Ostseestrasse

Ostseestrasse
Wohnhäuser im charakteristischen Stil des sozialistischen Realismus (erbaut 1950-1955) an der Nordseite der Ostseestraße

Die Ostseestraße ist eine 1,15 km lange Berliner Straße im Pankower Ortsteil Prenzlauer Berg. Sie ist eine Hauptstraße im Verlauf des nördlichen Teils der C-Ringtrasse in Verlängerung von BAB 100 und Seestraße. Dieser Straßenring liegt etwas außerhalb des S-Bahnringes. Entsprechend der städtbaulichen Struktur werden außer der Ostseestraße selbst die Gebiete zwischen dem S-Bahn-Ring und der Grenze zum Ortsteil Weißensee beachtet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Einweihung

Ihren Ursprung hat die Ostseestraße in den Erweiterungsplänen Hobrechts, im Hobrecht-Plan ist die Lage bereits Teil einer Ringstraße um die preußische Hauptstadt. Die Planungen wurden wegen der Entsorgung der Berliner Kanalisation ab 1862 gefertigt und es gehörten auch Infrastruktur-Vorschläge dazu. Damals lag das Gelände, auf dem die Straße heute verläuft, bereits auf Berliner Territorium. Noch war es fernab der Bebauung der Hauptstadt Preußens. Im Bebauungsplans wurde sie als Straße 31a, Abt. XII geführt, den heutigen Namen erhielt sie am 23. Januar 1913. Die Namensgebung nach der Ostsee folgte dem westlich der Prenzlauer Allee bereits errichteten Nordischen Viertel mit Straßennamen skandinavischer Städte.

Die Mittelpromenade ist auf dem gesamten Ring von der Seestraße bis zur Kniprodestraße vorhanden, der Stadtverkehr auf dem Ring verhindert die Nutzung als Boulevard oder als Platz der Ruhe.

Auf den Stadtplänen von 1893 und 1897 sind die Straßenzüge Grellstraße und die heutige Erich-Weinert-Straße eingetragen, die Gemeinde Neu-Weißensee ist bis zur Stadtgrenze besiedelt, der heutige Straßenzug erscheint erst auf dem Stadtplan von 1906.[1]

1913 erfolgte die Einweihung des Straßenzuges im Januar mit dem Anlegen und der Bepflanzung des Ostseeplatzes. Der Straßenzug war seit 1905 bei der Revision des ursprünglichen Planes (von 1862) mit Mittelpromenade vorgesehen.[2]

Weltkrieg und Notzeit

Die Baugesellschaft Bellevue plante 1913 die Bebauung fortschreitend nach Osten. Doch zwischen 1914 und 1925 stockten die weitere Arbeiten wegen des Ersten Weltkriegs und der Inflation von 1920/1923. 1920 mit der Bildung von Groß-Berlin war die Ostseestraße zum Innenstadtbereich geworden. Im Norden wurde die Gemeinde Weißensee eingegliedert, die bereits mit ihrem Gründerviertel bis an Berlin herangewachsen war. Von Berliner Seite war der Stadtrandcharakter Berlins mit Feldern und Gärten noch erhalten. Westlich war das Nordische Viertel seit 1900 entlang des Ringes (Bornholmer Straße) schon entstanden, ebenfalls außerhalb des Bahnringes. Bauinvestitionen in der noch leeren Ostseestraße und ihrer Umgebung kamen mit dem Boom der Goldenen Zwanziger.

Bauboom der Goldenen Zwanziger

Die Ostseestraße nimmt chronologisch ihren Beginn an der Kreuzung mit der Prenzlauer Allee

Insbesondere durch die Inflation war der Wohnungsbau fast zum Stillstand gekommen. Es wurden sozial verträglichere Wohnbauten als im inneren Prenzlauer Berg nötig. Die Flächen entlang der Ostseestraße waren unbebaut.

Von 1926 bis 1930 entstand auf dem Areal südlich der Ostseestraße bis zur Ringbahn die von Bruno Taut geplante „Wohnstadt Carl Legien“. Sie wurde 1933 (nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten) in Flamensiedlung umbenannt, da das neue Regime die Ideen und Konzepte des Bauhauses in dieser Architektur als entartet diffamierte. Großzügige Innenhöfe ermöglichen dem Stadtbewohner einen Eindruck von Naturnähe. Die Weiträumigkeit der Wohnungsschnitte und der Einrichtung unterscheidet sie von den Mietskasernen der Gründerzeit im Bezirk. Im Juli 2008 wurde dieses Wohnquartier des Architekten Bruno Taut von der UNESCO gemeinsam mit fünf weiteren Siedlungen in die Weltkulturerbe-Liste aufgenommen.

