Nation und Europa

Nation und Europa

Nation und Europa (NE) - Deutsche Monatshefte (Untertitel) war eine deutsche politische Monatszeitschrift rechtsextremistischer Ausrichtung. Sie wurde 1951 gegründet. Ihr ursprünglicher Titel lautete bis 1990: Nation Europa. Monatszeitschrift im Dienste der europäischen Neuordnung. Im 59. Jahrgang erschien die letzte Ausgabe im November 2009. Ende 2009 wurde „Nation und Europa“ von Dietmar Munier gekauft und durch die Monatszeitschrift „Zuerst!“ ersetzt.

Inhaltsverzeichnis

Verlag und Redaktion

Der Sitz der NE war in Coburg. Sie erschien in der „Nation Europa Verlags GmbH“, an der Harald Neubauer den Mehrheitsanteil halten soll (bis 1996 Mehrheitseigner Peter Dehoust). Nach eigenen Angaben hatte NE eine Auflage von 14.500 Exemplaren (nach anderen Angaben 15.000 bis 20.000), teilweise als Doppelausgabe. Dehoust gehörte zusammen mit Adolf von Thadden und Harald Neubauer zum Herausgeberkreis und war, neben Karl Richter, Neubauer - Pseudonyme Werner Baumann und Klaus Hansen - und Detlev Rose, Mitglied der Redaktion.[1]

Der Zeitschrift angeschlossen war ein gleichnamiger Buchdienst, zu dessen Sortiment neben Publikationen des Verlags auch zahlreiche Bücher anderer rechtsextremistischer Verlagsgesellschaften wie des Grabert-Verlags oder des Arndt-Buchdienstes gehörten. Er war der größte rechtsextreme Buchdienst in den deutschsprachigen Ländern und veröffentlichte überwiegend Neuausgaben älterer militärhistorisch-revisionistischer Werke, etwa über die Waffen-SS-Einheiten „Leibstandarte“ oder „Das Reich“.[2]

Geschichte

Die Zeitschrift wurde 1951 vom ehemaligen SS-Sturmbannführer und „Chef der Bandenbekämpfung“ im Führerhauptquartier, Arthur Ehrhardt und dem Schriftsteller und ehemaligen SA-Obersturmführer Herbert Böhme gegründet.[3] Zu den ersten Herausgebern gehörte auch Karl-Heinz Priester. Den Initialschuss gab die 1951 in Malmö forcierte Gründung der Europäischen Sozialen Bewegung (ESB), einem Zusammenschluss faschistischer europäischer Organisationen. Der Nation Europa kam die Funktion der Vernetzungsarbeit in Deutschland zu.[4] Nation und Europa war zunächst als Organ der Deutsch-Sozialen Bewegung gegründet worden.

Der ursprüngliche Titel „Nation Europa“ geht auf den englischen Faschisten Oswald Mosley zurück, der 1947 erstmals den Begriff „Nation Europa“ verwandte.[5] Am Aufbau der Zeitschrift beteiligten sich der ehemalige stellvertretende Reichspressechef der NSDAP Helmut Sündermann sowie später der Verleger Gert Sudholt, der Sündermanns Verlagsnetz übernahm. Wie der britische Untersuchungsausschuss zum Naumann-Kreis festgestellt hat, gehörten zu den Geldgebern der Schweizer Gaston-Armand Amaudruz, Maurice Bardèche, Jean Bauvard sowie die beiden französischen Bankiers Albertini und Guy Lemonier.

