Orjen

Orjen
Der Zubački kabao vom Kar Pavlovica do aus gesehen
Orjen
Lage des Orjen und der Bucht von Kotor

Lage des Orjen und der Bucht von Kotor

Zubački kabao und Vučji zub von der Velika Jastrebica

Zubački kabao und Vučji zub von der Velika Jastrebica

Höchster Gipfel Zubački kabao (1.894 m ü. A.)
Lage SW-Montenegro
Süd-Ost Dinariden Littorale Dinariden
Einteilung nach Cvijic
Koordinaten 42° 34′ N, 18° 32′ O42.56666666666718.5333333333331894Koordinaten: 42° 34′ N, 18° 32′ O
Typ Faltengebirge
Gestein Kalk
Alter des Gesteins Kreide, Jura
Fläche 400 km²
Besonderheiten Glaziokarst

Der Orjen ist ein stark verkarstetes Hochgebirge in Montenegro. Es ist ein Teil des Dinarischen Gebirges und bildet mit dem Lovćen und der Rumija das südlichste Element der aus mesozoischen Kalksteinen aufgebauten litoralen Dinariden.

Mit 1894 Meter ist der Gipfel des Zubački kabao der höchste Punkt der subadriatischen Dinariden und damit zugleich das höchste Gebirge Dalmatiens.

Als Besonderheit des subtropischen Gebirges gilt seine sehr eindrückliche Vergletscherung während der letzten Eiszeit in der Würmeiszeit, sowie die im mediterranen Raum äußerst hohen Niederschlagssummen, die an der klimatologischen Messstation Crkvice mit fast 5000 mm Niederschlag pro Jahr gleichfalls den europäischen Rekord bedeuten.

Seit 2006 ist der Nationalpark Orjen in Planung und auch als solcher im neuen Flächenplan Montenegros ausgewiesen.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Das eindrücklichste Element der südlichen Adriaküste ist die Bucht von Kotor, ein tief in das Herz der Küstengebirge eingeschnittener, überfluteter Canyon. Die inneren Buchten von Risan und Kotor sind von steilen, bis 1300 m hohen Wänden umgeben, die über dem schmalen kultivierten Küstenstreifen fast senkrecht überhängen.

Von der Kleinstadt Risan, im innersten geschützten Winkel der Bucht, führt eine Serpentinenstraße zum 1600 m hohen Pass im Orjen-Gebirge. Von hier sind vielfältige Wanderungen ins Gebirge möglich, die eindrucksvolle Ausblicke auf das Meer sowie die umgebenden bleichen Kalksteinberge ermöglichen. Glazialspuren sowie die endemische Vegetation (Dinarische Karst-Blockhalden-Tannenwald, Schlangenhaut-Kiefer-Felswald) sind im Naturraum beachtenswert.

Aufgrund der Bedeutung der Küstenorte für die historische Entwicklung der Region und der Einmaligkeit des Zusammenwirkens der Naturlandschaft und der menschlichen Kulturgeschichte, wurde die historische Seefahrtstadt Kotor mit der gleichnamigen Bucht, die auch das Gebirgsterritorium zwischen Orjen und Lovćen mit einschließt, von der UNESCO als Welterbe der Menschheit ausgewiesen. [1]

Geographie

Blick vom Kar Pavlovica zur Adria

Der Orjen ist das einzige Hochgebirge Dalmatiens. Der Gebirgskörper grenzt sich durch eine eindrucksvolle 800 bis 1300 Meter hohe Steilstufe zum Meer („Megakliff“) und die Glazialprägung des Hochgebirges von der Umgebung ab. Als tektonisch gehobene Bruchscholle überragt der Orjen das 800 bis 900 Meter ü. NN liegende montenegrinisch-herzegowinische Karsthochland zudem um 1000 Meter.

Niederschlags- und reliefbegünstigt war der Orjen ein Zentrum der pleistozänen Vergletscherung der Balkanhalbinsel. Im Stau des Orjen-Gebirges steigt der Jahresniederschlag auf über 5000 mm jährlich an. Dies sind zugleich Europas höchste Niederschlagssummen, die eher für tropische Regenwaldregionen oder dem vom Monsun geprägten Ost-Himalaya typisch sind, als für den sommertrockenen mediterranen Raum. Insbesondere profitiert aber die Vegetation von den häufigen Niederschlägen, denn selbst großflächige Hochwälder sind auf dem ansonsten trockenen Kalkboden möglich.

Glazialspuren

Borovi do in der Bijela gora
Glazialgeschiebe im Zungebecken von Crkvice

Die pleistozäne würmzeitliche Vergletscherung im Orjen war in Art und Intensität für ein mediterranes Gebirge ungewöhnlich. So nimmt der Orjen auch eine prominente Rolle in der Quartärforschung der Dinariden ein. Albrecht Penck entdeckte 1899 zusammen mit William Morris Davis diese Glazialspuren. Sie waren zugleich die ersten Spuren einer massiven würmzeitlichen Vergletscherung der Balkanhalbinsel:

„Danach haben wir es in der Krivošije mit den Spuren eines 5 bis 10 km langen, 3,5 bis 5,5 km breiten Gletschers von mindestens 35 km² zu thun, der sich an den Ostabfall lehnte und nahezu bis an den Rand der Bocche reichte. Die mittlere Höhe der Umrahmung seines Einzugsgebietes, im Norden durch den Kamm der Pazua, im Süden durch die Crljena greda, im Westen durch den Orjen gebildet ist höchstens 1650 m, und wenn sein Ende mit rund 800 m angenommen wird, so würde, falls das von Höfer angegebene Verfahren zur Berechnung der Höhe der Schneegrenze als Mittelhöhe von Gletscherumrahmung und Gletscherende hier zutreffen sollte, die Höhe der eiszeitlichen Firnlinie zu wenig über 1200 m ergeben.“[1]

