Newcombs-Problem

Newcombs-Problem

William Newcomb von der "University of California's Lawrence Livermore Laboratory" stellte das Problem auf, das durch Robert Nozick 1969 als ein Problem der Entscheidungstheorie untersucht und als Newcombs Problem bekannt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Das Problem

Vor Ihnen stehen zwei Boxen. In der ersten, durchsichtigen Box sind immer 1.000 Dollar; in der zweiten Box, die sie nicht einsehen können, liegt entweder eine Million Dollar oder gar nichts. Sie dürfen nun eine Entscheidung treffen:

  • Sie nehmen nur die zweite Box oder
  • Sie nehmen beide Boxen.

Ein allwissendes Wesen hat vorhergesagt, wie sie sich entscheiden werden. Seine Verlässlichkeit bei Voraussagen ist absolut. Sieht dieses Wesen voraus, dass Sie nur die zweite Box nehmen, hat es die Million Dollar in die Box gelegt. Sieht das Wesen dagegen voraus, dass Sie beide Boxen nehmen werden, blieb die zweite Box leer.

Nehmen Sie beide Boxen oder nur die zweite Box?

Da zum Zeitpunkt der Wahl die Entscheidung darüber, ob in der zweiten Box die Million liegt, bereits gefällt ist, könnte man ja beide Boxen nehmen. Entweder liegt die Million darin oder nicht - ändern kann sich jedenfalls die gewonnene Geldsumme nicht mehr.

Eben dieses könnte das Wesen aber vorausgesehen und die zweite Box leer gelassen haben. Danach wäre es doch besser, nur die zweite Box zu nehmen, weil das höhere Wesen dann eben das vorausgesehen hätte und die zweite Box gefüllt wäre.

Diese Situation ist paradox, denn sie setzt einerseits Willensfreiheit voraus, negiert sie aber andererseits. Wenn vorher bereits feststeht, wie ich wähle, gibt es keine Willensfreiheit. Wenn ich wähle, nachdem das Wesen die Box gefüllt bzw. leergelassen hat, muss entweder die Wahl davon beeinflusst werden - dann gibt es keine Willensfreiheit - oder die Vergangenheit muss gegebenenfalls in Abhängigkeit von der Wahl verändert werden. Erst durch die Wahl (Beobachtung) würde die Füllung der Box hergestellt.

Es gibt eine Reihe von Ansätzen, dieses Problem wahrscheinlichkeitstheoretisch über den Grad der Verlässlichkeit des Wesens zu lösen. Sie scheitern jedoch daran, dass ein allwissendes, die Zukunft vorhersagendes Wesen - das nach Ansicht vieler Experten die Auflösung dieses Paradoxons darstellen werde - unmöglich ist. Außerdem wird das Problem dabei abgewandelt, denn wenn die Verlässlichkeit nicht hundertprozentig ist, werden natürlich die paradoxen Probleme vermieden. Dennoch hat Newcombs Problem Einfluss auf die Betrachtung von Vorhersageproblemen, beispielsweise in der Ökonomie oder Politik, und wird ernsthaft diskutiert.

Newcombs Problem hat Ähnlichkeit mit Parfits Problem.

Verzichtet man auf ein höheres Wesen (analog dem Laplaceschen Dämon), entspricht das Problem dem Gefangenendilemma in dem Fall, dass einer der beiden Gefangenen seine Strategie bereits gewählt hat, das Ergebnis dem anderen aber noch unbekannt ist, der jetzt seine Wahl zu treffen hat.

Die optimale Strategie lässt sich in diesem Fall berechnen anhand der Wahrscheinlichkeit, dass der Vorhersager eine richtige Vorhersage trifft und anhand der Summe, die eine Rolle spielt.

Glasbox

Das Problem lässt sich auch auf eine Glasbox anwenden: Wenn der Wähler sieht, was in der Box ist, kann er seine Entscheidung entsprechend treffen. Wenn er das Maximum an Geld mit minimalem Aufwand möchte, wird er entweder beide Boxen wählen, wenn in beiden Boxen Geld ist, oder er wählt nur eine Box, wenn nur in der einen Geld ist. Hierdurch wird aber die Voraussage niemals zutreffen, sofern man einen normalen Zeitablauf voraussetzt.