1965 stieg Gerhard Frey, Herausgeber der National-Zeitung und zeitweiliges NPD-Mitglied als Anteilseigner (zunächst 1,19 %, im Juli 1965 31 %) bei NE ein, zog sich aber später wieder zurück. Nach dem Tod Erhardts (1971) wurde Peter Dehoust Herausgeber, ein enger Mitarbeiter Erhardts, der bis 1996 auch Hauptgesellschafter war. 1990 vereinigte sich Nation Europa mit den „Deutschen Monatsheften“ von Gert Sudholt und führte diese nun im Untertitel, der Titel wurde in diesem Zusammenhang in Nation und Europa geändert. 1992 nimmt Dehoust Harald Neubauer - neben Adolf von Thadden - als Mitherausgeber von NE auf. Zu dieser Zeit war die NE eng an der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH) orientiert. Dehoust und Neubauer waren beide 1991 an der Gründung der DLVH beteiligt und hatten dort hohe Führungspositionen inne. 1994 erfolgte der Zusammenschluss mit der „Deutschen Rundschau“, dem inoffiziellen Parteiorgan der DLVH. Ungeachtet der zeitweiligen sehr engen Bindung an eine Partei, die DLVH, setzte sich NE stets für die Sammlung aller rechtsextremen Kräfte ein. Enge Zusammenarbeit bestand auch mit dem Hilfskomitee Südliches Afrika und der Gesellschaft für Freie Publizistik.[6]

Ende 2009 wurde der Titel vom Verleger Dietmar Munier aufgekauft. Munier ersetzte dann „Nation und Europa“ durch die neue Monatszeitschrift „Zuerst! – Deutsches Nachrichtenmagazin“.[7]

Ausrichtung

Nach Einschätzung des Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen handelte es sich um eines der „wichtigsten“ rechtsextremistischen Theorie- und Strategieorgane in der Bundesrepublik Deutschland.[8] Laut Einschätzung des Verfassungsschutzes bot „die Zeitschrift … gemäß ihrer Zielvorgabe ein Forum für das gesamte nichtnazistische rechtsextremistische Spektrum in Deutschland“. Die seit den 1990er Jahren von einigen Verfassungsschutzbehörden vorgenommene Zuordnung der Zeitschrift zur Neuen Rechten ist methodisch fragwürdig. Thomas Pfeiffer, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Verfassungsschutz NRW, der NE im Spektrum der Neuen Rechten verordnet, merkt an, dass NE schon durch ihr Alter rechtsextreme Positionen vor der Entstehung der Neuen Rechten einnahm. „Das Blatt hat sich [jedoch] früh neuen rechtsextremistischen Ideologievarianten geöffnet, statt die bloße Rückkehr zum Nationalsozialismus zu propagieren.“ Pfeiffer kennzeichnet NE als einen „entscheidenden Vorläufer und Wegbereiter der Neuen Rechten [und die] bis heute zu den Ideengebern des deutschen Rechtsextremismus“ zählt. Er merkt aber an, dass das intellektuelle Niveau der Zeitschrift zunehmend abnahm.[9]

Wie bereits im Titel programmatisch anklingt, ging es um die Rekonstruktion rechter Ideologien unter Betonung von Nation und Europa. Danach sollte Großdeutschland in einem regionalistischen Europa die Führungsrolle bei der Wiedergewinnung der Identität der europäischen Völker zukommen. Da die USA wegen ihres enormen kulturellen und politischen Einflusses diesem Ziel im Weg standen, richtete sich die Zeitschrift ganz besonders gegen diese Großmacht.[10]

Die zentrale Funktion der Zeitschrift war die Bereitstellung von richtungsweisenden Themen, Strategiediskussionen und Interventionsmöglichkeiten, die sich an das gesamte rechtsextreme Spektrum richten. Neben diesen strategischen und theoretischen Überlegungen enthielt die Zeitschrift auch Beiträge zum aktuellen Tagesgeschehen.[11] Anton Maegerle charakterisiert die Artikel der Zeitschrift als „oftmals fremdenfeindlichen oder auch revisionistischen Inhalts“.[12]

Während dem Islam in Europa in der Zeitschrift weitgehend sein Existenzrecht abgesprochen wurde, erschien der Islamismus außerhalb Europas laut Riebe großen Teilen der Autorenschaft „als einzig ernst zu nehmender Gegner des 'Amerikanismus'“.[13] Diese ambivalente Haltung spiegelte sich nicht nur in Artikeln, sondern unregelmäßig auch in den Titelseiten der Zeitschrift wider. Während einerseits vor der Islamisierung Deutschlands und Europas gewarnt wurde, zierte das Titelbild des Heft 07/08 - 2006 den iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad. Neben ihm steht auf dem Titelbild dick gedruckt „Danke, Herr Präsident“ in Anspielung auf dessen getätigte Leugnung des Holocaust.


