Neuverfilmung

Neuverfilmung

Der Begriff Neuverfilmung, oft auch Remake (verkürzt für engl. Film remake) oder Reboot, bezeichnet einen Film, der auf einem bereits veröffentlichten Film oder einer zuvor schon verfilmten Vorlage basiert. Neuverfilmungen sind seit Bestehen des Films üblich und werden aus unterschiedlichen, besonders häufig jedoch kommerziellen Gründen gedreht. Es gibt verschiedene Typen und Unterkategorien von Neuverfilmungen, deren Abgrenzung zueinander nicht immer eindeutig möglich ist.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Eine allgemeine Definition versucht der Filmwissenschaftler James Monaco, für den ein Remake die „Neuverfilmung eines schon einmal verfilmten Stoffes“ ist. [1] Sie lässt indes offen, was unter dem Begriff „Stoff“ zu verstehen ist. Der Begriff „Stoff“ lässt verschiedene Interpretationen zu. Einerseits kann es sich hierbei um Drehbücher, Romane, Legenden oder historische Ereignisse handeln; andererseits bleibt ungewiss, wie groß die Parallelität zwischen alter und neuer Fassung sein kann. [2]

Eine erneute Verfilmung eines Filmes oder literarischen Werkes wird durch den Begriff Neuverfilmung beschrieben. Oft wird jedoch zwischen einer Neuverfilmung und einer Neuadaption unterschieden. Die Neuadaption bezieht sich dabei vor allem auf die (literarische) Vorlage des Originalfilms und lässt dabei Aspekte des früheren Films außer acht. So werden als Neuadaption vor allem Filme, die auf bekannter Literatur aufbauen und vorherige Verfilmungen größtenteils ignorieren, bezeichnet (u. a. Mary Shelleys Frankenstein, 1994).

Dabei ist eine genaue Klassifizierung der einzelnen Filme vielfach schwierig. Ein Stempel „Neuverfilmung“ oder „Neuadaption“ wird vor allem auf Filme angewandt, die sich ausdrücklich (etwa in der Übernahme des Titels und Autoren des Originals) auf vorherige Arbeiten beziehen. In der Fachliteratur werden hier jedoch Probleme aufgezeigt, die in der Ermittlung der originären Arbeit liegen und der Definition, ab wann ein Film soweit mit einem anderen übereinstimmt, dass eine Klassifizierung angebracht ist, denn besonders in Subgenres des Filmes sind diese Grenzen fließend.

Geschichte

Bereits seit Beginn des Filmes wurden Ideen oder ganze Filme als Neuverfilmungen wieder dem Zuschauer angeboten. So wird etwa L' Arrivée d'un train à La Ciotat (1895), einer der ersten Filme der Gebrüder Lumière, als Vorlage für die Neuverfilmungen der konkurrierenden Filmproduktionsfirmen Empire State Express (Bioscope, 1896) und Black Diamond Express (Edison, 1896) gesehen. [3], S. 89 Als der Film in den folgenden Jahren als Jahrmarktsattraktion durch die Länder zog, waren Neuverfilmungen an der Tagesordnung. Dabei waren nicht nur das Ansinnen erfolgreiche und beliebte Filme anderer zu kopieren, sondern auch der Verbrauch der Filmnegative als Grund zu nennen. Als ab den 1900er Jahren der Film komplexer wurde und eine sich langsam entwickelnde Autorenschaft der Filmschaffenden Rechtsstreite mit sich führte, verhalfen immer mehr abgewandelte Neuverfilmungen bei der Ausformulierung erster Filmgenres. [3], S. 91

In den Folgejahren wurden Neuverfilmungen in der Filmindustrie aus mehreren Gründen produziert: Erfolgreiche Filme boten oft eine Garantie auf einen Erfolg der Neuverfilmung. Die gekauften, teuren Rechte an einer Vorlage wurden mehrfach verwertet, um den Profit zu erhöhen. So wurden in den 1930er und 1940er Jahren Neuverfilmungen durch das gleiche Studio oft bereits in Abständen von wenigen Jahren gedreht. Auch wurden technische Erneuerungen, etwa der Tonfilm, Farbfilm, Cinemascope oder computergestützte Spezialeffekte, durch Verwendung bereits erfolgreicher Film als Vorlage getestet und eingeführt. Die Bedrohung durch neue Medien wie das Fernsehen oder Video führten ebenfalls zu einer erhöhten Produktion von Neuverfilmungen. Die hohe Anzahl von Neuverfilmungen bis in die 1950er Jahre wird auch mit dem damaligen Verständnis von Produzenten und Zuschauern begründet, die Filme nur als aktuelles Produkt ansahen.

Auch eine künstlerische Ambition kann als Grund vieler Neuverfilmungen gesehen werden. Dies wird besonders in Fällen deutlich, in denen der Regisseur seine eigenen Filme neu verfilmt, wie etwa Alfred Hitchcock. Auch andere erfolgreiche und für die künstlerische Entwicklung des Films wichtige Filme sind Neuverfilmungen. So war der Klassiker des Film noir Die Spur des Falken (1941) bereits die dritte Verfilmung des Stoffes von Dashiell Hammett nach The Maltese Falcon (1931) und Der Satan und die Lady (1936).

