- Oligarchie
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Die Oligarchie (vom griechisch ὀλιγαρχία oligarchia ‚Herrschaft von wenigen‘, zusammengesetzt aus ὀλίγοι oligoi ‚Wenige‘ und ἀρχή archē ‚Herrschaft‘) ist in der klassischen (antiken) Verfassungslehre die Entartung der Aristokratie. Zur Abgrenzung von dieser Bedeutung und in Besinnung auf den eigentlichen Wortsinn wird heute auch der an sich gleichbedeutende Begriff Oligokratie (griech. κρατία kratía ‚Macht‘, ‚Herrschaft‘, ‚Kraft‘, ‚Stärke‘) verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Historische Theoriebildung
Grundformen der Verfassungen (nach Polybios):
Anzahl der Herrscher Gemeinwohl Eigennutz Einer Monarchie Tyrannis Einige Aristokratie Oligarchie Alle Demokratie Ochlokratie Die Oligarchie bei Platon (427–347 v. Chr.) ist die gesetzlose Herrschaft der Reichen, die nur an ihrem Eigennutz interessiert sind. Sie fällt wie die Aristokratie unter die Herrschaft der Wenigen, wobei die Aristokratie als gesetzmäßige, am Gemeinwohl ausgerichtete Herrschaft gilt.[1] Diese Idee wurde zunächst von seinem Schüler Aristoteles (384–324 v. Chr.), und später vom griechischen Historiker Polybios (um 200 v. Chr.–etwa 118 v. Chr.) weiterentwickelt. Grundsätzlich bestand in der antiken Staatstheorie seit Platon die Idee, dass jede am Gemeinwohl orientierte Herrschaftsform (Monarchie (auch: Basileia), Aristokratie, Demokratie) ein entartetes, nur an den Interessen der Herrschenden orientiertes Gegenstück hat (Tyrannis, Oligarchie, Ochlokratie).
Aus der Erkenntnis heraus, dass diese sechs Grundformen der Verfassungen notwendigerweise instabil sind, hat vor allem Polybios die Idee des Verfassungskreislaufs entwickelt, die diese Herrschaftsformen zueinander in Beziehung setzt.[2]
Oligarchen in der ungarischen Geschichtsschreibung
Die ungarische Geschichtsschreibung verwendet den Begriff Oligarchen für die einflussreichen Aristokraten des 13. und 14. Jahrhunderts die schließlich von 1301 bis in die 1320er-Jahre die Herrschaft über eigene Kleinkönigtümer erlangten.[3]
Begriffsverwendung in der Neuzeit
In Russland wird der Begriff Oligarch seit den 1990er Jahren auch verwendet, um Geschäftsleute zu bezeichnen, von denen die Allgemeinheit annimmt, dass sie in der chaotischen Zeit nach der Auflösung der Sowjetunion durch unrechtmässige Mittel zu großem Reichtum und politischem Einfluss kamen. Der Begriff wurde in Bezug auf Russland auch von deutschen und internationalen Medien aufgenommen. Seit den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2004 wird der Begriff auch in Bezug auf die Ukraine gebraucht.
Siehe auch
Literatur
- Martin Ostwald: Oligarchia. The Development of a Constitutional Form in Ancient Greece. In: Historia. Einzelschriften Heft 144, Steiner, Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07680-8 (englisch)
- Gustav Adolf Lehmann: Oligarchische Herrschaft im klassischen Athen. Zu den Krisen und Katastrophen der attischen Demokratie im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. In: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften - Vorträge. Westdeutscher Verlag, Opladen 1997, ISBN 3-531-07346-X.
Anmerkungen
- ↑ Platon, Politikos, 291c-303d
- ↑ Polybios 1,1,6,3-10
- ↑ Erik Fügedi: Castle and society in medieval Hungary (1000-1437), (englisch), Budapest 1986, S. 50-99
Weblinks
Wiktionary: Oligarchie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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