Höheres Wesen

Nimmt man im Gedankenexperiment die Möglichkeit eines höheren Wesens an, das zum Beispiel in der Lage ist, eine Zeitreise durchzuführen, so kann dieses seine Entscheidung entsprechend der Wahl treffen und die zweite Box entsprechend füllen. Erst durch die Wahl wird der Endzustand hergestellt, vorher sind beide Möglichkeiten vorhanden. Man könnte nun sagen, wie auch in Matt Beller: Newcomb's Paradox is Not a Paradox beschrieben, dass eine Zeitreise der Physik unserer Welt widerspräche und deshalb nicht möglich sei. Allerdings wissen wir nichts über die Fähigkeiten des "höheren Wesens", außer, dass es im Gegensatz zu unserer Welt absolute Voraussagen machen kann, so dass dieses Argument für das vorliegende Problem nicht stichhaltig ist. In einem Gedankenexperiment ist eine Zeitreise möglich.

Auswahlkriterium beeinflusst Strategie

Meist geht man davon aus, dass es bei der Entscheidung darum gehe, möglichst viel Geld zu gewinnen. Matt Beller wies in seinem Artikel Newcomb's Paradox is Not a Paradox darauf hin, dass es auch andere Kriterien geben könne. Beispielsweise könne man sofort beide Schachteln nehmen. Man hat dann entweder nur die kleinere Menge oder man hat die große Menge und zugleich nachgewiesen, dass das Wesen (der Versuchsleiter) nicht allwissend sei.

Wenn man davon ausgeht, dass die angegebenen Bedingungen wahr sind, ist die optimale Strategie, nur die zweite Schachtel zu nehmen und auf die erste zu verzichten. Man weiß dann, dass unter der zweiten Schachtel eine Million liegt. Einen höheren Wert kann man nicht erlangen, wenn die angegebenen Bedingungen wahr sind.

Äquivalentes Problem

Diesmal haben wir zwei Koffer. Im zweiten Koffer liegt entweder gar kein Geld oder eine Million Euro. Im ersten Koffer liegen genau 1000 Euro mehr als im zweiten Koffer. Im Prinzip gilt also: Im 1. Koffer liegt das Geld, das man bekommt, falls man sich für beide Boxen entscheidet und im 2. Koffer liegt das Geld, das man bekommt, falls man sich nur für die 2. Box entscheidet. Analog zum ursprünglichen Problem schaut nun das allwissende Wesen in die Zukunft und sagt voraus, dass sie entweder 1000 Euro oder eine Million Euro bekommen werden.

Zu allem Überfluss werden die Spielregeln in einem winzigen Detail geändert: Egal, wie sie sich entscheiden, den Koffer, den Sie nicht auswählen, bekommt Ihr geldgieriger Erzfeind. Sie haben also nun die Wahl, sich selbst mit tausend Euro zu begnügen, damit ihr Erzfeind leer ausgeht oder ihm 1,001 Mio. € zu schenken, damit Sie selbst eine Million Euro bekommen. Sie überlegen also lang und breit, welche Möglichkeit Ihnen besser gefällt und am Ende steht Ihre Entscheidung fest.

Das Paradoxe ist nun: Egal, wie Sie sich entschieden haben, Sie wissen nach dieser Entscheidung, wie viel Geld in beiden Koffern ist. Und obwohl sie wissen, wie viel Geld in beiden Koffern ist, schenken Sie Ihrem Erzfeind den Koffer, in dem mehr Geld ist und begnügen sich selbst mit dem Koffer, in dem weniger Geld ist.

Literatur

  • Robert Nozick: "Newcomb's Problem and the Two Principles of Choice.", in Essays in Honnor of Carl G. Hempel, Nicholas Rescher D. Reidel Publishing Co., 1970
  • William Poundstone: "Im Labyrinth des Denkens.", Rowohlt, 1995, ISBN 3499197456.
  • Martin Gardner: "Free Will Revisited, With a Mind-Bending Prediction Paradox by William Newcomb.", Scientific American 229, 1973
  • Martin Gardner: "Reflections on Newcomb's Problem: A Prediction and Free-will Dilemma.", Scientific American 230, 1974

Weblinks


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