Obskurantistisch

Obskurantistisch

Obskurität bezeichnet eine Verdunkelung im übertragenen Sinne einer Unklarheit. Das zugehörige Adjektiv obskur wird im Deutschen seit dem 17. Jahrhundert in der Bedeutung „dunkel, unbekannt, verdächtig, [von] zweifelhafter Herkunft“ verwendet. Das Wort ist aus dem gleichbedeutenden lateinischen ob-scurus entlehnt, welches in der ursprünglichen Bedeutung „bedeckt“ zu der indogermanischen Wortwurzel *[s]keu- „bedecken“ gehört.[1]

Obskurantismus

Im Zusammenhang mit dem Zeitalter der Aufklärung wurde der Begriff Obskurantismus geprägt, der auf die im frühen 16. Jahrhundert erschienenen sog. Dunkelmännerbriefe, lat. Epistolae obscurorum virorum, zurückgeht. Er beschreibt keine feststehende Weltanschauung. Obskurantismus und die Bezeichnung für dessen Anhänger, Obskurant, wurden vielmehr als Vorwurf etabliert. Diejenigen, die sich als Vertreter einer der Aufklärung verpflichteten Denkweise sahen, benutzten das Wort als rhetorische Allzweckwaffe. Die Anderen, deren Positionen ihnen als „anti-aufklärerisch“, „metaphysisch“ oder „religiös“ galten, wurden mit der Anschuldigung, Anhänger eines Obskurantismus zu sein, belegt. Als quasi Gegenanschuldigung kann Szientizismus gelten.

Heinrich Heine schätzte Anfang des 19. Jahrhunderts das Wort und ordnete zahlreiche Zeitgenossen, insbesondere die Anhänger einer rückwärtsgewandten Romantik, dem Obskurantismus zu. Den Protagonisten im Spottgedicht Der neue Alexander (III) lässt er über sich sagen, er sei „ein aufgeklärter Obskurant, und weder Hengst noch Stute!“

Friedrich Nietzsche schreibt im Text Die Obskuranten[2] (1879) über Obskurantismus und Immanuel Kant:

„Das Wesentliche an der schwarzen Kunst des Obskurantismus ist nicht, dass er die Köpfe verdunkeln will, sondern dass er das Bild der Welt anschwärzen, unsere Vorstellung vom Dasein verdunkeln will. […] Spitzfindige Metaphysiker, welche die Skepsis vorbereiten und durch ihren übermäßigen Scharfsinn zum Misstrauen gegen den Scharfsinn auffordern, sind gute Werkzeuge eines feineren Obskurantismus. – Ist es möglich, dass selbst Kant in dieser Absicht verwendet werden kann? ja dass er, nach seiner eignen berüchtigten Erklärung, etwas Derartiges, wenigstens zeitweilig, gewollt hat: dem Glauben Bahn machen dadurch, dass er dem Wissen seine Schranken wies? – was ihm nun freilich nicht gelungen ist, ihm sowenig wie seinen Nachfolgern auf den Wolfs- und Fuchsgängen dieses höchst verfeinerten und gefährlichen Obskurantismus, […]“

Meyers Konversationslexikon in der Ausgabe von 1888 erklärt die Obskuranten schließlich zu „Finsterlingen“:

„Obskurantismus (lat.), Gegensatz zu Aufklärung (s. d.), sowohl die Hinneigung zur geistigen Dämmerung als das System, alle Aufklärung von andern abzuhalten. Die Anhänger des O. heißen Obskuranten (Finsterlinge).“

Der Begriff Obskurantismus findet sich insbesondere als Terminus in Texten, die unmittelbar mit der Epoche der Aufklärung oder dem damit verbundenen Gedankengut im Zusammenhang stehen. Im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch galt er – anders als das Adjektiv obskur – zwischenzeitlich bereits als ungebräuchlich.[3] In aktuellen Wörterbüchern und Lexika ist der Begriff Obskurantismus jedoch weiterhin präsent, als Bestreben andere Menschen absichtlich „in Unwissenheit zu halten, ihr selbstständiges Denken zu verhindern und sie an Übernatürliches glauben zu lassen.“[4]

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Bedeutung und Entlehnungsgeschichte des Adjektivs nach Duden „Etymologie“ – Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, Dudenverlag, 19892
  2. Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister, Zweiter Band: Meinungen und Sprüche 1–39, 27. Die Obskuranten, 1879
  3. Duden Fremdwörterbuch 1960 zu Obskurant: „veraltet für Dunkelmann, Finsterling“, Obskurantismus: „veraltet für Denkart der Dunkelmänner; Verdummungseifer“
  4. nach Meyers Lexikon online Stand 2007-04-16

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