Občanská demokratická strana

Občanská demokratická strana
Občanská demokratická strana
Demokratische Bürgerpartei
Logo der ODS
Parteivorsitzender Petr Nečas
Partei­vorsitzender Petr Nečas
Gründung 21. April 1991
Gründungs­ort Olomouc
Haupt­sitz Jánský Vršek 13, 118 00 Praha 1
Aus­richtung Konservatismus, Liberalismus, Europaskepsis, Nationalismus, Säkularismus
Farbe(n) Blau
Parlamentsmandate 53 von 200
Europapartei AECR
EP-Fraktion ECR
Website www.ods.cz

Die Demokratische Bürgerpartei (tschechisch: Občanská demokratická strana, [ˈoptʃanskaː ˈdɛmokratɪtskaː ˈstrana]; abgekürzt ODS) ist eine konservative politische Partei in Tschechien.

Sie war im Jahr 2010 nach der ČSSD die zweitstärkste politische Partei in der Abgeordnetenkammer der Tschechischen Republik. Im Senat ist sie zurzeit (2008) die stärkste Partei (35 von 81 Stimmen), im Europäischen Parlament stellt sie 9 der 24 tschechischen Abgeordneten (Legislaturperiode 2004-09). Nach der Mitgliederzahl ist sie die drittgrößte Partei (nach KSČM und KDU-ČSL). Die bedeutendsten Repräsentanten der Partei sind der frühere tschechische Premierminister Mirek Topolánek und der amtierende Präsident und frühere Regierungschef und Finanzminister (der Tschechoslowakei) Václav Klaus.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Die ODS war seit der Auflösung der Tschechoslowakei eine der einflussreichsten Kräfte. Sie gewann jeweils die Wahlen zum Abgeordnetenhaus 1992 und 1996, Václav Klaus wurde Ministerpräsident. 1997 kam es jedoch zu einer Krise: die lahmende Konjunktur und eine Parteispendenaffäre ließen Kritik am Parteivorsitzenden Klaus aufkommen. Während seines Aufenthaltes in Sarajevo forderten die stellvertretenden Vorsitzenden Jan Ruml und Ivan Pilip seinen Rücktritt. Dieses führte zum Austritt der Koalitionspartner KDU-ČSL und ODA aus der Regierung, im Endeffekt auch zur Demission Klaus´. Dieser Vorgang ist in der Geschichte der Partei auch als „Sarajevo-Attentat“ bekannt. Václav Klaus konnte trotzdem den Parteivorsitz verteidigen, während Pilip und Ruml eine neue Partei, die „Unie svobody“ (US, Freiheitsunion) gründeten. Bis zu den vorgezogenen Neuwahlen wurde Tschechien von einer Beamtenregierung unter Vorsitz von Staatsbank-Gouverneur Josef Tošovský geleitet.

Bei den Neuwahlen konnte sich die ODS mit 28% hinter der ČSSD als zweitstärkste Partei behaupten. Die ČSSD bildete eine Minderheitsregierung unter Miloš Zeman, welche von der ODS im Rahmen eines „Oppositionsvertrages“ toleriert wurde. Als Ausgleich wurde Václav Klaus zum Präsidenten der Abgeordnetenkammer gewählt.

Die Parlamentswahl 2002 endete für die ODS mit 24,5% und zugleich einem historisch schlechtem Ergebnis. Die ČSSD bildete eine Koalition mit der KDU-ČSL, der US-DEU und war daher auf die Zusammenarbeit mit der ODS nicht mehr angewiesen. Václav Klaus wurde nicht mehr zum Parlamentspräsidenten gewählt und stellte auch seinen Posten als Parteivorsitzender zur Verfügung. Zu seinem Nachfolger wurde Mirek Topolánek gewählt, obwohl Václav Klaus seine Kandidatur nicht unterstützte.

Seit dieser Zeit konnte die ODS sich jedoch wieder stabilisieren. Interne Streitigkeiten der Regierungsparteien und der ČSSD führten dazu, dass sich Václav Klaus als Kandidat der ODS bei den Präsidentenwahlen 2003 überraschend durchsetzen konnte. Die ODS gewann auch in den folgenden Wahlen hinzu. Sie gewann die Senatswahlen 2004 und 2006, die Europawahlen 2004 und die Wahlen zu den Regionalparlamenten jeweils mit Abstand als stärkste Partei.

