Asbestose

Asbestose
Klassifikation nach ICD-10
J61 Pneumokoniose durch Asbest und sonstige anorganische Fasern
- Asbestose
ICD-10 online (WHO-Version 2011)
Röntgenbild, frühes Stadium der Asbestose

Die Asbestose ist eine Krankheit der Lunge und gehört zu den so genannten Pneumokoniosen (Staublungenkrankheiten). Sie entsteht durch eingeatmeten Staub von Asbest, dessen Verwendung aus diesem Grunde in Österreich und der Schweiz seit 1990, in Deutschland seit 1993 und EU-weit seit 2005 verboten ist.

Inhaltsverzeichnis

Pathophysiologie

Fibrose

Je nach Dauer der Exposition und Konzentration der Asbestfeinstäube sowie persönlicher Disposition führen eingeatmete Asbestpartikel nach einer Verzögerung von 15 bis 20 Jahren zu einer Fibrosierung des Lungenparenchyms in sehr unterschiedlichem Ausmaß.

Die eingeatmeten Fasern werden von Alveolarmakrophagen (Fresszellen der Lungenbläschen) aufgenommen. Die Asbestfasern können jedoch nicht vollständig abgebaut werden, so dass die Alveolarmakrophagen Botenstoffe (Interleukin 1 und Wachstumsfaktoren) abgeben. Folge ist die Einwanderung von T-Helferzellen und Granulozyten. Des Weiteren werden Fibrozyten (Lungengewebszellen) zur Bildung von Typ III-Kollagen stimuliert. Dies führt letztendlich zur Fibrosierung des Lungengewebes.

Lungenkrebs

Nach einer weiteren Latenz von insgesamt meist 25 bis 40 Jahren kann die Asbestose zur Entstehung von Lungenkrebs führen.

Asbestfasern und Lungenkarzinom, Zytologie

Lungenfellkrebs

Neben der Asbestose kann das Einatmen der Asbeststäube auch zu pleuralen Plaques und Verkalkungen führen. Auch diese können zu Krebs entarten und führen dann zum sogenannten Pleuramesotheliom (Lungenfellkrebs).

Von den verwendeten Asbestarten sind die krebserzeugenden Eigenschaften des Krokydolith wegen seiner Fasergeometrie und hohen Biobeständigkeit höher einzustufen als die des Chrysotil.

Symptome

Die auch nach Beendigung der Exposition gelegentlich fortschreitende Lungenfibrose führt zu Atemnot, Reizhusten, zähem Auswurf und im fortgeschrittenen Stadium zur Invalidität.

Diagnostik

Die Diagnose der Asbestose stützt sich im Wesentlichen auf die klinische Untersuchung (hier besonders die Auskultation der Lunge mit dem Stethoskop), die Lungenfunktionsprüfung und das Röntgenbild der Lunge. Die Computertomografie (CT) kann besonders in hochauflösender Technik die Lungenveränderungen noch früher und detaillierter darstellen als die konventionelle Röntgentechnik.

Lungenfunktionsstörung

In der Lungenfunktionsprüfung zeigt sich oft eine sogenannte restriktive Ventilationsstörung. Auch eine Diffusionsstörung (Gasaustausch) ist möglich.

ILO-Klassifikation

Die Anzeichen für eine Asbestose im Röntgenbild werden nach einem standardisierten Verfahren beschrieben. Diese ILO-Klassifikation (International Labour Office) gilt weltweit und beschreibt durch Buchstaben-Zahlen-Codes die Röntgenbildveränderungen:

Bildgüte : 1-4 = gut-unannehmbar

Lungenbefund:

  • kleine rundliche Schatten
    • p= Durchmesser < 1,5 mm
    • q= Durchmesser 1, 5-3 mm
    • r= Durchmesser 3-10 mm
  • kleine unregelmäßige Schatten
    • s= Kaliber < 1,5 mm
    • t= Kaliber 1,5-3 mm
    • u= Kaliber 3-10 mm.
  • große Schatten
    • A= Durchmesser 10-50 mm
    • B= größere oder zahlreichere Schatten als A, Schattenäquivalent < rechtes Oberfeld
    • C= Schattensumme > rechtes Oberfeld
  • Verbreitung
    • R (rechtes Lungenfeld) und
    • L (linkes Lungenfeld) werden in drei Felder unterteilt: Ober- (O), Mittel- (M) und Unterfeld (U)
  • Streuung (Abschätzung der Schattenkonzentration durch Vergleich mit Standardfilmen)
    • 0 = kleine Schatten fehlen
    • 1-3 steht für zunehmende Streuungsdichte

