Offizieranwärterbataillon

Offizieranwärterbataillon
Verbandsabzeichen der Offizieranwärterbataillone (Umrandung je nach Standort unterschiedlich)
internes Verbandsabzeichen (hier Hammelburg, sonst andere Beschriftung)

Die Offizieranwärterbataillone des Heeres (OffzAnwBtl bzw. OA-Btl) der Bundeswehr in Munster, Hammelburg und Idar-Oberstein sind die drei Ausbildungsverbände für Offizieranwärter. Seit Juli 2006 erfolgt die gesamte Grundlagenausbildung des Offiziernachwuchses des Heeres und der Heeresuniformträger der Streitkräftebasis bei diesen Bataillonen.

Ab August 2005 wurde die Indienststellung der Bataillone durch die jeweiligen Aufstellungsgruppen vorbereitet und wuchsen im ersten Halbjahr 2006 zur vollen Stärke auf. Das Stammpersonal, und somit die Ausbilder, stammen aus allen Truppengattungen des Heeres und der Streitkräftebasis. Im Juni 2006 wurden den OA-Bataillonen Munster und Idar-Oberstein die Truppenfahnen verliehen, das OA-Bataillon Hammelburg erhielt diese einen Monat später. Am 3. Juli 2006 traten die ersten Rekruten des 76. Offizieranwärterjahrgangs (OAJ) ihren Dienst in den Verbänden an.

Inhaltsverzeichnis

Gliederung/Unterstellung

Die Offizieranwärterbataillone gehören zum Organisationsbereich des Heeresamtes in Köln und sind entweder einer der Schulen des Heeres bzw. einem der Zentren des Heeres angegliedert. Sämtliche Schulen und Zentren des Heeres unterstehen dem Kommandeur Heeresschulen, der gleichzeitig stellvertretender Amtschef des Heeresamtes ist und den Dienstgrad Brigadegeneral trägt.

Im einzelnen unterstehen:

Die OA-Bataillone Hammelburg und Idar-Oberstein unterstehen in den jeweiligen Schulen dem Schulkommandeur im Dienstrang eines Brigadegenerals, der gleichzeitig General der Infanterie bzw. der Artillerie ist, und weiter dem Stellvertreter des Schulkommandeurs, dem Leiter der Lehre und Ausbildung, im Dienstgrad Oberst.

Das OA-Bataillon Munster untersteht direkt dem Kommandeur des Ausbildungszentrum Heeresflugabwehrtruppe, einem Oberst, der gleichzeitig General der Heeresflugabwehrtruppe ist. Das Ausbildungszentrum Heeresflugabwehrtruppe selbst untersteht dem Ausbildungszentrum Munster, dessen Kommandeur Brigadegeneral und General der Panzertruppe ist.

Die Bataillone unterscheiden sich von der üblichen Gliederung der Bataillone im Heer. Sie bestehen aus einer Bataillonsführungsgruppe (Kommandeur, Personalführung, Planung) sowie zwei Ausbildungskompanien. Diese bestehen aus je einer Führungsgruppe und vier Zügen. Insgesamt hat jedes der OA-Bataillone eine Sollstärke von rund 400 Soldaten.

Der Kommandeur eines jeden Bataillons ist Oberstleutnant. Jede der Kompanien wird durch einen Hauptmann geführt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kompanien im Heer, bei denen nur der erste von zwei bzw. drei Zügen oder die ersten beiden von vier Zügen von einem Offizier geführt wird, sind in den Offizieranwärterbataillonen alle Zugführer Offiziere, meist im Dienstgrad Oberleutnant. Den ersten Zug jeder Kompanie führt in der Regel ein Hauptmann.

Aufgaben

Jeweils zum 1. Juli jedes Jahres nehmen in den Offizieranwärterbataillonen die Rekruten eines Offizieranwärterjahrganges ihren Dienst auf. In sechs Monaten durchlaufen sie den Offizieranwärterlehrgang (OAL), der neben der Grundausbildung, dem Waffendienst und sportlichen Anteilen auch Unterricht in Wehrrecht, politischer Bildung und Grundlagen der Taktik beinhaltet. Ergänzt wird die Ausbildung durch einen Truppenübungsplatzaufenthalt und weiteren Ausbildungen, wie etwa der Feuerlöschausbildung.

Im Anschluss an diese Ausbildungsabschnitte im OA-Btl absolvieren die Offizieranwärter an verschiedenen Standorten erste Truppenpraktika, eine zehnwöchige Sprachausbildung Englisch in Idar-Oberstein und den Offizierlehrgang (Teil 1) an der Offizierschule des Heeres. Dabei bleibt das jeweilige Offizieranwärterbataillon Stammtruppenteil, bis die Offizieranwärter zum Studium an eine der Universitäten der Bundeswehr versetzt werden.

Von Januar bis Juli führen die Bataillone den Lehrgang "Überleben im Einsatz" (ÜLE) durch, welcher im neuen Ausbildungsgang für alle Truppengattungen, die nicht den Kampftruppen zugeordnet sind, den Einzelkämpferlehrgang ersetzt. Im ersten Jahr nach der Aufstellung (I. + II. Quartal 2007) führten die OA-Btl Allgemeine Grundausbildung (AGA) für das Heeresamt und dessen nachgeordnete Dienststellen durch.