Später beschrieb Jovan Cvijić die glazialen Serie an der Ostabdachung der Krivošije:

„Ein Gletscher kam aus dem riesigen glazialen Nährgebiet der Pazua und reichte zum Grunde der Nordseite des Dragalj Poljes. Die Endmoräne entwickelt sich treppenartig vom Polje Dvrsno und läßt sich einige Kilometer verfolgen. Sie ist über dem Grund des Poljes 140 m hoch und aus Kalkblöcken und Stücken, unter denen viele kantige und scharfe sind, aufgebaut. An der Moräne setzt ein gewaltiger fluvioglazialer Schuttkegel an; Kies und Sand bedeckt fast den ganzen Grund vom Dorf Dragalj im NO zum Dorf Paljkovca im SW. Hier mischen sie sich mit dem fluvioglazialen Schuttkegel eines weiteren Gletschers, der vom höchsten Berg des Orjens nach Dvrsno hinabkam und oberhalb des Poljenrandes stehen blieb.“[2]

Talgletscher (3 bis 9 km lang) und zwei Plateaugletscher, von denen 10 Zungen ausgingen, reichten zum eiszeitlichen Maximalstand bis zu 500 bis 1000 Meter ü. NN hinab. Dabei sind unterschiedliche Schätzungen über die maximal vergletscherte Fläche, die zwischen 89 km²[3], 102,5 km²[4] und 109 km²[5] angegeben wurde, gemacht worden. Neue Erkenntnisse zeigen aber das diese tatsächlich bis 150 km² betragen haben dürfte.[6]

Dabei hat sich auch gezeigt, das der Orjen in der Würm-Eiszeit mehrfach vereist war. Drei unterschiedliche Eisstände zeigen, wie dies analog in benachbarten Gebirgen des Mediterrans festgestellt wurde, das hier auch in der letzten Eiszeit das Klima stärkeren Schwankungen ausgesetzt war.[7]

Eine Besonderheit im Glazialrelief des Orjens ist das Verhältnis der Glazialerosion zum primären Karstrelief. Dies veranlasste schon Jovan Cvijić, einen eigenen Gletschertypus, den Karst-Gletscher, zu beschreiben, der als Typus mit Gletschern im Dachstein und Wetterstein zu vergleichen gewesen ist. Mit am typischsten entwickelt waren diese auf den Kalkhochflächen der Bijela-gora und Krivošije des Orjens.

Talgletscher alpinen Typs gab es aber an der Westseite des Orjens. Das glaziale Kar von Pavolvica do (1570 m) zwischen Zubački kabao (1894 m) und Buganja greda (1849 m) hat eine eindrückliche gestufte Kartreppe, und ist durch die hohen umschließenden Wände und seine sehr schönen Wannenform besonders eindrucksvoll. Der größte eiszeitliche Talgletscher im Orjen (9 km lang, 20 km² Fläche) entwickelte sich im Trogtal von Dobri do. Mit seiner Umrahmung kann die maximale ehemalige Gletschermächtigkeit hier auf 400 Meter geschätzt werden. Die eiszeitliche Schneegrenze wird mit 1200 bis 1300 Meter im Orjen besonders niedrig angenommen. Im Vergleich zu viel massiveren Gebirgen der Dinariden wies der Orjen mit die ausgeprägteste Vergletscherung der Balkanhalbinsel auf.

Schneegrenzen im Mittelmeerraum


Karst

Endemische Karstfauna

Die aktive Evolution des Karstreliefs ist von Temperatur, Lithologie, Vegetation und Verfügbarkeit von Wasser abhängig. Davon hängt die Höhenverbreitung der Karstformen ab. Der Bereich des Orjens wird zum stark entwickelten Holokarst gestellt. Dieser Terminus basiert auf dem Fehlen fluvialer Formen. Geologisch sind mächtige Massenkalke Voraussetzung. Das Begriffspaar „Holokarst-Merokarst“ hat das Fundament für klimatische Variationen der Karstphänomene gelegt. Holokarst ist subtropisch und tropisch, Merokarst temperat verbreitet (in Deutschland die Schwäbische Alb).

Jovan Cvijić sieht den montenegrinisch-herzegowinischen Hochkarst als ausgebildetsten Karst in Europa an: „Es gibt keinen tieferen und entwickelteren Karst als diesen herzegowinisch-montenegrinischen zwischen der unteren Neretva, Skutarisee und Adriatischem Meer. Nicht ein Tropfen Wasser fließt oberflächlich ab, sondern alles versinkt in Schloten, Ponoren Klüften und Vertiefungen.“

Starke tektonische Bewegungen verbunden mit extremer Verkarstung haben auch das einzige ursprüngliche große Abflusssystem, die Bokeljska reka, zerstört (im Unterlauf noch durch die Bucht von Kotor zu rekonstruieren).

Evolution des Reliefs

Velje leto vom Pazua Kamm gesehen

Geomorphologie und morphologische Evolution im Orjen und der Bucht von Kotor haben vielfach Interesse erregt. Die regionale morphologische Charakteristik bestimmt der geologische Bau. Raumzeitlich unterschiedliche Prozesse der geologischen Geschichte wirkten in der Formung des Reliefs, Entwicklung und Effekt kontrollierten endogene neotektonische Bewegungen. Ältere Strukturen prädisponierten diese Bewegungen – die regionalen Decken. Die zentrale Zone vom Orjen wurde dabei relativ gehoben, die Küste gesenkt. Größte Hebungsraten erfährt das Gebiet vom Orjen, mit 6 mm/a.