Zur Bauzeit war die Carmen-Sylva-Straße als zentrale Boulevard-Straße des Viertels vorgesehen, benannt nach der Königin Rumäniens, heute Erich-Weinert-Straße. Die Ostseestraße war nur Straßenführung am Rande von Nordberlin. Nördlich der Ostseestraße bestanden Kleingärten und Ackerflächen bis zum Gründerviertel in Weißensee, das 1920 soeben erst zu Groß-Berlin eingemeindet war.

Von 1929 bis 1931 wurde von der Mandelstraße bis in die Greifswalder Straße hin ein Wohnkarree mit Schule im Innenhof errichtet. Diese weiteren Wohnbauten wurden ohne Quergebäude und Seitenflügel von einem gewerkschaftsnahen Bauverein errichtet. Es wurden geräumige begrünte Hofflächen angelegt, so wurden Bauideen umgesetzt, die die eng bebauten Hinterhofviertel der Vorkriegszeit überwanden. Für die Neuzugezogenen wurde ein Schule in das Karree eingefügt, die heute vom Oberstufenzentrum Bürotechnik genutzt wird.

Die Plastik Lesender Knabe von Goetsche zwischen Sonnenhungrigen im Erich-Weinert-Park

Zwischen 1934 und 1937 entstand das Wohnensemble an der Südseite des Ostseeplatzes zwischen Mandelstraße und Hosemannstraße. Wilhelm Lindow war der Bauverantwortliche. In Ziegelbauweise errichtet besitzt es eine zum Ostseeplatz abnehmende Geschosshöhe. Südlich an die Erich-Weinert-Straße grenzend, die Bruno Taut als die Magistrale vorgesehen hatte, steigt die Geschosszahl zum Ostseeplatz auf sechs an. Mit der eingefügten grünen Innenfläche und zu den Kleingärten über den Ostseeplatz hinweg entstand eine angenehme Wohnanlage am Rande des Innenstadtbezirkes.

Nachkriegszeit und Sozialistischer Klassizismus

Der Charakter der Straße wurde in den Nachkriegsjahren durch die Zugehörigkeit zum Stadtbezirk Prenzlauer Berg, und damit zum sowjetischen Sektor von Berlin beeinflusst. Die Auswirkungen durch den Baustil dieser Epoche zeigen die historische Abfolge der Baustile.

Gedenkplatte zum 40. Jahrestag des Kriegsendes mit lokalem Bezug zum Ostseeplatz
Nachkrieg

Von 1950 bis 1955, nach dem Zweiten Weltkrieg, waren die Kleingärten nördlich der Ostseestraße als Baugrundstücke für den notwendigen Neu- und Wiederaufbau von Wohnungen in Berlin geeignet. Während in der Innenstadt noch die Beseitigung der Trümmer erfolgte, war das Gelände zwischen Mandelstraße und Goethestraße nördlich bis an das Weißenseer Gewerbegebiet in der Lehderstraße als Baufläche geeignet. Einige Wohnhäuser aus der Vorkriegszeit in der Goethestraße waren Ruinen, wurden „enttrümmert“ und in den Neubau einbezogen. Die Kriegsschäden entstanden hier durch zufällige Bombentreffer und einen Panzerkeil der Roten Armee im Mai 1945. Dieser stieß entlang der Roelckestraße nach Süden vor und traf auf den Widerstand des Volkssturms, insbesondere auf Abwehrfeuer aus dem Luftschutzbunker an der Ecke Ostseeplatz.

Wohnungsbau

Auf dem Areal entstanden drei- bis fünf-geschossige Wohnhäuser mit Ein- bis Vier-Raum-Wohnungen, die vom Architekten noch individuell entworfen waren. Bauten in herkömmlicher Ziegelbauweise – in der "Ein-Kalk–ein-Stein"-Methode – errichtet. Mit den Bauten in der Paul-Grasse-Straße reicht dieses Quartier im Norden bis an die Ortsteilsgrenze zu Weißensee. Anfang der 1950er Jahre kamen als Baumaterial abgeputzte Ziegel der Ruinen der Innenstadt zum Einsatz, ebenfalls Material für Installationen der Wasser-/ Abwasserversorgung aus dem Trümmerschutt, das noch geeignet war. Der Bau an der Ostseestraße[3] begann noch vor der bekannteren Stalinallee (heutige Karl-Marx-Allee). Diese Neubaublocks nördlich der Ostseestraße waren 1955 vollendet.[4][5][6]

