Nuraghenkultur

Nuraghenkultur
Kulturenfolge
Sardisch-Korsische Typenreihe
Nuraghe la Prisciona / Nuragendorf bei Arzachena in der Provinz Olbia-Tempio in der Gallura auf Sardinien

Die Nuraghenkultur auf Sardinien entwickelte sich etwa um 1800 v. Chr. während der Bronzezeit aus der Bonnanaro-Kultur. Sie wurde nach den von ihr errichteten Steintürmen, den Nuraghen, benannt.

Inhaltsverzeichnis

Bauwerke

Die Nuragher bauten auch Gigantengräber (Madau, Muraguada) und prägten die Spätform der sardischen Felsgräber (Mesu 'e Montes, Molafa, Su Carralzu, Sos Furrighesos). Sie erbauten ebenso Brunnenheiligtümer (Sa Testa, Santa Cristina, Santa Vittoria, Su Tempiesu etc.). Zwischen 1200 und 900 v. Chr. entstanden Nuraghen-Komplexe wie Barumini, Santu Antine und Sa Domu e S'Orcu in Orroli. Von 1000 bis 700 v. Chr. wurde die Nuraghenkultur eisenzeitlich. In der Spätphase 900–500 v. Chr. entstanden besonders in der Provinz Nuoro, Nuraghensiedlungen, die eine andere, zum Teil nuraghenlose Form der Kultplatzgestaltung darstellen (Serra Orrios, Barumini und Tiscali).

Geschichte

Die Nuraghenkultur wird von Paolo Melis in fünf Haupt- und insgesamt neun Unterphasen eingeteilt:

  • 1a Sa Turricula oder Bonnanaro III oder B
  • 1b San Cosimo oder ceramica metopale
  • 2 Ceramica pettine / grigia
  • 3 Ceramica pregeometrica
  • 4a Geometrico
  • 4b Orientalizzante
  • 4c Arcaico
  • 5a Punico
  • 5b Romano

Die Nuragher pflegten ab etwa 1600 v. Chr. wirtschaftliche Beziehungen zum östlichen Mittelmeerraum (Minoer und Mykener). Barren in Form einer Ochsenhaut waren zu dieser Zeit die typische Handelsform für Kupfer im Mittelmeerraum. Der Ursprung wird auf Zypern vermutet. Die meisten wurden aber auf Sardinien gefunden, wo nur wenig Kupfer gefördert wurde. Eine Spurenelementanalyse und massenspektrometrische Untersuchung von spätbronzezeitlichen Kupfer- und Bronzefunden aus Sardinien sowie von Kupfererzen erbrachte das Ergebnis, dass sämtliche sardischen Ochsenhautbarren von Zypern stammen, während die respektabelen Kupfer- und Bronzegegenstände der Nuragher aus einheimischem Kupfer gefertigt sind. Einen Kupferexport der von Sardinien ausging gab es selbst in der späten Bronzezeit also nicht. Kupfer war auf Sardinien begehrt. Womit die Nuragher im Gegenzug Handel mit Mykonos und Zypern trieben, bleibt offen.

Fremdeinfluss

Als die Mykenische Kultur ca. 1050 v. Chr. endgültig unterging, gewannen die Phönizier die Seeherrschaft im Mittelmeer. Sie errichteten ab 650 v. Chr. mit Einverständnis der Nuragher Niederlassungen, begannen aber 550 v. Chr. die Insel zu kolonialisieren. Die in Bedrängnis geratenden Nuragher griffen die Nachfolger der Phönizier, die Punier, 509 v. Chr. an und waren auch siegreich. Es folgte letztlich aber doch eine großräumige Besetzung durch die Karthager (von den Römern Punier genannt). Zwischen 500 und 238 v. Chr. brachten sie die für sie interessanten Teile, mehrheitlich auf der Westhälfte der Insel, unter ihre Herrschaft und errichteten mehrere Orte (Bosa, Bythia (Chia), Cagliari, Cornus, Nora, Olbia, Sulki (Sant’Antioco) und Tharros). Das führte zu ethnischen und kulturellen Verschmelzungen. Die Nuraghenkultur, die durch ihre Bronzefiguren einmalige Kulturgüter schuf, ging dabei unter.

Die Bautechniken der zeitgleichen Torre-Kultur auf Korsika, der Sesioten auf Pantelleria sowie der Talayot-Kultur auf den Balearen sind vergleichbar mit denen der Nuragher.

Siehe auch

Literatur

  • Paolo Melis: Nuraghenkultur. Carlo Delfino editore, Sassari 2003, ISBN 88-7138-276-5
  • Jürgen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas Bd. 36) 2003. ISBN 3-930036-70-3
  • Giorgio Stacul: Arte della Sardegna nuragica. Mailand 1961
  • Gustau Navarro i Barba: La Cultura Nuràgica de Sardenya. Edicions dels A.L.I.LL., Barcelona 2010. ISBN 978-84-613-9278-0.

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