Im Würm und wahrscheinlich auch im Riss bildete sich eine lokale Gebirgsvergletscherung. Als Prädisposition fungierte das durch Karstprozesse zu Beginn der Risseiszeit inaktive fluviale Ausgangsrelief.

Geologie

Montenegro ist in vier stratigraphisch-geologische Zonen eingeteilt. Über zwei Drittel Montenegros gehören dabei zum Karst. Die tektonischen Einheiten der Küste gehören dem neotektonisch aktiven Bereich an, was zu Katastrophen-Erdbeben führte (1556, 1666, 1979 – 7,0 auf der Richterskala). Geologisch kennzeichnend sind die mindestens 4,3 Kilometer mächtigen kreide- und jurazeitlichen Kalke. Aufgrund der Eintönigkeit der massigen mesozoischen Kalke und der hohen Niederschlagssummen ist die Region extrem verkarstet.

Ausgeprägt ist der Kontrast zur tief in das Gebirgsplateau des Orjen eingemeißelten Bucht von Kotor. An der Grenze zweier geologischer Einheiten ist diese Bucht durch erosive und tektonische Prozesse entstanden. Günstigere Verhältnisse herrschen dort, wo wasserhaltende Flysch-Fazies der Trias, Jura, Kreide und des Paläozäns liegen. Sie sind als stark erodierte Reste im Mittelteil der Bucht von Kotor erhalten, wo die kurzen Bäche für Mühlen genutzt werden.

Klima

Klimadiagramm aus dem Orjen

Die Barriere der Hochdinariden ist insgesamt eine effektive Klimascheide zwischen mediterranem Küstensaum und gemäßigt kontinentalem Bereich. Im Gebirgsstau gleiten feuchte Warmluftmassen auf. Eine Labilisierung der Warmluftmassen über den kühlen Dinariden führt damit zu den höchsten Niederschlagsmittelwerten in Europa, die den Untertyp einer speziellen perhumiden südadriatischen Klimavariante mit sehr extremen jährlichen Niederschlagsmengen von 4500 bis 6500 mm um den Orjen prägen. Die Niederschlagsverteilung ist ungleichmäßig und konzentriert sich auf Winter, Frühling und Herbst.

Station Höhe in m Typ Charakter Niederschlag in mm Schneedecke
Zubački kabao 1894 D perhumides mediterranes Schneeklima ca. 6250 ca. 140 Tage
Crkvice 940 Cfsb (fs= ohne sommerliche Trockenheit), perhumides mediterranes Bergklima 4926 70 Tage
Risan 0 Cs′′a (s′′= doppelte winterliche Regenzeit), perhumides mediterranes Küstenklima 3500 2 Tage

* Nach der Köppenschen effektiven Klimaklassifikation gehören die montenegrinischen Küstengebirge zum Klimatyp Cs′′b (s′′ doppelte winterliche Regenzeit). Der besondere Charakter der mediterranen Bergstation Crkvice im Orjen wird durch den Klimatyp Cfsb (fs ohne sommerliche Trockenheit). In der Bucht von Kotor ist durch die stärkere sommerliche Trockenheit der Klimatyp Cs′′a gebildet.

Da auch die Niederschläge im Sommer nicht selten sind, bleibt die für das mediterrane Klima charakteristische sommerliche Trockenperiode aus und wird von einer Halbtrockenzeit geprägt.[8] Das perhumide Subtropenklima der Bucht von Kotor (Montenegro) stellt eine der wenigen mediterranen Übergangsregionen zum Lorbeerwaldklima im Mittelmeerraum dar. Gebirge differenzieren sich davon vor allem thermisch, da im Winter Frost und Schneereichtum charakteristisch sind. Periodische Kaltlufteinbrüche, die auf dem Ablassen polarer Kaltluft über die Dinariden in die Adria durch heftige Bora-Fallwinde im Winter auftreten, bedingen eine Strukturänderung der Vegetation, die vom Aussehen an eine Garigue floristisch aber durch frostharte Elemente charakterisiert wird.

Niederschlag

Satellitenbild der Region mit Gewitterwolken über dem Orjen

Da die Region den regenbringenden mediterranen Zyklonen zugekehrt ist, kommt es im Luv der Dinariden zur Hebung feucht-maritimer Luftmassen, die tropische Niederschlagswerte und Intensitäten verursachen. Der Gebirgsrücken der Bucht von Kotor erreicht maximale Werte. Bei 129 Regentagen treten große Intensitäten auf, die zu kräftigen Sturzfluten führen können. Maximale Tageswerte sind 480 mm (21. November 1937).

Für Hochlagen bedeuten wasserdampfgesättigte Warmluftmassen ergiebige Scheefälle. An der Küste treten Schneeperioden an 2 bis 10 Tagen im Jahr auf, Crkvice (940 m) hat im Durchschnitt 70 Tage. In der oromediterranen Stufe (1000 bis 1900 m) dauert die Schneedecke dann mindestens zwei Monate. Die höchste Schneedecke eines Winters betrug hier 164 cm (1965), die niedrigste 24 cm (1975).

An der Küste bleibt Schnee nur episodisch länger liegen. Ungewöhnlich mutet aber die Situation in Risan an. Im schneereichen Winter 1965 fielen hier 93 cm Neuschnee, der sich neun Tage lang hielt. 1983 war bei 19 Schneefall-Tagen an 43 Tagen eine durchgehende Schneedecke vorhanden. Die episodischen Schneefälle in der Bucht von Kotor führen nur im innersten, abgeschirmten Winkel der Bucht von Risan zu länger anhaltenden Schneedecken, da hier eine Einbruchstraße kontinentaler Kaltluft besteht, die in Form orkanartiger kalter Bora im Winter in die Bucht einfällt.