Der Aufbau erfolgte unter Leitung von Hermann Henselmann im Baustil des Sozialistischer Klassizismus (so genannter Zuckerbäckerstil), einer gewollten, da politisch motivierten Monumentalarchitektur[7]. Der Wohnkomfort der „neuen Zeit“, bezogen auf die Situation im Osten des Nachkriegs-Berlin, war bedeutsam. Breite Treppenhäuser brachten einen freundlichen Eindruck, Bäder mit isoliertem Fußboden und Gimmicks wie Wäscherolle, Müllschlucker, Waschräume im Keller brachten Verbesserungen der Wohnqualität, eine klare Linienführung in der Architektur entsprach der Verfügbarkeit an Material und dem Zeitgeist.

Einerseits wurden Ideen von Bruno Taut aufgegriffen, andererseits begann die ideologisierte Ausrichtung im Bauwesen. In gewollter Abgrenzung zu „kapitalistischen Bauthesen“ in der noch nicht völlig geteilten Stadt war das Ziel „Komfort-Wohnungen für Arbeiter, wie sie vorher nur dem Bürgertum zugänglich waren“[8]. Dringender Wohnungsbedarf bestand in allen Bezirken Berlins. Da nach 1953 im Osten Berlins die staatlichen Organe der DDR gefestigt werden mussten, erfolgte der Zuzug von „zuverlässigen“ Staatsbürgern. Der neugebaute Block direkt am Ostseeplatz wurde deshalb von der Wohnungsverwaltung des MfS beansprucht und so bis 1990 genutzt.

Reparationsleistung und Ansiedlung von Industrie

An der Straße waren bislang keine Industrie- oder Gewerbebetriebe vorhanden. Eine 110-kV-Freileitung der Golpa zum E-Werk Moabit (im Westbezirk) wurde Ende der 1950er Jahre[9] zerlegt und abtransportiert, dadurch entstand weitere Baufreiheit.

1959 wurde in der Ostseestraße zur Prenzlauer Promenade ein Betonwerk errichtet. Es war das erste seiner Art in Ost-Berlin und lieferte Beton-Platten für den industriellen Typenbau. Vorgänger der wandgroßen Betonplatten waren in den späteren 1950er Jahren Ziegelgroßblöcke, die zentral aus normalen, meist enttrümmerten Ziegeln vorgemauert und auf der Baustelle mit dem Kran eingesetzt wurden. Dies erhöhte das Bautempo, um den Kriegsverlust im Wohnungsbestand zu ersetzen. Nachdem von diesem Betonwerk keine nahe gelegenen Baustellen mehr zu versorgen waren wurde es abgetragen und auf dieser Fläche ein Handels- und Versorgungsbetrieb für Rohrleitungen und andere Baudienstleistungen eingerichtet.

Wohnungsbauprogramm der 1970er

In den 1960er Jahren wurden mit den Betonblöcken aus dem „Betonwerk Ostseestraße“ die ersten Typenbauten errichtet. Wohnhäuser vom Typ 57 entstanden bis zur Stadtbezirksgrenze nach Weißensee. Nördlich der Ostseestraße liegen diese Bauten an der Cohnstraße, die allerdings eine Stichstraße westlich der Greifswalder Straße blieb. Vom gleichen Typ sind die Häuser südlich der Erich-Weinert-Straße gegenüber der Ballettschule.

Der Lückenschluss nördlich der Balettschule zwischen Hosemann- und Gubitzstraße, vormals KGA „Ostsee“, erfolgte mit fünfgeschossigen Wohnungsbauten des Typs Q3A. Dieser Typ war eine Weiterentwicklung des Plattenbautyps P2. Damit begann die industrielle Bauweise für Wohnbauten in dieser Straße. Westlich des Ostseeplatzes stehen diese Gebäude nun als Zeitzeugen des Großplattenbaus.

Der Wohnungsbau wurde mit den neu entwickelten Typenbauten war preiswerter als die vorhergehende Großblockbauweise. Allerdings hatte der Typ Q3A im Gegensatz zur vorhergehenden Generation im Mittel schon eine kleinere Wohnfläche, innen liegende Bäder mit WC als Nasszelle, eine Kochküche. Der Bedarf an Wohnraum zwang die sozialistische Volkswirtschaft zu einem sparsameren Umgang mit vorhandenen Ressourcen.

Die Verlängerte Ostseestraße wurde zu Ehren des 400. Todestages des großen italienischen Bildhauers, Malers und Architekten Michelangelo am 18. Februar 1964 in Michelangelostraße umbenannt. [10] Die Michelangelostraße hatte bis in die 1980er Jahre nur die nördliche Fahrbahn mit der Komplikation des Fahrbahnwechsels an der Kreuzung Greifswalder Straße.

