Nationalrat der Slowakischen Republik

Nationalrat der Slowakischen Republik
Das Hauptgebäude des Nationalrats, gleich neben der Burg Bratislava

Der Nationalrat der Slowakischen Republik (slowakisch Národná rada Slovenskej republiky, oft verkürzt nach Národná rada, Abk. NR SR) ist ein Einkammerparlament mit 150 Abgeordneten und einziger Träger der legislativen Gewalt in der Slowakei. Bis zum 30. September 1992 hieß das Parlament „Slowakischer Nationalrat“ (Slovenská národná rada).

Aufgabe des Nationalrats ist in erster Reihe die Kontrolle der Regierung und die Verabschiedung von Gesetzen. Die Abgeordneten werden nach einem Verhältniswahlverfahren auf 4 Jahren gewählt. Das ganze Staatsgebiet bildet einen einzigen Wahlkreis. Es gibt eine Sperrklausel von 5 % für einzelne Parteien, für eine Koalition von zwei bis drei Parteien 7 % und für vier und mehr Parteien 10 %. Die Stimmen werden nach dem Hagenbach-Bischoff-Verfahren in Mandate umgerechnet. Das Mandat wird frei ausgeübt. In bestimmten Krisensituationen kann der Nationalrat vom Präsidenten aufgelöst werden.

Inhaltsverzeichnis

Aktuelle Zusammensetzung

Der Sitzungssaal des Nationalrats

Parlamentspräsident war bis zum 13. Oktober 2011 der SaS-Chef Richard Sulík. Am 13.10. hat der bereits von 2002-2006 amtierende Pavol Hrušovský diesen Posten übernommen.[1]

Der Nationalrat besteht derzeit aus folgenden Fraktionen (nach den Parlamentswahlen 2010):

Partei oder Bündnis Vorsitz Wahlergebnis Sitze
SMER – sociálna demokracia Robert Fico 34,79 % 62
Slowakische Demokratische und Christliche Union Mikuláš Dzurinda 15,42 % 28
Sloboda a Solidarita Richard Sulík 12,14 % 21 (ursprünglich 22)
davon: Ordentliche Leute Igor Matovič 4 (3 davon in der SaS-Fraktion)
Christlich-demokratische Bewegung Ján Figeľ 8,52 % 14 (ursprünglich 15)
Most-Híd Béla Bugár 8,12 % 14
davon: OKS - 3 (ursprünglich 4)
Slowakische Nationalpartei Ján Slota 5,07 % 7 (ursprünglich 9)
Nation und Gerechtigkeit Anna Belousovová 2
Regierung 77
Opposition 73

Eine besondere Rolle – neben den Fraktionen – spielt die Gruppe Ordentliche Leute (OL, slowakisch Obyčajní Ľudia). Diese vier Parlamentarier[2] waren auf den unteren Listenplätzen der SaS platziert worden, sind aber durch das Kumulieren von Stimmen ins Parlament gekommen.[3] Es gab bereits Gerüchte, die OL-Gruppe sei aus der Fraktion der SaS ausgetreten.[4][5] Sie haben sich jedoch dazu bekannt, "wesentliche Aspekte" der Regierungsvereinbarung nicht anzugreifen.[6] Der Anführer von OL Igor Matovič hat zugegeben, dass man ihm Schmiergeld angeboten habe, für den Fall, dass er die Koalitionsgespräche torpedieren würde.[7] Die OL-Gruppe hatte sich bereits früh in der Legislaturperiode kritisch zur Kirchenpolitik der neuen Regierung geäußert.[8]

Nachdem der Sprecher der Gruppe OL Igor Matovic bei einer Abstimmung über ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz mit der oppositionellen SMER votierte, wurde er von der ultra-neoliberalen Sloboda a Solidarita aus der Fraktion ausgeschlossen. Der Vorsprung der Regierungskoalition vor der Opposition schmolz damit auf sieben anstatt acht Abgeordneten.[9][10]

Neben der OL ist auch eine weitere Partei in den Nationalrat eingezogen: Die Bürgerlich-Konservative Partei (OKS, slowakisch Občianska konzervatívna strana) ist über eine Listenvereinbarung mit der Most-Híd ins Parlament eingezogen.[11] Ihr gehören ebenfalls vier Parlamentarier an.

