Nonius

Nonius
Messschieber mit Nonius

Der Nonius (auch Vernier) ist eine bewegliche Längenskala zur Steigerung der Ablesegenauigkeit auf Winkel- und Längenmessgeräten, beispielsweise auf einem Messschieber, einem Höhenreißer oder einem Maßstab zum Kartieren. Am Zeichenkopf eines Reißbrettes ist ebenfalls ein Nonius üblich, der an dieser Stelle zur genauen Messung von Winkeln dient. Gelegentlich werden auch Barometer mit einer Nonius-Skala ausgestattet.

Mit dem Nonius ist es möglich, Bruchteile von Streckenlängen genau zu bestimmen.

Die Noniusskala wurde 1631 durch den französischen Mathematiker Pierre Vernier (1580–1637) eingeführt, nach dem sie auch in vielen Ländern benannt wird. Die in deutschsprachigen und anderen Ländern übliche Bezeichnung Nonius geht auf den portugiesischen Astronomen, Mathematiker und Geografen Pedro Nunes (latinisiert: Petrus Nonius; 1502–1578) zurück, der den Nonius jedoch nicht erfunden hat.

Inhaltsverzeichnis

Methode

Das menschliche Auge kann nur schwer einen leichten Versatz bestimmen. Ohne Nonius wäre es daher nicht mit Bestimmtheit möglich, Streckenlängen abzulesen, die kleiner sind als die feinste Unterteilung der Hauptskala (bspw. die Millimeter-Teilung auf dem Zentimeterlineal, siehe Teilstriche).

Ablesen des Nonius (animiert). Leicht ist zu erkennen, dass die Ablesemarke der Nonius-Skala zwischen 24 und 25 mm steht; der genaue Wert von sieben Zehnteln ergibt sich dadurch, dass erst die siebte Marke des Nonius einer Marke des Maßstabs exakt gegenüber liegt.

Sehr viel besser lässt sich jedoch feststellen, wann zwei Teilstriche hinreichend genau gegenüber liegen. Das erreicht man mit dem Nonius. Während des Messvorgangs gleitet dieser als bewegliche Ableseskala über der festen Hauptskala (dem Maßstab) vorbei und ermöglicht auf ihr das Messen von Teilstrecken mit einer Genauigkeit von mehreren tausendstel Zentimetern.

Theoretisch betrachtet setzt nur das begrenzte Auflösungsvermögen des menschlichen Auges von 0,005 cm der genauen Bestimmung eine Grenze. Bei feinen Strichen wird somit eine sichere Ablesung auf mindestens 0,01 cm erreicht. Für Teilungen ab 0,002 mm sind dann zusätzliche HIlfsmittel zur Unterstützung des Auges wie eine Ableselupe erforderlich.

Komparatorprinzip

Eine noch genauere Messung wäre nur dann möglich, wenn das Abbesche Komparatorprinzip erfüllt ist: Prüfstück und Prüfgerät (bzw. dessen Skala) müssen auf einer Achse liegen. Außerdem muss die Ablesung des Messwertes senkrecht zur Messskala erfolgen, um Parallaxenfehler bei der Ablesung zu vermeiden.

Bei der bekanntesten Anwendung des Nonius, dem Messschieber, ist das Abbesche Komparatorprinzip nicht erfüllt. Dennoch ist er auf Grund seiner Einfachheit auch heute noch das preiswerteste und verbreitetste Messgerät des Mechanikers und Technikers.

Beispiel (genauere Messung)

Nonius, Ausschnitt des oberen Bildes

Das Bild rechts zeigt eine Vergrößerung des Nonius eines Messschiebers aus dem Bild oben. Der Ablesewert beträgt 3,58 mm. Dabei werden die 3 mm an der oberen Skala abgelesen, die 0,58 mm an der unteren, siehe rote Markierungen. Der Messfehler liegt bei ca. 0,04 mm. Denn zur Mess-Ungenauigkeit des Nonius von 0,02 mm kommt der Ablesefehler in der gleichen Größenordnung. Im Beispiel ist es nicht eindeutig, ob der rechte Wert bei 3,58 oder 3,60 liegt.