Station Periode Höhe [m] I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII I-XII [mm/m²a]
Dubrovnik 1931–1960 49 147 113 102 92 79 60 24 38 97 156 213 186 1307
Herceg Novi 1961–1984 40 230 221 183 135 130 73 28 45 160 181 326 262 1974
Risan 1961–1984 40 405 342 340 235 153 101 66 123 188 295 423 434 3105
Trebinje 1931–1960 276 193 190 160 102 119 70 43 76 110 239 247 249 1762
Cetinje 1961–1984 655 434 357 367 288 164 92 72 118 209 306 489 498 3394
Grahovo 1961–1984 710 351 324 305 251 142 94 55 103 202 416 508 473 3224
Crkvice 1961–1984 940 610 499 503 398 198 135 82 155 295 502 714 683 4774
Podvrsnik 1961–1984 630 407 398 367 305 151 101 77 132 238 465 593 586 3820
Vrbanje 1961–1984 1010 472 390 388 321 181 104 70 122 224 369 565 536 3742
Knezlaz 1961–1984 620 547 472 473 373 207 120 72 136 268 400 629 661 4358

* Mittlere monatliche und jährliche Regenmengen [mm] in Dalmatien, der Herzegowina und Montenegro

Biologie

Habitate

Der Orjen ist ein Karst-Hochgebirge der durch galziokarstige sowie karstiglaziale Landschaften geprägt ist.[9] Glaziokarst-Landschaften sind durch ein welliges Fels-Relief, karstiglaziale Landschaften durch Hochgebirgsrelief und hervorstechende gravitative Reliefprozessen sowie durch periglazialen und glazialen Formenschatz gekennzeichnet. Die Lebensräume im Orjen werden zudem durch die tiefen und breiten Trockentäler, den Dolovi sowie Plateaus gekennzeichnet, die von steilen Graten und zugespitzten Gipfeln begrenzt werden. Für alle Habitate im Orjen gilt ihre Wasserarmut, an keiner Stelle hat sich daher eine Feuchtvegetation entwickeln können. Den Orjen kennzeichnen damit überwiegend Trockenwälder oder zumindest wärmeliebende Typen von Laub- und Nadelwäldern. Die offene Vegetation an Felsen und Schutthängen wird durch gänzlich trockenheitsresistente und artenreiche oromediterrane Vegetationsgesellschaften aufgebaut. Damit unterscheidet sich die Vegetation im Orjen von anderen Gebirgen in Montenegro durch stärker an Trockenheit angepasste Formationen und zahlenmäßig hervortretende mediterrane Arten.

Ein hervorstechendes Merkmal des Lebensraum des Orjens ist der Reichtum der mediterranen Flora. Schon 1664 bemerkte dies der bedeutende osmanische Reiseschriftsteller Evlija Tschelebis:

„Das gesamte Wasser der Stadt Herceg Novi kommt vom Hochgebirgsplateau der Karlice (türk. Orjen), auf der man Sommers wie Winters Schnee und Eisberge sehen kann. Auf allen Seiten umgibt uns ein mannigfaltiges Blumenmeer, aus dem ein wunderbarer Duft emporsteigt, der die Sinne benommen macht. Unsere Pferde haben sich an verschiedenartigen Blumen sattgegessen und dabei dick wie Elefanten geworden. Kurz gesagt, wir haben es uns gut gehen lassen und blieben auf dieser Gebirgshochebene zwei Tage und zwei Nächte.“

Flora

Die Flora des Orjens gehört zur Illyrischen Florenregion mit einem hohen Anteil endemischer Arten. Neben der Schlangenhaut-Kiefer (Pinus heldreichii) sind Griechischer Ahorn (Acer heldreichii), Krim-Pfingstrose (Paeonia daurica) sowie auf Felsen wachsende Arten (Moltkia petraea, Amphoricarpos neumayerii, Lonicera glutinosa, Viburnum maculatum) hervorzuheben. Die oromediterran alpine Stufe wird vom Blaugras Sesleria robusta geprägt und birgt auch neu beschriebene Arten, z.B. die Orjen-SchwertlilieIris orjenii sowie eine zur endemischen Viola chelmea ssp. vratnikensis (syn. Viola vilaensis) zählenden Veilchenart der möglicherweise auch ein eigener Artstatus zukommt. Beachtenswert sind zahlreiche Frühlingsblumen, darunter der Krokus Crocus dalmaticus und die Schachbrettblume Fritillaria messanensis subsp. gracilis. Der Dinarische Karst-Blockhalden-Tannenwald und Schlangenhaut-Kiefer-Offenwälder gehören mit den dort vorkommenden seltenen Arten zu den herausragenden Biotopen. In der Baumflora sind viele alte Relikte wie Baumhasel (Corylus colurna), Griechischer Ahorn (Acer heldreichii) und die halbimmergrüne Mazedonische Eiche (Quercus trojana) anzutreffen.

Vegetation

Vegetations-Höhenstufen im Orjen

Die Dinariden sind ökologisch-biogeographisch in alpine und mediterrane Höhenstufen-Typen unterteilt. Im Orjen liegt der mediterrane Stufungstyp vor.

