Normandie (Schiff)

Normandie (Schiff)
Normandie
Die Normandie im Jahr 1935

Die Normandie im Jahr 1935

p1
Schiffsdaten
Schiffstyp Passagierdampfer
Schiffsmaße und Besatzung
Länge
313,5 m (Lüa)
Breite 36,4 m
Tiefgang max. 11,2 m m
Verdrängung 71.300 tdep1
Vermessung 79.280 BRT (1935), 83.423 BRT (1938)
 
Besatzung 1345
Maschine
Maschine Turbinen auf 4 Schrauben
Maschinen-
leistung
160.000 PS (117.680 kW)
Geschwindigkeit max. 32,5 kn (60 km/h)
Transportkapazitäten
Container 2074 TEU
Zugelassene Passagierzahl 848 Erste Klasse
670 Touristenklasse
454 Dritte Klasse
(1972 gesamt)
Seitenansicht und Schnittzeichnung
Luftaufnahme der Normandie

Die Normandie war ein 1935 in Dienst gestelltes französisches Passagierschiff der Compagnie Générale Transatlantique (CGT), auch als French Line bekannt. Sie war zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung das größte Schiff der Welt und im Laufe ihrer Dienstzeit wiederholt Trägerin des Blauen Bandes. Bis heute gilt sie aufgrund ihres Aufsehen erregenden Designs im Art-Deco-Stil, ihres besonders großzügigen Raumangebots und den klaren Linien der äußeren Form als ein Meilenstein des Passagierschiffbaus. Häufig ist von ihr als dem „perfekten Passagierschiff“ die Rede. Ihr Design ist wesentliche Grundlage für den Entwurf der aktuellen, im Stil der klassischen Atlantikliner gebauten Queen Mary 2.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfang 1931 auf der Werft Chantiers de Penhoët (St. Nazaire) als Schiffsrumpf Nr. T6 auf Kiel gelegt, sollte die Normandie eigentlich schon 1934 den Dienst auf der Transatlantikroute aufnehmen. Der Stapellauf fand am 29. Oktober 1932 statt. Die Taufe übernahm die Gemahlin von Frankreichs Staatspräsident Albert Lebrun. Ursprünglich sollte die Normandie den Namen La Belle France erhalten. Die Weltwirtschaftskrise hatte auch Auswirkungen auf das Passagieraufkommen und weniger Leute reisten. Daher entschied sich die French Line, die Indienststellung auf das darauffolgende Jahr zu verschieben. Die Probefahrten erfolgten im Mai 1935 an der Südküste der Bretagne vor Les Glénans. Am 29. Mai 1935 war schließlich der Tag der Jungfernfahrt der Normandie (von Le Havre nach New York) gekommen, welche sie in der neuen Rekordzeit von 4 Tagen, 3 Stunden und 2 Minuten bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 29,98 Knoten absolvierte und somit auf Anhieb das prestigeträchtige Blaue Band für die schnellste Atlantiküberquerung erobern konnte. Als sie Ambrose Light vor New York passierte, wurde am Topp des Achtermastes ein dreißig Meter langer, blauer Wimpel entrollt. Die CGT hatte keinen Zweifel an den Fähigkeiten des Schiffs gehabt. Damit war die Normandie die einzige nachweisbare Trägerin eines wirklichen Blauen Bandes. Auch die Rückreise wurde zu einer Rekordfahrt. Cherbourg wurde bei einem Mittel von 30,31 Knoten nach 4 Tagen, 3 Stunden und 25 Minuten erreicht. Damit besaß die French Line das schnellste Schiff der Welt; und das gleich in beide Richtungen. Im März 1937 verbesserte die Normandie in Ostrichtung den Rekord zunächst auf 30,99 Knoten, im August des Jahres lagen dann 30,58 (Westen) bzw. 31,20 Knoten (Osten) an, wobei jeweils die 4-Tage-Grenze unterboten wurde.