Frühere Anwendungen

Früher wurde der Nonius häufig verwendet, z. B. auch bei den Theodoliten. An diesen werden seit etwa 1930 Glasskalen und Messmikroskope mit Mikrometern verwendet, was die Genauigkeit auf mindestens 1 % der Skalenstriche erhöht. Noch genauer wurde die Ablesung durch das Doppelkreis-Prinzip. Neuere Tachymeter haben meist ebenso wie (sehr preisgünstige) Messschieber optoelektronische Ablesevorrichtungen (mit etwa 5- bis 10-fach besserer Genauigkeit als der einfache Nonius).

Weitere Anwendungen

  • Noniusverbinder ermöglichen abgestufte, sehr genaue Montage bestimmter Bauelemente.

Prinzip

Der Nonius an sich ist auf \left(1\,\text{LE}-\tfrac{1}{10}\,\text{LE}\right)=\tfrac{9}{10}\,\text{LE} im Vergleich zu einer Längeneinheit (LE) auf dem Maßstab verkürzt. Die Skala des Nonius hat meist zehn Teilstriche, womit jeder dieser Teile \tfrac{9}{10}\,\text{LE}\cdot\tfrac{1}{10}=\tfrac{9}{100}\,\text{LE} lang ist. Mit jedem Teil auf dem Nonius fehlt also genau ein Hundertstel zum nächsten Zehntel auf dem Maßstab.

Anders dargestellt: \left(1\,\text{LE}-\tfrac{1}{10}\,\text{LE}\right)\cdot\tfrac{1}{10}=\tfrac{1}{10}\,\text{LE}-\tfrac{1}{100}\,\text{LE}.

Daher kann eine Marke auf dem Nonius erst dann einer Marke des Maßstabs exakt gegenüberliegen, wenn die Ablesemarke, d. i. die Null-Marke des Nonius, um den entsprechenden Differenzbetrag verschoben wurde. Liegt die Ablesemarke beispielsweise \tfrac{3}{100}\,\text{LE} hinter einer Zehntel-Marke, so kommt erst die dritte Marke des Nonius zur Deckung mit einem Teilstrich des Maßstabs. Die Strecke von der Ablesemarke bis zu jener Marke auf dem Nonius ist nämlich 3\cdot\tfrac{9}{100}\,\text{LE}=\tfrac{27}{100}\,\text{LE} lang. Denn es ist: \tfrac{27}{100}\,\text{LE}+\tfrac{3}{100}\,\text{LE}=\tfrac{3}{10}\,\text{LE}

Weitere Skalen

Um die Ablesegenauigkeit zu erhöhen, kann die Nonius-Skala auch auf \left(2\,\text{LE}-\tfrac{1}{10}\,\text{LE}\right)=\tfrac{19}{10}\,\text{LE} oder \left(4\,\text{LE}-\tfrac{1}{10}\,\text{LE}\right)=\tfrac{39}{10}\,\text{LE} etc. gestreckt werden.

Hier ist es möglich, sie in zwanzig oder vierzig Teile zu unterteilen. Die einzelnen Teilstriche haben dann einen Abstand von \tfrac{19}{10}\,\text{LE}\cdot\tfrac{1}{20}=0{,}095\,\text{LE} bzw. \tfrac{39}{10}\,\text{LE}\cdot\tfrac{1}{40}=0{,}0975\,\text{LE}. Der Bereich, in dem nun genau gemessen werden kann erhöht sich bei vierzig Teilstrichen auf \tfrac{1}{10}\,\text{LE}\cdot\tfrac{1}{40}=\tfrac{1}{400}\,\text{LE}.

Dass es stets genau einen Strich auf dem Nonius gibt, welcher einem Teilstrich der Hauptskala gegenüberliegt – der Rahmen der Messgenauigkeit vorausgesetzt – hängt mit folgender Eigenschaft der Neunerreihe zusammen, die sich der Nonius zu Nutze macht: Die Differenz zwischen einem Folgeglied der Neunerreihe und dem nächsthöheren Zehner durchläuft zyklisch und aufsteigend geordnet alle Zahlen von Null bis Neun.

Prinzipiell ist es deshalb möglich, Nonius-Skalen zu konstruieren, die auf der Einer-, Dreier- oder Siebenerreihe aufbauen.

Weblinks

 Commons: Nonius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Nonius – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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