Nußdorf (Wien)

Nußdorf (Wien)

Nußdorf war bis 1892 eine eigenständige Gemeinde und ist heute ein Stadtteil Wiens im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling sowie eine der 89 Wiener Katastralgemeinden.

Nußdorf
Wappen Karte
Wappen von Nußdorf

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Nußdorf liegt beiderseits des Nußbachs (Schreiberbach) an dessen Mündung in den Donaukanal. Der Ort erstreckt sich im Süden bis zur Grinzingerstraße, im Norden längs der Heiligenstädter Straße und am Donauufer bis zur Grenze des Kahlenbergerdorfs. Die Fläche der Katastralgemeinde beträgt 226,84 ha. Ihr Gebiet gehört zum statistischen Zählbezirk Nußdorf-Kahlenbergerdorf. Ursprünglich bestand auf dem Gebiet von Nußdorf auch die Siedlung (Alt)-Urfar am Donauufer.

Geschichte

Namensherkunft

Nußdorf wurde urkundlich erstmals 1114 in einer Urkunde des Stifts Klosterneuburg als Nuzdorf genannt. Der Name des Ortes Nußdorf leitet sich von den zahlreichen Walnussbäumen und Haselnusssträuchern ab. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts bestanden im Ort Nussbaumalleen. Andere leiten den Namen jedoch auch vom slawischen Wort für elend oder dürftig ab.

Nußdorf im Mittelalter

Historiker halten die Greinergasse mit den Einmündungen der Hammerschmidtgasse, der Sickenberggasse und der Kahlenberger Straße für den ursprünglichen Ortskern, da er am ehesten einer mittelalterlichen Dorfstruktur entspricht. Die Bewohner waren Bauern, die im wesentlichen für den Eigenbedarf produzierten. Auch der Fang von Krebsen und Fischen im westlichsten Arm der Donau (heute Heiligenstädter Straße) spielte eine Rolle. Für den Verkauf wurde Wein angebaut.

Nach dem Namen der Siedlung benannte sich ab dem 12. Jahrhundert auch das Geschlecht der Herren von Nußdorf. Ende des 14. Jahrhunderts starb dieses Geschlecht jedoch aus. Der Weinbau war in Nußdorf der wichtigste Erwerbszweig, zahlreiche Klöster und Stifte besaßen schon früh Weingärten in diesem Gebiet, insbesondere das nahe Stift Klosterneuburg. Durch den Weinbau kam Nußdorf auch zu Wohlstand. Einträglich für Nussdorf war darüber hinaus das Fährrecht, das heißt das Recht zum Transport von Waren und Menschen über die Donau. Am Donauufer entstand deshalb der Ort Urfar (abgeleitet vom Wort „Überfahrt“, vgl. Linz-Urfahr), der jedoch immer nur aus wenigen Hütten bestand. Sie dienten als Unterkünfte für die Fährleute oder Reisende. Am Donauufer gelegen, wurde die Siedlung jedoch oft überschwemmt und verlor durch den Bau der ersten großen Donaubrücke völlig an Bedeutung und verschwand schließlich zur Gänze.

Nußdorf in der Neuzeit

Nußdorfer Pfarrkirche

Im 15. Jahrhundert besaß der Ort bereits eine Kapelle, die dem Apostel Thomas geweiht war. Wie die umliegenden Dörfer litt auch Nußdorf schwer unter den Zerstörungen durch ungarische Truppen 1484, Matthias Corvinus ließ in Nußdorf aber auch Schanzen anlegen. Schwere Zerstörungen forderten ebenso die Türkenbelagerungen 1529 und 1683 sowie die Plünderungen der Franzosen 1805 und 1809. Der Ort konnte sich von diesen Zerstörungen immer nur sehr schwer erholen, dennoch entstanden über die Jahre zahlreiche Wirtschaftsgebäude. In diesen, immerhin fünfzehn Freihöfen, lebten Kleinadelige, die gegenüber der Grundherrschaft abgabenfrei waren. Mit der Nußdorfer Pfarrkirche erhielt Nußdorf 1787 eine eigene Pfarrkirche, finanziert wurde sie durch die Aufhebung einiger Ordens-Grundherrschaften auf dem Bezirksgebiet durch Joseph II. Der Weinbau machte die Nußdorfer wohlhabend. 1820 war mehr als die Hälfte der Nutzfläche mit Weingärten bedeckt. Zudem wurde 1819 die Nußdorfer Brauerei errichtet und die Kahlenbergbahn auf den Kahlenberg machte Nußdorf im 19. Jahrhundert zu einem beliebten Ausflugsziel der Wiener. Auch die Bevölkerung von Nußdorf wuchs rasant an. 1795 bestand der Ort aus 109 Häusern mit 865 Einwohnern, 1808 lebten bereits 1.265 Menschen in 120 Häusern. Lebten 1832 in 152 Häusern noch 1.503 Menschen, so waren es 1890 bereits 5.191 Einwohner. Der heutige Pfarrfriedhof Nußdorf wurde 1867 geweiht.

