Nuno José Severo de Mendoça Rolim de Moura Barreto

Nuno José Severo de Mendoça Rolim de Moura Barreto

Nuno José Severo de Mendoça Rolim de Moura Barreto, zweiter Markgraf (Marquês) und erster Herzog (Duque) von Loulé, neunter Graf (Conde) von Vale de Reis (* 6. November 1804 in Lissabon; † 22. Mai 1875 in Lissabon), war ein bedeutender Politiker aus der Zeit der konstitutionellen Monarchie in Portugal. Er war Führer der Historischen Partei, mehrmals Minister und (1856–1859, 1860–1865 und 1869–1870) dreimal Regierungschef von Portugal.

Leben

Der Herzog von Loulé

Seine Ausbildung erhielt der spätere Herzog von Loulé, der aus einer adligen Familie stammte, in einer Militärschule. Am 5. Dezember 1828 heiratete er, der in seiner Jugend für sein Anmut berühmt war, die Prinzessin Anna de Jesus Maria, eine Tochter König Johanns VI. Diese Hochzeit war besonders für die konservativ-absolutistischen Kräfte im Land ein Skandal, da er zwar aus adliger, aber nicht aus regierender Familie stammte, und somit der Prinzessin nicht ebenbürtig war. Die Anfeindungen von absolutistischer Seite führten fast automatisch dazu, dass der Herzog von Loulé, der nach der Machtübernahme der Absolutisten 1830 ins Exil nach Paris gehen musste, ab 1832 auf der Seite der Liberalen am Miguelistenkrieg teilnahm. Von Peter IV. wird er in der liberalen Gegenregierung während des Krieges zunächst zum Außen-, später zum Marineminister ernannt. Er reist nach Paris, wo er die exilierte Königin Maria II. traf und sie nach Ende des Krieges auf ihrer triumphalen Heimreise nach Lissabon begleitete. Dort nahm er seine Amtsgeschäfte als Minister wieder auf. In dieser Zeit machte sich jedoch bereits die Spaltung der Liberalen in einen konservativen ("Cartisten") und einen linksliberalen ("Setembristen) Flügel bemerkbar, und da Loulé eher die letzteren unterstützte, wurde er zunehmend zum Ziel von Anfeindungen führender Cartisten, insbesondere des Herzogs von Saldanha. Er trat deshalb Ende 1833 von seinen Ministerposten zurück.

Von 1835 bis 1836 erneut Außenminister. Der Herzog von Loulé unterstützte die Septemberrevolution und wurde in die verfassunggebende Cortes gewählt, die die setembristische Verfassung von 1838 erließ. Nach der Machtübernahme des autoritären Flügels der Cartisten unter António Bernardo da Costa Cabral geht er in die Opposition, ist aber wegen seiner Verwandtschaft zur Königsfamilie vor den Nachstellungen Costa Cabrals sicher. In dem Bürgerkrieg, der auf den Sturz Carbrals folgte, unterstützt er die setembristische Gegenregierung in Porto. Nachdem die Cartisten zusammen mit britischen und spanischen Kräften im Bürgerkrieg gesiegt hatten, musste Loulé für die Junta von Porto deren Niederlage eingestehen und den Friedensvertrag mit den Cartisten unterschreiben.

Der Herzog von Loulé ließ sich allerdings von diesem Rückschlag nicht in seinen politischen Ideen beirren. Sein großer Gegenspieler, der Herzog von Saldanha, hatte zweischenzeitlich aus den Cartisten die erste politische Partei Portugals, die Regenerationspartei, geformt. Loulé sieht die Notwendigkeit, auch die Setembristen zum einer Partei umzuformen, die gegenüber der Regenerationspartei wirkungsvolle Oppositionsarbeit leisten kann. Auf seine Initiative hin wird deshalb 1854 die Historische Partei gegründet, deren erster Vorsitzender er wird.

Bis zum Regierungsantritt Peter V. blieb die Historische Partei in der Opposition. Der neue, junge König war progressiver eingestellt als seine Eltern und entließ deshalb kurz nachdem er 1856 selbständig zu regieren begonnen hatte, den bisherigen konservativen Dauer-Ministerpräsidenten, den Herzog von Saldanha, und ernannte Loulé zum neuen Regierungschef. Zum ersten Mal seit Costa Cabral 1842 gegen die aus der Septemberrevolution entstandene Regierung geputscht hatte, war damit wieder die progressive Seite des Parteienspektrums in Portugal an der Macht. Die erste Regierung Loulé hielt bis 1859, als erneut die Konservativen an die Macht kommen. Diese können sich allerdings nicht einmal für ein Jahr an der Macht halten, 1860 wird Loulé erneut Ministerpräsident.

1861 versterben binnen kürzester Zeit König Peter V. und zwei seiner Brüder an einer Fieberepidemie. Der Tod des jungen und im Volk äußerst beliebten Königs führt in Lissabon zu Volksaufständen. Auch wenn der König eines natürlichen Todes verstorben war, hielt sich im Volk das Gerücht, er sei ermordet worden. Urheber dieses Mordes, so ging das Gerücht weiter, sei der Herzog von Loulé gewesen, da dieser seinen eigenen Sohn, der ja mütterlicherseits ein Enkel Johann VI. war, auf den Thron bringen wollte. Auch wenn dieses Gerücht jeglicher Grundlage entbehrte, wurde der Herzog von Loulé zum Ziel des Hasses und wäre während der Unruhen wahrscheinlich gelyncht worden, wenn er sich nicht in eine Kaserne unter den Schutz des Militärs begeben, und so in Sicherheit gebracht hätte.

Um mit den Folgen des Volksaufstandes fertig zu werden, suchte Loulé nun verstärkt die Zusammenarbeit mit der Regenerationspartei und legte damit den Grundstein für die ab 1865 regierende große Koalition. Der Markgraf von Sá da Bandeira, neben Loulé die zweite große Führerfigur der Historischen Partei, war mit diesem Kurs nicht einverstanden und begann innerhalb der Historischen Partei einen eigenen Flügel zu bilden. Wegen dieser Spaltung verlor Loulé seine Regierungsmehrheit, sein Nachfolger Sá da Bandeira kann sich allerdings nur kurz an der Regierung halten, auf ihn folgt die schon erwähnte große Koalition. Sá da Bandeira verlässt dann 1867 mit seinen Anhängern die Historische Partei und gründet seine eigene Partei, die Reformistische Partei.

1869 wird Loulé zum dritten und letzten Mal zum Regierungschef berufen. Sein großer Gegenspieler, der Herzog von Saldanha, befand sich bereits seit 1856 auf verschiedenen Botschafterposten im Ausland und spielte in der portugiesischen Politik keine herausragende Rolle mehr. Im Jahr 1870 kehrte er nach Portugal zurück und verlangte, inzwischen 80-jährig (!), einen seinen Verdiensten angemessenen Posten in der Regierung. Loulé weigerte sich jedoch, Saldanha, wie von diesem verlangt, als Kriegsminister in seine Regierung eintreten zu lassen. Saldanha putscht daraufhin und beendet so die letzte Regierung des Herzogs von Loulé. Saldanha wird drei Monate später von Sá da Bandeira gestürzt. Loulé erhält 1871 den Posten des Präsidenten des Oberhauses des portugiesischen Parlaments, den er jedoch 1873 aufgrund politischer Intrigen wieder verliert. Die letzten beiden Jahre vor seinem Tod lebte er dann zurückgezogen ohne noch in die aktive Politik einzugreifen.

Siehe auch: Geschichte Portugals, Zeittafel der Geschichte Portugals



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