Unter diesem Aspekt können auch Neuverfilmungen betrachtet werden, die die Vorlage an ein anderes Genre oder der Entwicklung eines Genres anpassen. Allgemein gehen neue Hochphasen eines Genres oft mit Neuverfilmungen von Genreklassikern einher. So waren nach erfolgreichen Neuverfilmung und -adoptionen klassischer Gothic Novels im amerikanischen Horrorkino der 1990er (u. a. Bram Stokers Dracula) ab den 2000er Jahren eine große Anzahl von Neuverfilmungen von amerikanischen Horrorfilmen der 1970er Jahre (u. a. Texas Chainsaw Massacre (2003) und Das Omen (2006)) in den Kinos.

Heute wird die Neuverfilmung besonders mit dem modernen Hollywood-Film in Verbindung gebracht, obwohl die Neuverfilmung auch in anderen Filmländern und während der gesamten Geschichte des Films häufig praktiziert wurde und wird. Dies hat vor allem mit der dominanten Stellung des amerikanischen Kinos zu tun. Die Tradition Neuverfilmung nicht-englischsprachiger Filme oft kurz nach Veröffentlichung des erfolgreichen Originals als „amerikanisierte“ Version herauszubringen, wird mit Ablehnung amerikanischer Zuschauer gegenüber Synchronisation und Untertitel begründet.

Exemplarische Neuverfilmungen

  • Ben Hur: Der erfolgreiche Roman Ben Hur von 1880, der die Geschichte des fiktiven jüdischen Prinzen Judah Ben Hur erzählt, wurde bereits vier Mal verfilmt. Besonders die Versionen von 1925 mit Ramon Novarro in der Titelrolle und 1959 mit Charlton Heston sind als zwei der erfolgreichsten Filme in der amerikanischen Filmgeschichte bekannt und wurden vor allem für die Inszenierung des Wagenrennens gelobt. William Wylers Version von 1959 erhielt darüber hinaus 11 Oscars.
  • Psycho: Die Neuverfilmung Psycho erregte 1998 Aufsehen, weil Regisseur Gus Van Sant eine sehr stringente Form der Neuverfilmung vornahm. Er setzte den als Klassiker des Psychothrillers geltenden Film Psycho von Alfred Hitchcock aus dem Jahr 1960 in nahezu jeder Einstellung und mit unverändertem Dialog und Filmmusik um.
  • Infam: Der Regisseur William Wyler hatte das Theaterstück The Children's Hour von Lillian Hellman, das von zwei Lehrerinnen handelt, die verdächtigt werden, eine lesbische Beziehung zu haben, bereits 1936 unter dem Titel Three These verfilmt. Er musste jedoch damals auf Druck des Filmstudios United Artists, die ein Verbot aufgrund des Themas fürchteten, so viele Änderungen am Drehbuch vornehmen, dass er 1961 eine Neuverfilmung drehte, von dem er damals behauptete, dass dies die eigentlich erste Verfilmung von The Children's Hour sei.
  • King Kong und die weiße Frau, ein Film der von der Liebe zwischen einer Frau und einem riesigen Gorilla handelt, entstand bereits 1933 und zog aufgrund seines Erfolges viele Fortsetzungen nach sich. 1976 wurde King Kong unter John Guillermin mit Jeff Bridges und Jessica Lange neu verfilmt. Trotz guter Kritiken wurde der Film ein Flop an den Kinokassen. 29 Jahre später wagte sich der vor allem durch die Filmreihe Der Herr der Ringe bekannt gewordene Regisseur Peter Jackson erneut an eine Verfilmung. King Kong kam 2005 mit Naomi Watts, Jack Black und Adrien Brody in die Kinos und wurde seit dem Original wieder ein großer Erfolg. Der Film spielte mehr als 550 Millionen US-Dollar ein.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. James Monaco, Film verstehen - Kunst, Technik, Sprache. Geschichte und Theorie des Films, 1980, S. 72
  2. Jochen Manderbach, Das Remake - Studien zu seiner Theorie und Praxis, 1988, S. 8
  3. a b Jennifer Forrest/Leonard R. Koos (Hrg.): Dead Ringers: the Remake in Theory and Practice. SUNY Press 2002. ISBN 0-7914-5169-0

Literatur

  • Manfred Hobsch: Mach's noch einmal! Das große Buch der Remakes - über 1300 Filme in einem Band, Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, 998 Seiten, ISBN 3-89602-393-4
  • Andrew Horton, Stuart Y. McDougal (Hg.): Play It Again, Sam: Retakes on Remakes. University of California Press, Berkeley 1998.
  • Jennifer Forrest/Leonard R. Koos (Hrg.): Dead Ringers: the Remake in Theory and Practice. SUNY Press 2002. ISBN 0-7914-5169-0

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