1892 wurde Nußdorf gemeinsam mit den benachbarten Wiener Vororten Sievering, Grinzing, Oberdöbling, Unterdöbling, Heiligenstadt und dem Kahlenbergerdorf zu Wien eingemeindet.

Wirtschaft

Anfang des 19. Jahrhunderts war der Weinanbau in Nußdorf bedeutend und dominant. Mehr als die Hälfte der Nutzfläche war mit Weingärten bedeckt, weitere 20 Prozent von Ackerflächen und Obstgärten.

Zweites Standbein der Nußdorfer Wirtschaft war lange Zeit der Nußdorfer Hafen. Seit dem 16. Jahrhundert war er der wichtigste Donauhafen Wiens, da die dahinterliegende Schifffahrtsrinne sehr schmal war. Waren wurden hier von größeren Schiffen und Flössen auf kleinere Schiffe oder Wagen umgeladen und nach Wien gebracht. Da sich die Händler länger in Nußdorf aufhielten, entstanden auch zahlreiche Gaststätten und Herbergen, eine Mautstelle wurde 1675 eingerichtet. Handels- und Umschlagsplatz war der heutige Nußdorfer Platz, gehandelt wurden besonders Getreide, Salz, Tiere und Tierprodukte, Obst sowie Ton- und Holzwaren. Durch die Donauregulierung 1870–1875 verlor der Hafen aber über Nacht seine Bedeutung. Der flussaufwärts beim Kahlenbergerdorf angelegte Kuchelauer Hafen erlangte nie eine annähernde Bedeutung.

Die Nußdorfer Wehr- und Schleusenanlage(errichtet zwischen 1894 und 1899)und das Kaiserbadwehr waren die einzigen wasserbautechnischen Bauwerke, die für die Verwirklichung des geplanten Hafens im Donaukanal in die Realität umgesetzt wurden. Otto Wagner erstellte die Pläne für die architektonische Gestaltung des Wehrs mit der Schemerlbrücke. Unterhalb des Wehrs wurde ohne außen sichtbare Veränderung das Kraftwerk Nußdorf errichtet.

Ende des 18. Jahrhunderts siedelte sich die ersten großen Gewerbebetriebe in Nußdorf an. 1783 wurde eine Weinstein- und Weinessig-Fabrik gegründet, die die Produkte und Abfälle des Weinbaus nutzte. Die Fabrik erzeugt auch Rum und Franzbranntwein und exportierte die Produkte bis Russland und Bayern. Im Jahr 1800 wurde vom Staat außerdem eine Salmiak- und Salzprodukt-Fabrik errichtet, in der der Urin der Gaststätten verarbeitet wurde. Auch diese Fabrik konnte seine Produkte ins Ausland exportieren, musste jedoch 1840 schließen. Bedeutung erlangte auch die Schön- und Schwarzfärberei des Ignaz Hackhofer. Zu einer der bekanntesten Betrieben des Bezirksgebietes entwickelte sich weiters die 1819 gegründete Nußdorfer Brauerei in der Hackhofergasse 9.

Nußdorfer Brauerei

Das Brauereigebäude war ursprünglich 1690 vom Jesuitenorden als Collegium für Studenten der Theologie erbaut worden. Nach der Auflösung des Ordens 1713 diente es in der Folge als Waffendepot, danach kam es in Privatbesitz. 1815 kaufte schließlich der Industrielle Franz Xaver Bosch das Haus, in dem er 1818 die Nußdorfer Brauerei gründete. 1842 wurde zusätzlich ein Aussichtsturm mit Biergarten errichtet. Nach dem Tod Boschs übernahm sein Schwiegersohn Karl Adolf Freiherr Bachofen von Echt die Geschäfte. Die Brauerei expandierte, wurde zum Hoflieferanten und exportierte Bier bis nach Übersee. Nachdem die Brauerei 1950 von der Brauerei Schwechat übernommen worden war, wurde das Gebäude 1965 bis auf die unter Denkmalschutz gestellte Hauptfront abgebrochen und mit Reihenhäusern verbaut.

Persönlichkeiten

Siehe auch

Weblinks

48.25944444444416.3641666666677Koordinaten: 48° 16′ N, 16° 22′ O


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