Das Betonwerk Ostseestraße belieferte auch Typenbauten auf der Nordseite der Michelangelostraße in Verlängerung der Ostseestraße. Hier wurden Wohnbauten des Typs QP 64 errichtet. Nördlich der Straße bis zur damaligen Stadtbezirksgrenze nach Weißensee wurde diese errichtet. Südlich davon bis an die Einsteinstraße blieben die Kleingärten zunächst erhalten. Gleiche Wohnbauten entstanden entlang der Prenzlauer Allee stadtwärts westlich der Taut-Siedlung. Ein erhaltener Vertreter der beabsichtigten Ensemblebildung ist die Poliklinik in der Prenzlauer Allee (heute Ärztehaus). Für diese medizinische Einrichtung wurden Flächen am Rand der Wohnstadt Carl Legien genutzt die bislang unbebaut waren. Die vorhandene Infrastruktur in Prenzl'berg Nord verhinderte das Tristesse einer „Schlafstadt“ entstand, auch als mit dem Wohnungsbau-Programm, die nächste Bauphase folgte. Weitere Bauten des gleichen Typs befinden sich in der Nähe, etwa in der Wisbyer Straße. Alle diese Bauten waren am Rande von Prenzlauer Berg gelegen. Ein weiteres Ärztehaus entstand nordöstlich der Kreuzung hinter den Wohnbauten. Der noch 1970 bestehende Wohnungsmangel im Stadtbezirk erforderte eine zentrale Anweisung, wie auch sonst DDR-weit. Zunächst entstanden an der östlichen Seite der Greifswalder Straße zwei Wohngebäude des Typs QBP55 mit jeweils vier Eingängen zu zehn Etagen. Dahinter wurde eine Poliklinik (Ärztehaus) zur medizinischen Versorgung des Gebietes erbaut, ähnlich der 1,5 km entfernten an der Prenzlauer Allee.

Kultur im Karree

In der Roelckestraße nahe der Ostseestraße, in den Gewerbebauten südlich des Weißenseer Gründerviertels existierte zu DDR-Zeiten die einzige privat betriebene Diskothek. Untergebracht war diese „privatwirschaftliche Einrichtung im real existierenden deutschen Sozialismus“ in einem Gewerbeflachbau, der vom anliegenden Industriebetrieb, dem die Streustraße abgesperrt wurde, ungenutzt war. Ein Bedarf für diese Kultureinrichtung bestand und sie wurde gut angenommen, durch Besuch von Funktionären und Diplomatennachwuchs auch eine nachrichtendienstliche Spielwiese für Anbahnungen von Kontakten durch das MfS. Durch Randlage und veränderte Ökonomie waren die Änderungen von 1990 auf die Harmonie-Bar nicht ohne Einfluss.

Großsiedlung Michelangelostraße

Wohnbauten von 1928 diesseits und die Großsiedlung von 1978 jenseits der Greifswalder Straße

Von 1973 bis 1983 wurde die Bebauung des Ringes nach Osten fortschreitend mit dem Viertel 11-geschossiger Wohnbauten südlich der Michelangelostraße fortgesetzt. Der neue Wohnbautyp WBS 70 entsprach der zentralen Forderung, dass das Wohnungsproblem zu lösen ist. Ein Ergebnis des Sozialprogramms, da der Wunsch nach guten Wohnungen schneller wuchs als mit den vorherigen Methoden befriedigt werden konnte. Nach Entwürfen von „Roland Korn und Kollektiv“ errichtet, ersetzten sie Kleingärten, um den Wohnungsbedarf des damaligen Stadtbezirks Prenzlauer Berg für 10.000 Einwohner zu decken. Im Inneren des Stadtbezirks waren keine Flächen der benötigten Größe für ein Großbauprojekt frei. Der weiter östlich gelegene Zentralviehhof war noch in Betrieb und wurde erst später stillgelegt.

Die bereits von Hobrecht geplante Mittelpromenade wurde bis zum Volkspark Prenzlauer Berg fortgeführt und zur vorhandenen Straße eine zweite Fahrbahn gebaut. Zwischen Straße und Wohnhäusern sind Parkplätze vorgelagert und ein Baumstreifen angelegt. Wurden auch nicht alle Projekte dieses Quartiers realisiert, so entstand ein stadtnahes und dennoch [11] begrüntes Wohnviertel in Tauts Tradition und keine Satellitenstadt. Zu den nicht realisierten Planungen gehören Parkhäuser innerhalb der Wohnhauskarrees, dadurch können nun 30-jährige Bäume und Grünflächen dem Quartier eine freundlichere Ansicht geben.