Technik

Das 812 Mio. Francs teure Schiff stellte nicht nur in puncto Geschwindigkeit einen neuen Höhepunkt des Schiffbaus dar. Mit einer Tonnage von 79.280 BRT (83.423 BRT nach Umbau 1938) und einer Länge von 313,58 Metern war die Normandie auch das zu diesem Zeitpunkt größte und längste Schiff, das je gebaut worden war und zugleich das erste Schiff mit über 300 Metern Länge. Der Bau des Schiffsrumpfes hatte 21 Monate in Anspruch genommen. Der vorherige Ausbau zur Vergrößerung der Helling noch länger. Das Stapellaufgewicht betrug 27.650 Tonnen. Der Schiffsrumpf war die bis dato größte, jemals auf dem trockenen Land bewegte Masse. Verantwortlich für den Entwurf der Normandie zeichnete der Russe Wladimir Yourkewitsch. Die Konstruktion war in mancher Hinsicht außergewöhnlich. Der Rumpfquerschnitt war leicht, aber erkennbar birnenförmig. In Höhe der Wasserlinie ergab sich eine Taille, welche die Bugwelle auf ein Minimum reduzierte und die Turbulenzen an den Flanken neutralisierte. Bei den Probefahrten hatte das Schiff mühelos eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 31 Knoten erreicht. Dabei bemerkten örtliche Sardinenfischer erstaunt, dass das Schiff eben kein gewaltiges Kielwasser verursachte. Die Queen Mary erreichte eine lediglich um einen halben Knoten höhere Geschwindigkeit als die Normandie, benötigte dafür aber 40.000 PS mehr. Dies ist ein deutlicher Beleg für das ausgeklügelte Rumpfprofil der Normandie.

Alle Turbinen erhielten den Dampf mit 2,8 MPa aus 29 ölgefeuerten Steilrohrkesseln. Die Tanks hatten ein Gesamtfassungsvermögen von 8930 Tonnen.

Eine Besonderheit stellte die turboelektrische Starkstromanlage (165.000 PSw) dar: Zwischen der Antriebsmaschine und den vier Schrauben bestanden keine mechanischen Wellen, sondern elektrische Verbindungen. Jede der vier Zweifachexpansionsturbinen war direkt mit einem Drehstromgenerator gekoppelt, welcher die vier Elektromotoren der Schrauben mit Energie versorgte. Die Reduzierung der hohen Turbinengeschwindigkeit auf nur drei Schiffschraubenumdrehungen pro Sekunde war somit ohne ein aufwändiges Getriebe möglich. Ein weiterer Vorteil lag darin, jederzeit auf vollen Rückwärtsschub umstellen zu können. Wegen spürbarer Vibrationen wurden nach der ersten Saison die dreiflügeligen Propeller gegen solche mit vier Flügeln gewechselt. Die Maßnahme zeigte Erfolg.

Ausstattung

Die Normandie im Hafen von New York

Darüber hinaus setzte das überaus elegante äußere Erscheinungsbild der Normandie neue Maßstäbe in Bezug auf die Gestaltung von Passagierschiffen, so dass sie noch heute als einer der schönsten Liner überhaupt angesehen wird. Sie verfügte über einen gekurvt ausfallenden Steven. Das Heck war eine Modifizierung des alten, ovalen Gillungshecks. Auf dem Achterschiff waren die Passagierdecks terrassenförmig angelegt, damit alle Passagiere – ungeachtet ihrer Klasse- einen freien Blick auf das Meer genießen konnten. Auch die im Art-Deco-Stil gehaltene Innenausstattung der Normandie für insgesamt 1972 Passagiere war aufsehenerregend, insbesondere der riesige lichtdurchflutete Speisesaal des Schiffes war legendär: Die Entlüftungsschächte der Schiffskessel wurden dafür eigens geteilt, liefen an der Außenwand entlang, um sich in den Schornsteinen wieder zu vereinigen, und machten somit erstmals einen durchgängigen Saal dieser Größe auf einem Schiff möglich. Von der Bühne des Theaters mit 380 Plätzen (ein Novum seinerzeit auf einem Schiff) ergab sich eine, durch keine Zwischenwand gestörte, 170 m weite Sicht. Es gab Restaurants, Bars, eine Sauna, ein Kino, zwei Schwimmbäder, davon eins mit Bar unter Deck, das andere unter freiem Himmel. Ein Tennisplatz, eine Klinik samt Zahnstation, ein Postamt mit Telefonzentrale, eine 80 m lange Ladenstraße sowie Hobbyräume.

