Ostpreussen

Ostpreussen
Preußische Provinz
Ostpreußen
Flagge Wappen
Flagge der Provinz Ostpreußen Wappen der Provinz Ostpreußen
Lage in Preußen
vor dem Ersten Weltkrieg (1871–1918)*:
1871–1918
nach dem Ersten Weltkrieg (1922–1939)*:
1922–1939
*) Lage Ostpreußens dunkelblau eingefärbt
 
Bestehen 17731829
18781945
Provinzhauptstadt Königsberg
Fläche 36 993,9 km²
Einwohner 2 025 741 (1905)
Bevölkerungsdichte 54,1 Ew./km²
Kfz-Kennzeichen I C
Entstanden aus Herzogtum Preußen
Heute Teil von Woiwodschaft Ermland-Masuren
Oblast Kaliningrad
Distrikt Klaipėda
Distrikt Tauragė
Karte
Karte der Provinz Ostpreußen

Die preußische Provinz Ostpreußen war ab der deutschen Reichsgründung von 1871 bis 1945 der östlichste Landesteil Deutschlands. Dort lagen sowohl der nördlichste als auch der östlichste Punkt des Deutschen Reichs. 1945 wurde es unter vorläufige polnische beziehungsweise sowjetische Verwaltungshoheit gestellt de facto aber administrativ dem polnischen Staat eingegliedert und gehört seit 1992 auch völkerrechtlich zu Polen und Russland. Die DDR erkannte die neue Grenze zu Polen bereits 1950 diplomatisch an, die Bundesrepublik Deutschland zunächst 1972 erst indirekt und dann endgültig mit dem Deutsch-Polnischen Grenzvertrag am 14. November 1990.

Das Alte Preußenland war das Stammland der baltischen Prußen (Pruzzen). Nach der Eroberung durch den Deutschen Orden entstand der Ordensstaat, welcher im Zuge der Reformation zum weltlichen Herzogtum Preußen wurde. Durch die dynastische Vereinigung mit Brandenburg wurde es Brandenburgisches Preußen genannt. In der Hauptstadt Königsberg krönte sich 1701 der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. als Friedrich I. selbst zum König in Preußen. Nach der Ersten Polnischen Teilung 1772 wurde es um kleinere Teile des vom Königreich Preußen erworbenen (polnischen) Königlich-Preußens erweitert und in Ostpreußen umbenannt. Als Hymne von Ostpreußen gilt das Ostpreußenlied.

In humanistischer Manier wurde der Name zu Borussia Orientalis latinisiert.

Inhaltsverzeichnis

Gebiet und Bevölkerung

Das historische Ostpreußen erstreckt sich an der Ostseeküste vom Weichseldelta bis nördlich der Memelmündung bei Memel/Klaipeda, wo bei Nimmersatt „das Reich sein Ende hat“. Das nördlich der unteren Memel am Kurischen Haff gelegene schmale Memelland wurde 1920 durch den Völkerbund von Ostpreußen abgetrennt, war von 1923 bis Anfang 1939 von Litauen annektiert, und gehört seit Kriegsende wieder zu Litauen. Der nördliche Teil (ca. 35 %) vom restlichen Ostpreußen ist heute der russische Oblast Kaliningrad, der südliche Teil (ca. 65 %) die polnische Woiwodschaft Ermland-Masuren. Im Mai 1939 umfasste Ostpreußen, einschließlich des Memellandes 39.840 km² mit 2.649.017 Einwohnern. Es war mit 66,5 Einwohnern je km² vergleichsweise dünn besiedelt. In der Hauptstadt Königsberg lebten damals 372.000 Einwohner.

Geschichte

Archäologie und Frühgeschichte

Archäologische Funde bezeugen menschliche Besiedlung an der Südküste der Ostsee nach dem Ende der Eiszeit (die Vereisung endete in Litauen z. B. um 16.000 v. Chr ), etwa im Allerød-Interstadial (11. Jahrtausend v. Chr.). Im End-Mesolithikum sind sowohl Neman- als auch Narva-Kultur vertreten. Im Neolithikum ist die Haff-Küstenkultur, eine Gruppe der Schnurkeramik, nachgewiesen.

Zwischen Braunswalde (heute Gościszewo) und Willenberg (Wielbark) nahe Marienburg wurde im Jahre 1873 ein Eisenzeitliches Gräberfeld mit etwa 3.000 Gräbern gefunden. Die nach dieser Fundstätte benannte Wielbark-Kultur zeichnet sich durch eine Mischung skandinavischer und kontinentaler Elemente aus und wird allgemein als Zeichen für die Zuwanderung der Goten angesehen. Zu ihrem Verbreitungsgebiet gehörte nur der äußerste Westen Ostpreußens (bis 1920 zu Westpreußen). Die Goten waren im letzten Jahrhundert vor der Zeitenwende in das Gebiet um die untere Weichsel gekommen, wanderten aber ab etwa 200 n. Chr. nach Südosten ab.

98 n. Chr. berichtete Tacitus in seiner Germania über die Aesti gentes. [1] Allerdings hatte Tacitus diese Gebiete selber nie besucht, und fasste auch alle an der Ostsee (Mare Suebicum) lebenden Stämme (unter anderem Langobarden, Burgunden, Semnonen, Vandalen, Lugier, Silinger, Goten) als Suebi (Schwaben) zusammen, so dass man wenige schriftliche Einzelheiten zur frühen Geschichte findet. In seiner um 550 n. Chr. verfassten Getica (Geschichte der Goten) zählt der gotische Geschichtsschreiber Jordanes die Aesti zum gotischen Reich. [2]

Die baltischen Stämme im 12. Jahrhundert

Etwa um 850 n. Chr. wird erstmals ein Volk namens Brus nahe der Ostsee erwähnt, von einem nur als Bayerischer Geograph bekannten Chronisten.

Der Angelsachse Wulfstan bereiste die Ostseeländer im 10. Jahrhundert. In seinem Bericht an Alfred den Großen unterschied er das östlich der Weichsel gelegene „Witland“ vom westlich des Flusses gelegenen Land der Winoten (Wenden) und bezeichnete seine Einwohner wie einst die antiken Autoren als „Esthen“. Die ostbaltischen Litauer wurden im 11. Jahrhundert erstmals beschrieben, während die Prußen Westbalten waren. Doch erst mit der Zeit der Christianisierung und des damit verbundenen Kirchenbaues fing man lokal an, schriftliche Dokumente zu führen, die detaillierte Informationen enthalten.

Die Prussia-Sammlung war die bedeutendste Sammlung archäologischer Fundstücke.