Bei den Parlamentswahlen im Juni 2006 wurde sie mit 35,4 % wieder stärkste politische Kraft im Abgeordnetenhaus. Jedoch lähmte ein Patt zwischen rechtem und linken Lager. Nachdem eine Minderheitsregierung der ODS keine Mehrheit im Abgeordnetenhaus gefunden hatte, bildete Topolánek im Januar 2007 eine Koalitionsregierung aus ODS, KDU-ČSL und Strana zelených (Partei der Grünen). Diese war jedoch im Parlament auf die Unterstützung von Überläufern aus der ČSSD angewiesen. Die Regierung konnte sich in Folge von Fraktionsaustritten aus der ODS und der SZ-Fraktion nicht mehr auf eine sichere Mehrheit im Parlament stützen. Nachdem die ODS bei den Senatswahlen und Regionalwahlen 2008 massiv an Stimmen verloren hatte, war die Position von Mirek Topolánek weiter geschwächt. Auf dem Parteikongress vom 5. bis 7. Dezember 2008 kam es zur Kampfabstimmung zwischen Topolánek und dem Prager Oberbürgermeister Pavel Bém, bei welcher sich Topolánek mit 63,7% durchsetzte. Inzwischen spekuliert auch Václav Klaus offen über einen Bruch mit der von ihm gegründeten ODS und legte am 6. Dezember 2008 den Ehrenvorsitz der Partei nieder. Er kündigte an, die Gründung einer neuen europaskeptischen Partei unterstützen zu wollen, da die ODS mittlerweile zu europafreundliche Positionen vertrete. Insbesondere spricht sich ein Großteil der Partei inklusive Topolánek für die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon aus und stimmten im Abgeordnetenhaus auch für die Ratifizierung. Einige Abgeordnete, insbesondere der ehemalige Finanzminister Vlastimil Tlustý trugen diese Haltung jedoch nicht mit. Der schon länger als „Rebell“ bezeichnete Tlustý stimmte infolgedessen bei dem im März 2009 von der ČSSD eingebrachten Misstrauensvotum gegen den eigenen Ministerpräsidenten und stürzte dadurch die Regierung der ODS. Er wurde daraufhin aus der Partei ausgeschlossen und kandidiert für die inzwischen auch in Tschechien neu gegründete Partei Libertas des irischen Euroskeptikers Declan Ganley. Nach umstrittenen Äußerungen über Juden, Homosexuelle und die Kirche musste Topolánek seine Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahlen 2010 auf Druck der Parteiführung im März 2010 aufgeben und wurde durch den ehemaligen Sozialminister und stellvertretenden Parteivorsitzenden Petr Nečas ersetzt. Am 1. April 2010 kündigte Topolánek auch seinen Rücktritt als Parteivorsitzender und die Übergabe der Amtsgeschäfte an Petr Nečas an.[1] Er wurde am 20. Juni 2010 mit 87% der Delegiertenstimmen offiziell zum dritten Vorsitzenden der ODS gewählt.

Bei den Abgeordnetenhauswahlen 2010 erreichte die Partei nur noch 20,22 %, ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Sie stellt mit 53 Abgeordneten die zweitgrößte Fraktion im Abgeordnetenhaus. Am 13. Juli 2010 wurde die Regierung Nečas angelobt, die auf Basis einer Koalition mit TOP 09 und Věci veřejné gebildet werden konnte.

Politische Einordnung

Im europäischen Parteienspektrum ist die ODS als konservativ und wirtschaftsliberal einzuordnen. Obwohl sie selbst in ihrer Regierungszeit den Beitritt zur Europäischen Union betrieben hat, ist sie inzwischen in Teilen eher europaskeptisch. Im Europäischen Parlament waren die Abgeordneten der ODS bis 2009 Mitglieder der Europäischen Demokraten, die zusammen mit der christdemokratischen Europäischen Volkspartei die EVP-ED-Fraktion bilden. Diese Zusammenarbeit mit der EVP wurde jedoch von beiden Seiten wegen der EU-kritischen Haltung der ODS und wegen ihrer eher nationalistischen, liberalen und säkularen Prägung mit Skepsis betrachtet. Im Juli 2006 gründete die ODS daher zusammen mit der britischen Conservative Party die Bewegung für Europäische Reform, die nach der Europawahl 2009 zur Gründung der neuen Europaparlamentsfraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR) sowie einer neuen Europapartei, der Allianz der Europäischen Konservativen und Reformisten (AECR) führte.

Geschichte

Die ODS entstand im April 1991 nach der Spaltung des am 19. November 1989 gegründeten Bürgerforums/Občanské fórum (OF) in die ODS und die OH (Občanské hnutí/Bürgerbewegung).