Nach Osten wird der Ring durch den Volkspark „Prenzlauer Berg“ versperrt. Schon ab 1935 war eine Führung durch den Jüdischen Friedhof angeregt worden, die entsprechende Fläche wurde auf dem Gelände bestattungsfrei gehalten. Die Kriegsereignisse verhinderten die Ausführung. Die vormalige Oderbruchkippe entstand in den 1950ern aus Trümmerschutt der innerstädtischen Kriegsruinen. Der zunehmende Verkehr durch Weißensee über die Berliner Straße (Klement-Gottwald-Allee) brachte ein Aufleben der Pläne. 1986 wurde als Fortsetzung der Ringstraße eine Hochstraße über den „Jüdischen Friedhof Weißensee“ hinweg geplant und die Bauvorbereitungen begonnen. Dieser Straßenbau war als Prestigeobjekt von „Partei- und Staatsführung“ zur 750-Jahrfeier Berlins vorgesehen und hätte die Kniprodestraße mit der Hansastraße, die zur Großsiedlung Hohenschönhausen führt, verbunden. Nach Zugeständnissen an die Jüdische Gemeinde in Berlin schien das Bauprojekt durchführbar. Vom heutigen Verkehrsfluss, der durch das Zentrum Weißensees führt, wäre eine solche Lösung aus Zeiten einer autogerechten Stadt wünschenswert. Wegen der strikten Ablehnung der Adass Jisroel-Gemeinde Berlins wurde aber die Bauphase abgebrochen. Bereits fertige Vorbereitungsbauten an der Indira-Gandhi-Straße wurden „rückgebaut“. Der ursprünglich von Hobrecht geplante Ring von 1905 endet im Norden mit der Michelangelostraße an der querstehenden Oderbruchkippe. Verblieben ist die Verlängerte Ostseestraße als Bezeichnung für den Fuß- und Fahrweg durch die Kleingärten nördlich des Volksparks und südlich des Jüdischen Friedhofs.

Die Nachwendezeit

Veränderung der Verkehrsströme zur Ost-West-Tangente und die Folgen

Bis 1990 führte die Ostseestraße als Hauptverkehrsstraße den Verkehr zwischen Pankow und den Nordost-Stadtbezirken. Mitte der 1970er Jahre wurde die Prenzlauer Allee über den Nordzubringer an den Berliner Autobahnring angeschlossen. Diese brachte nur eine geringe Erhöhung der Verkehrsdichte durch den Querverkehr nach Lichtenberg. Mit dem Fall der Mauer wurde die Ostseestraße wieder Teil des Straßenrings.

Begrünte Innenflächen im Karree der 11-geschossigen Plattenbauten Michelangelostraße

In der Nacht des Mauerfalls am 9. November 1989 und geraume Zeit danach reichten die Autoschlangen der drängenden Ostberliner im Rückstau vom Grenzübergang Bornholmer Straße über das vier Kilometer entfernte Ende der Ostseestraße hinaus.

Der Ost-West-Verkehr, der nun stark zugenommen hat, führt zu starkem Straßenlärm. Im Lärmkataster ist die Straße als „laut“ eingetragen und im Mietspiegel herabgestuft. Die begrünten Innenräume der östlich der Greifswalder Straße gelegenen WP70-Blöcke bieten eine ruhigere Stadtlage. Die Michelangelostraße führt den gesamten Ringverkehr nach Osten über die Storkower Straße ab. Durch die Straßenlage ist es hier laut Lärmkataster ruhiger. Wegen der 1987 gescheiterten Schließung des Rings nördlich der Oderbruchkippe weicht der Querverkehr auf dieser Trasse dem ortsverlassenden Verkehr durch das Stadteilzentrum von Weißensee aus.