Abgeleitete Baumnamen

Die englische Bezeichnung Spruce (Fichte) wird etymologisch unter anderem von Pruce (Preußen) abgeleitet und als Hinweis auf Handel mit Preußen gesehen. Die älteste Verwendung dieses Wortes findet sich vor 1400 in der altenglischen Sprache. Die gleiche Entwicklung findet man in der franko-kanadischen Mundart von Akadien, in der der Begriff prusse zur Bezeichnung verschiedenster Baumarten – je nach Region – (Tanne, Rottanne, Hemlocktanne; Schwarz-Fichte, Schimmel-/Weiß-Fichte, Amerikanische Rot-Fichte; Lärche) dient.

Staatenbildung

Das Stammesland der Prußen lag an der Ostseeküste, nördlich des späteren Polens und westlich von Litauen. Nördlich erstreckte es sich bis an die untere Memel, westlich bis an die untere Weichsel, wobei beide Flüsse wohl keine scharfe Siedlungsgrenze bildeten. So wird auch von slawischen Siedlungen im Kulmer Land berichtet und Linguisten verweisen auf Fluss- und Ortsnamen westlich der Weichsel bis an die Persante sowie auf Wörter baltischen Ursprungs in der kaschubischen Sprache (siehe alte Karte des Alten Preußenlandes Weblink unten).

Das von baltischen Stämmen an der Ostseeküste besiedelte Gebiet wurde seit dem 10. Jahrhundert zur Interessensphäre der entstehenden und expandierenden deutschen und polnischen Staaten. Alle Anstrengungen zur Eroberung des Gebietes standen unter dem Vorwand der Missionierung. Die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, im Hochmittelalter der mächtigsten weltlichen Macht des Abendlandes, sahen sich in ihrem Anspruch auf christliche Weltherrschaft als Oberherren des noch unabhängigen und nicht christianisierten Gebietes. So vergaben Kaiser Otto I., Otto II. und Otto III. es als Lehen im 10. Jahrhundert an Mieszko I. und weitere polnische Piasten, dann Kaiser Friedrich II. 1224 an den Deutschen Orden.

Prußische und benachbarte Gebiete im 13. Jh.;
grau: Galinder als Balten aber nicht Prußen,
Sasnia u. Lubavia prußisch-slawische Mischgebiete

Die Versuche der Piasten, ihre Macht an die noch von Heiden bewohnte Ostseeküste auszudehnen, zeitigten in Pommern zeitweiligen Erfolg. Über einen dieser Vorstöße, bei dem 997 n. Chr. der polnische Heerführer Adalbert von Prag im Auftrag von Boleslaw I. Chrobry in der Gegend um Danzig bis zur Ostsee vordrang, berichtet dessen Autobiografie Vita Sancti Adalberti.

Östlich der Weichsel aber erlitt Konrad von Masowien, zeitweilig auch polnischer Senior-Herzog, empfindliche Rückschläge. Das Kulmerland laut Älterer Olivachronik zu großen Teilen von Polen besiedelt, wurde laut der Peter von Dusburg-Chronik von Prußen verwüstet. Die Vorstöße der Prußen bedrohten sogar seine Machtbasis Masowien. Der erste Bischof von Preußen wurde 1209 ernannt: Der Zisterzienser Christian von Oliva, vorher Abt von Łekno, nahm seinen Sitz 1215 im 30 Jahre zuvor gegründeten Kloster Oliva, außerhalb Preußens im ostpommerschen Herzogtum der Samboriden. Seine Christianisierungsbemühungen waren zunächst nicht von dauerhaftem Erfolg. Der von Konrad I. und Christian gemeinsam ins Leben gerufene Ritterorden Milites Christi Prussiae, zumeist Orden von Dobrin genannt, konnte zwar Masowien sichern aber keine Macht über Preußen gewinnen.

Der Ordensstaat

Hochmeistersitz des Deutschen Ordens, die Marienburg

Das Handlungsgebiet des Deutschen Ordens zur Zeit der Goldenen Bulle von Kaiser Friedrich II.:

Um eine sichere Nordgrenze zu erreichen, bat Konrad von Masowien den Deutschen Ritterorden um militärische Unterstützung und bot ihm dafür Landrechte an. Im Jahre 1224 wurde Wilhelm von Modena vom Papst zum Legaten für u. a. Preußen und Samland benannt. Die Landrechte für das zu erobernde Gebiet ließ sich der Orden 1226 durch den römisch-deutschen Kaiser Friedrich II. garantieren (Goldenen Bulle von Rimini) und 1230 durch Konrad von Masowien im Vertrag von Kruschwitz (Kruszwica). Der Vertrag von Kruschwitz wird heute als Diktat des Ordens, wenn nicht als Fälschung angesehen. [3] 1231 legte der Orden in Thorn (Toruń). Papst Gregor IX. bescheinigte 1234 dem Orden in der Bulle von Rieti, dass seine Eroberungen nur der Kirche, aber keiner weltlichen Lehenshoheit unterstehen sollten.

Der Orden eroberte das Land mit aus europäischen Adligen zusammengestellten Truppen in Kreuzzügen. Er sicherte seine Eroberungen durch Burgenbau, holte mit Hilfe von Lokatoren deutsche Siedler ins Land, Teil der Deutschen Ostkolonisation. Zahlreiche Städte und Dörfer wurden gegründet. Die Unstimmigkeiten über die Landverteilung zwischen dem Orden und Bischof Christian wurden bis vor den Papst gebracht. 1245 teilte der päpstliche Legat Wilhelm von Modena das Preußenland in vier Bistümer ein: Ermland, Kulmerland, Pomesanien und Samland. Die vier Bistümer unterstanden dem Erzbischof von Riga (siehe auch: Liste der Erzbischöfe von Riga). Es dauerte jedoch bis 1283, ehe die heidnischen Prußen endgültig unterworfen waren.

Über das vertraglich vereinbarte Gebiet hinaus eroberte er 1309 auch den Osten Pommerns (Pommerellen mit Danzig), den der letzte Samboride, Mestwin II., nach zeitweiliger Abtrünnigkeit wieder Polen zugesagt hatte. Vom Heiligen Römischen Reich wurde diese Eroberung anerkannt, von Polen erst 1353. Die Grenze zu Litauen, das sich im Widerstand gegen den Orden als Staat bildete, wurde erst 1422 im Frieden von Melnosee dauerhaft festgelegt. Sitz des Ordens war zunächst Venedig, dann seit 1309 die Ordensburg Marienburg in Preußen, nach der Schutzheiligen des Deutschen Ordens Maria benannt.

