Offene Beziehung

Offene Beziehung

Eine offene Beziehung bezeichnet eine Beziehung (gewöhnlich zwischen zwei Personen), in der die Beteiligten voneinander wissentlich die Freiheit haben, auch andere Partner, insbesondere Sexualpartner zu haben. Ist ein Paar, das eine offene Beziehung vereinbart hat, verheiratet, handelt es sich um eine offene Ehe. Offene Beziehungen erweitern das Konzept der Selbstbestimmung von Individuen auf die sexuelle Selbstbestimmung innerhalb einer Beziehung und stehen insofern in Konflikt mit konventionellen Erwartungen an Beziehungen und Moralvorstellungen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Offene Beziehung versus Polyamorie

Offene Beziehung wird zuweilen als Synonym für Polyamorie oder polyamore Beziehung gebraucht, jedoch besteht ein Unterschied in der Definition der beiden Begriffe: Die Offenheit in einer offenen Beziehung beschreibt vorrangig den sexuellen Aspekt einer nicht ausschließlichen Beziehung; Polyamorie hingegen erlaubt, mehrere Bindungen (sexueller oder emotionaler Natur) einzugehen, die zu langfristigen Beziehungen führen[2]:

  • Einige Partner vereinbaren Beziehungen, die das Teilen von Sexualität außerhalb der Hauptbeziehung erlauben, aber nicht das Teilen von weitergehenden Gefühlen, z. B. Swinger; solche Beziehungen sind offen, aber nicht polyamourös.
  • Einige Partner legen in ihren Beziehungen strikte Beschränkungen dahingehend fest, welche zusätzlichen Partner (oft aus einer kleinen Gruppe) erlaubt sind und welche nicht (oft wird dies als Polyfidelity bezeichnet); diese Beziehungen sind polyamourös, aber nicht offen.
  • Einige Menschen, die Polyamory praktizieren, akzeptieren die Dichotomie „in einer Beziehung sein/nicht in einer Beziehung sein“ oder „Partner sein/nicht Partner sein“ nicht; – ohne diese Unterscheidung hat es keinen Sinn, eine Beziehung als ‚offen‘ oder ‚geschlossen‘ zu klassifizieren.
  • Einige Menschen betrachten ‚Polyamory‘ als ihre ideelle Orientierung – sie betrachten sich selbst als fähig und willens, mehrere Liebesbeziehungen zu führen –, während sie Offene Beziehung als eine Beschreibung dafür verwenden, wie sie Polyamory leben und verwirklichen. Sie würden für sich selbst sagen: „Ich bin polyamourös. Mein Hauptpartner und ich haben eine Offene Beziehung mit folgenden Regeln …“

Insgesamt gesehen überlappen sich die beiden Begriffe; von Menschen, denen der Begriff ‚Polyamory‘ nicht vertraut ist, wird die Wendung ‚Offene Beziehung‘ daher häufig anstelle des Begriffs ‚Polyamory‘ gebraucht.

Literatur

Sachliteratur:

  • Nena O'Neill: Open Marriage: A New Life Style for Couples, M. Evans, 1984, ISBN 087131438X (erstmals 1972)
  • Oliver Schott: Lob der offenen Beziehung. Über Liebe, Sex, Vernunft und Glück, Berlin 2010, ISBN 9783865057044
  • Ehe und Moral (engl. Marriage and Morals), 1929 von Bertrand Russell geschrieben, schildert basierend auf einer profunden Analyse der Prozesse und Einflüsse, die zu den Familienstrukturen des 19. Jahrhunderts geführt haben, die Zukunft der familiären Beziehungen aufgrund der einsetzenden sozialen Veränderungen. Russel plädiert darin für einen Verzicht auf Monogamie als Wertvorstellung und einem Vorrang für die Selbstbestimmung innerhalb von Partnerschaften und Ehen.
  • The Ethical Slut: A Guide to Infinite Sexual Possibilities von Dossie Easton und Janet W. Hardy (ursprünglich unter dem Pseudonym Catherine A. Liszt), Greenery Press, 1998, ISBN 1-890159-01-8. Das Buch ist 2009 in 2. Edition unter dem Titel Ethical Slut: A Roadmap for Relationship Pioneers neu erschienen. Celestial Arts, ISBN 1-58761-337-9
  • Redefining our Relationships, Wendy-O Matik, Defiant Times Press 2002, ISBN 978-1587900150
  • „Mehr als eine Liebe: Polyamouröse Beziehungen“, herausgegeben von Laura Méritt, Traude Bührmann und Nadja Boris Schefzig, ihre Erfahrungen beschreiben (Orlanda Frauenverlag, Berlin 2005).
  • „Lesbian Polyfidelity“ von Celeste West beschreibt neben – zu einem großem Teil von der sexuellen Orientierung unabhängigen – emotionalen Aspekten wie den Umgang mit Eifersucht und dem Setzen angemessener Grenzen viele praktische Gesichtspunkte wie Zeitmanagement durch Verzicht auf Unwesentliches, Kinder in nichtmonogamen Beziehungen oder die Aussichtslosigkeit von „Don’t Ask – Don’t Tell“-Beziehungen.

Biografien und Berichte

  • Nigel Nicholson: „Portrait of a Marriage“ (Biografisches Buch über die Ehe von Vita Sackville-West und Harold Nicolson, basierend auf Aufzeichnungen von Vita)
  • Manfred Flügge: „Gesprungene Liebe: die wahre Geschichte zu 'Jules und Jim' “. 1. Aufl. Aufbau-Taschenbuch-Verl., 1996. ISBN 3-7466-1333-7
  • Henri-Pierre Roché: Jules et Jim
  • Ilse Lange (Hrsg.): Arnold Zweig, Beatrice Zweig, Helene Weyl: „Komm her, wir lieben dich. Briefe“ Aufbau Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-351-03439-3
  • Jennifer Gates: „Survivors of an Open Marriage“, KiWE Publishing, Spokane, Washington 2002, ISBN 1-931195-18-8. Dieses Buch beschreibt detailliert die Entwicklung eines Paares, welches sich inspiriert durch ein Buch von Nena und George O'Neill entschließt, eine offene Ehe zu führen, und dies nach schmerzhaften Erfahrungen als bedauerlichen Fehler aufgibt und sich traditionellen Werten zuwendet.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. *Nena O'Neill: Open Marriage: A New Life Style for Couples, M. Evans, 1984, ISBN 087131438X (erstmals 1972)
  2. The Ethical Slut: A Guide to Infinite Sexual Possibilities von Dossie Easton und Janet W. Hardy (ursprünglich unter dem Pseudonym Catherine A. Liszt), Greenery Press, 1998, ISBN 1-890159-01-8.

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