Navis lusoria

Navis lusoria
Rekonstruktion einer Navis lusoria im Museum für Antike Schifffahrt, Mainz

Als Navis lusoria (lateinisch wörtlich „spielerisches/tänzerisches Schiff“; Plural naves lusoriae) wird ein römischer Kriegsschifftyp der Spätantike bezeichnet. Lusoriae waren schlanke und flachgehende Ruderboote, die von etwa dreißig Ruderern angetrieben wurden, die in einer Ebene saßen. Zusätzlich konnte ein Mast gesetzt werden.

Naves lusoriae wurden vor allem für Patrouillenfahrten auf Flüssen eingesetzt. Mit einer Länge von bis zu 21,7 m, einer Breite von etwa 2,80 m und 96 cm Bordhöhe gehörten sie zur Kategorie der kleinen, schnellen Militärschiffe, mit denen auch seichte und unübersichtliche Flussbereiche befahren werden konnten. Sie werden von spätantiken Schriftstellern wie Ammianus Marcellinus erwähnt. Archäologisch ist der Typ vor allem durch die Funde der Mainzer Römerschiffe bekannt.

Von der Navis lusoria ist der ältere Typ der Navis actuaria zu unterscheiden, die in erster Linie ein Transportschiff war.

Rekonstruktionen einer Navis lusoria

Die Regina, der Schiffsnachbau der Uni Regensburg, kurz vor dem Auslaufen in die Naab. Die Farben Weiß-Blau-Rot sind dem Sponsor, einer großen Brauerei, gewidmet.

Die auf den Überresten der Mainzer Römerschiffe basierende Rekonstruktion von Olaf Höckmann diente als Grundlage für den authentischen Nachbau einer Navis lusoria durch Studenten des Lehrstuhls für Alte Geschichte der Universität Regensburg. Die Regensburger Althistoriker untersuchen seit der Schiffstaufe im Jahre 2004 durch zahlreiche Fahrten auf der Naab und auf der Donau experimentell den Einsatz dieses spätantiken Schiffstyps hinsichtlich der nautischen Möglichkeiten. So wurde erprobt, auf welche Weise etwa die Engstelle des Donaudurchbruches bei Kelheim in der Nähe von Regensburg mit einer Navis lusoria überwunden werden konnte. Im Sommer 2006 wurde das Schiff einem Langstreckentest unterzogen: Auf den Spuren des Kaisers Julian wurde auf der Donau die Strecke Regensburg-Budapest zurückgelegt. Im Verlauf dieses Langstreckenversuches, bei dem es sich um die längste Flussfahrt eines römisches Ruderschiffes seit dem Ende der Antike handelt, konnten die Studenten Strecken von bis zu 100 km am Tag zurücklegen und damit das hohe Maß der Mobilität der spätrömischen Flussflotten belegen.

Eine weitere Rekonstruktion einer Navis lusoria, die ebenfalls auf den Mainzer Schiffsfunden basiert, erfolgt seit Januar 2010 auf dem Gelände der Sponeck-Kaserne in Germersheim. Ab Sommer 2011 sollen Touristen und Besucher die Möglichkeit erhalten, mit dem antiken Schiff einige Gewässer des Landkreises Germersheim zu befahren. Für die wissenschaftliche Betreuung des Projekts und die originalgetreue Rekonstruktion zeichnet Christoph Schäfer vom Fachbereich Alte Geschichte der Universität Trier verantwortlich, der bereits an der Regensburger Rekonstruktion beteiligt war.

Literatur

  • Hans Ferkel, Heinrich Konen, Christoph Schäfer (Hrsg.): Navis lusoria. Ein Römerschiff in Regensburg. Scripta-Mercaturae-Verl., St. Katharinen 2004, ISBN 3-89590-152-0.
  • Hans-Christian Dirscherl: Königin der Donau. In: Abenteuer Archäologie 4/2004, S. 50ff.
  • Florian Himmler, Heinrich Konen, Josef Löffl: Exploratio Danubiae. Ein rekonstruiertes spätantikes Flusskriegsschiff auf den Spuren Kaiser Julian Apostatas. Frank & Timme-Verl., Berlin 2009, ISBN 978-3865962270 (Rezension).
  • Christoph Schäfer: Lusoria. Ein Römerschiff im Experiment. Rekonstruktion, Tests, Ergebnisse. Koehler, Hamburg 2008, ISBN 978-3-7822-0976-2 (Verlagsinformationen).

Weblinks


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