  • 19. November 1989 Das Bürgerforum wird gegründet.
  • 17. Oktober 1990 Der heutige tschechische Präsident Václav Klaus wird zum Vorsitzenden des Bürgerforums gewählt.
  • 12. Januar 1991 Auf dem Kongress des OF in Hostivař wird ein neues Programm verabschiedet, Spannungen zwischen den rechten und linken Flügeln des OF werden deutlich.
  • 23. Februar 1991 Die „Scheidungsversammlung“ („rozlučkový sněm“) des OF findet in Prag statt.
  • 4. März 1991 Das „Vorbereitungskomitee“ („přípravný výbor“) der ODS wird durchgeführt.
  • 20. April - 21. April 1991 Gründungskongress der ODS in Olomouc.
  • 15. November 2002 Mirek Topolánek wird neuer Vorsitzender.
  • 7. Dezember 2008 In einer Kampfabstimmung um den Parteivorsitz setzt sich Mirek Topolánek gegen den Prager Oberbürgermeister Pavel Bém mit 63,7% durch.
  • 25. März 2010 Mirek Topolánek wird als Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahlen 2010 durch Petr Nečas ersetzt.
  • 1. April 2010 Topolánek gibt seinen Rücktritt als Parteivorsitzender bekannt.
  • 29. Mai 2010 bei den Parlamentswahlen in der Tschechischen Republik 2010 erreicht die Partei mit 22,2% ihr historisch schlechtestes Ergebnis.
  • 20. Juni 2010 Petr Nečas wird auf dem Parteitag mit 87% der Delegiertenstimmen offiziell zum dritten Parteivorsitzenden gewählt.

Ergebnisse bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus

  • 1992: 29,7 % - 76 Sitze
  • 1994: 29,6 % - 68 Sitze
  • 1998: 27,7 % - 63 Sitze
  • 2002: 24,5 % - 58 Sitze
  • 2006: 35,4 % - 81 Sitze
  • 2010: 22,2 % - 53 Sitze

Weblinks

 Commons: Občanská demokratická strana – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Radio Praha (abgerufen am 5. April 2010)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Občanská Demokratická Strana — Logo der Partei Die Demokratische Bürgerpartei (tschechisch: Občanská demokratická strana, [ˈoptʃanskaː ˈdɛmokratɪtskaː ˈstrana]; abgekürzt ODS) ist zurzeit (2006) vor der ČSSD die stärkste politische Partei in der Abgeordnetenkammer der… …   Deutsch Wikipedia

  • Obcanska demokraticka strana — Parti démocratique civique (République tchèque) Le Parti démocratique civique (en tchèque : Občanská demokratická strana abrégé en ODS) est un parti politique tchèque de type conservateur libéral et eurosceptique. L ODS est le principal… …   Wikipédia en Français

  • Občanská demokratická strana — Parti démocratique civique (République tchèque) Le Parti démocratique civique (en tchèque : Občanská demokratická strana abrégé en ODS) est un parti politique tchèque de type conservateur libéral et eurosceptique. L ODS est le principal… …   Wikipédia en Français

  • Občanská demokratická alliance — Občanská demokratická aliance (ODA), zu deutsch Demokratische Bürgerallianz war eine liberal konservative Partei in Tschechien, die von 1989 bis 2007 bestand. Geschichte Aus Kreisen der tschechoslowakischen Dissidentenbewegung der 1980er Jahre… …   Deutsch Wikipedia

  • Občanská demokratická aliance — Demokratische Bürgerallianz Partei­vorsitzende Jiřina Nováková (2002 2007) …   Deutsch Wikipedia

  • Slovenská demokratická a kresťanská únia - Demokratická strana — Die Slowakische Demokratische und Christliche Union – Demokratische Partei (slowak.: Slovenská demokratická a kresťanská únia – Demokratická strana, SDKÚ–DS) ist eine Partei der Slowakei. Die SDKÚ entstand im Jahr 2000. Sie wurde vom damaligen… …   Deutsch Wikipedia

  • Strana maďarskej koalície — Dieser Artikel beschreibt eine ungarische Partei. Für den Schießwettkampf Monte Kali Pokal (MKP) siehe hier. Die Partei der ungarischen Koalition ( ungarisch: Magyar Koalíció Pártja MKP; slowak.: Strana maďarskej koalície SMK) ist eine Partei in… …   Deutsch Wikipedia

  • Křesťanská a demokratická unie - Československá strana lidová — Logo der Partei Die Christliche und Demokratische Union – Tschechoslowakische Volkspartei, mit tschechischem Originalnamen Křesťanská a demokratická unie – Československá strana lidová (kurz auch als lidovci bezeichnet), ist eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Křesťanská a demokratická unie – Československá strana lidová — Logo der Partei Die Christliche und Demokratische Union – Tschechoslowakische Volkspartei, mit tschechischem Originalnamen Křesťanská a demokratická unie – Československá strana lidová (kurz auch als lidovci bezeichnet), ist eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Slovenska Demokraticka a Krestanska Unia — Die Slowakische Demokratische und Christliche Union – Demokratische Partei (slowak.: Slovenská demokratická a kresťanská únia – Demokratická strana, SDKÚ–DS) ist eine Partei der Slowakei. Die SDKÚ entstand im Jahr 2000. Sie wurde vom damaligen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”