Zu den Konflikten des Ordens mit Polen um die Ausdehnung der territorialen Herrschaft gesellten sich im 15. Jahrhundert Konflikte mit den deutschen Städten in seinem Gebiet wegen seiner Versuche, auch den Handel an sich zu ziehen. So kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen, bei denen der Deutsche Orden auf der einen Seite, die deutschen preußischen Städte und das Königreich Polen auf der anderen Seite standen.

Hellgrau: Herzoglich Preußen.
Farbig: Königlich-Preußen mit seinen Wojewodschafen in Personalunion mit dem Königreich Polen und Litauen

Nach seiner Niederlage in der Schlacht bei Tannenberg von 1410 wurde der Orden zusehends schwächer, musste im Ersten Thorner Frieden und erneut im Frieden von Melnosee Herrschaft und Ansprüche auf Samaiten (Westlitauen) aufgeben und der Friede von Kujawisch Brest schloss jegliche Ansprüche Dritter (insbesondere des Heiligen Römischen Reiches) am Ordensland aus. Nachdem sich die preußischen Stände im Preußischen Bund organisiert und 1454 dem König von Polen unterstellt hatten, kam es zum Dreizehnjährigen Krieg, der 1466 mit dem 2. Thorner Frieden endete, in dem der Deutsche Orden Kulmerland, Ermland, Pogesanien und Pomerellen an die polnische Krone abtreten mussten, Königliches oder Polnisches Preußen genannt. Somit blieb auch das Ermland (als exemptes eigenständiges Fürstbistum) unter polnischer Oberhoheit und damit bis zur 1. Polnischen Teilung vom Preußen des Ordens und der Hohenzollern getrennt. Da die schon 1457 in polnische Hand gelangte Ordensburg Marienburg mit abgetreten werden musste, wurde der Sitz des Ordens nach Königsberg verlegt. Der Orden war außerdem dem polnischen König zu Treueeid und Heeresfolge verpflichtet. Von Papst und Kaiser wurde der Friedensschluss zunächst nicht anerkannt. 1494 erhob Kaiser Maximilian I. den Deutschmeister zum Reichsfürsten.

1511 wurde Albrecht von Brandenburg-Ansbach, Bruder des Brandenburgischen Kurfürsten Joachim I. (Brandenburg) Hochmeister des Deutschen Ordens. Wie auch die vorherigen Hochmeister verweigerte er dem polnischen König zunächst den Treueeid. Kaiser Maximilian I. schloss im Jahre 1515 auf dem Wiener Fürstentag Verteidigungs- und Heiratsbündnisse mit den Jagiellonen und verzichtete auf die seit 1494 beanspruchte Lehenshoheit des Reiches über Preußen.

Herzogtum Preußen

Statue von Albrecht von Brandenburg in Marienburg

Nachdem ihm die kaiserliche Unterstützung versagt worden war, und vierjährigem erfolglosen Reiterkrieg ging Albrecht II. auf Distanz zum Kaiser. Er schloss Frieden mit Polen, führte 1525 die Reformation ein und machte den Ordensstaat zum weltlichen Herzogtum Preußen. Die erbliche Herzogswürde ließ er sich unter Anerkennung der polnischen Lehenshoheit vom polnischen König Sigismund I. bestätigen.

Königsberger Schloss (Foto 1895), Residenz der Hochmeister und Herzöge seit 1466

Vom Heiligen Römischen Reich wurde die Säkularisierung des preußischen Ordensstaates nicht anerkannt. Der Deutsche Orden setzte einen neuen Hochmeister ein, Walther von Cronberg, welcher aber nicht wie bisher in Königsberg, sondern in Mergentheim seinen Sitz einnahm. 1527 erhielt Cronberg vom Kaiser die Berechtigung, sich Administrator des Hochmeistertums zu nennen. Auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 wurde der Hochmeister (also nicht Albrecht) mit den Rechten des Deutschen Ordens Regalien und dem Lande Preußen belehnt. Der Sohn Kaiser Maximilians II. führte bis 1618 den Titel Administrator von Preußen. Danach nannte man das Amt Hoch- und Deutschmeister. Die Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens hatten durch den Kaiser seit 1526 den gleichen Stand im Imperium wie ein Fürstbistum. 1531/1534 wurde Herzog Albrecht unter Bann gesetzt, der jedoch unwirksam blieb.

1544 gründete Herzog Albrecht die Universität Albertina in Königsberg. Die kulturellen Leistungen in seiner Amtszeit waren die Prutenischen Tafeln, die Erstellung preußischer Landkarten sowie eine Münzreform unter Leitung Nikolaus Kopernikus. In diese Zeit fielen auch die Aufnahme evangelischer Flüchtlinge und besonders die erstmaligen Übersetzungen religiöser Schriften in verschiedene Sprachen der neuen preußischen Bürger aus den Nachbarländern. Nach dem Tode Herzog Albrechts im Jahre 1568 kam dessen fünfzehnjähriger Sohn Albrecht Friedrich an die Regierung. Wegen dessen Geisteskrankheit setzte 1577 der polnische König Stephan Báthory den Ansbacher Hohenzollern Georg Friedrich als Administrator von Preußen ein; ihm folgte 1605 mit Joachim Friedrich erstmals ein Kurfürst von Brandenburg, dann 1608 Johann Sigismund, Albrechts Schwiegersohn.

Personalunion mit Brandenburg

Als Albrecht Friedrich 1618 kinderlos starb, fiel das Herzogtum Preußen 1618 an die brandenburgische Linie der Hohenzollern, zu diesem Zeitpunkt unter Johann Sigismund. Nun wurde es Brandenburgisches Preußen genannt und bis 1701 oft als Fürstentum bezeichnet (so in Kirchenbüchern vor 1700). Im Vertrag von Wehlau 1657 verzichtete Polen auf die Lehenshoheit über das Herzogtum Preußen. Damit besaßen die Kurfürsten von Brandenburg hier, anders als in ihren im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation liegenden Territorien, die volle Souveränität.

Fortan fanden sich beide Regionen in einem Land wieder, dem späteren (ab 1701) Königreich Preußen. Trotz des Namens lag das Kerngebiet dieses Landes in der Mark Brandenburg.