Pleurabefund:

  • Breite
    • a= größte Breite < 5 mm
    • b= 5-10 mm
    • c= > 10 mm
  • Ausdehnung
    • 1 = Gesamtlängen-Äquivalent bis zur Länge eines Viertels der Projektion einer seitlichen Brustwand
    • 2 = Gesamtlängen-Äquivalent von mehr als einem Viertel, aber weniger als einer Hälfte einer seitlichen Brustwand.
    • 3 = Gesamtlänge mehr als die Hälfte der Projektion einer seitlichen Brustwand.

Zwerchfellbefall Ja (J), Nein (N)

Pleuraplaques

Typisch für eine Asbestose sind verkalkende Ablagerungen (Plaques) am Lungenfell (Pleura), die in der Computertomografie dargestellt werden können. Pleuraplaques verursachen in der Regel keine Beschwerden, sind aber für die Diagnose einer Asbestose wichtig. Noch besser als im CT lassen sich Pleuraplaques im Rahmen einer Brustkorbspiegelung (Thorakoskopie) nachweisen.

Asbestkörperchen

Im Rahmen einer Bronchoalveoläre Lavage (BAL, Lungenspülung) können Proben gewonnen und untersucht werden. Mikroskopisch können bei Asbestose sogenannte Asbestkörperchen gefunden werden. Dabei handelt es sich um Asbestfasern mit eisenhaltiger Eiweißhülle. Sie entstehen wenn Alveolarmakrophagen versuchen, die zu langen Asbestfasern aufzufressen und dabei zu Grunde gehen. Die herausstehenden Asbestfasern sehen unter dem Mikroskop „Schaschlikspieß“-artig aus.

Asbestose als Berufskrankheit

Bei beruflicher Asbestexposition ist die Asbestose eine Berufskrankheit, die entschädigt wird, wenn hierdurch körperliche Funktionsschäden oder eine Krebserkrankung verursacht werden. Nach der Berufskrankheitenverordnung in der Fassung vom 5. September 2002 werden Asbestosen unter der

  • Nr. 4103 „Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura“ und der
  • Nr. 4104 „Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs
- in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)
- in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder
- bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25x10^6((Fasern/m³)xJahre))“ sowie
  • Nr. 4105 „Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Pericards
  • Nr. 4114 „Lungenkrebs durch das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis, die einer Verursachungs-wahrscheinlichkeit von mindestens 50% der Anlage 2 (Zweite Verordnung zur Änderung der BKV, BGBl. 2009 Nr. 30, S. 1273-1276) entspricht

geführt. Asbestverursachte Berufskrankheiten, dazu zählen neben der Asbestose auch das Mesotheliom und der Lungenkrebs durch Asbesteinwirkung, sind in Deutschland von recht großer Bedeutung. Im Jahr 2005 verzeichneten die Berufsgenossenschaften mehr als 3700 neue Berufskrankheiten durch Asbest[1] und mussten in 27.000 Fällen Leistungen von insgesamt weit über 300 Mio. Euro jährlich erbringen[2]. Asbest führt die Liste der krebserzeugenden Arbeitsstoffe mit großem Abstand an. 2001 waren es 1480 Fälle oder 77,1 Prozent aller als Berufskrankheit anerkannten Krebserkrankungen, die auf Asbest zurückgeführt wurden. 2005 wurden 1540 Todesfälle durch asbestverursachte Berufskrankheiten registriert[3]. Wegen des großen zeitlichen Abstands zwischen Asbestexposition und Krebsentstehung wird erst in den Jahren 2015 bis 2020 mit den meisten jährlichen Neuerkrankungen an asbestbedingtem Lungenkrebs gerechnet.

Bei asbeststaubassoziiertem Lungenkrebs stellt das Tabakrauchen einen wesentlichen zusätzlichen Risikofaktor dar, schließt aber eine Anerkennung als Berufskrankheit keineswegs aus, wenn eine berufliche Asbestexposition nachgewiesen ist und entweder eine Asbestose vorgelegen hat oder eine plausible „kumulative Asbestfaserstaubdosis“ belegt wird.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV): Dokumentation des Berufskrankheiten-Geschehens in Deutschland
  2. DGUV: Asbest-Berufskrankheiten nehmen weiter zu
  3. DGUV: Asbest macht krank - auch heute noch


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