexamen mit der Note gut. Im gleichen Jahr begann er das Referendariat in Zellerfeld (Harz). 1902 wurde Palandt ohne Dissertation an der Universität Heidelberg promoviert. 1904 legte er, ebenfalls in Celle, das zweite juristische Staatsexamen (erneut mit der Note gut) ab. Von 1906 bis 1912 war er Richter am Amtsgericht Żnin (Provinz Posen), darauf am Landgericht Kassel, während des Ersten Weltkrieges am Kaiserlichen Obergericht in Warschau. 1919 wurde er zum Gerichtsrat am Oberlandesgericht Kassel ernannt. Zwischen 1920 und 1924 kam es zu einem Streit mit dem Finanzministerium, der eine weitere Beförderung zum Senatspräsidenten verhinderte.

Schon früh neigte Palandt dem Nationalsozialismus zu: am 1. Mai 1933 trat er der NSDAP bei. Seit dem 1. Juni 1933 war er Vizepräsident, im Dezember 1933 wurde er Präsident des Landesprüfungsamtes, 1934 wurde er von Roland Freisler zum Präsidenten des Reichsjustizprüfungsamts und Abteilungsleiter im Reichsjustizministerium ernannt und war damit einer der einflussreichsten Juristen des Dritten Reichs. Im selben Jahr wurde er als Nachfolger Gustav Wilkes ausgewählt und mit der Arbeit an einem Kommentar zum BGB beauftragt, „der das nationalsozialistische Gedankengut hinreichend berücksichtigt“.

Palandt kommentierte auch die Juristenausbildungsordnung des Reiches. Über die erforderlichen Kenntnisse zur ersten juristischen Staatsprüfung schrieb er 1935

„Dazu gehört vor allem die ernsthafte Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und seinen weltanschaulichen Grundlagen, mit dem Gedanken der Verbindung von Blut und Boden, von Rasse und Volkstum […]. Auch in der mündlichen Prüfung haben die völkischen Grundlagen des neuen Staates, seine Geschichte und Weltanschauung den gebührenden Platz neben dem juristischen Wissen erhalten.“

Neben seiner Haltung zum Nationalsozialismus ist auch Palandts Auffassung zur Rolle der Frau in juristischen Berufen erwähnenswert. Die unter seiner Präsidentschaft erlassene neue Justizausbildungsverordnung trat am 22. Juli 1934 in Kraft, wenig später folgte am 20. Dezember 1934 das Gesetz zur Änderung der Rechtsanwaltsordnung. Dieses Gesetz besagte, dass Frauen als Anwälte nicht mehr zugelassen waren, weil das einen „Einbruch in den altgeheiligten Grundsatz der Männlichkeit des Staates“ bedeutet hätte. Palandt hat, nach der Verabschiedung der neuen Gesetze, unmissverständlich formuliert, es sei „Sache des Mannes, das Recht zu wahren“.

Zum Palandt selbst steuerte er nur das Vorwort und die Einleitung der ersten zehn Auflagen bei, die seine nationalsozialistische Einstellung dokumentierten. Für den Beck-Verlag, der die Kurzkommentar-Reihe aus den Händen des jüdischen Verlages Otto Liebmann 1933 gekauft hatte, war die Herausgeberschaft Palandts nach dem Tod des zunächst dafür vorgesehenen Gustav Wilke aus Vermarktungsgründen erfolgt.

Familie

Otto Palandt ist der Urgroßvater des Künstlers Ralf Palandt.

Literatur

  • Klaus W. Slapnicar: Der Wilke, der später Palandt hieß. In: Neue Juristische Wochenschrift 2000, S. 1692–1699.
  • Hans Wrobel: Otto Palandt zum Gedächtnis 1.5.1877 - 3.12.1951. In: Kritische Justiz 1982, S. 1–17.
  • Elena Barnert: Von Station zu Station. Anm zu Otto Palandt (umstr) uam aAnl seines 130. Gebtags (mwN) In: Myops 1 (2007), S. 56-68.

Weblinks


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