Königreich Preußen

Diese Souveränität nutzte der Kurfürst, um sich in Königsberg zum König in Preußen zu krönen. Trotzdem blieb die Mark Brandenburg das Kerngebiet des Hohenzollernstaates. Das bisher Herzogliche Preußen wurde nun Altpreußen genannt. Auch die Bezeichnung Ostpreußen kam schon auf. Bei der ersten Polnischen Teilung 1772 erwarb das Königreich Preußen unter Friedrich II. vor allem das 1466 vom Orden abgetretene Gebiet, das seitdem wegen seiner Zugehörigkeit zur polnischen Krone auch Königliches Preußen genannt worden war. Aus Altpreußen und dem Ermland wurde am 31. Januar 1773 Ostpreußen, jetzt offiziell so genannt. Aus Marienburg, Pomesanien (vorher zu Altpreußen), Kulmerland, Pomerellen und vorher nie preußischen Gebieten wurde die neue Provinz Westpreußen. Hauptstadt Ostpreußens war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Königsberg. Von 1824 bis 1829 waren Ost- und Westpreußen personell und von 1829 bis 1878 real zu der einen Provinz Preußen vereinigt. 1878 wurde diese wieder geteilt.

Darstellung des Führungsduos Hindenburg/Ludendorff

Durch seine gemeinsame Grenze mit Russland und seine vorgeschobene geographische Lage wurde Ostpreußen im Ersten Weltkrieg zu einem wichtigen Schauplatz der Ostfront, hier lagen die einzigen Gebiete des Deutschen Reichs, die während des Ersten Weltkriegs von fremden Truppen besetzt waren (abgesehen von kleinen Gebieten des Oberelsasses, die verlustreichen Schlachten an der Westfront fanden auf französischem und belgischen Territorium statt).
Der russische Vormarsch wurde in der zweiten Schlacht von Tannenberg zum Stehen gebracht, die verantwortlichen Generale Hindenburg und Ludendorff legten hier die Grundlage zu ihrer großen Popularität, die sie während der Weimarer Republik auf unterschiedliche Weise nutzten: Hindenburg als konservativer Reichspräsident, Ludendorff als Putschist und Verbündeter Hitlers.

Der Versailler Vertrag

Während des ersten Weltkrieges hatten die Mittelmächte anderthalb Jahrhunderte nach den Polnischen Teilungen mit der Wiedergründung eines polnischen Staates auf dem Boden des Zarenreiches begonnen. Der Ausgang des Krieges ermöglichte es dem sich konstituierenden Polen, auch Gebiete einzufordern, die bei den Teilungen österreichisch oder preußisch geworden waren.

Nordwestliche Randgebiete des historischen Großpolen beließen die Alliierten jedoch wegen ihrer großenteils deutschen Bevölkerung bei Deutschland. Danzig, das sich auch unter der polnischen Krone ein hohes Maß an Autonomie behauptet hatte, wurde als Kompromiss zwischen polnischer Forderung nach einem leistungsfähigen Seehafen und deutscher Bevölkerungsmehrheit von über 90% zur Freien Stadt, angeschlossen an das polnische Wirtschaftsgebiet. Im ländlichen Bereich der Weichselmündung mit ebenfalls großer deutscher Bevölkerungsmehrheit und bei polnischen Gebietsforderungen, die über die Grenzen des 18. Jahrhunderts hinausgingen, beraumten die Alliierten auf Drängen der deutschen Delegation Volksabstimmungen an (Abstimmungsgebiete Allenstein, Marienwerder und Oberschlesien).

Durch die Angliederung Großpolens und Pommerellens an Polen war Ostpreußen wieder eine Exklave, nur auf dem Seeweg oder über polnisches Gebiet zu erreichen.

Memelland

Das nicht an Polen sondern an Litauen grenzende Memelgebiet sollte Freistaat werden und wurde, wiewohl es 700 Jahre zu (Ost-)Preußen gehört hatte, abgetrennt und als Völkerbundsmandat von einer kleinen französischen Schutztruppe besetzt. Der Versailler Vertrag sah die Einrichtung eines Freistaates vor. Jedoch wurde es 1923 von litauischen Freischärlern besetzt und in der Folge von Litauen annektiert. Dies wurde im März 1939 auf Druck Hitlers rückgängig gemacht, das Memelland wurde dem nationalsozialistischen Staat eingegliedert.

Freie Stadt Danzig

Das Weichseldelta wurde der unter Völkerbundsmandat geschaffenen Freien Stadt Danzig zugeteilt, die eigenständige staatliche Institutionen hatte, aber wirtschaftlich und militärisch mit Polen verbunden war, als Kompromiss zwischen dem polnischen Drängen auf einen leistungsfähigen Hafen und eine deutschen Bevölkerungsmehrheit von über 90 %.

Soldau

Der südwestliche Teil des ostpr. Kreises Neidenburg musste ohne Volksabstimmung an Polen abgetreten werden, hauptsächlich deswegen, weil der Hauptort Soldau (Działdowo) als Bahnknotenpunkt mit Verbindungen den direkten Verkehr zwischen Warschau und Danzig ermöglichte, vgl. Marienburg-Mlawkaer Eisenbahn. Daraus wurde der neue Powiat Działdowo (Kreis Soldau) gebildet, der der polnischen Woiwodschaft Pommern angeschlossen wurde.

Volksabstimmungen am 11. Juli 1920

– siehe Hauptartikel Volksabstimmungen im Gefolge des Versailler Vertrags > Ost- und Westpreußen

Westpreußisches Abstimmungsgebiet Marienwerder

Große Teile der Provinz Westpreußens kamen ohne Volksabstimmung wieder zu Polen, als sog. Polnischer Korridor.

Im nordöstlichen Teil dieser Provinz, teilweise ehemals Herzogtum Preußen, fand jedoch am 11. Juli 1920 eine Volksabstimmung statt. In diesem Abstimmungsgebiet Marienwerder votierten 92,36 % für einen Verbleib beim Deutschen Reich, 7,64 % der Wahlberechtigten für eine Angliederung an Polen. Daraufhin wurde das Gebiet östlich von Weichsel und Nogat als Regierungsbezirk Westpreußen mit Verwaltungssitz in Marienwerder der Provinz Ostpreußen angegliedert.

Masurisches Abstimmungsgebiet Allenstein
Ausschnitt aus der Sprachenkarte von Deutschland in Andrées Weltatlas von 1880

(siehe Hauptartikel Masuren)

Polen erhob auch Anspruch auf das südliche Ostpreußen, weil ein erheblicher Teil der Bevölkerung im südlichen Ermland und in Masuren, neben Deutsch als Verkehrssprache, als Muttersprache Masurisch sprachen, das als polnischer Dialekt oder als dem Polnischen nahe verwandte Sprache betrachtet werden konnte. Auf Drängen der Regierung Ebert einigten sich die Staaten im Versailler Vertrag auf eine Volksabstimmung. Bei der unter Aufsicht des Völkerbunds durchgeführten Abstimmung im Abstimmungsgebiet Allenstein konnten die Bewohner zwischen den Alternativen „Polen“ und „Ostpreußen“ wählen. 97,90 % der Bewohner entschieden sich für Ostpreußen und damit für die Zugehörigkeit zu Deutschland. Nur 2,10 % stimmten für eine Angliederung an Polen.