Höhenstufe Höhengürtel Höhenlage Beschreibung
eumediterran Tieflage 0–400 Hartlaubvegetation mit Steineiche und Ölbaum. An humiden Stellen Lorbeer-Oleander-Strauchformation.
supramediterran Mittellage 400–1100 halbimmergrüner Eichenwald mit Mazedonischer Eiche (Quercus trojana) und Orientalische Hainbuche (Carpinus orientalis). Darüber Zerreichen- und Balkaneichenwälder (Quercus frainetto). An feuchten und schattigen Lagen Kastanien-Flaumeichenwälder, sowie wärmeliebende Hopfenbuchen- und Flaumeichenwälder. Als Pionierarten wachsen Weißtanne und Baumhasel auf trockenen und sonnigen Blockhalden.
oromediterran 1100–1450 Wärmeliebender Kalkbuchenwald mit Tanne. An Felspartien trockenheitsliebende Schlangenhaut-Kiefer- und Dinarische Karst-Blockhalden-Tannenwälder zum Teil mit Krim-Pfingstrose.
altimediterran Hochlage 1450–1700 An der Waldgrenze Rotbuche, Schlangenhaut-Kiefer- und Griechischer Ahorn. Die mediterrane alpine Stufe – altimediterran – wird von trockenen Wacholderheiden sowie mit vielen endemischen Arten (z. B. Iris orjenii, Viola chelmea) bestandenen Sesleria robusta-Rasengesellschaften geprägt. Auf grobblockigen Geröllen und Felsen Strauchgesellschaften mit chasmophytischen Kalkfelsspalten-Arten (z. B. Bergbohnenkraut, Asplenium trichomanes, Amphoricarpos neumayerii).
kryomediterran 1700–1900 Eine echte kalt mediterrane klimazonale Stufe ist im höchsten Gebirge der dinarischen Küste nicht entwickelt. Durch hohe Winterniederschläge und stürmische Bora-Gipfelwinde entwickeln sich, unter ausgedehnten Schneelagen Schneetälchen-Gesellschaften mit griechisch-anatolischen, irano-turanischen und armeno-tibetischen Xerophyten. Zu Letzteren gehören die Halbwüsten-Schneetälchen mit vorherrschenden Zwiebelmonokotylen, die an felsige Böden, trockene Sommer und orkanartige Bora- und Scirocco Winde angepasst sind. In feuchteren Steinschutt- und Geröllhalden von Lawinenbahnen und Schneemulden finden sich das zur Ordnung Thlaspietalia gehörende Petastion paradoxi in dem neben dem auffälligen Starren Wurmfarn Dryopteris villarii, Valeriana montana aber auch Muscari neglectum häufig sind.
  • Im Orjen ist damit der Typ der mediterranen Höhenstufe entwickelt, der sich vom alpinen stark unterscheidet.

Waldvegetation

Drei verschiedenen Typen Dinarischer Tannenwälder im Orjen


Die Waldvegetation der wärmeliebenden Blaugras-Buchenwäldern ist reich an illyrischen Kennarten wie Agrimonia agrimoniodes, Prenanthes purpurea und Anemona apennina. In kälteliebenden subalpinen Buchenwäldern stellt sich der Griechische Ahorn ein. Dieser ist wie die hier schon vereinzelt vorkommende Schlangenhaut-Kiefer ein Tertiäres Relikt. Daneben werden die mesophilen sauren subalpinen Buchenwälder durch Pyrola uniflora sowie Asarum europaeum gekennzeichnet.

Auf initialen Rohböden, Blockhalden und in Felswänden kommt die Panzer-Kiefer vollends zur Herrschaft. Der urtümliche Eindruck von Panzerkiefer-Wäldern wird durch lückigen Bestand und zerzausten Baumkronen der oft jahrhundertealten Bäume unterstrichen. Diese Offenwälder lassen viele Lichtpflanzen, sowie Zwiebel-Monokotyle aufkommen. Charakteristisch sind Fritillaria messanensis ssp. gracilis, Muscari botryoides, Cheironia lakusicii sowie Peucedanum longifolium sowie andere. Charakteristisch ist zudem Sesleria robusta die zu Fels- und Schuttvegetation überleitet.

Neben Panzer-Kiefer und Buche finden sich auch noch Weißtannen im Gebirge. Diese sind an humide und kühle Standorte gebunden und nur an Nordhängen im Orjens anzutreffen. Die Baum-Hasel kennzeichnet schließlich die offenen Karst-Blockhalden Tannenwälder. Diese Dauerpioniergesellschaft reiner Weißtannen-Wälder vermittelt ökologisch zu mediterranen Tannen-Wäldern.

Zu den Pioniergehölzen zählende Weiden (Salix caprea) kommen vereinzelt in Vertiefungen mit höheren Stickstoffgehalten sowie größerer Bodenfeuchte vor. In tieferen montanen Lagen finden sich Teile des Ostryetums. Diese warmen Subtropen-Wälder werden von Ostrya carpinifolia dominiert und zeigen einen besonderen Artenreichtum unter denen sich viele schon mediterrane Lippenblütler und Orchideen finden.

Unter den seltenen Endemiten treten in einer Vielzahl unterschiedlicher Waldhabitate unter anderen die Angenehme Akelei, die Krim-Pfingstrose und der Dinarische Türkenbund auf.

Schutt- und Felsvegetation

Schutt und Felsstandorte nehmen im Orjen bedeutende Areale ein. Hier finden sich auch die zahlenmäßig meisten der seltenen balkanischen Endemiten wie die auf südosteuropäische und kleinasiatische Gebirge beschränkten Arten der Veilchen der Eflagelatae wie Viola chelmea. Die Felsvegetation wird insbesondere von der ungewöhnlichen Asteraceae Amphoricarpos neumayerii sowie selten auch von Aquilegia dinarica sowie häufig von einer endemischen Art des Bergbohnenkrauts, Satureja horvatii geprägt. Neben der besonders attraktiven Moltkie Moltkia petrea finden sich noch Steinbreche (Saxifragen), und zahlreiche Kreuzblütler wie Arabis gracilis und zahlreiche Arten aus den für die Dinariden charakteristischen Gattungen Edraianthus und Campanula. Schuttstandorte sind durch den Starren Wurmfarn sowie weiteren insbesondere kleinwüchsige Schuttwanderer geprägt.