Die Ostseestraße selbst wurde zuletzt 1980 saniert. Mit einer neuen Asphaltdecke wurde allerdings nur der östliche Abschnitt bis zur Roelckestraße versehen. Ursache dafür war die Rekonstruktion der „Protokollstrecke“ in Weißensee, jene Verbindung zwischen Berlin-Mitte zur Wandlitz. Damals wurde die eckige Straßenführung mit geringen Krümmungsradien am Ostseeplatz entschärft und die Rasenränder am Platz selbst verändert. Das seit 1990 stark erhöhte Verkehrsaufkommen macht die Sanierung dieser Ringstraße notwendig. Die Kreuzung Ostseestraße/ Greifswalder Straße wurde 1976 mit den Neubauten verbessert, indem die bis dahin einzige nördliche Fahrbahn der Michelangelostraße durch eine zweite Fahrbahn bis zur Kniprodestraße ergänzt wurde. Um 2000 wurde die Kreuzung im Zusammenhang mit der Erneuerung der Straßenbahntrasse bis Weißensee neu asphaltiert. 2008 wurde die Kreuzung Ostseestraße/ Prenzlauer Allee neu gestaltet, um den zunehmenden Verkehr von und zur Autobahn zu erleichtern. Heute begrenzt die Verschuldung des Bezirks Pankows die in Angriff genommenen Sanierungsvorhaben. In den Jahren 2007 bis 2009 wurde die westlich anschließende Wisbyer Straße, die teilweise noch Pflaster als Straßenbelag hatte, einschließlich des Unterbaus saniert.

2009 befindet sich der weiter östliche Ringausbau der Bundesautobahn 100 zwischen Neukölln und der Lichtenberger Frankfurter Allee in der vorbereitenden Bauphase. Die Umgestaltung der Trasse zwischen Seestraße, über Ostseestraße, vorbei am Volkspark bis zur Frankfurter Allee zu einer definierten Autobahn verbleibt in der Diskussion. Die Mittelpromenaden beidseits von zwei- bis dreispurigen Fahrbahnen eingefasst bieten eine Straßenbreite von 50 Metern.

Die von Hobrecht vor über 100 Jahren geplante Mittelpromenade sollte den Parkcharakter eines Boulevards begünstigen. Straßenlärm und Platz für ruhenden Verkehr formten Parkflächen mit Bepflanzungen durch Sträucher und Hecken und befestigte Ablageflächen für Baumaterial. Zwischen Ostseeplatz und Greifswalder Straße stehen noch zwei Reihen Platanen und der Ostseeplatz hat einen mittlerweile 50jährigen Kastanienbestand. Erholungs- oder gar Promenadenwege sind es nicht.

Nachwendebauten ergänzen die denkmalsgeschützten Fassaden der Ostseestraße
Schließung der restlichen Baulücken

In den 1990er Jahren wurden verbliebene Bebauungsflächen für den Nachwende-Bauboom genutzt. Wohnhäuser, Ecke Sültstraße, vollendeten die südliche Bebauung zur Prenzlauer Allee und bieten die Ergänzung für die Änderungen im Wohnungsbaustil des 20. Jahrhunderts. Angrenzend zur Prenzlauer Allee verblieb eine Naherholungs- und Grünfläche, Erich-Weinert-Park benannt.

Geschäftsbau aus dem Jahre 2002

Von 2000 bis 2002 wurde auf der nördlichen Straßenseite zwischen Mandelstraße und Greifswalder Straße ein Geschäftsbau mit Supermarkt, Baumarkt und Büroräumen errichtet. Der in den 1980er Jahren aufgebaute Industriebetrieb zur Produktion von Vergasern für den gesamten RGW) hatte mit der Wende seine Bedeutung verloren. Die vorhandenen Gebäude wurde 2000 größtenteils abgebaut. Es verblieb nach dem Flächennutzungsplan 2004 eine gemischte Baufläche M2. Beim Neubau des Geschäftsbaus wurde auch ein Bunker aus der Kriegszeit abgebrochen, der 1982 beim vorhergehenden Industriebauvorhaben noch überbaut worden war.

Andere Areale entlang der Straße sind durch den Flächennutzungsplan Wohnbauflächen als W2, mit einer Geschossflächenzahl GFZ bis 1,5 markiert. Insofern eine Änderung die Bebauung eingeschränkt oder je nach Sichtweise ist der Bestand - auch durch den Denkmalsstatus - geschützt.

Im Jahr 2000 wurde die Gewerbefläche von 320 ha am westlichen Ende der Straße zwischen Prenzlauer Promenade bis zur Goethestraße einschließlich der Kleingartenanlage vom Bezirksamt Prenzlauer Berg für die Wohnbebauung vorgesehen. Bis dahin befand sich hier das zuletzt stillgelegte Betriebsgelände der PGH Leitungsbau. Änderungen in den Förderrichtlinien im Jahre 2000 verringerten die „Nutzungswilligkeit“ von Investoren für diese Fläche. Diese letzte Baureservefläche ist nach 100 Jahren Straßengeschichte seit 1913 zwar durch Bauten von Handelsunternehmen belegt, Nutzungswechsel sind damit möglich geblieben.