Ende Januar 2011 verließ der damalige KDH-Abgeordnete und amtierende Bürgermeister von Bratislava Andrej Ďurkovský die KDH-Fraktion. Damit hat die amtierende Regierung derzeit 77 Sitze im Parlament – SMER-SD, SNS und die zwei Unabhängigen 73.[12][13]

Die ehemalige SNS-Vorsitzende Anna Belousovová wurde im Februar 2011 aus ihrer Partei ausgeschlossen und gründete im April des Jahres eine eigene Partei – mindestens ein weiterer SNS-Abgeordneter (Rudolf Pučík) schloss sich ihr an.[14][15][16][17] Am 27. Mai 2011 gab Belousovová bekannt, dass ihre Partei Národ a spravodlivosť (deutsch Nation und Gerechtigkeit, Abk. NAS) heißen wird.[18][19] Obwohl für den Fraktionstatus im Slowakischen Nationalrat eigentlich mindestens acht Mitglieder des Parlaments notwendig wären, hat Parlamentspräsident Richard Sulík beschlossen, dass die Slowakische Nationalpartei ihren Fraktionsstatus behalten darf.[20]

Die erzkonservative OKS hat erklärt, nicht mehr an Entscheidungsprozessen der Koalition beteiligt zu sein.[21]

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Nationalrat der Slowakischen Republik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://derstandard.at/1318461146445/EFSF-Rebell-Sulik-muss-Amt-abgeben
  2. Igor Matovič, Erika Jurinová, Martin Fecko und Jozef Viskupič, siehe die Homepage der Gruppe OL.
  3. http://www.pozorblog.com/2010/07/slovakia-election-post-game-guest-blogger-richard-swales-on-preference-voting-in-slovakia/
  4. Kompromisschlachten in Bratislava, in: Pester Lloyd, 30. Juli 2010
  5. http://derstandard.at/1277339125035/Regierungskoalition-verlor-Mehrheit-im-Parlament
  6. http://spectator.sme.sk/articles/view/39247/10/sas_chairman_speaks_about_its_new_mps_from_the_ordinary_people_civic_association.html
  7. http://www.tasr.sk/23.axd?k=20100628TBB00537
  8. http://www.kathpress.at/content/site/nachrichten/database/34171.html
  9. Slowakische Regierungskoalition bangt um ihre Mehrheit, in: Wiener Zeitung, 12. Februar 2011.
  10. Matovič: Vyrazili ma ako prašivého psa, in:aktualne.centrum.sk, 13. Februar 2011.
  11. Die Englisch-Seite der OKS.
  12. Weak choices weaken bonds, in: Slovak Spectator, 31. Januar 2011.
  13. Ďurkovský odchádza z KDH, bude nezávislý poslanec, in: Pravda, 24. Januar 2011.
  14. http://www.webnoviny.sk/english-news/sns-expels-anna-belousovova-from-the-par/296033-clanok.html
  15. http://spectator.sme.sk/articles/view/42482/10/belousovova_founds_new_party_pucik_and_duracka_to_join.html
  16. http://uk.reuters.com/article/2011/04/28/slovakia-factors-idUKSLOVAK20110428
  17. http://spectator.sme.sk/articles/view/42758/10/mps_belousovova_and_pucik_depart_from_the_sns_caucus_to_form_new_party.html
  18. Belousovová stavila na Národ a spravodlivosť, in: Aktualne.sk, 27. Mai 2011
  19. http://spectator.sme.sk/articles/view/42820/10/slovakias_newest_political_party_to_be_called_nation_and_justice_nas.html
  20. http://spectator.sme.sk/articles/view/42763/10/sulik_comments_on_status_of_sns_caucus_in_parliament.html
  21. http://spectator.sme.sk/articles/view/44192/10/oks_states_it_will_not_support_any_government_involving_robert_fico.html

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