Olga Alexandrowna Ladyschenskaja

Olga Alexandrowna Ladyschenskaja

Olga Alexandrowna Ladyschenskaja (russisch Ольга Александровна Ладыженская; englische Transkription Olga Alexandrovna Ladyzhenskaya; * 7. März 1922 in Kologriw, Russland; † 12. Januar 2004 in Sankt Petersburg) war eine russische Mathematikerin und Physikerin, die besonders für ihre Resultate zu partiellen Differentialgleichungen bekannt ist.

Olga Ladyschenskaja 1976

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ladyschenskaja stammte aus einer alten adeligen Familie; ihr Vater Alexander Iwanowitsch Ladyschenski, ein Mathematiklehrer, wurde 1937 von den Stalinisten festgenommen und schließlich zum Tode verurteilt (ein Bauer warnte ihn, er wollte aber seine Schüler nicht verlassen). 1939 begann Ladyschenskaja eine Lehrerinnenausbildung in Leningrad und unterrichtete 1941 bis 1943 an der Schule ihres Vaters in Kologriw. Sie studierte dann von 1943 bis 1947 Mathematik an der Lomonossow-Universität (nachdem sie an der Staatlichen Universität Leningrad als Tochter eines „Klassenfeindes“ trotz bestandener Aufnahmeprüfung nicht zugelassen wurde[1]), unter anderem bei Iwan Georgijewitsch Petrowski, Israel Gelfand, Andrei Nikolajewitsch Tichonow[2]. 1949 wurde sie bei Sobolew in Leningrad promoviert[3] und habilitierte sich 1953 in Moskau (russischer Doktortitel). Auch ihre Habilitation konnte sie, obwohl schon 1951 fertiggestellt, aus politischen Gründen erst nach Stalins Tod verteidigen.

Sie war schon ab 1949 Dozentin an der Universität Leningrad, wurde 1954 Mathematikprofessorin am Physikalischen Institut der Universität Leningrad, mit einer vollen Professur 1956. Ab 1961 war sie Direktorin des Labors für mathematische Physik am Steklow-Institut in Leningrad, wo sie schon seit 1954 leitende Wissenschaftlerin war. 2000 ging sie in den Ruhestand. 1990 bis 1998 war sie Präsidentin der St. Petersburger Mathematischen Gesellschaft.

Olga Ladyschenskaja wurde 2002 Preisträgerin der Lomonossow-Goldmedaille. 1994 hielt sie die Noether Lecture. 2002 wurde sie Ehrendoktorin der Universität Bonn. Sie war seit 1981 Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften und war Mitglied der Leopoldina. 1983 war sie Invited Speaker auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Warschau (On finding symmetrical solutions of field theories variational problems) und 1966 auf dem in Moskau (Über einige nichtlineare Aufgaben der Theorie kontinuierlicher Medien).

Zu ihren Doktoranden zählen Ludwig Dmitrijewitsch Faddejew und Nina Nikolajewna Uralzewa.[4]

1947 heiratete sie den Mathematiker und Mathematikhistoriker Andrei Alexejewitsch Kiselew, der ebenfalls Professor an der Universität Leningrad war.

Werk

Ladyschenskaja veröffentlichte über 250 Artikel, die das gesamte Feld der partiellen Differentialgleichungen abdecken. Für die inkompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen bewies sie grundlegende Existenzresultate. In ihren Büchern mit Uraltsewa baute sie die von Ennio de Giorgi und John Nash gefundenen Regularitätsresultate im Umkreis von Hilberts 19. Problem für elliptische und parabolische partielle Differentialgleichungen aus.

Im Bereich der numerischen Mathematik bewies sie unter anderem die Konvergenz einer Finite-Differenzen-Methode für die Navier-Stokes-Gleichungen. Die LBB-Bedingung in der Theorie der Finite-Elemente-Methode für Sattelpunktprobleme, die sie 1969 nachwies, ist nach ihr benannt (die beiden Bs stehen für Brezzi und Babuška).

Schriften

  • Mit N. N. Uralzewa: Linear and Quasilinear Equations of Elliptic Type. Übersetzt durch L. Ehrenpreis, Academic Press, New York/London 1968, ISBN 0124328504.
  • Mit W. A. Solonnikow, N. N. Uralzewa: Linear and Quasi-linear Equations of Parabolic Type. Übersetzt durch S. Smith, American Mathematical Society, Providence, Rhode Island, 1968, ISBN 0821815733.
  • The Boundary Value Problems of Mathematical Physics. Übersetzt durch Jack Lohwater. Springer-Verlag, New York, 1985, ISBN 3-540-90989-3.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ihre ältere Schwester musste die Universität verlassen. Biographie von Struwe, in Karcher, Hildebrandt Geometric analysis and nonlinear partial differential equations, Springer 2003
  2. Struwe erwähnt in seinem biographischen Artikel noch Kurosch und Stepanow
  3. Nach der Biographie von Struwe promovierte sie nur formal bei Sobolew und war de facto Schülerin von Smirnow
  4. Mathematics Genealogy Project

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