Oestrich (Rheingau)

Oestrich (Rheingau)
Oestrich (Rheingau)
Koordinaten: 50° 0′ N, 8° 2′ O50.0051888.0304186Koordinaten: 50° 0′ 19″ N, 8° 1′ 49″ O
Höhe: 86 m ü. NN
Einwohner: 3.979 (1970)
Eingemeindung: 1. Juli 1972
Postleitzahl: 65375
Vorwahl: 06723

Oestrich ist ein Stadtteil von Oestrich-Winkel im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen. Seit Juni 2005 ist in diesem Stadtteil die Stadtverwaltung in einem neu errichteten Bürgerzentrum zentral untergebracht.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Oestrich ist der östliche der drei am Rhein gelegenen und baulich ineinander übergehenden Stadtteile Oestrich, Mittelheim und Winkel. Der Ort hat einen typischen Ortskern mit Marktplatz, dem alten Rathaus und der Pfarrkirche Sankt Martin, anders als die beiden anderen Stadtteile, die sich entlang der alten in Ost-West-Richtung durch den Rheingau führenden Straße entwickelt haben.

Die Oestricher Gemarkung zieht sich als Streifen von der Fahrrinne des Rheins mehr als 12 Kilometer weit über den Taunushauptkamm und den Ernstbach bis in den Hinterlandswald hinein. Die Breite der Gemarkung beträgt am Rhein etwa 2.000 Meter und schließt im Osten gerade noch Schloss Reichartshausen mit ein, führt ungefähr entlang der Landstraße nach Hallgarten, dem vierten Oestrich-Winkeler Stadtteil, weicht dann der Hallgarter Gemarkung nach Westen aus und zieht sich an Pfingstbach, Dornbach und Solderbach zum Rabenkopf und dem Grauen Stein am Rheinhöhenweg hinauf. Hier hat die Gemarkung noch eine Breite von ungefähr 1.500 bis 1.000 Meter. [2]

Oestrich ist im Osten und Norden von Weinbergen umgeben. Bis zum Waldrand überwiegt der Weinbau als landwirtschaftliche Nutzungsart.

Oestricher Kran

Im Westen reicht die bebaute Ortslage bis an die Weinberge der Mittelheimer Gemarkung heran und im Süden liegt der Ortskern nahe an der Umgehungsstraße B 42 und am Rheinufer.

Geschichte

Der Name der Stadt ist nicht genau herleitbar und erfuhr im Mittelalter mehrfach eine Wandlung in der Schreibweise: Oistrich, Ostringer, Oesterich, sowie Hostrich, Hosterecho und Hosteriche, was auf eine Ostlage innerhalb der Ursprungsgemeinde hinweist. Vor dem 12. Jahrhundert liegen wenig Überlieferungen zur Ortsgeschichte vor.

Über dreihundert Jahre lang war Oestrich der Sitz des Kurmainzischen Mittelamtes von 1465 bis 1770, das neben Oestrich, Winkel, Mittelheim und Hallgarten, die heutigen Stadtteile Oestrich-Winkels, noch Johannisberg verwaltete. Diesem Mittelamt war vom Landesherren, dem Kurfürsten und Erzbischof von Mainz, ein Verladekran zugeteilt, um hauptsächlich Weinfässer auf Rheinschiffe zur Lieferung nach Köln, Amsterdam Bremen, Frankfurt etc. zu laden. Oestrich war somit über Jahrhunderte traditioneller Warenumschlagsplatz für den Schiffsverkehr auf dem Rhein, speziell für den Wein aus dem Rheingau[3]. Bis zum Bau des landgestützten Oestricher Krans war der Verladekran ein hölzerner Schwimmkran. Dieser 1744 erbaute Alte Rheinkran oder Weinverladekran anstelle des Schwimmkrans ist heute der letzte rechtsrheinische Tretkran und grüßt als Wahrzeichen von Oestrich-Winkel die Besucher weithin über den Fluss. Bis 1926 war er für Verladearbeiten als letzter Tretkran in Deutschland in Betrieb.

Im 17. und 18. Jahrhundert bauten zahlreiche begüterte Familien ihre Herrensitze an der Rheinuferfront. Die malerischen Fachwerkbauten, umrahmt von Birken und Weiden, sind noch heute am Rheinufer zu bewundern.

Nach Auflösung des Kurstaates ging Oestrich 1803 an Nassau-Usingen und gehörte zur Zeit des Herzogtums Nassau zum Amt Eltville. Nach der Annexion des Herzogtums durch Preußen wurde der Ort 1867 dem Rheingaukreis im Regierungsbezirk Wiesbaden zugeordnet.

Im Jahr 1859 gründete Rudolph Koepp eine Chemische Fabrik in Oestrich, die zunächst Erdfarben und Zement und dann als erste in Deutschland Oxalsäure und Ameisensäure industriell produzierte.[4] Das Werksgelände dehnte sich östlich der Ortslage zwischen der Rheingaustraße und dem Rheinufer über mehr als zehn Hektar aus, verfügte über einen Gleisanschluss, einen Umschlagplatz für die Frachtschifffahrt und war bis in die 1980er Jahre der größte Arbeitgeber am Ort. Seitdem wurde ein großer Teil des Betriebsgeländes in einen Gewerbepark umgewandelt. Den Rest ist Standort der KOEPP Schaum GmbH geblieben.

Ein Relikt aus der Zeit der chemischen Fabrik ist die Kaimauer und ein stillgelegter Portalkran. Dieser für den Betriebsablauf wichtige Güterumschlagplatz erschwerte die Planungen für den Bau einer Umgehungsstraße am Rheinufer. Zum Schutz des Verkehrs auf der Bundesstraße 42 vor womöglich vom Kran herabfallenden Teilen wurde diese auf einer Länge von mehr als 100 Meter ummauert und überdacht. Dieses Bauwerk wird landläufig Oestricher Tunnel genannt. Seit 1997 waren die Kaianlagen und der Portalkran außer Betrieb. Der Portalkran wurde Anfang Juli 2009 abgebaut.

Kultur

Pfarrkirche St. Martin

Die katholische Pfarrkirche St. Martin wurde 1508 erbaut und 1635 im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden niedergebrannt. Der Wiederaufbau zog sich bis 1893 hin, als Pfarrer Rody die Restauration im spätgotischen Stil abschloss. Zu dieser Zeit wurden die Innengewölbe wieder eingezogen, die Sakristei erweitert und eine Marienkapelle und eine Beichtkapelle angebaut. An Stelle dieser Kirche ließ vermutlich Rabanus Maurus um 850, ebenfalls St. Martin geweiht, eine erste Kirche und damit die wohl älteste Pfarrei im Rheingau errichten. [5]

Literatur

  • Klaus Peter Dietel: Als der Edelmann die Jungfer nahm. Geschichte und Geschichten zur Gebietsreform im Rheingau. ASS-Verlag, Rüdesheim am Rhein 1997
  • Das Wahrzeichen der Stadt Oestrich-Winkel. Broschüre, Oestrich-Winkel

Einzelnachweise

  1. In die Zukunft investiert - Oestrich-Winkel erfolgreich mit neuem Bürgerbüro
  2. Hessisches Landesvermessungsamt: Kreiskarte 1:50.000 Wiesbaden Rheingaukreis Untertaunuskreis, Ausgabe 1969
  3. Das Wahrzeichen der Stadt Oestrich-Winkel. Broschüre, Oestrich-Winkel
  4. Firmenchronik von Koepp
  5. Pastoraler Raum Oestrich-Winkel: Sankt Martinskirche in Oestrich

Weblinks


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