Wegweiser

Zur Orientierung des vorgenannten die kreuzenden und abzweigenden Straßen von West nach Ost:

  • Der Bornholmer Straße und ab Kreuzung Schönhauser Allee der
  • Wisbyer Straße folgt ab der Straßenkreuzung des Rings mit der
  • Prenzlauer Allee(S)/Prenzlauer Promenade(N) die
  • Ostseestraße. Diese wird gekreuzt von
    • Sültstraße (nach Süd),
    • Goethestraße (nach Nord),
    • Gubitzstraße,
    • Hosemannstraße,
    • Mandelstraße und reicht bis zur Kreuzung
  • Greifswalder Straße. Der Ring setzt sich in der
  • Michelangelostraße fort und endet an der Kleingartenanlage mit der querenden
  • Kniprodestraße.

Die Sültstraße führt in die Wohnstadt Carl Legien und ist nach dem Gewerkschaftsführer Wilhelm Sült benannt. Gubitz, Hosemann und Mandel waren Künstler die in Berlin tätig waren. Die Bekanntheit von Michelangelo und Goethe kann als weltweit gelten, Kniprode ist als Gartenarchitekt eher von regionaler Bedeutung. Die Ausfallstraßen nach Norden von Berlin ins Umland haben die Zielpunkte Prenzlau und Greifswald.

Denkmalstatus

  • In der Ostseestraße stehen Bauwerke nebeneinander, welche das gesamte 20. Jahrhundert repräsentieren. Für das Gebiet der Ostseestraße, einschließlich des südlich angrenzenden Gebietes bis zum S-Bahn-Ring (Grellstraße) wurde von der BVV Pankow am 17. September 2003 gemäß gemäß § 172 Abs. 1, Satz 1 Nr. 1 des BauGB eine Erhaltungsverordnung[12] beschlossen: „Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets Ostseestraße/Grellstraße“Drucksache V-0534/03.
  • Die Wohnanlage im nördlichen Straßenzug aus den 1950er Jahren steht in der Berliner Denkmalliste als Baudenkmal [13]. Hierzu gehören auch die Häuser der Paul-Grasse-Straße bis an die Grenze zum Ortsteil Weißensee. Es ist der der Gesamteindruck der Außenansicht geschützt. Diese Bauten entstanden unter der Leitung des Stadtarchitekten Hermann Henselmann, der auch die Bauleitung der Stalinallee hatte.[14] Die um 2000 ausgeführte grüne Außenfassade der Häuser in der Ostseestraße 20 bis 59 waren ein Verstoß gegen diesen Denkmalsstatus. Bei der Sanierung in der Paul-Grasse-Straße wurden daraufhin beige Fassadentöne gewählt. Für die Häuser direkt am Ostseeplatz verzögert sich die Sanierung durch die GEWOBAG, da seit 2005 Rückforderungsansprüche durch Alteigentümer auf Grund und Boden erhoben werden.
Skulptur Verwicklung von Gabor Török, hinter dem Haus 112
  • Ein weiterer Eintrag in dieser Liste gilt der Wohnanlage mit Schule (jetzt Oberstufenzentrum) im Innenhof an der südlichen Ecke zur Greifswalder Straße hin. Errichtet wurde dies von Fedler & Kraffert in den Jahren 1929–1931.[15]