Weimarer Zeit und Drittes Reich

1922 wurde vom Reichsverkehrsministerium der Seedienst Ostpreußen eingerichtet, der über den Seeweg eine Verbindung zwischen Ostpreußen und dem Kernland des Deutschen Reiches herstellte. Der Seedienst Ostpreußen bestand bis 1944.

Der Verkehr zwischen dem Deutschen Reich und Ostpreußen auf dem Landweg war aufgrund des sogenannten polnischen Korridors (die Landverbindung zwischen dem eigentlichen Polen und der Ostsee durch das bisherige Westpreußen) nicht unproblematisch. Der Bahnverkehr erfolgte in verplombten Zügen, bei denen zum Teil sogar die Fenster zugehängt wurden. Auch der Straßenverkehr zwischen Ostpreußen und dem Reichsgebiet wurde durch die polnischen Behörden erschwert. Das Verhältnis zwischen der Weimarer Republik und dem seit dem Putsch von Marschall Pilsudski 1926 autoritär-antidemokratisch regierten polnischen Staat war äußerst feindselig, immer wieder kam es entlang der gemeinsamen Grenze zu bewaffneten Auseinandersetzungen.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 konnten diese in der Bevölkerung unter anderem auch durch das Unterlaufen des in Deutschland als Demütigung empfundenen Versailler Vertrags Popularität gewinnen. Gauleiter und damit eigentlicher lokaler Machthaber in Ostpreußen wurde der aus dem Rheinland stammende Erich Koch. Die erneute Aufrüstung Deutschlands erfolgte zunächst versteckt, später dann ganz offen. In Folge der nationalsozialistischen Expansionspolitik wurden im Westen (Saargebiet) und Südosten (Österreich, Sudetenland) deutschsprachige Gebiete an das Reich angeschlossen, ohne bei den Westmächten Frankreich und Großbritannien wegen deren Unentschlossenheit und Appeasement-Politik auf ernsthaften Widerstand zu stoßen. Für die deutschen Forderungen im Nordosten, den Wiederanschluss Danzigs und die Rückgabe des „Korridors“, signalisierten sie jedoch im Falle einer Besetzung den Casus belli (Kriegsfall). Lediglich Litauen gab am 23. März 1939 auf massiven deutschen Druck hin das Memelgebiet an das Deutsche Reich zurück.

Ein knappes halbes Jahr später begann mit dem deutschen Angriff auf Polen der Zweite Weltkrieg. Nach der schnellen Besetzung des Landes wurden neben den 20 Jahre zuvor abgetretenen Provinzen Westpreußen und Posen weitere Teile Polens annektiert. Noch 1939 wurde dort ein neuer Regierungsbezirk Zichenau gebildet, der der Provinz Ostpreußen zugeordnet wurde. Ferner trat der neue Landkreis Suwalki (später Sudauen) zur Provinz, während die früher westpreußischen Gebiete um Elbing und Marienwerder an den neuen Reichsgau Westpreußen, später Danzig-Westpreußen, fielen. Die neu an Ostpreußen angegliederten Gebiete waren jedoch ethnisch praktisch rein polnische Gebiete, die auch historisch nie zuvor in engerer Verbindung mit Ostpreußen gestanden hatten (abgesehen von einer kurzen Episode nach den polnischen Teilungen). Der erhebliche jüdische Bevölkerungsanteil wurde unmittelbar nach der Besetzung von den nationalsozialistischen Unterdrückungs- und später von den massenhaften Vernichtungsmaßnahmen (Umsiedlungen in Ghettos (Sammellager), „Vernichtung durch Arbeit“ (Zwangsarbeit ohne ausreichende Ernährung) und den Abtransport in Vernichtungslager) getroffen.

Eroberung, Kriegsende und Vertreibung

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Ostpreußen von der Roten Armee nach verlustreichen Kämpfen in der Schlacht um Ostpreußen erobert. Die nationalsozialistische Gauleitung unter Gauleiter Erich Koch unterließ die rechtzeitige Evakuierung der Bevölkerung und stellte selbstständige Fluchtbewegungen unter schwere Strafe. Ähnlich wie Soldaten „bis zum letzten Mann“ in sinnlosen Stellungs- und Kesselschlachten verheizt wurden anstatt sich geordnet zurückziehen zu dürfen, machten sich die Machthaber somit direkt mitschuldig am Tod von unzähligen deutschen Zivilisten, die hätten gerettet werden können.

Flucht

Hauptartikel: Flucht aus Ostpreußen

Ein Flüchtlingstreck zieht über das Eis

Als die Front des Zweiten Weltkrieges Ostpreußen erreichte, wurde die Evakuierung durch das Militär und den Staatsapparat zunächst behindert, ja verhindert, dann in letzter Minute unter denkbar schlechtesten Bedingungen (tiefster Winter, Abschnürung des Landweges) ungeordnet begonnen. Dadurch wurde ein Großteil der Zivilbevölkerung unmittelbar in Kampfhandlungen verwickelt.

Ein Teil der Bevölkerung konnte sich über das Land mit Flüchtlingstrecks nach Westen retten, aber nachdem die Rote Armee im Laufe der Schlacht um Ostpreußen bei Elbing das Frische Haff erreicht hatte, war der Landweg abgeschnitten. Tausende ertranken bei der Flucht über das Eis zur vermeintlich rettenden Frischen Nehrung, die weiter nach Danzig führte, oder wurden ohne jegliche Deckung leichte Opfer von Jagdflugzeugen. Ein anderer Teil wurde über die Ostsee, vor allem über den Hafen Pillau evakuiert.

Insgesamt forderte die Flucht unter Kriegsbedingungen größtenteils im Winter sehr viele Tote. Es wird geschätzt, dass von den bei Kriegsende ca. 2,4 Millionen Bewohnern Ostpreußens ca. 300.000 unter elenden Bedingungen auf der Flucht ums Leben gekommen sind. Unter den Menschen, die bei den Versenkungen der „Wilhelm Gustloff“, der „General von Steuben“ und der „Goya“ im Frühjahr 1945 ums Leben kamen, befanden sich auch viele Flüchtlinge aus Ostpreußen, einige Tausend pro Schiff.

Greueltaten an Deutschen

Noch anwesende Bewohner, vom Vormarsch der Roten Armee eingeholte Flüchtlinge oder nach dem (teils temporären) Ende der Kampfhandlungen zurückkehrende Bewohner wurden vielfach von durch das vorherige Verhalten der deutschen Besatzungsmacht in Russland und antideutsche Propaganda aufgestachelten Soldaten umgebracht oder misshandelt (siehe Verbrechen der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg), oder zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt. Ein Beispiel ist das Massaker von Nemmersdorf im Oktober 1944, als erstmals nach dem ersten Weltkrieg sowjetische Truppen nach Ostpreußen vorstießen.

