Neuroendokriner Tumor

Neuroendokriner Tumor
68Ga-DOTATOC PET/CT eines neuroendokrinen Tumors des Pankreas; Dotatoc wird sehr spezifisch gebunden, daher zeigen die PET-Aufnahmen fast keine Untergrundaktivität

Neuroendokrine Tumoren (NET) sind gut- oder bösartige Tumoren, die ihren Ursprung aus dem Neuro-Ektoderm (Neuralleiste) nehmen und deren Zellen in der immunhistochemischen Charakterisierung den endokrinen Drüsenzellen gleichen. Epitheliale neuroendokrine Tumoren kommen vor allem im Magen-Darm-Trakt und in der Bauchspeicheldrüse vor. Für neuroendokrine Tumoren im Magen und Darm ist auch die alte Bezeichnung Karzinoid (karzinomähnlicher Tumor) noch sehr verbreitet. Dagegen soll der Begriff APUDom (amine precursor uptake and decarboxylation) nicht mehr verwendet werden. Das kleinzellige Bronchialkarzinom zählt ebenfalls zu den neuroendokrinen Tumoren. Eng verwandt sind die nervenähnlichen Neuroblastome, Phäochromozytome, und Paragangliome. 75% aller neuroendokrinen Tumoren sind im gastroenteropankreatischen System lokalisiert (Gastroenteropankreatischer Neuroendokriner Tumor - Abk. GEP-NET)[1]

Die GEP-Tumoren entwickeln sich aus endokrinen (hormonproduzierenden) Zellen, die überall im Verdauungssystem oder damit zusammenhängenden Stellen des Körpers vorkommen und die Aufgabe haben, bestimmte Stoffe zu produzieren, die den Verdauungsprozess steuern.

Von ihren Eigenschaften her besitzen diese Zellen Ähnlichkeiten mit Nervenzellen und von ihrer Funktion her zählen sie zu den inneren Drüsen. Daher werden sie neuroendokrine Zellen genannt.

Neuroendokrine Tumoren des Magen-Darm-Traktes und der Bauchspeicheldrüse (GEP-NET, für Gastro-Entero-Pankreatische Neuroendokrine Tumoren, syn. Karzinoide) treten etwa ein- bis zweimal pro 100.000 Einwohner und Jahr auf [2]. Neuroendokrine Tumoren betreffen vorwiegend Patienten im Alter von 50 bis 70 Jahren; Frauen und Männer etwa gleich häufig. Neben den zufälligen (sporadischen) Erkrankungsfällen gibt es zwei Formen von erblichen multiplen endokrinen Neoplasien.

Inhaltsverzeichnis

Hormonproduktion

Etwa 30 bis 50 Prozent der neuroendokrinen Tumoren produzieren hormonell wirksame Aminabkömmlinge, die auch von normalen neuroendokrinen Zellen hergestellt werden, wie etwa Gastrin aus der Magenschleimhaut, Vasoaktives intestinales Peptid aus dem Zwölffingerdarm, Insulin und Glukagon aus der Bauchspeicheldrüse. Die überschießende Hormonkonzentration dieser sogenannten funktionell aktiven Tumoren kann charakteristische Symptome erzeugen. So verursacht ein Gastrin produzierender neuroendokriner Tumor, das Gastrinom, das Zollinger-Ellison-Syndrom (Übersäuerung, Magengeschwüre), VIP-produzierende Tumoren verursachen schwere Durchfälle, und Insulinome verursachen gefährliche Unterzuckerung. Ein wichtiges Anzeichen für Tumoren des Dünndarms ist das Serotonin-assoziierte Karzinoid-Syndrom (Bauchkrämpfe, Durchfälle, Flushs, Herzschäden).

Diagnostik

Endokrin aktive Tumoren können frühzeitig aus den klinischen Symptomen vermutet und durch gezielte Laboruntersuchungen des Blutes nachgewiesen werden. Inaktive Tumoren werden oft erst spät durch ihre Größe oder infolge von Metastasen auffällig. Bildgebende Verfahren können die Lage des Tumors aufdecken: Sonographie, Computer- und Kernspintomographie, oder auch spezielle Szintigraphien wie die Somatostatin-Rezeptor-Szintigrafie mit Indium-111 oder MIBG-Szintigrafie. Neu entwickelt ist die Positronenemissionstomographie mit radioaktivem markierten DOPA bzw. DOTA.

Klassifikation

In der aktuellen WHO-Klassifikation werden die neuroendokrinen Tumoren nach ihrem Entartungsgrad in drei Stufen eingeteilt (1a = gutartig, 1b = niedrig maligne, 2 = hochmaligne). Eine spezifische TNM-Klassifikation wurde bereits in den Jahren 2006/2007 von der ENETS (European Neuroendocrine Tumor Society) vorgeschlagen.

Immunhistochemie

Die Zellen neuroendokriner Tumoren exprimieren in der immunhistochemischen Färbung in der Regel die Proteine Synaptophysin, Neuronspezifische Enolase, und Chromogranin A.

Therapie

(zur Therapie des kleinzelligen Lungenkrebses siehe dort.)

An erster Stelle der Behandlung der gastrointestinalen neuroendokrinen Tumoren steht die Operation. Auch sehr große oder metastasierte Tumoren werden in der Regel operiert, um die Tumorlast zu verringern (debulking). Anschließend kann eine Chemotherapie folgen (Substanzen z.B. Etoposid, Cisplatin). Interferon, Lanreotid und Octreotid können das Krebswachstum verlangsamen. Verschiedene Antikörper und Thalidomid sind Gegenstand von Vorstudien und stehen noch nicht für die Patientenbehandlung zur Verfügung. Die Strahlentherapie bietet eine weitere palliative (lindernde) Option. [3]

Ein mit Iod-131 markiertes MIBG, und ein mit Yttrium-90 markiertes Edotreotid (DOTATOC) sind noch in der klinischen Entwicklung und noch nicht zugelassen.[4].

Die Peptidrezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT) arbeitet mit Lutetium-177.[5]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Pape U.-F., e.a.: Diagnostik und Therapie gastroenteropankreatischer neuroendokriner Tumore aus internistischer Sicht. In: Der Onkologe, Springer, 6/7/2000, S.105-113, ISSN 0947-8965, hier online
  2. Tumorzentrum Freiburg. Kodierhilfe des Krebsregisters, 2007
  3. S. Pigorsch u. a.: Strahlentherapie neuroendokriner Tumoren. In: Der Onkologe 10, 2004, S. 1092–1097.
  4. [1]
  5. [2]

Weblinks


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