Oro-mediterrane Matten

Die oro-mediterrane Vegetation ist im Orjen durch zahlreiche Endeme geprägt. Bekannt sind Krokusse, Enziane, Blausterne und Schwertlilien. Dieses sind durch Überdauerungsorgane gut an die trockenen Sommer angepasst. Zu den Zwiebelmonokotylen gehören unter anderem auch die zahlreichen Orchideen. Daneben sind noch Xerophyten durch ledrige Blätter und dichte Blattbehaarung gekennzeichnet.

Fauna

Reptilien treten durch eine der ursprünglichsten Halsbandeidechsen, die Mosor-Eidechse Archoelacerta mosorensis selbst auf den höheren Gipfeln und Karst-Blockhalden auf. Häufig ist hier auch die gefürchtete Sandotter (Vipera ammodytes L.).

Die Säuger-Fauna ist teils verarmt. Der Naturraum ist, da kaum Wasserstellen auftreten, für größere Säugetiere ungünstig. Aufgrund des starken Jagddrucks ist die Balkanische Gams (Rupicarpa rupicarpa balcanica) als eine der stärksten Gams-Unterarten weit unterhalb ihrer optimal möglichen Anzahl in Steilwänden des Orjen vertreten. Gemsen halten sich nur noch an für Jäger unzugänglichen Stellen auf. Der Europäische Braunbär (Ursus arctos) ist in wenigen Exemplaren im Gebirge unterwegs. Ein Tier ertrank 1975 in einem Brunnen der Bajgorovica, und 1999 wurde ein alter Bär, der eine Kuh gerissen hatte, oberhalb von Risan erlegt.

Naturschutz

55 m hohe und 1,5 m starke Urwaldtanne (Abies alba)
Naturschutzprojekte im Orjen anlässlich eines Kongresses

Ein Nationalpark wird seit langem geplant. Die UNESCO erklärte die Natürliche und Kulturhistorische Region von Kotor zum Welterbe[1]. Endemische Formen der Flora und Vegetation wie der Dinarische Karst-Blockhalden-Tannenwald und die Schlangenhaut-Kiefer-Felswälder sind mit ihrer artenreichen Krautflora (zum Beispiel Krim-Pfingstrose), Beispiele für die natürliche Besonderheit des Gebirges, die kaum anderswo in dieser Ausprägung vorkommen.

Geschichte

Historisch ist die Besiedlung des Orjen eng an die Bucht von Kotor und damit den mediterranen Kulturkreis Dalmatiens sowie allgemein an die Geschichte des Balkans gebunden. Der historische Abriss bezieht sich, soweit dieser nicht das Schicksal der übrigen Küstenstriche Dalmatiens teilt, im Folgenden auf die Bucht von Kotor.

Menschliche Siedlungstätigkeit lässt sich bis ins Neolithikum zurückverfolgen. Prähistorische Felsbilder mit Darstellung von Jägern und Hirschen finden sich bei Risan. Eine bedeutende neolithische Fundstelle liegt auf herzegowinischer Seite. Die Illyrer gründeten in Dalmatien im 3. Jh. v. Chr. ein Königreich und Risan wurde unter Königin Teuta Hauptstadt des Ardiäer-Reiches. Seit dem 1. Illyrischen Krieg (229 bis 228 v.Chr.) in Abhängigkeit Roms geratend, kam für den Verwaltungsbezirk 59 v. Chr. die Bezeichnung Illyricum auf, der zur Donau ausgeweitet wurde. Der antike Name der Bucht – Sinus Rhizonicus – verweist auf Risan als zentrale Siedlung. Hier ausgegrabene Bodenmosaiken sind wichtigste römische Funde in Montenegro. Bei der Reichsteilung 395 kam Illyrien zur italienischen Präfektur und teilte das Schicksal des Weströmischen Reiches. 535 unter Justinian I. wiedereingegliedert, verblieb die byzantinische Administration bis 1077.

Südslawische Stämme verdrängten im 7. Jahrhundert die romanisierte Bevölkerung, und erst die Makedonische Dynastie erreichte im Thema Dalmatia (869) wieder eine Kontrolle der Küste. Die konkurrierende Missionsarbeit der Zeit wirkt in der Teilung von Katholiken und Orthodoxen bis heute nach. Die erste historische Erwähnung Kotors fällt in die Periode Basileios I. (867–886). Nach Basileios II. (976–1025) erstarkten lokale Fürstentümer, und die Region zwischen Ragusa und Cattaro wurde Keimzelle des serbischen Nationalstaates. Von 1185 bis 1371 Teil der Nemanjiden-Dynastie, erlangte Kotor unter Zar Stefan Uroš IV. Dušan (1332–1355) ein überragendes Ansehen als wichtiger Handelsort (der Bergbau erlebt eine große Blüte) und als Kunstzentrum (Gold-, Silberschmiede, Ikonen-, Freskomalerei, Architektur) des Reiches.

Mit der osmanischen Invasion verloren alle christlichen Staaten des Balkans die Eigenstaatlichkeit. Das unzugängliche Fürstentum Montenegro, nominell 1499 dem Osmanischen Reich eingegliedert, sowie Ragusa bewahrten ihre Autonomie. Venedig übernahm 1420 die Kontrolle der dalmatinischen Hafenstädte außer Ragusa, während die Türken im Inneren der Halbinsel ihre Herrschaft ausbauten. Als Herceg Novi und Risan in türkische Hand fielen, war die Bucht von Kotor in einen osmanischen und venezianischen Teil geteilt. Ab 1481 wurde der Orjen osmanisch verwaltet. 1688 verdrängte Venedig die Türken endgültig aus ihren dalmatinischen Besitzungen und hielt sich bis 1797. Während der napoleonischen Kriege wechselten sich Österreich-Ungarn, Russland, Frankreich und wieder Österreich-Ungarn in rascher Folge als Herren der Bucht ab.