Die Eleganz und die Vielzahl an Innovationen, die die Normandie zu bieten hatte, machten das Schiff umgehend zu einem der beliebtesten Liner auf der Atlantikroute, was sich auch nicht änderte, nachdem die Normandie das Blaue Band 1937 an die Queen Mary der Cunard Line abgeben musste.

Der 2. Weltkrieg

Mit dem Beginn des 2. Weltkriegs wurde die Erfolgsgeschichte der Normandie jedoch jäh beendet. Das Schiff verblieb seit Ende August 1939 an seinem Liegeplatz am CGT-Pier in Manhattan, New York City. Die Vichy-Regierung im besetzten Frankreich forderte das Schiff zwar zurück, jedoch kamen die Amerikaner dieser Forderung nicht nach, und man übergab das Schiff stattdessen in die Obhut der US-Küstenwache. Nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor und dem damit verbundenen Eintritt der USA in den Krieg wurde auf Grund einer Durchführungsverordnung das Schiff beschlagnahmt und den Eignern eine Entschädigung zugesagt. Man entschied, das seit fast 2 Jahren untätig im Hafen liegende Schiff in einen Truppentransporter umzubauen. Am 16. Dezember 1941 um 14:00 Uhr wurde die französische Trikolore ein letztes Mal eingeholt und das Schiff erhielt den Namen USS Lafayette (AP-53).

Der Umbau sollte in größerem Maße erfolgen, als dies die Briten bei den Schiffen Queen Mary und Queen Elizabeth taten. Es scheint so, dass dadurch Amerika als nunmehr jüngste kriegsteilnehmende Nation in einer Zeit der militärischen Erfolge der Achsenmächte ein besonderes Zeichen für Engagement und Entschlossenheit setzen wollte. Die Normandie stellte ein Fanal für den „gerechten Krieg“ dar. Da in New York zu dieser Zeit kein Trockendock existierte, welches ein so großes Schiff hätte aufnehmen können, entschied man sich, die Umbauarbeiten am Pier 88 durchzuführen, wo sie auch bislang vertäut lag.

Der Brand

Lafayette (AP-53) brennend im Hafen von New York.

Im Rahmen der Umbauarbeiten brach jedoch, auch begünstigt durch schwere Sicherheitsmängel und Nachlässigkeiten, am 9. Februar 1942, bei Schweißarbeiten im Großen Salon ein Feuer im Schiff aus. Das Feuer wurde begünstigt durch Unterlassungen und Umstände, die bereits viele Monate zurücklagen. Die Männer der US-Küstenwache, die seit Mitte 1940 an Bord waren, sollten die reduzierte CGT-Mannschaft bei den Feuerschutzmaßnahmen unterstützen. Stattdessen wurde die Zahl der Wachhabenden pro Kontrollgang von 20 auf 8 Männer reduziert. Nach dem Kriegseintritt der USA wurde die Zahl nicht erhöht. Des Weiteren waren alle Leitungen, Anweisungen und Schalter in Französisch beschriftet. Eine Überprüfung der Feuerlöscher an Bord im Januar 1942 ergab, dass sie keine Bedienungsanleitungen besaßen und sich nur die Hälfte in gutem Zustand befanden. Man begann die französischen Anschlussstücke der Feuerlöschschläuche gegen amerikanische zu tauschen. Ein mündlich ergangener Befehl, während der gesamten Umbauphase die kompatiblen Anschlüsse dazubehalten, wurde ignoriert.