Alexander Solschenizyn (Ostpreußische Nächte) und Lew Kopelew waren als sowjetische Soldaten Augenzeugen und haben später als Regimekritiker auf diese Kriegsverbrechen hingewiesen. Die Verantwortlichen wurden weder international noch in der Sowjetunion zur Verantwortung gezogen.

Vertreibung

Die in Ostpreußen zurückgebliebenen Bewohner wurden bis 1947 großenteils aus ihrer Heimat nach Deutschland vertrieben. Ein geringer Prozentsatz konnte dennoch bleiben, so gab es im heute polnischen Teil Ostpreußens die Möglichkeit, sich zum Polentum zu bekennen und dadurch in der Heimat zu verbleiben, wenn auch unter beschwerlichen Lebensbedingungen. Diese Möglichkeit wurde besonders den Masuren angeboten, die neben Deutsch den dem Polnischen verwandten masurischen Dialekt als Muttersprache hatten. Facharbeitern wurde ebenfalls ein Bleiberecht eingeräumt, um Fabriken wieder besser in Betrieb nehmen zu können. Unter der Drohung, andernfalls vertrieben zu werden, optierten 160.000 Einwohner für Polen. Nicht selten wanderten die Nachfahren dieser Optanten später nach Deutschland aus. Ähnlich konnten Einwohner litauischer Sprache im Memelland bleiben, allerdings erst nach Jahren die sowjetische Staatsbürgerschaft erwerben. Wieviele es waren, ist schwer zu erfahren.

Der Anteil der Vertriebenen insgesamt war anfangs in der Sowjetischen Besatzungszone am höchsten (1949 etwa ein Viertel der Einwohner). Da aber Vertriebene ein Drittel der 2,7 Millionen DDR-Flüchtlinge der Jahre 1949 bis 1961 ausmachte, glichen sich die durchschnittlichen Bevölkerungsanteile der Vertriebenen in Ost- und Westdeutschland mit der Zeit weitgehend einander an, mit starken regionalen Unterschieden. [4]

Neuordnung

Nach dem Potsdamer Abkommen wurde Ostpreußen vorbehaltlich einer endgültigen Friedensregelung (→ Zwei-plus-Vier-Vertrag) zwischen Polen und der Sowjetunion aufgeteilt. Der sowjetische Anteil wurde der russischen Sowjetrepublik zugeteilt und mit Russen aus Zentralrussland und dem Gebiet des heutigen Föderationskreises Wolga sowie mit Weißrussen besiedelt. Der polnische Anteil wurde auf die neu gegründeten Woiwodschaften Danzig, Allenstein und Suwalki aufgeteilt. Hier wurden in erster Linie Polen aus Zentralpolen und im Rahmen der Aktion Weichsel aus Südostpolen vertriebene Ukrainer angesiedelt. Die Hauptstadt Königsberg wurde 1946 zu Ehren des sowjetischen Politikers Michail Iwanowitsch Kalinin in Kaliningrad umbenannt, ebenso wurden sämtliche Orte im sowjetischen Anteil – sofern sie nicht aufgelöst oder zu größeren Einheiten zusammengefasst wurden – umbenannt.

Das Haus der Sowjets, gebaut neben dem früheren Standort des Königsberger Schlosses.

Anerkennung der Grenzziehung

Die DDR erkannte 1950 die Oder-Neiße-Linie im Görlitzer Vertrag als ihre Grenze zu Polen an. Dieser Anerkennung wird allerdings vielfach die völkerrechtsverbindliche Wirkung abgesprochen. Auch die Bundesrepublik Deutschland, welche das Alleinvertretungsrecht für Deutschland und alle Deutschen, also auch für die Staatsbürger der DDR und deren Staatsgebiet, beanspruchte, verfolgte unter Bundeskanzler Willy Brandt im Rahmen der neuen Ostpolitik in den frühen 1970er-Jahren die Anerkennung der Grenzziehung vorbehaltlich eines endgültigen Friedensvertrages (siehe auch: Ostverträge). Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik und der Bildung der neuen Länder gab das nun souveräne Deutschland am 14. November 1990 mit dem Deutsch-Polnischen Grenzvertrag jegliche Gebietsansprüche außerhalb der Bundesrepublik auf. Spätestens mit dessen Inkrafttreten 1992 sind deutsche Gebietsansprüche auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete, und damit auch auf Ostpreußen, erloschen.

Heutige Situation

Nach der Verwaltungsreform 1975 wurde das polnische Ostpreußen in die neuen Bezirke (Woiwodschaften) Elbląg und Olsztyn sowie Teile von Ciechanów und Suwałki geteilt. Nach einer erneuten Bezirksreform am 1. Januar 1999 im polnischen Südteil bildet dieses Gebiet seither fast in seiner Gesamtheit die Woiwodschaft Ermland-Masuren mit der Hauptstadt Olsztyn (dt. Allenstein), der nördliche Teil bildet heute die russische Oblast Kaliningrad mit der Hauptstadt Kaliningrad (Königsberg). Nach der Auflösung der Sowjetunion ist diese Oblast nun eine Exklave Russlands. Einige russische Einwohner nennen die Stadt heute häufig „Kjonigsberg“, „Kenig“ oder „Kenigsberg“. Eine Rückbenennung (wie bei Sankt Petersburg, Nischni Nowgorod und Twer (sowj. Kalinin)) wurde 1993 in einer Volksabstimmung abgelehnt.

Verwaltungsgliederung der Provinz Ostpreußen

In der Zeit von 1878 bis 1945 hat sich die territoriale Verwaltungsgliederung innerhalb der überwiegend landwirtschaftlich strukturierten Provinz Ostpreußen nur allmählich verändert. Allerdings sind 1920 und 1939 die Außengrenzen erheblich verändert worden.

Regierungsbezirke

Von 1808 bis 1945 bestanden die beiden Regierungsbezirke Gumbinnen und Königsberg. Aus den südlichen Kreisen dieser Bezirke entstand am 1. November 1905 der neue Regierungsbezirk Allenstein. 1723–1808 hießen diese Bezirke Kriegs- und Domänenkammer-Departement Litauen und Ostpreußen.