Mit der Neuordnung des Wiener Kongresses wurde Dalmatien als Königreich Bestandteil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1814–1918) und Kotor zu einem stark befestigten Kriegshafen ausgebaut. Bis 1878 verlief die Militärgrenze über die Jastrebica und Bijela gora. Das spätere Königreich Jugoslawien sicherte sich 1920 die Region, die 1945 in die Republik Montenegro eingegliedert wurde.

Mit 70 Prozent städtischer Bevölkerung ist die Bucht von Kotor die am meisten urbanisierte Region Montenegros. 1981 lebten nur noch 2 % der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Im Zensus von 1981 hatten sich von 53.000 Einwohnern der Bucht 60 % als orthodoxe (Montenegriner und Serben), 20 % als Jugoslawen und 20 % als Kroaten bezeichnet.

Siedlungsstruktur und traditionelle Viehwirtschaft des Balkans

Hirtenhütte im Orjen. Getrocknete Pilze hängen an den Wänden
Als Stickstoffzeiger siedelt der Gute Heinrich im Orjen an Orten wo Wildlager bestehen oder Viehzucht betrieben wird

Die bis in die Antike zurückgreifende Entwicklungsgeschichte der Viehwirtschaft in seinen Erscheinungen und Auswirkungen auf den Naturraum Südosteuropas zu beleuchten, stellt ein kaum zu lösendes Problem dar. Die speziellen naturräumlichen Bedingungen des dinarischen Karstes erschweren zudem eine Beurteilung der durch die übermäßige Weidenutzung der seit historischen Zeiten im dinarischen Gebirgsraum nachweisbaren Herdenviehzucht aufgetretenen Flurschäden. Heute ist intensive Herdenhaltung im Karst nur selten zu finden. Die sehr anspruchsvollen Voraussetzungen haben hier am ehesten zu einer Aufgabe traditioneller Wirtschaftsformen und letztlich dem Abwandern der Bevölkerung geführt. An die naturräumliche Ausstattung angepasste Weideformen entwickelten sich durch Fernweidewirtschaft, Nomadismus und Almwirtschaft. Daneben beeinflussten soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklungen in starkem Maße die Erscheinungen der Viehwirtschaft.

Die natürlichen Gegebenheiten ausnützend, prägte das auf Viehzucht bezogene, kulturelle Verhalten der Balkanvölker einheitlich deren soziale und kulturelle Entwicklung. Ein Nebeneinander, zum Teil in unmittelbarer Nachbarschaft, und die enge Verflechtung der verschiedenen weidewirtschaftlichen Formen hat eine differenzierte Raumausnutzung geschaffen, die auch auf ethnischen Besonderheiten fußte. Die Aromunen (serb. Tsintsaren), überwiegend südlich der Donau verbreitet, galten als prinzipielle Vertreter einer nomadischen Volksgruppe. Sie spielten im Fernhandel der Balkanhalbinsel im 19. Jh. eine wichtige Rolle. Nomadische Wanderungen waren noch bis zum Ersten Weltkrieg weit verbreitet. Die Herausbildung der Nationalstaaten aus der „Konkursmasse“ des Osmanischen Reiches nach dem Berliner Kongress 1878 und den Balkankriegen 1912/13, verlangte eine Umstellung der innerhalb des osmanischen Reiches durch keinerlei Territorialgrenzen gehemmten Fernweidewirtschaft.

Herdenwanderungen zwischen Sommerweiden im Prokletije und Winterweiden, an die jeweiligen politischen Realitäten und agrarischen Entwicklungen angepasst, erfolgten beispielsweise zu den Save-Niederungen, dem albanischen Tiefland, der Kampania von Thessaloniki, der Morava-Niederung und der Metohija. Letztlich wurden solche Herdenwanderungen mit Wanderwegen von bis zu 300 km Luftlinie durch Umstellung auf Almwirtschaft aufgegeben.

Die Grenze der ursprünglichen Herdenwanderungen reichte nordwärts nach Herzegowina, Montenegro, Metohija (Kosovo), Südserbien und Bulgarien südlich des Balkangebirges. Nur in Regionen, deren Agrarwirtschaft aufgrund der Naturraumausstattung für kaum eine andere Wirtschaftsform geeignet ist, konnte sich die Herdenwanderung länger halten. So waren in der Herzegowina noch nach dem Zweiten Weltkrieg Formen der Transhumanz und Fernweidewirtschaft festzustellen. Kontinentale Gebiete der Dinariden sind dem Bereich der alpinen Almwirtschaft zuzurechnen (Slowenien, Gorski Kotar, Bosanska Krajina, Zentralbosnien, Sandžak, Nordmontenegro und Westserbien). Formen der mediterranen Almwirtschaft finden sich im Velebit, der Herzegowina und Westmontenegro.

Der Orjen war ein traditionelles Ziel der Weidenomaden, und noch in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg war Herdenwanderung hier verbreitet. Heute sind die wenigen Hirten sesshaft. Sie haben ihre Sommerweiden vor allem in der Bijela gora. Hier treffen sich die Mitglieder der Clans zu einem alljährlichen sommerlichen Fest im August, an dem traditionelle Lieder und Tänze aufgeführt werden. Eines der Lieder besingt dabei die Tannen der Bijela gora[2].

Bijelogorske vite jele
1.
Hohe Tannen der Bijela gora
warum so düster
als ob kein Sommer war
(Übersetzung Pavle Cikovac)

Aktivitäten

Bergwandern, alpines Bergsteigen, Mountainbiken sowie interessante, der Kultur der dinarischen Bergbevölkerung gewidmete Besuche sind im Orjen möglich.