Kunst im Straßenraum

Die Plastik „Nackte am Ostseeplatz“ stellt die Verbindung zum Beginn der Straßen 1913 her.
Die Skulptur im Winter
  • Südlich des Ostseeplatzes in der Grünanlage mitten der Bauten aus den 1930er Jahren liegt ein Gedenkstein. Der Findling wurde 1935 beim Ausschachten der Baugruben für die Wohnhäuser gefunden. 1985 erfolgte zum „40. Jahrestag der Befreiung“ durch Aufbringen eines Bronzereliefs eine Umwidmung zur Erinnerung an den Vormarsch der Roten Armee. Der Einzug in Berlin erfolgte Ende April 1945 von Nordosten über Heinersdorf kommend. Dabei wurde auch eine Flakstellung an der Westseite des Ostseeplatzes genommen[16]. Auf der Bronzeplatte von Günter Schütz[17] ist neben dem Relief eines Rotarmisten, eine Blumenranke und die Inschrift „1941“ und „1945“ aufgebracht, gestiftet wurde sie vom „Kreiskomitee der antifaschistischen Widerstandskämpfer“ .
  • Unter den alten Kastanien von 1913 mitten des Ostseeplatzes steht seit 1990 die Frauenfigur „Nackte vom Ostseeplatz“ von Anna Franziska Schwarzbach[18], eine etwa 1,50 m hohe Bronzestatue. Das Kunstwerk nimmt das Idealbild eines weiblichen Aktes vom Beginn des 20. Jahrhunderts auf und schafft eine Verbindung zur Entstehungszeit des Ostseeplatzes vor dem Ersten Weltkrieg. Ein stufenförmiger Sockel bildet einen Kunstraum, der die Wirkung im vorbeiflutenden Verkehr inmitten einer grünen Oase von Platanen und Kastanien unterstreicht.[19]
  • Im Erich-Weinert-Park, Ecke Prenzlauer Allee, befindet sich eine andere Skulptur von A. F. Schwarzbach. Die Porträt-Büste Erich Weinerts wurde Anfang der 1980er Jahre aufgestellt, Mitte der 1990er Jahre ausgebessert und ergänzt. Die Schulterskulptur des Schriftstellers steht auf einem 1,50 m hohen Sockel und bietet derzeit Sprayern und Werbeschild-Klebern Gelegenheit zur kreativen Umgestaltung.
  • Auf der Rasenfläche des Erich-Weinert-Parkes liegt eine lebensgroße Bronze-Skulptur: „Lesender Knabe“[20] von Hans-Peter Goetsche aus dem Jahre 1968. Der Jüngling hat ein Buch in der Hand und fühlt sich zu allen Jahreszeiten wohl, während sich Parkbesucher nur in der warmen Jahreszeit auf der Wiese zu ihm gesellen.
  • An den Eckhäusern südlich des Ostseeplatzes (1935 erbaut) in Obergeschosshöhe sind die zwei Skulpturen bemerkenswert. Zur Hosemannstraße hin ein junger Mann mit kantigem Gesicht und einem Ball in der linken Hand, stützt er sich auf ein angedeutetes Geländer. Zur Mandelstraße hin steht ein Mädchen mit einem Buch in der rechten Hand. Um 1935 in der Ausführung der typischen Klinkerkeramik jener Zeit entstanden, entsprechen sie zwar in Putz dem Denkmalsstil der 1930er.
  • Auf der vorgelagerten Rasenfläche Ostsee-/Ecke Gubitzstraße versteckt innerhalb einer Strauchgruppe steht eine fast lebensgroße Bronzestatue: „Stehendes Paar“[21], das von Sabina Grzimek[22] geschaffen wurde. Die Skulpturengruppe aus einem 1,20 Meter großen Mann neben einer etwas kleineren Frau steht auf einem 40 cm hohen Sockel und wurde 1967/68 aufgestellt. Das Paar mag einen Bezug zur Staatlichen Ballettschule in der Erich-Weinert-Straße haben, die der Gubitzstraße anliegt.
  • Hinter dem Haus 112 steht eine Skulptur „Verwicklungen“ in poliertem Metall von Gabor Török aus dem Jahre 1999.

Literatur

  • Malwine Hörisch, Wolfgang Krause: Prenzlauer Berg. Kunstspaziergänge. Nicolai'sche Verlagsbuchhandlung. Berlin 12004. ISBN 3894791829

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Plan von 1893
  2. Historische Planung in Berlin
  3. Bebauung 1950–1955 mit Bild
  4. [page=7 Ostseestraße 1959]
  5. [view=detail&search[focus]=4 Bau der Nordseite Ostseeplatz 1955]
  6. [page=5 Ostseeplatz Juni 1955]
  7. Der Ostseeplatz mit Bild vom Bau 1954
  8. Neues Deutschland, 6. Mai 1953 (?)
  9. persönliche Mitteilung eines Anwohners
  10. [page=8 Umbenennung der Straße]
  11. Leitfaden WBS 70
  12. Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin, ausgegeben am 23. September 2003
  13. Denkmallisteneintrag Gesamtanlage
  14. Denkmallisteneintrag Wohnanlage Ostseestraße
  15. Denkmallisteneintrag Wohnanlage Fedler & Craffert und Schule
  16. persönliche Mitteilung
  17. Liste der Skulpturen in Berlin
  18. Biografie von Anna Franziska Schwarzbach mit Information zur „Nackten vom Ostseeplatz“
  19. Studien Schwarzbach
  20. Skulptur „Lesender Knabe“
  21. Skulptur „Stehendes Paar“
  22. S.Grzimek

52.54827513.4375388888897Koordinaten: 52° 32′ 54″ N, 13° 26′ 15″ O


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pankow (Distrito administrativo) — Saltar a navegación, búsqueda Localización de Pankow en Berlín. Pankow es el tercer distrito administrativo de Berlín (Alemania), que agrupa tres barrios que hasta 2001 eran distritos administrativos independientes: Pankow, Prenzlauer Berg y… …   Wikipedia Español

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”