Orthogonale Matrix

Orthogonale Matrix

Eine orthogonale Matrix ist in der linearen Algebra eine quadratische, reelle Matrix, deren Zeilen- und Spaltenvektoren paarweise orthonormal zueinander sind. Sie stellen Kongruenzabbildungen, also Spiegelungen und Drehungen, dar. Der analoge Begriff bei komplexen Matrizen ist die unitäre Matrix.

Damit gilt, dass die Transponierte einer orthogonalen Matrix gleichzeitig ihre Inverse ist. Zur Lösung eines quadratischen linearen Gleichungssystems mit orthogonaler Koeffizientenmatrix muss diese also nur transponiert und anschließend eine Matrizenmultiplikation durchgeführt werden.

Inhaltsverzeichnis

Definierende Eigenschaften

Gegeben sei eine quadratische Matrix Q \in \R^{n \times n}. Diese heißt orthogonal, wenn eine der folgenden äquivalenten Eigenschaften erfüllt ist:

  • Die Spaltenvektoren bzw. die Zeilenvektoren von Q bilden eine Orthonormalbasis des \R^n, es gilt also:
    QTQ = QQT = En.
  • Q ist invertierbar und ihre Transponierte ist gleichzeitig ihre Inverse:
    QT = Q − 1 .
  • Durch eine Multiplikation mit Q ändert sich die euklidische Länge eines Vektors nicht (Längentreue):
     \| Q \vec x \|_2 = \| \vec x\|_2
  • Die Multiplikation mit Q ist invariant gegenüber der Bildung des Standardskalarprodukts zweier Vektoren (Winkeltreue):
    \left\langle Q\vec x, Q\vec y \right\rangle = \left\langle\vec x,\vec y\right\rangle

Weitere Eigenschaften

  • QT ist ebenfalls eine orthogonale Matrix.
  • Das Produkt zweier orthogonaler Matrizen Q1 und Q2 ist wieder orthogonal: Q_1 Q_2 (Q_1 Q_2)^T=Q_1 (Q_2 Q_2^T) Q_1^T=Q_1 E Q_1^T=Q_1 Q_1^T=E
  • Eine orthogonale Matrix ist normal und damit über den komplexen Zahlen unitär diagonalisierbar: Q = UDU *
  • Eine orthogonale Matrix erhält sowohl die Spektralnorm als auch die Frobeniusnorm einer Matrix, es gilt also \|QA\|_2 = \|A\|_2 und \|QA\|_F = \|A\|_F. Damit bleibt auch die Kondition bezüglich dieser Normen bei Multiplikation mit Q erhalten.

Geometrische Entsprechung

Aufgrund der oben genannten Längen- und Winkeltreue stellen orthogonale Matrizen Kongruenzabbildungen dar. Damit ist der Betrag der Determinante einer orthogonalen Matrix Eins und für jeden (komplexen) Eigenwert λ von Q gilt \left| \lambda \right| = 1. Orthogonale Matrizen, deren Determinante 1 ist, entsprechen Drehungen, orthogonale Matrizen, deren Determinante − 1 ist, entsprechen in der Ebene Spiegelungen an einer Ursprungsgeraden und im Raum Ebenenspiegelungen oder Drehspiegelungen.

Die orthogonale Gruppe

Alle orthogonalen Matrizen einer gegebenen Dimension n bilden die orthogonale Gruppe O(n). Die orthogonalen Matrizen, deren Determinante gleich 1 ist, bilden eine Untergruppe, die spezielle orthogonale Gruppe SO(n).

Beispiele

Bei 2\times2-Matrizen lassen sich Drehungen und Spiegelungen des \R^2, die den Ursprung festlassen, mit einem Winkel α darstellen als

D(\alpha):=\begin{pmatrix}\cos\alpha&\sin\alpha\\ -\sin\alpha&\cos\alpha\end{pmatrix},\quad
 S(\alpha):=\begin{pmatrix}\cos\alpha&\sin\alpha\\ \sin\alpha&-\cos\alpha\end{pmatrix}.

Beide sind orthogonal. Für die Drehung ist det(D(α)) = 1, die Matrix D(α) stellt die Drehung der Ebene um den Winkel α im mathematisch positiven Drehsinn dar. Für die Spiegelung ist det(S(α)) = − 1, die Matrix S(α) stellt die senkrechte Achsenspiegelung der Ebene an der Achse aα dar, die mit der ersten Koordinatenachse den Winkel \tfrac\alpha 2 einschließt.

  • Identitätsabbildung
    
\begin{pmatrix}
1 & 0 \\
0 & 1 \\
\end{pmatrix}
  • Rotation um ≈ 16,26°
    
\begin{pmatrix}
0{,}96 & -0{,}28 \\
0{,}28 & \;\;\,0{,}96 \\
\end{pmatrix}
  • Permutation der Koordinatenachsen
    
\begin{pmatrix}
0 & 0 & 0 & 1 \\
0 & 0 & 1 & 0 \\
1 & 0 & 0 & 0 \\
0 & 1 & 0 & 0
\end{pmatrix}

Literatur

  • Gerd Fischer: Lineare Algebra, Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-03217-0
  • Wolfgang Mackens und Heinrich Voß: Mathematik I für Studierende der Ingenieurwissenschaften, HECO-Verlag, ISBN 3-930121-00-X

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