Bekannte Autoren

Literatur

  • Thomas Pfeiffer: Für Volk und Vaterland. Das Mediennetz der Rechten - Presse, Musik, Internet, Berlin 2002, S. 145-176.
  • Armin Pfahl-Traughber: Zeitschriftenporträt: Nation Europa, in: Jahrbuch Extremismus und Demokratie, Bd. 12, 2000.
  • Jan Riebe: Im Spannungsfeld von Rassismus und Antisemitismus. Das Verhältnis der deutschen extremen Rechten zu islamistischen Gruppen Tectum, Marburg 2006 ISBN 3828889611 (Reihe: Diplomica, Bd. 26) S.113-122: Nation & Europa.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Impressum Nation und Europa, vgl. Thomas Pfeiffer: Für Volk und Vaterland. Das Mediennetz der Rechten - Presse, Musik, Internet, Berlin 2002, S. 145 ff.
  2. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 420-422
  3. Anton Maegerle, Globalisierung aus Sicht der extremen Rechten, Braunschweig 2005, S. 57
  4. Antifaschistisches Autorenkollektiv (Hrsg.), Drahtzieher im braunen Netz – Ein aktueller Überblick über den Neonazi-Untergrund in Deutschland und Österreich, Hamburg 1996, S. 216
  5. Arthur Erhartd, Die Idee wird siegen, in: Nation & Europa 02/1975, S. 43-45
  6. S. Jäger: Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten. Bonn 1988, C. Jansen: Die konspirative Tätigkeit des Rechtsradikalismus. Die neonazistische Internationale. Amsterdam O. J., S. 10 f., Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 420-422, Thomas Pfeiffer: Für Volk und Vaterland. Das Mediennetz der Rechten - Presse, Musik, Internet, Berlin 2002, S. 145 ff.
  7. [1]. Laut Verlagswerbung soll der neue Titel bedeuten „Deutschland soll deutsch bleiben.“
  8. VS-Bericht, siehe Weblinks.
  9. Thomas Pfeiffer, Avandgarde und Brücke (S. 51-70), in: Gessenharter, Wolfgang und Pfeiffer, Thomas (Hrsg.), Die Neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie?, Wiesbaden 2004, S. 63f
  10. S. Jäger: Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten. Bonn 1988, C. Jansen: Die konspirative Tätigkeit des Rechtsradikalismus. Die neonazistische Internationale. Amsterdam O. J., S. 10 f, Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 420-422
  11. S. Jäger: Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten. Bonn 1988, C. Jansen: Die konspirative Tätigkeit des Rechtsradikalismus. Die neonazistische Internationale. Amsterdam O. J., S. 10 f., Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 420-422, VS-Bericht Siehe Weblinks, Blick-Nach-Rechts. Siehe Weblinks
  12. Anton Maegerle, Globalisierung aus Sicht der extremen Rechten, Braunschweig 2005, S. 58
  13. Jan Riebe: Im Spannungsfeld von Rassismus und Antisemitismus. Das Verhältnis der deutschen extremen Rechten zu islamistischen Gruppen Tectum, Marburg 2006 (Reihe: Diplomica, Bd. 26) S. 122
  14. Gottlob Berger, „Ausbau der Waffen-SS“ im Jahrgang 1953. Zu Zahlenangaben in Bergers Veröffentlichung siehe Gerald Fleming: Die Herkunft des »Bernadotte-Briefs« an Himmler, 10. März 1945. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 4/1978, S. 571-600. (pdf-Datei, 8,4 MB) Hier S. 597.
  15. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S.Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 198.
  16. Alex Rühle: Fußball, Fußball über alles. Von Bauwens bis Meyer-Vorfelder: Die peinlichen Vorfälle des DFB, in: Süddeutsche Zeitung, 1. März 2002, Text online verfügbar unter http://www.bischofshol.de/tellerrand/meyer.html
  17. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-24389588.html

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