Wandern

Aufstieg auf den Zubački kabao über die Westseite

Routen werden vom Alpinclub in Herceg Novi gepflegt[3]. Die meisten Touren liegen im Bereich der Berghütten Vratlo (1160 m) und Orjensattel (1594 m). 40 km markierter Wege existieren im Orjen und verbinden die schönsten Gipfel.

Besonders schöne Wanderungen führen um den Zubački kabao, der mit unberührter Natur, darunter einige der letzten Urwälder Dalmatiens, alle Vegetationstypen aufweist. Im Pavlovica do sind schöne Felsformationen, Naturbrücken und tiefe Schächte in einem spektakulären Ambiente vereint. Ein Aufstieg auf den Zubacki kabao durch das unberührte Međugorje-Tal weist zwar einige schwierigere Felspartien auf, doch ist nirgends eine alpine Ausrüstung nötig.

In der weitläufigen Bijela gora sind längere Touren möglich. Allerdings ist die Versorgung mit Wasser schwierig. Campen ist in diesem Gebiet kein Problem. Geeignete Standorte sind die Hochtäler wie Borovi do, Pirina poljana und die Kantuniste.

Jedes Jahr im Mai wird der so genannte Orjen-Marathon ausgetragen [3].

Alpines Bergsteigen

Verschiedene alpine Klettermöglichkeiten bestehen im Orjen. Bekannt ist die 500 m hohe Wand im Subra-Amphitheater.

Gipfel
Gipfel Höhe in m Charakter Schwierigkeit
Zubački kabao 1894 Felskletterei, Wand Nordseite schwierig, im Osten Schutthang
Velika Jastrebica 1864 einfach Wanderung
Buganja greda 1849 Felskletterei Nordseite schwierig, hohe Südwand
Visoki breg 1833 Felskletterei Schutthang im Norden
Vučji zub 1802 schöne Wände alpines Klettern
Borovik 1777 alpin sehr weiter Schutthang auf Nordseite
Međugorje 1769 Große Wand alpines Klettern
Golisevac 1721 Felskletterei Schutthalden im Norden
Markov kuk 1721 einfache Felskletterei Wanderung
Pazua 1680 alpines Klettern Horn
Subra 1679 größte Wand im Orjen 500 m Großwand, noch nicht bestiegen

Sommer-Aktivitäten

  • Backpacking – zwischen April und September.
  • Mountainbiking – auf lokalen Transport- und Verbindungswegen im Gebirge.
  • Schwimmen – schöne Strände in der Bucht von Kotor.
  • Orjen marathon – jährlich stattfindender Event auf Subra 1679 m und Zubački kabao 1894 m

Winter-Aktivitäten

Der Orjen ist im Winter größtenteils unzugänglich. Trotzdem werden jedes Jahr einige Winterbesteigungen durchgeführt. Skigebiete finden sich am Orjenpass (1594 m).

  • Ski – am Orjenpass, keine Lifte.
  • Jagd – vor allem Steinhuhn.

Referenzen

  • P. Cikovac: Soziologie und standortbedingte Verbreitung tannenreicher Wälder im Orjen-Gebirge – Montenegro. Diplomarbeit an der LMU, Geographische Fakultät, München (2003).
  • Paul Friedrich August Ascherson: Der Berg Orjen an der Bocche di Cattaro. - In: Zeit. Ges. Erdk., 3, S. 319–336, Berlin. (1868)
  • P. Ascherson: Beitrag zur Flora Dalmatiens. Öster. Bot. Zeitschr. Bd. 19, S. 65-70. (1869)
  • Josef Pančić: Botanische Bereisung von Montenegro im Jahre 1873. – Elenchus plantarum vascularium quas aestate anno 1873 in Crna Gora, Belgrad. (1875)
  • L. Sawicki: Die eiszeitliche Vergletscherung des Orjen in Süddalmatien. Zeitschr. für Gletscherkunde, V, 1910–1911, S. 339–355. (1911)
  • G. Ž. Komar: Planinska sela Dračevice pod vlašću Venecije. 1687–1797 (1997)

Weblinks

 Commons: Orjen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Albrecht Penck 1900: Die Eiszeit auf der Balkanhalbinsel.- In: Globus LXXVIII(9), S.161, Braunschweig.
  2. Jovan Cvijic 1924: Геоморфологија I, Beograd.
  3. Albrecht Penck 1900: Die Eiszeit auf der Balkanhalbinsel.- In: Globus LXXVIII(9),133-178, Braunschweig.
  4. Sawicki, L.R. 1913: Die eiszeitliche Vergletscherung des Orjen in Süddalmatien. In: Zt. f. Gletscherkunde, IV, 341-355.
  5. Markovic, M. 1974: Геоморфолошка еволуција и неотектоника Орјјена. Beograd.
  6. Cikovac, P. 2002: Soziologie und standortbedingte Verbreitung tannenreicher Wälder im Orjen. München.
  7. Hughes, P.D & Woodward, J.C. 2008: Timing of glaciation in the Mediterranean mountains during the last cold stage. Journal of Quaternary Science 23,575-588.
  8. Gams, I. 1978: Die Aridität in der Vegetationsperiode in Jugoslawien. In: Beiträge zur Quartär- und Landschaftsforschung, 183-194. Festschrift zum 60. Geburtstag von Julius Fink / hrsg. von H. Nagl., Wien, 1978. ISBN: 3-7019-6005-4
  9. Pavle CIKOVAC, Christian BRÄUCHLER: DYNAMICS AND PATTERNS OF ECOSYSTEMS IN A COMPLEX-STRUCTURED KARSTI-GLACIAL VALLEY ON ORJEN WITH SPECIAL REFERENCE ON ORIGIN OF THE OROPHYTIC VEGETATION [1]

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