O Heiland, reiß die Himmel auf

O Heiland, reiß die Himmel auf

O Heiland, reiß die Himmel auf ist ein kirchliches Adventslied von Friedrich Spee (1591–1635).

Inhaltsverzeichnis

Überlieferung

Erstmals veröffentlicht wurde das Lied in einer in Würzburg gedruckten katechetischen Liedersammlung im Jahr 1622. 1666 wurde dem Lied die bis heute gesungene Melodie aus dem Rheinfelsischen Gesangbuch beigelegt.

Das Lied thematisiert in eindrücklicher barocktypischer Weise die erwartungsvolle Sehnsucht nach dem Erlöser, die als ein besonderer Ausdruck der adventlichen Hoffnung begriffen wurde. Es fand alsbald Eingang in die Reihe der Adventslieder kirchlicher Liedersammlungen.

Im evangelischen Gesangbuch gibt es darüber hinaus eine zusätzliche, nicht aus Spees Hand stammende siebte Strophe.

Inhalt

Das Lied, das heute u.a. in den Rorate-Messen der Adventszeit gesungen wird, bezieht sich auf eine Stelle aus dem Buch Jesaja, in der Fassung der Vulgata: „Rorate coeli de super, et nubes pluant justum: aperiatur terra, et germinet Salvatorem“ (Jes 45,8 VUL), zu deutsch: „Tauet, ihr Himmel, von oben, und die Wolken mögen den Gerechten regnen: es öffne sich die Erde, und sie sprieße den Heiland“.

Der Beginn des Lieds schließt zudem an einen anderen Ruf Jesajas an: „Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen“ (Jes 64,1 LUT) (andere Zählung 64,1). Der Text bedient sich zahlreicher dynamischer Verben (reißen, gießen, fließen, brechen, regnen, ausschlagen, springen) und emphatischer Interjektionen aus dem Bereich der Klage („O, Ach“).

Während die Strophen 1–3 durch die Hoffnungsbilder Himmel, Tau und Erde eine thematische Einheit bilden, verbinden sich auf der anderen Seite die Strophen 4–6 durch dunkle Bilder (Jammertal, Finsternis, Not, „ewig Tod“ und Elend), die jeweils mit den Hoffnungsbildern „Sonne“, „Stern“, „Trost“ und „starke Hand“ korrelieren. Eine historische Einbindung in die Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges ist dabei nicht auszuschließen.

Das Lied ist im Gotteslob (GL 105), im Evangelischen Gesangbuch (EG 7), im freikirchlichen Gesangbuch Feiern & Loben (FL 189) und im Mennonitischen Gesangbuch (MG 244) zu finden.

Bearbeitungen

Bearbeitungen des Chorals finden sich u.a. bei Johannes Brahms, Johann Nepomuk David, Hugo Distler, Johannes Weyrauch oder Richard Wetz (Weihnachtsoratorium).

Liedtext

O Heiland, reiß die Himmel auf,
Herab, herab, vom Himmel lauf!
Reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
Reiß ab, wo Schloß und Riegel für!
O Gott, ein’ Tau vom Himmel gieß;
Im Tau herab, o Heiland, fließ.
Ihr Wolken, brecht und regnet aus
Den König über Jakobs Haus.
O Erd’, schlag aus, schlag aus, o Erd’,
Daß Berg und Tal grün alles werd’
O Erd’, herfür dies Blümlein bring,
O Heiland, aus der Erden spring.
Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt,
Darauf sie all’ ihr’ Hoffnung stellt?
O komm, ach komm vom höchsten Saal,
Komm tröst uns hie im Jammertal.
O klare Sonn’, du schöner Stern,
Dich wollten wir anschauen gern.
O Sonn’, geh auf, ohn’ deinen Schein
In Finsternis wir alle sein.
Hie leiden wir die größte Not,
Vor Augen steht der ewig’ Tod;
Ach komm, führ uns mit starker Hand
Vom Elend zu dem Vaterland.

Später hinzugefügt (nicht im Original):

Da wollen wir all’ danken dir,
Unserm Erlöser, für und für.
Da wollen wir all’ loben dich
Je allzeit immer und ewiglich.

Literatur

  • Joachim Pritzkat: O Heiland, reiß die Himmel auf. Zur 374jährigen Geschichte eines Liedes von Friedrich von Spee; in: Hermann Kurzke, Hermann Ühlein (Hrsg.): Kirchenlied interdisziplinär: Hymnologische Beiträge aus Germanistik, Theologie und Musikwissenschaft; Frankfurt a.M.: Peter Lang, 20022; ISBN 3-631-38738-5; S. 131–172.
  • Joachim Pritzkat: Wo bleibstu Trost der gantzen Welt? Zur Spannung zwischen Diesseitsangst und Jenseitshoffnung bei Friedrich von Spee und Andreas Gryphius; in: Spee-Jahrbuch 5 (1998), S. 107–116. ISSN 0947-0735
  • Johanna Schell: O Heiland reiß die Himmel auf; in: Hans-Christian Drömann, Gerhard Hahn, Jürgen Henkys: Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch, Heft 2; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2001; ISBN 3-525-50321-0; S. 3–6

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