Zu den Umbaumaßnahmen gehörten der Einbau von Längsschotten gegen Torpedos, zusätzliche Querschotten, Minenschutzvorrichtungen, Munitionsaufzüge und Munitionslager, Kräne, Suchscheinwerfer. Auch sollten der Große Salon und der Rauchsalon durch Entfernung der feuerfesten Zwischenwände zu einem großen Saal vereint werden. In diesem Saal waren mehrere Tausend Schwimmwesten in großen Ballen gelagert. Die Westen waren mit Kapok gefüllt, einer ölimprägnierten Samenfaser, die sehr gute Schwimmeigenschaften hat, aber besonders leicht entflammbar ist. Im Großen Salon mussten die vier großen Lichtsäulen mittels eines Gasschweißbrenners entfernt werden. Der dabei entstehende Funkenflug wurde mit asbestbewehrten Stahlschilden abgeschirmt. Hierbei waren entgegen von gegebenen Anweisungen weder Feuerlöscher oder Feuerlöschschläuche bereit gelegt noch war eine Feuerwache anwesend. Lediglich zwei Eimer Wasser waren vorhanden. Beim letzten Schnitt gegen 14:37 Uhr wurde der Asbestschild zu früh weggezogen und weißglühende Stahlfragmente regneten auf die Schwimmwesten, die sofort in Flammen standen. Ein Arbeiter wollte mit einem Wassereimer löschen, stolperte aber und fiel hin. Ein eiligst herbeigebrachter Löschschlauch wies keinen Wasserdruck auf. Ein weiterer Arbeiter erschien mit einem Feuerlöscher, konnte ihn aber nicht bedienen. Mit bloßen Händen und Jacken wurde versucht die Flammen auszuschlagen. Brennende Ballen wurden ins Mittelschiff geworfen, um sie dort zu löschen. Dies führte jedoch nur zu einer noch rascheren Ausbreitung der Flammen. Es entstand völlige Konfusion, da viele Arbeiter der bauausführenden Firma das Schiff weitgehend nicht kannten. In völlig dunklen und verrauchten Gängen mussten sie sich den Weg nach draußen bahnen. Erstaunlicherweise gab es nur einen Toten. In der Eile wurden mehrere Öffnungen im Rumpf kurz oberhalb der Wasserlinie nicht verschlossen, sondern offen gelassen. Dies sollte später noch von besonderer Bedeutung sein.

Die New Yorker Feuerwehr reagierte binnen zwölf Minuten und führte innerhalb einer Stunde insgesamt 43 Feuerwehreinheiten an die Pier 88.

Von der Hafenseite aus erschien das Feuerlöschboot James Duane und begann die Brandbekämpfung. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt musste auf Grund der starken Rauchentwicklung der Maschinenraum der Normandie evakuiert werden. Die Öfen wurden geschlossen mit der Folge, dass der Dampfdruck binnen 15 Minuten auf Null sank und die Lenzpumpen nicht mehr arbeiten konnten. Diese wären als einzige in der Lage gewesen, das nun hereinkommende Löschwasser wieder außenbords zu befördern.