Uniform und Abzeichen

Die Soldaten der Offizieranwärterbataillone tragen die Uniformen des Heeres der deutschen Bundeswehr nach der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 37/10. Eine Besonderheiten ist das marineblaue Barett, das die Angehörigen des Bataillons mit dem Barettabzeichen ihrer Truppengattung tragen. Auch die angehenden Gebirgsjäger tragen im Sinne der Einheitlichkeit das marineblaue Barett mit dem Barettabzeichen der Jägertruppe und dem Edelweiß als Zusatzzeichen. Zum Dienstanzug/Feldanzug können die Soldaten das interne Verbandsabzeichen an der rechten Brusttasche tragen. Es zeigt das Eiserne Kreuz auf blauem Grund, darunter die gekreuzten Schwerter. Das Wappen ist mit dem jeweiligen Standort überschrieben. Das eigentliche Verbandsabzeichen (getragen am linken Ärmel des Dienstanzugs) richtet sich nach der Schule, die das Bataillon "beherbergt". Es zeigt aber immer zwei gekreuzte Schwerter als Symbol für das Heer auf rotem Grund, sowie ein "S" als Zeichen für eine Truppenschule. Es entspricht damit bis auf das "S" in der Grundform dem Wappen des Heeresamtes. Umrandet ist das Abzeichen gemäß der Waffenfarbe der zur jeweiligen Schule passenden Truppengattung.

Kritik/Stimmen

Die Umstellung des Ausbildungsganges für die Offizieranwärter des Heeres führte zu teils massiver Kritik seitens der älteren Jahrgänge, die mittlerweile auch vom Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages aufgegriffen wurde:[1]

Häufigster geäußerter Kritikpunkt an der neuen Ausbildungsstruktur ist, dass die Offizieranwärter den Bezug zur Truppe verlieren und kaum noch Führungserfahrungen auf Gruppen- und Zugführerebene sammeln würden. Dies werde besonders dadurch bedingt, dass die Offizieranwärter und Offiziere mit Studium während der ersten sechs Jahre ihrer Ausbildung die normale Truppenteile in der Regel nur maximal drei Monate kennenlernen und dann, nach der truppengattungsspezifischen Ausbildung nach dem Studium, als unerfahrene Oberleutnante oft bereits stellvertretende Kompaniechefs und häufig sogar in Vertretung Kompaniechefs seien.

Die mangelnde Bindung an den Offizierberuf ("Jobdenken") und der Wegfall der entscheidenden Prägungsphase der jungen Offizieranwärter wird in den Reihen des Offizier- und Unteroffizierkorps ebenso beanstandet, wie die Verkürzung der allgemeinmilitärischen Ausbildungsgebiete und der Verringerung des truppengattungspezifischen Fachwissens in der frühen Phase der Ausbildung. Hier sei jedoch angemerkt, dass die neue Ausbildungsstruktur des Heeres im weitesten Sinne eine Angleichung an die Strukturen von Marine und Luftwaffe darstellt, die keineswegs mit einer mangelnden Bindung an den Offizierberuf zu kämpfen haben.

Die Vermittlung truppengattungsspezifischen Fachwissens im späteren Verlauf der Ausbildung ist zum Einen der Tatsache geschuldet, dass im alten Ausbildungsmodell fertig ausgebildete Offiziere für drei bis vier Jahre aus der Truppe an eine der beiden Universitäten der Bundeswehr versetzt wurden, was nach dem Studium eine zeit- und kostenintensive Auffrischung des Verlernten oder Neuvermittlung von obsolet gewordenem Wissen erforderlich machte. Zum Anderen ermöglicht das neue Ausbildungsmodell der Personalführung einen flexibleren Umgang mit sich stetig ändernden Personalerfordernissen. So werden Unkosten vermieden, die in der Vergangenheit z.B. dadurch entstanden, dass eine bestimmte Anzahl von Offizieren einer Truppengattung fertig ausgebildet wurden, während der Studienzeit dieser Offiziere aber eine Verkleinerung ihrer Truppengattung dazu geführt hat, dass der Personalbedarf drastisch gekürzt werden musste. Somit mussten fertig ausgebildete Offiziere nach dem Studium umgeplant und in neuen Verwendungsreihen gänzlich neu ausgebildet werden. Da die jungen Offizieranwärter der neuen Ausbildungsstruktur bis zum Ende des Studiums ausschließlich allgemeinmilitärisch ausgebildet sowie ihre Truppengattungen nur vorläufig zugeordnet werden, kann die Personalführung zum Ende des Studiums hin anhand aktueller Zahlen endgültig entscheiden, wie hoch der Personalbedarf jeder Truppengattung ist und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen einleiten.

Viele Dozenten an den Universitäten der Bundeswehr befürworten, dass nun auch die Heeressoldaten bereits nach 15 Monaten an die Hochschulen kommen, statt wie bisher erst nach drei Jahren des Truppendienstes. Alle Offizieranwärter seien nun auf dem gleichen Stand, da die Zeit zwischen Abitur und Beginn des Studiums in jeder Truppengattung annähernd gleich ist.

Die ersten Offiziere des 76. OAJ, diejenigen ohne Studium, waren bereits Anfang 2010 erstmals in Truppenverwendungen als Zugführer, Kompanieeinsatzoffiziere und/oder stellvertretende Kompaniechefs eingesetzt. Eine endgültige Wertung der neuen Ausbildungsstruktur ist derzeit noch verfrüht, allerdings konnten sich bisher die anfänglichen Befürchtungen nicht bewahrheiten, wonach die neue Struktur zu einem "Jobdenken" in den Reihen der Offiziere oder zu einer generell mangelhaften Ausbildungsqualität führen würde. Mitte/Ende 2011 werden die ersten Bachelorabsolventen des 76. OAJ ihre ersten Truppenverwendungen antreten. Mitte 2012 wird dann die breite Masse der Master- sowie der letzten Diplomabsolventen folgen, wonach letztendlich eine Bewertung der neuen Ausbildungsstruktur möglich sein wird.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2009. Kapitel 4.6: Ausbildung. Website des Deutschen Bundestags. Abgerufen am 31. Oktober 2010.

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