Nach der Einrichtung des polnischen Korridores wurde der früher westpreußische Regierungsbezirk Marienwerder teilweise, gemeinsam mit einigen Kreisen aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Danzig (Elbing und Marienburg) zum 1. Juli 1922 als Regierungsbezirk Westpreußen mit dem Sitz in Marienwerder der Provinz Ostpreußen angegliedert, aber am 26. Oktober 1939 um annektierte, polnische Gebiete erweitert und wieder als Regierungsbezirk Marienwerder dem neuen Reichsgau Danzig-Westpreußen zugeordnet.

Am 26. Oktober 1939 wurde aus anderen polnischen Gebieten der neue Regierungsbezirk Zichenau (Ciechanów) der Provinz Ostpreußen einverleibt. Ab 1. August 1941 entstand aus besetzten sowjetischen (weißrussischen, bis 1939 polnischen) Gebieten der neue Bezirk Bialystok. Dieser wurde vom ostpreußischen Oberpräsidenten und Gauleiter Erich Koch als Chef der Zivilverwaltung mitverwaltet und faktisch wie Reichsgebiet behandelt, allerdings nicht förmlich nach Ostpreußen eingegliedert.

Stadtkreise

Außer dem bereits 1818 bestehenden Stadtkreis Königsberg i. Pr. entstanden im Laufe der Zeit die folgenden weiteren Stadtkreise: Es wurden die Städte Tilsit (1896), Insterburg (1901), Allenstein (1910) und Memel (1918) aus ihren Landkreisen ausgegliedert und bildeten eigene Stadtkreise. Das westpreußische Elbing war bereits seit 1874 Stadtkreis und gehörte von 1922 bis 1939 zu Ostpreußen.

Landkreise

1819–1918

1919–1933

1933–1938

1939–1945

  • 1939 wurde allgemein die Bezeichnung von Kreis in Landkreis geändert

Einrichtung neuer Landkreise in vorher nie zum Deutschen Reich gehörendem Gebiet:


Verwaltungsgliederung Ostpreußens
Stand 31. Dezember 1937 Stand 1. Januar 1945

Regierungsbezirk Allenstein

Stadtkreis

  1. Allenstein

Stadtkreis

  1. Allenstein

Landkreise

  1. Allenstein
  2. Johannisburg
  3. Lötzen
  4. Lyck
  5. Neidenburg
  6. Ortelsburg
  7. Osterode i. Ostpr.
  8. Rößel (Sitz: Bischofsburg)
  9. Sensburg

Landkreise

  1. Allenstein
  2. Johannisburg
  3. Lötzen
  4. Lyck
  5. Neidenburg
  6. Ortelsburg
  7. Osterode i. Ostpr.
  8. Rößel (Sitz: Bischofsburg)
  9. Sensburg

Regierungsbezirk Gumbinnen

Stadtkreise

  1. Insterburg
  2. Tilsit

Stadtkreise

  1. Memel
  2. Insterburg
  3. Tilsit

Landkreise

  1. Angerburg
  2. Darkehmen
  3. Goldap
  4. Gumbinnen
  5. Insterburg
  6. Niederung [Sitz: Heinrichswalde]
  7. Pillkallen
  8. Stallupönen
  9. Tilsit-Ragnit [Sitz: Tilsit]
  10. Treuburg

Landkreise

  1. Angerapp
  2. Angerburg
  3. Ebenrode
  4. Elchniederung [Sitz: Heinrichswalde]
  5. Goldap
  6. Gumbinnen
  7. Heydekrug
  8. Insterburg
  9. Memel
  10. Schloßberg (Ostpr.)
  11. Sudauen
  12. Tilsit-Ragnit [Sitz: Tilsit]
  13. Treuburg

Regierungsbezirk Königsberg

Stadtkreis

  1. Königsberg (Pr)

Stadtkreise

  1. Königsberg (Pr)

Landkreise

  1. Bartenstein
  2. Braunsberg
  3. Fischhausen
  4. Gerdauen
  5. Heiligenbeil
  6. Heilsberg
  7. Königsberg (Pr)
  8. Labiau
  9. Mohrungen
  10. Preußisch Eylau
  11. Preußisch Holland
  12. Rastenburg
  13. Wehlau

Landkreise

  1. Bartenstein (Ostpr.)
  2. Braunsberg (Ostpr.)
  3. Gerdauen
  4. Heiligenbeil
  5. Heilsberg
  6. Labiau
  7. Mohrungen
  8. Preußisch Eylau
  9. Preußisch Holland
  10. Rastenburg
  11. Samland (Sitz: Königsberg)
  12. Wehlau

Regierungsbezirk Westpreußen (Sitz: Marienwerder)

Stadtkreis

  1. Elbing

Landkreise

  1. Elbing
  2. Marienburg (Westpr.)
  3. Marienwerder
  4. Rosenberg i. Westpr.
  5. Stuhm

Regierungsbezirk Zichenau

Landkreise
  1. Mackeim
  2. Mielau
  3. Ostenburg
  4. Plöhnen
  5. Praschnitz
  6. Scharfenwiese
  7. Schröttersburg
  8. Sichelberg
  9. Zichenau

Politik

Oberpräsidenten

(Anmerkung: Zwischen 1829 und 1878 war Ostpreußen ein Teil der Provinz Preußen, deren Oberpräsidenten hier genannt werden).

  1. 1815–1824: Hans Jakob von Auerswald
  2. 1824–1842: Heinrich Theodor von Schön
  3. 1842–1848: Karl Wilhelm von Bötticher
  4. 1848–1849: Rudolf von Auerswald
  5. 1849–1850: Eduard Heinrich von Flottwell
  6. 1850–1868: Franz August Eichmann
  7. 1869–1882: Carl Wilhelm Heinrich Georg von Horn
  8. 1882–1891: Albrecht Heinrich von Schlieckmann
  9. 1891–1895: Udo Graf zu Stolberg-Wernigerode
  10. 1895–1901: Wilhelm Graf von Bismarck-Schönhausen
  11. 1901–1903: Hugo Samuel Freiherr von Richthofen
  12. 1903–1907: Friedrich Graf von Moltke
  13. 1907–1914: Ludwig von Windheim
  14. 1914–1916: Adolf Tortilowicz von Batocki-Friebe
  15. 1916–1918: Friedrich Wilhelm von Berg-Markienen
  16. 1918–1919: Adolf Tortilowicz von Batocki-Friebe
  17. 1919–1920: August Winnig, SPD
  18. 1920–1932: Ernst Siehr, DDP
  19. 1932–1933: Wilhelm Kutscher
  20. 1933–1945: Erich Koch, NSDAP