Das Feuer entwickelte eine derart starke Hitze, dass das Blei der elektrischen Leitungen zu Bächen schmolz und im Löschwasser zu Klumpen erstarrte, welche die Speigatte verstopften. Auf den oberen Decks waren die wasserdichten Türen vorschriftsmäßig geschlossen worden. Dadurch entstand ein wirkungsvolles Staubecken. Gegen 15:25 Uhr, als der Kapitän der Normandie, Simmers, erschien, hatte sie bereits eine Schlagseite von 15 Grad nach Backbord hin zum Hafenbecken. Mehrere eiserne Hafenpoller waren durch die Trossen aus der Pier gerissen worden. Da es keine einheitliche Einsatzführung gab, welche die Hilfskräfte an Land und im Wasser hätte koordinieren können, pumpte jeder soviel er konnte ins Schiff. Gegen 18:00 Uhr betrug die Schlagseite 16 Grad und das Feuer war gelöscht. Es folgte eine dreistündige Unterbrechung. Bis 21:00 Uhr war jedoch durch die offenstehenden Türen knapp oberhalb der Wasserlinie weiteres Hafenwasser eingedrungen, was die Schlagseite auf 20 Grad erhöhte. Um 23:30 waren es annähernd 40 Grad. Um 00:30 Uhr wurden alle Mannschaften vom Schiff beordert. Nun hörte man nur noch das Dröhnen von Notlichtgeneratoren und das Krachen von gerissenen Hafentrossen. Ab 01:40 war das Poltern von zahllosen Gegenständen wie Rettungsbooten, Kränen, Tanks, Werkzeuge und sonstiges noch vorhandenes Mobiliar zu vernehmen, welche sich den Weg in Richtung Backbord bahnten. Um 02:45 legte sich der Rumpf auf die Seite.

Lafayette gekentert, 22. Februar 1942

Das Missverhältnis zwischen der hereingepumpten Wassermenge der Löschboote und der Löschzüge auf dem Kai wurde der Normandie letztlich zum Verhängnis.

Durch den hohen Bekanntheitsgrad und den Stellenwert, den die Amerikaner der Normandie zumaßen, verbreitete sich in New York die Nachricht vom Brand sehr schnell. Aus allen Stadtteilen und aus New Jersey eilten eine große Anzahl wohlmeinender Freiwilliger wie Luftschutzwarte, freiwillige Feuerwehrleute sowie weibliche Hilfstruppen in Scharen herbei. Da ihnen eine Assistenz verweigert wurde, betätigten sie sich ungefragt als Wächter des Unglücksortes. Unter den Hunderten, denen der Zutritt zum Schiff verweigert wurde, war auch ein Mann, der aus Verzweiflung weinte, als man ihn abwies. Es war Wladimir Yourkewitsch, der Konstrukteur des Schiffs.

Es kam das Gerücht auf, der Brand sei durch Sabotage deutscher Spione ausgebrochen, worauf sich bis heute die Behauptung stützt, die US-amerikanische Regierung hätte zur Vermeidung weiterer Anschläge Kontakt mit dem inhaftierten Mafia-Boss Lucky Luciano aufgenommen.

Die Bergung

Im Anschluss an das Unglück lag das Wrack der Normandie monatelang im Schlick des New Yorker Hafens, während sich die zuständigen Stellen jeweils gegenseitig die Verantwortung für das Debakel zuschoben. Das Wrack war ein nicht zu übersehendes Mahnmal für die Unfähigkeit der Behörden, so dass diese eine vier Meter hohe Sperrholzwand als Sichtschutz entlang der 12th Avenue errichten ließen. Es gab zahlreiche Vorschläge zur Bergung. Es sollte ein Kofferdamm rund um das Wrack errichtet werden, um im Trockenen arbeiten zu können. Der Vorschlag wurde mit Hinweis auf die Stahlknappheit sowie einer Gefährdung der benachbarten Piere abgelehnt. Auch wurde erörtert die Normandie vor Ort zu zerschneiden und die Schiffsteile, die tiefer als zwanzig Meter lagen, dort zu belassen und sie mit Kies und Sand zu bedecken. Letztlich entschied Bürgermeister Fiorello LaGuardia, dass an der Pier nichts zurück bleiben dürfe, was deren Nutzung beeinträchtigen könnte. Die Bergung war unausweichlich. In einem ähnlichen Maß wie beim Brand fühlten sich viele patriotische Amerikaner berufen, Vorschläge zur Bergung einzureichen. Und erneut war die angebotene Hilfe zumeist unbrauchbar. Ein abstruser Plan sah beispielsweise vor, den Liegeplatz mit Wasser zu füllen, welches –zu Eis gefroren- den Rumpf umklammerte. Danach sollte der riesige Eisblock zur George-Washington-Brücke geschleppt und bei Flut mit straffen Kabeln an dieser befestigt werden. Die folgende Ebbe werde einen vertikalen Schub – bei zeitgleichem Schmelzen des Eises – bewirken, so dass sich das Schiff aufrichten werde. Marineintern wurden solche Vorschläge in der so genannten Verrücktenkartei gesammelt. Offiziell erhielten alle Einsender ein höfliches Schreiben, dass man ihre Vorschläge in Betracht ziehen werde. Das Konzept der Marine war theoretisch simpel, die Durchführung indes sehr schwierig: Man wollte sämtliche Decksaufbauten entfernen, die Trümmer ausräumen und mehrere wasserdichte Abteilungen schaffen und das Wasser herauspumpen. Das Aufstellmoment des Schiffes würde den Rest besorgen. Aus dem besetzten Frankreich wurden dazu verlässliche Informationen eines Ingenieurs der französischen Handelsmarine beschafft, welcher die Annahme bestätigte, dass die Normandie ein hohes Rückstellmoment – höher als jedes andere Schiff der French Line – aufweisen würde. Aus der Brandkatastrophe hatte man hinsichtlich der noch immer vorhandenen Feuergefahr – es waren noch Treibstoffe und Öle an Bord – gelernt. Es patrouillierten rund um die Uhr mindestens 25 Feuerwehrleute durch das Schiff. Das Ausmaß der Bergung war entsprechend der Schiffsgröße riesig. Es wurden 4.000 kg Glas entfernt, 10.000 Kubikmeter Schlamm ausgepumpt sowie 250.000 Stauhölzer zur Abstützung und als Lukendeckel verwendet. Zahlreiche Taucher, die aus Sicherheitsgründen immer zu dritt arbeiten mussten, verschlossen unzählige Öffnungen und Risse durch Schweißen oder Abdichten. Am 4. August 1943 gegen 01:00 Uhr morgens begann das langwierige Auspumpen des Schiffs. Am 12. September hatte sich die Normandie wieder bis zu einem Winkel von 45 Grad aufgerichtet. Mit Hilfe von am Ufer platzierten Getriebewinden richtete sich das Schiff drei Tage später fast vollständig bis auf 2 Grad Schlagseite auf.

Die Bergung hatte die Marine 11 Mio. Dollar gekostet.

Der ursprüngliche Plan, das Schiff zum Truppentransporter umzubauen, wurde nun aber nicht mehr umgesetzt, da die Schäden am Rumpf nur mit noch weitaus größeren finanziellen Aufwendungen hätten behoben werden können. So blieb das Schiff die letzten Kriegsjahre als leere Hülle an einem Pier in Brooklyn und wurde schließlich, als die französische Regierung nach Kriegsende kein Interesse an einer Rücknahme zeigte, 1946 endgültig in Port Newark abgewrackt. Den Zuschlag für die Verschrottung erhielt die Lipsett Corporation zum Preis von 160.000 Dollar. Lipsett erzielte durch die Verwertung einen Gewinn von 1 Mio. Dollar. Für die kurze Fahrt nach Newark wurde sie ein letztes Mal umbenannt, in Lipsett. Zahlreiche Einrichtungsgegenstände des Schiffes, die vor dem geplanten Umbau ausgebaut und ausgelagert worden waren, haben allerdings die Zeit überdauert, sind über die ganze Welt verstreut und mitunter begehrte Sammlerobjekte.

Siehe auch

Literatur und Quellen

Weblinks

 Commons: Normandie (Schiff) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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