Wahlen zum Provinziallandtag

1921: DNVP 27,1 % – 23 Sitze | SPD 23,5 % – 20 Sitze | DVP 15,3 % – 13 Sitze | Zentrum 9,4 % – 8 Sitze | KPD 7,2 % – 6 Sitze | USPD 7,1 % – 6 Sitze | DDP – 7,0 % – 6 Sitze | Polen – 1,3 % – 1 Sitz | WP 1,2 % – 1 Sitz | Landliste 1,1 % – 1 Sitz
1925: DNVP/DVP 45,6 % – 40 Sitze | SPD 24,8 % – 22 Sitze | Zentrum 6,9 % – 6 Sitze | KPD 6,9 % – 6 Sitze | WP 4,2 % – 4 Sitze | DVFP 4,2 % – 4 Sitze | DDP 3,6 % – 3 Sitze | VRP 2,4 % – 2 Sitze
1929: DNVP 31,2 % – 27 Sitze | SPD 26,0 % – 23 Sitze | DVP 8,7 % – 8 Sitze | KPD 8,6 % – 8 Sitze | Zentrum 8,1 % – 7 Sitze | NSDAP 4,3 % – 4 Sitze | WP 4,0 % – 4 Sitze | CSVD 3,0 % – 3 Sitze | DDP 2,8 % – 3 Sitze
1933: NSDAP 58,2 % – 51 Sitze | SPD 13,6 % – 12 Sitze | DNVP 12,7 % – 11 Sitze | Zentrum 7,0 % – 7 Sitze | KPD 6,0 % – 6 Sitze
An 100 % fehlende Stimmen = Nicht im Provinziallandtag vertretene Wahlvorschläge.

Wahlen zum Reichstag

Die Provinz bildete für die Wahlen zum Reichstag der Weimarer Republik den Wahlkreis 1.

Bekannte Ostpreußen

Sprache

Die ostniederdeutschen Dialekte, die in Ostpreußen gesprochen wurden, werden erfasst und beschrieben im Preußischen Wörterbuch.

Siehe auch

Literatur

  • Vollständige und neueste Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie und des Freistaates Krakau, bearbeitet von G. Hussel, Weimar 1819, S. 531-568.
  • Hartmut Boockmann: Ostpreußen und Westpreußen. In: Deutsche Geschichte im Osten Europas. Siedler, Berlin 1992, ISBN 3-88680-212-4.
  • Richard Dethlefsen: Das schöne Ostpreußen. Piper, München 1916 (Digitalisat).
  • Yorck Deutschler: Die Aestii – Bezeichnung für die heutigen Esten Estlands oder die untergegangenen Pruzzen Ostpreußens. In: „Die Singende Revolution“ – Chronik der Estnischen Freiheitsbewegung (1987–1991), S. 196–198, Ingelheim, März 1998/Juni 2000, ISBN 3-88758-077-X.
  • Andreas Ehrhard (Fotos), Bernhard Pollmann (Text): Ostpreußen. Bruckmann, München 2004, ISBN 3-7654-3877-4 (Länderportrait, aktuelle Bilder aus dem ehemaligen Ostpreußen).
  • Walter Frevert: Rominten. BLV, Bonn u. a. 1957 (erster Teil der sogenannten „Ostpreußen-Trilogie“).
  • Emil Johannes Guttzeit: Ostpreußen in 1440 Bildern. Geschichtliche Darstellungen. Leer 1972–1984, Rheda-Wiedenbrück/Gütersloh 2001, Würzburg 2001, Augsburg 2006.
  • Emil Johannes Guttzeit: Ostpreußische Städtewappen. Hrsg.: Landsmannschaft Ostpreußen, Abt. Kultur, Waiblingen 1981.
  • August Karl von Holsche: Geographie und Statistik von West- Süd- und Neu- Ostpreußen. Nebst einer kurzen Geschichte des Königreichs Polen bis zu dessen Zertheilung. 2 Bände. Berlin 1800 und 1804 (Digitalisat).
  • Andreas Kossert: Ostpreußen. Geschichte und Mythos. Siedler, München 2005, ISBN 3-88680-808-4.
  • Adam Kraft / Rudolf Naujok: Ostpreußen – Mit Westpreußen / Danzig und Memel. Ein Bildwerk der unvergessenen Heimat mit 220 Aufnahmen. Adam Kraft Verlag, 5. Auflage 1978, Mannheim, ISBN 3-8083-1022-7.
  • Hans Kramer: Elchwald. Der Elchwald als Quell und Hort ostpreußischer Jagd, 2. Auflage, Jagd- und Kulturverlag, Sulzberg im Allgäu 1985, ISBN 3-925456-00-7 (dritter Teil der so genannten „Ostpreußen-Trilogie“).
  • Fritz Mielert: Ostpreußen. Nebst dem Memelgebiet und der Freien Stadt Danzig. In: Monographien zur Erdkunde, Bd. 35, Velhagen & Klasing, Bielefeld 1926 (Nachdruck: Bechtermünz, Augsburg 1999, ISBN 3-8289-0272-3).
  • Christian Saehrendt: Der Horror vacui der Demographie: 100 Jahre Abwanderung aus dem deutschen Osten. In: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte XXXV 2007, S. 237–250.
  • Klaus Schwabe (Hg.): Die preußischen Oberpräsidenten 1815–1945, Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte, Bd. 15, Boppard 1985.
  • Dietrich Lange: Geographisches Ortsregister Ostpreußen, Slices Of Life-Verlag, Königslutter 2005.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 45: „[…] Nun werden schon zur Rechten der Suionen die Aesten am Ufer der Ostsee vom Meer umspült, deren Kulte und Erscheinungsbild den Sueben, deren Sprache den Briten näher sind. Sie verehren die Muttergöttin. Als Kennzeichen des Kultes haben sie Eberfiguren; diese stellen sie vor die Feinde auf anstelle von Waffen und mit ihnen genießen die Verehrer der Göttin selbst unter Feinden Schutz. Selten werden Einzelwaffen, öfter Knüppel verwendet. Sie geben sich sehr ausdauernd Mühe mit Getreide und weiteren Früchten, gemessen an der Trägheit der anderen Germanen. Aber sie durchsuchen auch das Meer und sie sammeln in den flachen Stellen und an der selben Küste allen Bernstein, den sie selbst Glas nennen. […]“ auf Über Ursprung und Leben der Germanen: Suebische Stämme, östliche Grenzvölker
  2. De origine actibusque Getarum (Vom Ursprung und den Taten der Gothen), 23, 120: "Aestorum quoque similiter nationem, qui longissimam ripam Oceani Germanici insident, idem ipse prudentia et virtute subegit omnibusque Scythiae et Germaniae nationibus ac si propriis lavoribus imperavit." Auf www.digitale-sammlungen.de
  3. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon: Konrad von Masowien
  4. Konrad-Adenauer-Stiftung: Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten in der Erinnerungskultur

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